lit_db 0.2.2adev.0341a © by Xenon
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144 passende Datensätze gefunden!
title: Wie richtet man eine Schuldruckerei ein? by o.A. |
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Titel: | Wie richtet man eine Schuldruckerei ein? |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Hannover, Geha-Werke; in: Geha für die Schule, 9. Ausgabe, Folge 16 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | 1990 | | |
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ID: 2301 | hinzugefügt von Jürgen an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Schuldruckerei by o.A. |
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Titel: | Schuldruckerei |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Rodach, in: Wehrfritz Wissenschaftlicher Dienst (WWD), Nr. 38/39, Seiten 14 bis 17 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1988 | | |
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Schuldruckerei: Verwirklichung der Grundprinzipien vom natürlichen, selbsttätigen und praktischen Lernen
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ID: 2313 | hinzugefügt von Jürgen an 07:37 - 7.9.2005 |
title: Célestin Freinet und die Schuldruckerei by o.A. |
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Titel: | Célestin Freinet und die Schuldruckerei |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Hannover, in: SchulPraxis, Heft 5, Seiten 27 bis 29 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1981 | | |
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ID: 2312 | hinzugefügt von Jürgen an 07:34 - 7.9.2005 |
title: Schuldruckerei by o.A. |
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Titel: | Schuldruckerei |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Hannover, In: Geha für die Schule, 9. Ausgabe, Folge 16 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1990 | | |
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Schuldruckerei: Lernen durch Mitmachen - Verstehen durch eigenes Handeln
Schlagworte:
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ID: 2314 | hinzugefügt von Jürgen an 07:40 - 7.9.2005 |
title: Schuldruckerei by o.A. |
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Titel: | Schuldruckerei |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Stuttgart, in: Wirtschftsspiegel, Heft 3, Seiten 9 bis 11 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1990 | | |
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Text:
Schuldruckerei - So macht Schule Freude!
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Notiz:
Deutscher Sparkassen-Verlag
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ID: 2315 | hinzugefügt von Jürgen an 07:42 - 7.9.2005 |
title: Schuldruckereien by o.A. |
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Titel: | Schuldruckereien |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Berlin, in: AKZIDENZ, Heft 1, Seiten 54 und 55 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1992 | | |
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Text:
Schuldruckereien: Kreativ-Werkstatt nicht nur für die Kinder... und dicker Pluspunkt für das schulische Angebot
Schlagworte:
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Notiz:
Informationsdienst für das grafische Gewerbe, seine Partner und Freunde
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ID: 2316 | hinzugefügt von Jürgen an 07:44 - 7.9.2005 |
title: Einführung in die Schuldruckerei by o.A. |
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Titel: | Einführung in die Schuldruckerei |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Braunschweig, in: Lehrmittel aktuell, Heft 4, Seiten 22 und 23 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1993 | | |
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ID: 2317 | hinzugefügt von Jürgen an 07:46 - 7.9.2005 |
title: Vornamen drucken by o.A. |
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Titel: | Vornamen drucken |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Braunschweig, in: Lehrmittel aktuell, Heft 3, Seiten 11 und 12 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1994 | | |
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Text:
Vornamen drucken Ein optimaler Einstieg in die Schuldruckerei
Schlagworte:
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ID: 2318 | hinzugefügt von Jürgen an 07:47 - 7.9.2005 |
title: Die Schuldruckerei by o.A. |
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Text:
Die Schuldruckerei
"Par la vie – pour la vie – par le travail"
(Durch das Leben – für das Leben – durch die Arbeit)
Célestin Freinet
Seit dem Schuljahr 2004/05 gibt es an der Hans-Thoma-Schule in Malsch eine neu geschaffene Schuldruckerei im Sinne der Pädagogik des französischen Reformpädagogen Célestin Freinet.
Célestin Freinet (1896 – 1966)
Die Freinet-Pädagogik geht auf den französischen Lehrer und Reformpädagogen Célestin Freinet zurück.
Das alltägliche Leben der Kinder bildet neben deren Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnissen die Grundlage für die Arbeit der Schüler. Dabei ist der Lehrer für den organisatorischen Rahmen verantwortlich. Den eigenen Erfahrungen der Schüler kommt große Bedeutung zu.
Die Schule im Sinne Freinets ist eine „Arbeitsschule“. Sie wird zur Werkstatt, in der die Ziele mit verschiedenen Sinnen angegangen werden. Die Schuldruckerei ist eine zentrale “technique Freinet“, unter anderem gab es in Freinets Klassenzimmer auch Druckmaterialien wie Lettern und Druckpresse.
