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Hering/Hövel: Immer noch der Zeit voraus (2)

Rezension von Klaus Glorian, 11,4.2002

Jochen Hering/Walter Hövel: Immer noch der Zeit voraus"

Eine Buchbesprechung von Klaus Glorian und Reiner Ubbelohde

Die Pädagogik-Kooperative [jetzt: Freinet-Kooperative] Bremen bietet zum 100. Geburtsjahr von Célestin Freinet ,ein Buch mit dem Titel "Immer noch der Zeit voraus - Kindheit, Schule und Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Freinet-Pädagogik an: Den Herausgebern Jochen Hering und Walter Hövel ist mit diesem Buch eine Synthese zwischen "klassischen Texten Freinets - und aktuellen Beiträgen von Wissenschaftlern und Schulpraktikern zur Schulkritik und Praxis der Freinet-Pädagogik gelungen.


In dem Buch sind Texte von Célestin Freinet aufgenommen, die gegenwärtig im Buchhandel nicht zugänglich sind. Diese sehr bildhaft und anschaulich geschriebenen Texte verblüffen durch ihre nach wie vor hohe Aktualität. Sie geben ein Beispiel für eine aus der Reflexion der eigenen Praxis- gewonnenen Schulkritik mit großem Erkenntniswert. Die von Freinet vor Jahrzehnten formulierte Kritik trifft noch immer auf den Zustand großer Teile des Schulsystems zu. So zeigt der Text "Adler steigen keine Treppen - Vom methodischen Treppensteigen" den noch immer grundlegenden Fehler der heutigen Schule auf, kindliche Lernwege durchgehend methodisieren und kindlichem Eigensinn keinen Spielraum geben zu wollen. Nicht vergessen wird die Leistung von Elise Freinet, die "innerhalb der entstehenden Freinetbewegung die Bedeutung des freien Ausdrucks und der Kunst und der Ästhetik betont"(S.233) hat.

Die Originaltexte wechseln sich ab mit solchen, die den Stand der Freinet-Pädagogik in der heutigen Zeit spiegeln. Die Spannweite dieser Texte geht von eher grundlegenden Artikeln wie "Sollen die Menschen verhältnismäßig werden oder die Verhältnisse menschlich?" von Johannes Beck bis hin zu Artikeln aus der Praxis wie "Von Kullersystemen, freien Texten und dem Lob des Fehlers. Freinetbewegte Wege im Mathematikunterricht" von Angela Glänzel-Zlabinger. Hervorzuheben ist, daß die (Wieder-)Entdeckung der Freinetp-Pädagogik durch die universitäre Erziehungswissenschaft in dem Buch ihren Ausdruck findet. So setzt sich bei-spielsweise Herbert Hagstedt mit der Frage "Freinet-Pädagogik und Erziehungswissenschaft - ein gestörtes Verhältnis?" auseinander, während Ursula Carle in dem Beitrag ,,Wer die Schule verändern will, muß die angehenden Lehrerinnen und Lehrer gewinnen. Freinet-Pädagogik an der, Hochschule" über die praktische Umsetzung der Freinet-Pädagogik in der Lehrerausbildung berichtet.

Mit der Vielfalt der Beiträge gibt das Buch einen hervorragenden Einblick in die Anwendungsbreite der Freinet-Pädagogik und ihre theoretischen Hintergründe. Letzteres hätte durch die Herausgeber noch deutlicher akzentuiert werden können, wenn sie neben Freinets Überlegungen zum Verhältnis von Arbeit und Spiel noch weitere theoriegeleitete Texte neben die metaphorischen gestellt hätten. Allerdings wäre das wohl nur zu Lasten der aktuellen Beiträge gegangen.

Das Buch macht Mut, mit der Veränderung der ,praktischen Arbeit in Schule und Universität zu beginnen oder fortzufahren, seine Lektüre ist jedem zu empfehlen, der ein Interesse an Veränderungen" im Bildungswesen - vom Kindergarten bis hin zur Universität - hat.

Klaus Glorian, Reiner Ubbelohde

Das Buch von Jochen Hering und Walter Hövel (Hrsg.) "Immer noch der Zeit voraus - Kindheit, Schule und Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Freinetpädägogik" ist erschienen in der "Reihe Moderne Schule" in der Freinet-Kooperative eV., Bremen 1996 (ISBN 3-9805100-0-X)

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