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3.5 Strategisches Lernmaterial mit Selbstkontrollmöglichkeit


Wir können nicht erwarten, dass alle SchülerInnen ständig kreativ und produktiv an freien Texten arbeiten, dann wären die Texte häufig nicht mehr frei, sondern unter Zwang produziert. Manchmal ist man einfach in der Stimmung, sein Lernpensum durch andere Tätigkeiten zu erfüllen. Dafür steht ein Angebot an Lernmaterial mit Selbstkontrollmöglichkeiten zur Verfügung. Das Verlags-Angebot auf diesem Markt ist in Bewegung geraten. Allmählich gibt es immer mehr Brauchbares. Die Kriterien für die Verwendbarkeit entnehmen wir aus Sommer-Stumpenhorst, 1991, S.111 ff und aus Naegele und Valtin 1994, S. 114ff. Es gibt immer noch schöne aber wenig effektive und sogar schädliche Übungen in den Materialien. Deswegen sollte man sich selbst ein Urteil bilden. Übungen dürfen z.B. nicht gegen das Gesetz der Ähnlichkeitshemmung verstoßen, das seit Anfang des Jahrhunderts als Ranschburgsche Hemmung bekannt ist.
Hier nur einige kommentierte Anregungen:

Das richtige Abschreiben ist eine Kunst, die auch geübt werden muß. Dazu geben wir explizit Anleitungen. Ein beliebtes Abschreibeangebot bei 5.KlässlerInnenn ist unsere TierliebhaberInnen-Kartei, die wir aus den Malbüchern des Persen-Verlages hergestellt haben. Zuerst malen die Kinder das vorgezeichnete Tier aus, dann schreiben sie den Sachtext darunter ab.
Auf diese Art wird der Anspruch der Kinder an sich selbst befriedigt, schön gestaltete Seiten anzufertigen.

Wir arbeiten viel mit Gleichschreibungslisten, die wir farbig unterschieden zu den vier Strategien anbieten. Dafür haben wir Ausnahmen und rechtschriftliche Phänomene seitenweise gesammelt. Die Kinder in der Schreibwerkstatt erfüllen eine Aufgabe, indem sie eine halbe Seite dreimal abschreiben. Dazu haben wir die Blätter geknickt in DIN A 5 - Folien gesteckt. Die Beschriftungsmöglichkeit mit wasserlöslichen Folienschreiben übt einen zusätzlichen Anreiz aus. Auf der zweiten Hälfte steht oft ein Hinweis zur eigenen Regelbildung und -überprüfung. oder eine textintegrierende Aufgabe. Gleichschreibungslisten stiften zur induktiven Regelgewinnung an. Nebenbei erlernen die SchülerInnen den Umgang mit Folien und Folienschreibern, der für Karteiarbeit nützlich ist. Da das Übungsangebot hier geblockt ist und nur im Kurzzeitgedächtnis gespeichert wird, dürfen die Kinder dieselbe Karte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal beschriften.
Im Klassenunterricht schreiben die Kinder die ganze Liste an drei verschiedenen Tagen je einmal von oben nach unten ab, und zwar in ein Heft oder einen Hefter. Der zeitliche Abstand fördert das Behalten im Langzeitgedächtnis.
Immer ist die Selbstorganisation mit der eigenen Buchführung wichtig.
Es ist beabsichtigt, die Gleichschreibungslisten als Kopiervorlagen zu veröffentlichen.
Gleichschreibungslisten können die Kinder auch selbst erstellen. Wenn es um bestimmte Anlautfehler geht oder darum, schwierige Wörter in Wortfamilien zu sammeln, führt solch eine Aufgabe besonders schnell zu den notwendigen Einsichten.

Zum Training einzelner Strategien stehen den Kindern auch Kisten mit Materialien zum bewegten Lernen zur Verfügung:

Die Basiskiste enthält:

Die Wandtafel wird von Kindern mit motorischen Schwierigkeiten gern genutzt. Kindern, die auf der untersten Stufe des Schriftspracherwerbs beim Buchstaben-Malen noch Schwierigkeiten zu überwinden haben, hilft es sehr, an der Tafel groß und mit viel Druck die Ablaufbewegung bei einzelnen Buchstaben zu trainieren. In fast jedem Förderkurs des 5. Schuljahres gibt es solche Kinder. Wir malen ihnen Buchstaben oder kurze Wörter vor, lassen sie die Reihe vollschreiben und kreisen die am besten gelungene Nachahmung ein.

Die Kartei ABC-Wortspiele (Kaleidoskop) ist eine Selbstlernkartei mit Aufgaben und Lösungen. In die Sprachspiele sind immer wieder auf den optischen Differenzierungssinn zielende Wahrnehmungsübungen eingeschoben, welche auf das genaue Hinsehen und Erkennen von Schriftbildern zielen. Mit dem Gebrauch dieser Kartei werden die Kinder angeleitet, sich Aufgaben selbständig zu erschließen und anschließend mit Hilfe der Lösungskarten zu vergleichen bzw. zu korrigieren.