Drucken als pädagogisches Mittel
Neben der Schulung sprachlicher Fähigkeiten, technischer Fertigkeiten und der künstlerischen Gestaltung der gedruckten Texte (die Veröffentlichung ist von Beginn an vorgesehen) steht das soziale Lernen im Mittelpunkt. Die Gruppenarbeit, die auch immer wieder sinnvolle Arbeitsteilung beinhaltet, lässt neben eigenständigem Handeln viele Schüler Verantwortung für andere übernehmen. Gerade für Kinder mit Defiziten im sozialen Bereich ist die Arbeit in der Schuldruckerei von unschätzbarem Wert.
Druckereiarbeit erspart den Schülern nicht die Anstrengung. Dies ist im Sinne der Pädagogik von Célestin Freinet eine gute Vorbereitung auf das spätere Arbeitsleben. Das Kind soll aber auch die unvergleichbare Befriedigung empfinden lernen, die in der Arbeit liegt. So steigert die Anerkennung für die geleistete Arbeit durch die gesamte Gruppe das Selbstbewusstsein der Schüler.
Auftauchende Probleme bespricht die Schülergruppe im „Betriebsrat“, der dem Klassenrat entspricht. Hier werden Gesprächsregeln und demokratisches Verhalten eingeübt.
Themenfindung
Als Adressatengruppe für die Schuldruckerei haben wir an unserer Schule die Schüler der 5. und 6. Klassen ausgewählt. Die einzelne Klasse wird in zwei Gruppen eingeteilt, die im Wechsel in der Druckerei arbeiten.
Zu Beginn des Schuljahres wird die Schülergruppe in die praktische Arbeit einer Schuldruckerei eingeführt. Anschließend suchen die Schüler sich ein Thema aus, das die Grundlage für die Schuldruckereiarbeit in den zwei nächsten Schuljahren bildet. Dabei wird eine Exkursion durchgeführt, bei der lebensnahe Begegnungen stattfinden. So erhalten die Kinder Einblicke in die Lebenswirklichkeit verschiedenster Menschen.
Wieder zurück in der Schule schreiben die Schüler ihre Erlebnisse auf. Verbesserungsvorschläge der Klassenkameraden werden diskutiert und Texte ausgewählt.
Anschließend beginnt die praktische Arbeit in unserer Schuldruckerei.
Die Arbeit in der Schuldruckerei
Die einzelnen Arbeitsschritte: setzen ==> drucken ==> Lettern ablegen ==> Texte gestalten auf DIN A4 – Blatt ==> Texte binden (Spiralbindung) werden sehr schnell selbstständig von den Schülern ausgeführt.
Zur Planung und Dokumentation der eigenen Tätigkeiten führt jeder Schüler und jede Schülerin einen Arbeitspass.
Die Schüler verschönern das Präsentationsheft mit ihren Zeichnungen. Seit dem Schuljahr 2007/2008 erweitern wir unsere Druckfähigkeiten durch das Drucken von Zeichnungen und Bildern, die die Schüler auf Gebrauchsfolien einritzen. Hier könnte evtl. in Zukunft in Verbindung mit dem Fach Bildende Kunst der Linoldruck zum Einsatz kommen.
Durch das Setzen und Drucken neugierig geworden, beschäftigen wir uns im Verlauf der beiden Schuljahre auch mit Johannes Gutenberg und seiner Druckkunst. Dies geschieht (wenn es vom Stundenplan her möglich ist) auch im Rahmen des Deutschunterrichts.
Die Präsentation
Nach zwei Schuljahren findet unser Präsentationsabend statt, an dem vor allem die Eltern und Geschwister unserer Schuldrucker sowie das Team der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe eingeladen werden. Neben musikalischen Beiträgen – gestaltet von der Musik-AG – bildet eine Druckereivorführung den Höhepunkt des Abends. Die Schüler präsentieren dabei alle Arbeitsgänge einer Druckerei selbstständig. Das entstandene Präsentationsheft wird den anwesenden Gästen überreicht bzw. anschließend von den Schülern selbst mit nach Hause genommen.
Fazit
Die Arbeit in der Schuldruckerei fördert unterschiedliche Kompe- tenzbereiche bei den Schülern. Im Laufe der Zeit bilden sich unter den Schülern „Experten“ für bestimmte Arbeiten heraus.
