Schuldruckwochenende in Darmstadt 7.11.-9.11.2014

Liebe Druckinteressierte,

Es ist wieder so weit. Vom 7.11.2014 – 9.112014 findet das diesjährige
Druckwochenende des Arbeitskreises Schuldruckerei AKS bei uns im
Schuldruckzentrum statt:

Das fliegende Kamel des Nasreddin Hodscha Darmstadt Schuldruck

Wir würden uns freuen, wenn wir viele von Euch
wiedersehen. Alles weitere erfahrt Ihr aus der Einladung.

Herzliche Grüße Matthias Heinrichs, Werner Andrä und Peter Hespeler.

Rezension: Kock, Renate (2001): Kinder lehren Kinder

Das Buch
Renate Kock (2001): Kinder lehren Kinder – Der Begriff des tâtonnement expérimental im Werk Célestin Freinets mit einem Beitrag von Manfred Blif-fert, Reihe: Basiswissen Grundschule – Band 7 – Hrsg. Jürgen Bennack, Balt-mannsweiler, Schneider-Verlag Hohengehren, ISBN: 3-89676-404-7,
als Taschenbuch: ISBN: 9783896764041

2003 rezensiert von: Mouchet, Claude, in: Histoire de l’éducation, (2003) 97, S. 130-133
2014 rezensiert von: Jürgen Göndör, in: freinet.paed.com
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Eine wichtige Vorbemerkung:

Es ist schade, dass dieses wichtige Buch zur Freinet-Pädagogik in der Reihe ‚Basiswissen Grundschule‘ erschienen ist denn es ist für die Freinet-Pädagogik allgemein von großem Interesse. So hält es wahrscheinlich viele LehrerInnen und FreinetpädagogInnen, die nicht an der Grundschule arbei-ten, vollkommen ungerechtfertigt vom Kauf ab.

Die Bedeutung des tâtonnement expérimental im Rahmen der Freinet-Pädagogik ist ein grundsätzliches Kapitel, weil es – da heute Inklusion ja groß geschrieben wird – eine Möglichkeit aufzeigt, Unterricht an den Interessen der SchülerInnen zu organisieren statt einen vorgegebenen Lehrplan abzuerledigen. Es gehört vielmehr in die Reihe ‚Basiswissen für Pädagogen‘.

Renate Kock legt mit ihrem Buch eine Recherche zum Begriff des tâtonne-ment expérimental vor. In aller Ausführlichkeit erarbeitet sie die histori-sche Entwicklung dieses Begriffs mit vielen Hinweisen auf Aussagen von Célestin Freinet in der verstreuten Originalliteratur sowie die einschlägige wissenschaftliche Diskussion. Sie untermauert ihre Argumentation mit ei-genen Übersetzungen aus den Aufsätzen Freinets. Ein besonderes Augen-merk von Renate Kock liegt dabei auf der Abgrenzung zu Iwan Petrowitsch Pawlow, zu Burrhus Frederic Skinner und den Behavioristen, zu Jean Pia-get, zu Lew Semjonowitsch Wygotski und zu Henri Wallon. Deutlich werden dabei die subjektorientierten, die konstruktiven und kommunikativen Fak-toren des Lehrens und Lernens in seinem Gesamtwerk. Abschließend ver-deutlicht sie das didaktische Konzept Freinets an einem Freien Text und macht so das unterrichtliche Vorgehen Freinets transparent.

Sie arbeitet auch den Zusammenhang zwischen den individuellen Interes-sen und der Struktur des allgemeinen Arbeitsplanes heraus. Damit gelingt es Célestin Freinet sich von den ministeriellen Vorgaben abzukoppeln und transparent für die Kinder eine Struktur der Welt aufzubauen, die konse-quent an ihren eigenen Interessen orientiert ist. Die Kinder lernen also, dass ihr Bild der Welt sich nicht aus einer objektiven und vorgegebenen Sicht dieser Welt ergibt, sondern aus der Konstruktion ihrer eigenen Lern-aktivitäten. Damit ist nicht nur die jeweils ganz individuell Sicht eines Kin-des gemeint, sondern die Konstruktion eines gemeinsamen Bildes der Welt durch alle Individuen in der kooperativen Klasse.

