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in deutscher Übersetzung
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Freinet-Pädagogik in der Schweiz in: Die Deutsche Lehrerzeitung Berlin, 45. Jahrgang, A6601, S 81 - 96 Magazin für Schule und Gesellschaft Heft 6-7/1998 Preis: DM 14,80
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SummaryFreinet-Pädagogik in der Schweiz Gang der Argumentation In der Schweiz gibt es kaum Freinet-Schulen. Eine nachhaltig vertretene Freinet-Doktrin in der Lehreraus- und fortbildung existiert ebensowenig wie eine weitreichende nationale Freinetbewegung. In schulpädagogischer und didaktischer Hinsicht sind Freinets pädagogisches Denken und seine Praxis nicht vorhanden. Die Freinet-Publizistik bedient kleine, weitgehend hermetische Kreise. Die früher aktiveren Freinetgruppen befinden sich in einen stetigen Auf und Ab. Trotzdem ist eine versteckte, keineswegs aufgearbeitete Rezeptionsgeschichte der Freinet-Pädagogik in der Schweiz feststellbar. Infolge des Fehlens einer breiten Plattform gibt es Lehrkräfte, welche Freinets Ansätze im alltäglichen Unterricht verwirklichen. Welche Mechanismen verbürgen die gleichsam informelle Wirkung dieser verkürzten, politische Implikate übersehenden, demzufolge bildungspolitsch und schulreformerisch ungefährlichen, vielleicht gerade darum erfolgreichen Rezeption der Freinet-Pädagogik in der Schweiz? Um die aufgeworfenen Fragen auch nur annähernd beantworten zu können, ist zunächst ein Blick auf die Reformpädagogik in der Schweiz, einen gemeinhin blinden Flecken in der bildungshistorischen Diskussion um die Reformpädagogik (2.). Dabei darf ein Blick auf einen einzigartigen Versuch, eine staatliche Freinet-Schule zu etablieren, nicht fehlen (2.1.). Nachdem die Person Freinets und sein pädagogisches Denken und Handeln erörtert (3.). worden sind, ist, vor den Schlussbemerkungen (5.), ein Blick auf die Entwicklung der Freinet-Gruppen in der deutsch- und der französischsprechenden Schweiz angebracht (4.) 1. Einleitung 2. Reformpädagogik in der Schweiz 2.1. Die Schule der Esel in Neuchâtel: eine staatliche Freinetschule 3. Célestin Freinet: Biographisches 3.1. Biographische Skizze und este pädagogische Hinweise 3.2. Die pädagogischen Prinzipien... ...und die alltägliche Praxis 4. Die Freinet-Bewegung in der Schweiz 5. Schluss 1. Eine Freinetbewegung hat in der Schweiz bis heute ebensowenig existiert wie eine Diskussion um Freinets schulpädagogischen Ansatz. Trotzdem realisieren Lehrkräfte Freinet-Pädagogik in ihrem Unterricht. 2. Die Absenz einer übergreifenden Debatte um die Freinet-Pädagogik reduzieren die politischen, gewerkschaftlichen, föderativen und laizistischen Implikate von Freinets Denken und Handeln auf eine unterrichtsmethodische Technologie. Die Rezeption von ausgewählten Teilen der Freinet-Pädagogik hat zu deren Entpolitisierung geführt. 3. Nur gerade ein Sechstel der Berner Lehrkräfte weiss, was Freinet-Pädagogik charakterisiert. Weil sie einzelne Freinet-Methoden (freier Text, Klassenkorrespondenz, Drucken im Unterricht) aber anwenden, liegt der Schluss nahe, Freinets Hinweise seien allmählich zur schulischen Normalität geworden. 4. Reformpädagogik wird seitens der Lehrerschaft derzeit durchaus unkritisch rezipiert: Was didaktisch und methodisch opportun scheint, übernimmt man von früher und setzt es in moderne Unterrichtsgefüge ein. Die historisch-kritische Perspektive fehlt. Baumann, F.,Der Schweizer Wandervogel, Aarau 1966 Bovet, P., Différenciation ou individualisation ?, in: Educateur, Juni Lausanne 1925 Dietrich, I., Politische Ziele der Freinetbewegung in Frankreich, Weinheim und Basel 1982 Dottrens, R., L'enseignement individualisé, Neuchâtel 1936, zit n.d. 2. Aufl., Neuchâtel 1947 Ferrière, A., L'école active (dt.: Tatschule, Weimar 1928), Paris 1922 Freinet, C., Die moderne französische Schule, hrsg. von H. 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Zürcher, K., Werkstatt-Unterricht, Bern 1987 Hans-Ulrich Grunder, Prof Dr. phil. I, geboren 1954, unterrichtete nach dem Sekundarlehrerstudium mathematisch-naturwissenschaftlicher Richtung (Universität Bern) zwei Jahre an der Freien Volksschule Bern. Zweitstudium: Pädagogik, Ethnologie und Journalismus. Nebenamtliche Unterrichtstätigkeit (insgesamt zwölf Jahre) an verschiedenen Schulen und in der Lehrer- und Erwachsenenbildung. Ab 1983 wissenschaftlicher Assistent am Pädagogischen Institut der Berner Universität. Promotion (1987) mit einer Arbeit über die Landerziehungsheime in der Schweiz. Habilitation (1992) zum Thema Seminarreform und Reformpädagogik. Lehraufträge an den Universitäten Zürich (Päd. Institut) und Bern (Abteilung Höheres Lehramt, Sekundarlehrerausbildung) und Göttingen (Fakultät für Erziehungswissenschaft). Ab Frühjahr 1993 Vizedirektor der Ausbildung für Sekundarlehrerinnen und Sekundarlehrer an der Universität Bern (Sekundarlehramt). Ab Wintersemester 1995/1996 Ordinarius für Schulpädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Tübingen. Gründer und Leiter der dortigen Forschungsstelle für Schulpädagogik. Arbeitsschwerpunkte: Schulpädagogik, Geschichte der Pädagogik, Medienpädagogik, Geschichte und aktuelle Konzepte der Didaktik, Anarchismus und Pädagogik, Lehrerbildung, Schulreformen, Sozialgeschichte der Erziehung in der Schweiz, Geschichte der Unterrichts- und Arbeitsmethoden.
Prof. Dr. Hans-Ulrich Grunder
Kappelenring 8
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