Mit der Grundwortschatz-Kartei (von Hanefeld bei Cornelsen) arbeiten unsere SchülerInnen, indem sie sich selbst farbige Karteikarten für ihren Wörterschatzkasten gemäß den Vorgaben herstellen. Auf jeder Wortkarte wird nur ein Rechtschreibfall geübt. Die Rechtschreibübungen auf den Wortkarten leiten zur Übertragung dieser Schreibweise auf andere Wörter an, es wird mit Wortstämmen, Wortfamilien, Analogien, Komposita und Reimwörtern gearbeitet. Da Interferenzen (Gegenüberstellungen d/t, i/ie), die die Schüler verunsichern, vermieden werden, eignet sich diese Kartei für unsere SchülerInnen. Die Karteikarten werden wie die persönlichen Übungswörter in Abständen wiederholt.

Die Gewöhnung an das Wörterbuch geschieht auch schon auf dieser Strategiestufe. Es wird nicht nur zur Überprüfung z.B. der Silbentrennung, sondern auch zur Erstellung eigener Übungen zu besonderen Anlauten am Stammanfang gebraucht.

Unsere Stammprinzip-Kiste enthält:

Neben diesen bewegten Angeboten gibt es wieder Gleichschreibungslisten zum Verlängern und Ableiten, zur Wortbildung und zu Wortfamilien. Das Wörterbuch gibt viele Beispiele.

Der Bedarf, für die kontextbezogene Strategie Material zu erstellen, ist in unseren Förderkursen bisher nicht so groß gewesen, wie bei den grundlegenderen Strategien. Innerhalb der kontektbezogenen Strategie spielen grammatische und stilistische Aspekte stark in den Bereich Rechtschreibung hinein. Handelndes Umgehen mit Satzgliedern durch Umstell-, Erweiterungs- und Ersatzprobe verhelfen dabei auch zu Einsichten in rechtschriftliche Regelungen, z.B. steht bei Nominalgruppen das groß zu schreibende Wort am Ende. Wenn die Kinder Sicherheit auf den unteren Ebenen erworben haben, sind sie leichter in der Lage sich für solche Anforderungen zu öffnen.

Unsere Kontextkiste enthält:

Natürlich gibt es wieder Gleichschreibungslisten, z.B. zum Wörtchen "dass" und zur Großschreibung im Zusammenhang, sowie Übungen zur Zeichensetzung, besonders bei wörtlicher Rede.

Das Wörterbuch ist hier auch wieder ein treuer Helfer bei Ersatz- und Erweiterungsproben und trägt oft befragt zu stilistischen Verbesserungen bei.

Die Kartei "Sich lebendig ausdrücken" (Kaleidoskop) gibt Tips für eine Verbesserung des Stils. Da die Aufgaben etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen, wird sie nur Kindern empfohlen, die es in der Anwendung der übrigen Materialien zur Meisterschaft gebracht haben.

Das "Diktatstudio" ist eingerichtet worden, um die SchülerInnen möglichst angstfrei auch auf das evtl. anderswo verlangte Diktatschreiben vorzubereiten. Die SchülerInnen haben bisher Diktate als Nachweis ihrer mangelnden Rechtschreibfähigkeit erlebt. Diktatschreiben ist für sie mit extremen Ängsten besetzt. Bei der Rückgabe habe ich immer wieder SchülerInnen hilflos weinend erlebt. Es ist eine ernstzunehmende Frage, ob Diktate wirklich die Rechtschreibleistungen verbessern und nicht nur ein Mittel zur Auslese sind. (Argumentationshilfen Diktate betreffend, mögliche Einwände und angemessene Argumente sind veröffentlicht in Bartnizky, 1995 S. 133 ff.) Im Außerschulischen Bereich werden Diktate dennoch verlangt. Das dürfen wir nicht ignorieren und das Kind unvorbereitet lassen. Das Diktatstudio ermöglicht dem Kind, einen bekannten Text eines Schulfunkdiktates im selbstgewählten Tempo zu schreiben und selbst zu korrigieren. Dazu arbeitet das Kind mit Kasettenrecorder und Kopfhörer für sich alleine. Die eingesetzten Schulfunkdiktate ermöglichen dem Kind eine Orientierung an der Schnelligkeitsnorm. Nebenbei wird das Kind an eine alternative Nutzungsmöglichkeit des ihm in den meisten Fällen persönlich zur Verfügung stehenden Kasettenrecorders herangeführt.

An Konzentrationsspielen stehen uns Arbeitsblätter in Folientaschen und verschiedene Memory-Spiele zur Verfügung. Diese Angebote werden kaum nachgefragt, obwohl sie kurzphasig innerhalb weniger Minuten zu erledigen sind. Kinder, die mit dem ganzheitlichen Konzept der Schreibwerkstatt gefördert werden, arbeiten mit großer Ausdauer an ihren Veröffentlichungen.

Die hier vorgestellten Medien und Spielideen geben nur unseren aktuellen Stand wieder. Sobald einmal mit der Arbeitsweise der Schreibwerkstatt begonnen wurde, werden Lehrkräften mit der Perspektive der in Kapitel 2 beschriebenen Grundfragestellung "Mit welcher Strategie hätte das Kind den Fehler vermeiden können?" die Ideen von selbst kommen und die Kinder werden selbst mit Spaß dazu beitragen, das Angebot zu erweitern.

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