Ihr Buchtitel: ‚Kinder lehren Kinder‘ ist also nicht der Ansatz ‚Lernen durch Lehren‘ von Jean Pol Martin , in dem Kinder von einem Lehrer den Auftrag bekommen, in seine Rolle zu schlüpfen und dadurch dass sie ein Thema Lehren viel über dieses Thema lernen. Renate Kock verdeutlicht den Ansatz von Célestin Freinet: Indem er die Freien Texte der Kinder zum Ausgangs-punkt seines Unterrichts macht, das thematisiert, was die Kinder einbrin-gen. Sie beschreibt vor allem auch, wie das Schritt für Schritt geschieht. ‚Kinder lehren Kinder‘ bedeutet daher, dass das, was ihnen so wichtig war, das sie es in ihren Freien Texten erzählt haben, genutzt wird, um ihre Fra-gen dazu zu sammeln und diese schließlich im Unterricht zu bearbeiten. Es ist nicht die Systematik eines Themas aus einem Lehrplan, der dann das Un-terrichtsgeschehen dominiert, sondern die aktuellen Interessen der Kinder selbst. In sofern Lehren Kinder alle anderen Kinder durch ihre subjektiven Interessen, weil aus diesen subjektiven Interessen der Unterricht entsteht.

Manfred Blieffert verdeutlicht in einem ergänzenden Beitrag den Wert der Schuldruckerei als Möglichkeit zur kreativen Selbsterfahrung.

Es ist der akribischen Darstellung von Renate Kock zu verdanken, dass nicht nur der Begriff des tâtonnement expérimental im Werk Célestin Frei-nets bestimmt wird, sondern erstens, ausgehend von diesem Begriff auch Fragen an dieses Konzept von Célestin Freinet möglich werden und zwei-tens kann jetzt nach dem Einfluss von Élise Freinet genauer gefragt werden. Paul le Bohec weist ja unmissverständlich darauf hin, dass die Freinet-Bewegung nur existiere, weil Élise und Célestin Freinet ein sich ideal ergän-zendes Gegensatzpaar gewesen seien. Es wird auch die Einseitigkeit deut-lich: Die Freinet-Pädagogik begegnet dem Leser – wie zumeist – als die Päd-agogik von Célestin Freinet. Der Einfluss von Élise Freinet wartet noch auf seine Würdigung.

Zur kompletten Rezension: Kinder lehren Kinder

Rezension: Matthias Riemer (2005): Praxishilfen Freinet-Pädagogik

Matthias Riemer: Praxishilfen Freinet-Pädagogik

Matthias Riemer: Praxishilfen Freinet-Pädagogik

Rezension: Jürgen Göndör

Matthias Riemer (Hrsg.)(2005): Praxishilfen Freinet-Pädagogik, Bad Heilbrunn, Julius Klinkhardt-Verlag, ISBN: 3-7815-1385-8, Sammelband
Mitautoren: Danny Frischknecht (CH), Gerald Schlemminger (DE-Karlsruhe), Tanja Daschke (DE-Euskirchen) und Pia Hölzel (DE-Darmstadt), Maren Gronert (DE-Erlangen-Nürnberg) und Alban Schraut (DE-Erlangen-Nürnberg), Ulrich Bosse (DE-Bielefeld), Florian Söll DE-Köln), Klaus Glorian (DE-Bremen), Renate Kock (DE-Köln), Falko Peschel (DE-Lügden), Walter Hövel (DE-Eitorf), Elisabeth Suttner (AT-Wien)

Matthias Riemer gelingt es nicht nur, österreichische und schweizer AutorInnen einzubinden, sondern er deckt auch wesentliche Elemente der Freinet-Pädagogik ab. Er legt dazu verschiedene Raster an. Eines davon gliedert die Beiträge in Gruppentechniken: Klassenzeitung, Einstiegsrunde, Klassenrat, Morgenkreis; Arbeitsmittel: Arbeitsplan – Freinet-Techniken: den Kindern das Wort geben – mit der Druckerei oder dem Computer, Erkundung, Klassenkorrespondenz, Projekte, Freies Forschen, Freier Ausdruck; Organisation des Klassenlebens und Lernens: Atelier Mathematik, Atelier Biologie, Freinet-Monographie, Englischlernen, Leistungsmessung, Didaktische Struktur der Freinet-Pädagogik. Ein Glossar rundet die Beiträge ab.

