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1.1 Arbeitsgrundlage "freier Text"


Die Leistungsbereitschaft im Bereich Lesen und Schreiben zu steigern ist ein wichtiger Schritt zum Erfolg. Schließlich werden die SchülerInnen ja gezwungen, ständig an ihrem Schwachpunkt zu arbeiten, der ihnen bisher viele Misserfolge eingebracht hat.
Es ist wichtig, Versagensängste abzubauen. Dies gelingt durch den hohen Grad der Selbsttätigkeit und der Selbstständigkeit, zu der die Förderung in der Werkstattarbeit anleitet.

Es geht uns darum, eine langfristig wirksame Motivation zum Schreiben überhaupt und zum richtigen Schreiben im Besonderen aufzubauen. Deshalb sind die Kurse so angelegt, daß die SchülerInnen sichtbare Erfolge ihrer Arbeit vorweisen können. Bei diesen Kindern ist das Schreiben jedoch durch jahrelanges falsches Üben, bzw. die Erfahrung von Schreiben als Strafe meist negativ besetzt. Sie wollen oft nicht mehr schreiben und vermeiden es. Zur erfolgreichen Förderung ist es notwendig, an den Ursachen anzusetzen. "Schreiben ist in den meisten Schulklassen kein Mittel des Ausdrucks und der Kommunikation. Es ist eine erzwungene Handlung, sinnlos und oft stumpfsinnig. Der Anlaß des Schreibens: der Druck des Lehrers. Der Inhalt des Geschriebenen: das Thema, das der Lehrer vorgegeben hat. Der Adressat der Texte: der Lehrer, mit dem man ja eigentlich auch sprechen könnte. Warum sollten sich die Schüler engagieren? Was sie interessiert, ist sowieso nicht wichtig."(Vasquez, u.a., 1976, Seite 14). Richtig schreiben kann man aber nur durch Schreiben lernen, Schreiben, Schreiben und nochmals Schreiben.

Die erste Aufgabe unserer Förderung besteht darin, die schulisch aufgebauten Schreibhemmnisse zu überwinden. Wir machen das zunächst über das Angebot, freie Texte zu schreiben. Wir glauben, die notwendige Übungsbereitschaft durch die Integration von Schreiben und Rechtschreiben viel besser fördern zu können als durch isolierten Rechtschreibunterricht. Rechtschreiben ist ja nichts anderes als eine didaktische Reduktion des Schreibens. Die Einsicht in die Notwendigkeit, richtiges Schreiben zu lernen, entwickelt sich ganz von selbst aus dem Bedürfnis heraus, verstanden und anerkannt zu werden. Schließlich haben die Kinder ja Wichtiges mitzuteilen, nämlich Geschichten, die sie selbst geschrieben haben.

Dieses Schreiben entspricht bewußt nicht den Anforderungen des traditionellen Aufsatzunterrichts. Wir lassen die schichtenspezifische Sprache der Kinder gelten, fördern nur die Sprachrichtigkeit, sonst müssten wir werten und würden einzelne Kinder noch mehr entmutigen.

Freie Texte haben obendrein noch "eine therapeutische Funktion. Sie erlauben es dem Kind, seine zentralen Erfahrungen und Probleme (in verhüllter oder offener Form) auszudrücken und manche Schwierigkeiten zu überwinden". (Vasquez, u..a. 1976, S. 15; vgl. auch Bambach 1993 )
Dort findet sich auch ein Kapitel über die Einbettung der Rechtschreibarbeit in den Kontext des freien Schreibens.

Bevor das Kind seinen Text zur Korrektur vorlegt, überarbeitet es ihn auf orthographische Richtigkeit mit Hilfe des Wörterbuches und/oder von MitschülerInnen. "Wichtig ist..., einen geschriebenen Text als Entwurf zu verstehen, dem Vorgang der Überarbeitung größte Aufmerksamkeit zu widmen, Zeit dafür zu lassen, Überprüfungsmittel bereitzustellen, und den Schülern zu verstehen zu geben, daß immer erst das korrigierte Exemplar Öffentlichkeitscharakter besitzt." (Menzel, 1978, S.23)

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