Ein zweites Raster ist, dass jedes Kapitel eine Definition des Kerns seines Beitrages versucht, eine Beschreibung liefert und konkrete Hilfen für die tägliche Arbeit vorstellt.

Der dritte Strang den Matthias Riemer verfolgt, ist die Verortung des beschriebenen Elements im Gesamtsystem der Freinet-Pädagogik und die Verdeutlichung des Ineinandergreifens der einzelnen Elemente.

Eine vierte Linie beschreibt, wie das entsprechende Element in den eigenen Unterricht eingeführt werden kann, welche ‚Schwierigkeiten, Gefahren und Grenzen‘ bedacht werden sollten.

Fazit: man kann mit dem Einstieg in die Freinet-Pädagogik an jedem Ende beginnen, sollte aber die einzelnen Elemente nicht als Rezepte verstehen, mit den der eigene Unterricht reformpädagogisch aufgepeppt werden kann. ‚Letztlich muss jede LehrerIn ihre Freinet-Pädagogik selbst erfinden‘ – die Praxishilfen sind keine Beschäftigungstherapie, kein Flickenteppich, kein Kochbuch, sondern der Einstieg in einen anderen Unterricht.

Schuldruckwerkstatt an der Uni in Bielefeld eröffnet

In der Lernwerkstatt der AG3 der Uni Bielefeld – Fakultät für Erziehungswissenschaften – ist schon seit November 2012 eine Druckwerkstatt eingerichtet. Die kann man auch über das Internet besuchen: ag3/lernwerkstatt/Schuldruckerei. AnsprechpartnerInnen sind JProf. Dr. Michael Ritter und Dr. Brigitte Kottmann. Michael Ritter war vorher an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und hat dort im Archiv für Kindertexte bei Prof. Dr. Eva Maria Kohl geforscht.

Lesenswert dazu auch der Vortrag von Michael Ritter: Drucken von gestern in der Schule der Zukunft

    Man bedenke, zu dieser Zeit war das gedruckte Wort etwas Besonderes; seine Herstellung dem einfachen Menschen nicht möglich. Es verband sich dadurch eine Autorität und ein Herrschaftsanspruch damit, den Freinet in seiner freiheitlichen Pädagogik aufzulösen versuchte. Für ihn war das Drucken einerseits eine Möglichkeit, die Texte der Kinder aufzuwerten und dem eigenen Tun damit nachhaltig Bedeutung zu verleihen; was wiederum positiven Einfluss auf die Haltung der Kinder dem Lernen gegenüber ausüben sollte. Andererseits verstand er in dieser Arbeit jedoch auch eine aktive Demokratieerziehung, denn er wollte Kindern die Machart des Gedruckten vor Augen führen und damit ihren formimmanenten Geltungsanspruch in Frage stellen. Kinder sollten sich als Träger einer äußerbaren Meinung erleben, die sich in den Formen der Herrschenden, im gedruckten Wort kommunizieren lassen.“

Die Druckerei ist also bei Célestin Freinet keine reformpädagogische Mode gewesen, sondern war Mittel zur Demokratieerziehung. Ziel war nicht eine handwerkliche Ausbildung im Drucken, sondern die Möglichkeit eigenen Texten den Status von Gedrucktem zu verleihen. Sie sollten selbst erleben, wie sich die Wertigkeit ihre eigenen Texte in der Wahrnehmung veränderte, wenn Handschriftliches – noch ungelenke Kinderschrift – sich in einen ordentlichen, offiziell wirkenden Text wandelte. Gleichzeitig konnten die Kinder selbst die Wirkung des Textes durch die Gestaltung des Textes: Schriftgröße, Verzierungen, Anordnung des Textes auf dem Blatt, Verwendung von farbigem Papier oder Variation der Druckfarbe usw. beeinflussen.

Ganz nebenbei wurde in gemeinsamen Gesprächen in der Klasse am Text gefeilt. Es wurde an der Verständlichkeit und am Ausdruck gearbeitet: Was war gemeint, was wollte der Autor sagen, worauf kam es ihm an? Der Text wurde zugespitzt, die wesentliche Aussage auf den Punkt gebracht, Fehler wurden verbessert, über die Gestaltung diskutiert.

Dieser intensive Umgang mit dem Text ‚entschleunigte‘ den Weg an die Öffentlichkeit. Die Textmenge reduzierte sich alleine schon dadurch, dass jeder Buchstabe einzeln gesetzt werden musste – so wurden ‚Bleiwüsten‘ wirkungsvoll eingedämmt. Die Diskussion um die Aussage eines Textes erzwang es, genau hinzuhören. Vorschläge zur Verbesserung mussten vom Autor akzeptiert werden – es ging ja um seinen Text. Ungereimtheiten oder Denkfehler hatten kaum eine Chance, diesen Prozess unerkannt zu durchlaufen. Statt: ‚Warum schreibst Du nicht …“ lautete die Frage: ‚Könnte man das so ausdrücken …‘. Hinterher wusste auch der Autor genauer, wie er seine ‚Meinung‘ formulieren wollte – nicht weil jemand ihm diese übergestülpt, sondern weil er sich mit ihr gründlich auseinandergesetzt hatte.

4000ster Datensatz in der Literatur-Datenbank zur Freinet-Pädagogik

Heute wurde der 4000ste Datensatz eingegeben!

Es handelte sich um einen Beitrag von Michael Ritter: Dazu will ich etwas schreiben! Didaktische Überlegungen zu freien und kreativen Schreibprozessen.

Michael Ritter ist heute Juniorprofessor an der Uni Bielefeld und hat zusammen mit seiner Frau Alexandra eine Schreibwerkstatt Schreibritter in Halle geleitet. Er war Mitarbeiter von Prof. Dr. Eva Maria Kohl, die an der Martin Luther Universität Halle das ambitionierte Projekt ‚Archiv für Kindertexte‘ aufgebaut hat.

An der Uni Bielefeld arbeitet er mit Ulrich Busse zusammen, Abteilungsleiter an der Laborschule. Die Laborschule wiederum hat vor längerer Zeit eine sehr gute DVD zum Schuldruck und zu Freien Texten erstellt.

Freinet-Schulen aktuell

Infoseite über Freinet-Schulen bei freinet.paed.com erneuert

Seit dem 1. Februar ist die Schulseite von freint.paed.com komplett überarbeitet im Netz. Achtzehn Einträge gibt es jetzt und dazu eine Landkarte von Googel, auf der alle Schulen eingetragen sind. SchulübersichtSchulübersicht Zu jeder Schule gibt es auch eine Steckbriefseite, die es in sich hat: Gründungsdatum, Schultyp, Angaben zur Schulleitung, Adresse, aktuelle Telefon- und Faxnummer, E-Mail-Adresse und URL der Homepage sind obligatorisch. Von der bisherigen Seite finden sich weitere Spuren im Netz. Das sind Links, zu Internetseiten mit direktem Bezug zur Schule.

Neu ist der Link, der die Schule auf Googel-Maps lokalisiert. So kann man sich schnell die Anfahrtsroute anzeigen lassen und sich schon mal die Umgebung im Netz ansehen. Es lohnt sich also, wenn es noch kein ‚Streetview‘ gibt, Bilder des Schulgebäudes und der Schulumgebung hochzuladen (Foto-upload), die dann auf der Karte gefunden werden können.
Schulkarte DESchulkarte
Neu ist auch die Verlinkung mit einer Googlesuche im Netz. Tagesaktuell werden alle Seiten im Zusammenhang mit der Schule angezeigt. Mit integriert ist auch ein Link zu Bildern, Videos und Zeitungsmeldungen, die die Schule betreffen.

Wehrmutstropfen: mehrere Freinet-Schulen sind nicht mehr aktiv. Die Homepage der Freinet-Schule Zerbst existiert nicht mehr, die Schule ist umbenannt und hat keinen Bezug mehr zu Freinet. Ebenso die Pestalozzi-Schule in Gladbeck, die Regenbogen-Schule in Moers und das Schulzentrum Bergiusstraße in Bremen. Von letzterem sind nur noch die Seiten von Klaus Glorian im Netz: Eine reformpädagogische Klasse in der Sekundarstufe 1 nach Ideen von Célestin Freinet und John Dewey.