Sie können hier verstärkt andere Fertigkeiten und Stärken als im täglichen Schulunterricht einbringen und permanent aktiv, selbstständig und selbstverantwortlich arbeiten.
Bei der Druckereiarbeit stellen die Kinder schnell fest, dass sie mit ihrer Arbeit für die gesamte Gruppe verantwortlich sind.
Schlagworte:
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Notiz:
Originaltext mit Bildern
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ID: 3245 | hinzugefügt von Jürgen an 15:50 - 24.6.2009 |
title: Drucken mit der Glasplatte by o.A. |
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Titel: | Drucken mit der Glasplatte |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Köln, Pädok I, Jahrbuch, S. 26 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1983 | | |
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Text:
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Schlagworte:
Pädok_I, Schuldruck, Druckerei, Styrophor
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Notiz:
Anleitung zum Drucken mit Glasplatten und Styrophor
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ID: 3339 | hinzugefügt von user unknown an 23:47 - 22.7.2009 |
title: Willkommen in der RiesenkleinSchuldruckerei by o.A. |
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Titel: | Willkommen in der RiesenkleinSchuldruckerei |
Autor: | o.A. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Bremen, In: Fragen und Versuche Heft 130, S. 73 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.2009 | | |
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Text:
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Schlagworte:
FuV-130, lit_2009-art,
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ID: 3572 | hinzugefügt von Jürgen an 02:53 - 2.7.2010 |
title: Autonomie statt Macht. by o.A. |
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Text:
Leseprobe:
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Reformpädagogik gegen Kontroll- und Machtverhältnisse in der Schule
2.1 Machtstrukturen in den Regelschulen
2.2 Reformpädagogik – Erziehung und Lernen in Freiheit
3. Autonomie statt Macht: Die "Ècole moderne" Célestine Freinets
3.1 Die Emanzipation des Kindes
3.2 Die laizistische Schule
3.3 Die individuellen Interessen des Kindes und die Bedeutung der Arbeit
3.4 Autoritätsfreie Beziehung zwischen Lehrer und Schüler
3.5 Der „freie Ausdruck“
3.6 Der Klassenrat
3.7 Individuelle Arbeitspläne
3.8 Disziplin und Überwachung
3.9 Leistungsbewertung
4. Schlussfolgerung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Gegenstand der bevorstehenden Arbeit sind die abgeschafften Machtstrukturen in der Pädagogik des französischen Reformpädagogen und Begründer der l’Ècole Moderne, Célestin Freinet. Durch seine umfassende Kritik an der vorherrschenden Pädagogik seiner Zeit und durch seine revolutionären Ansätze ist sein Konzept zu einer bedeutsamen Lehre geworden (Skiera 2003: 327). Seine Schule, basierend auf der laizistischen Moral, möchte sich jeden Zwangs enthalten, wobei die Rechte und Bedürfnisse des Kindes höchste Priorität haben. Da für ihn das wichtigste Recht das Recht auf Freiheit ist, soll auf den folgenden Seiten ermittelt werden, wie sein Konzept die Schule zu einer befreienden Institution verwandeln soll.
Um ein umfassendes Bild der Konzeption Freinets zu schaffen, stellt der erste Teil dieser Arbeit konventionelle Schulen zur Zeit Freinets und die herrschenden Machstrukturen vor. Daraufhin soll die Kritik und Sichtweise der Reformpädagogik auf diese Machtprozesse in den Schulen vorgestellt werden. Daran knüpft der zweite Teil an, welcher die konkreten Neuerungen Freinets vorstellen soll. Der Unterricht soll in einer demokratischen und familiären Atmosphäre stattfinden (Kock 1996: 39). Darüber hinaus soll in der Schule keinerlei Moral, sowie politische, soziale oder religiöse Einflussnahme vermittelt werden. Er hat die Unterrichtstechniken und die Arbeitsmittel angepasst und die Schule strukturell umgewandelt. Durch die Bereitstellung entsprechender Arbeitsmaterialien soll es den Schülern ermöglicht werden, selbstständig Maßstäbe und Regeln zu entwickeln. Die Einführung des Klassenrats hat ebenso eine wichtige Rolle bei seiner Mission der „Befreiung der Kinder“. Durch welche Neuerungen Freinet seine Schüler befähigte, in der demokratischen Institution des Klassenrats mitwirken zu können, soll im Folgenden erläutert werden. Ferner soll auf die neue autoritätsfreie Beziehung zwischen dem Lehrer und dem Schüler eingegangen werden. Gewissen, Verantwortung und Eigenständigkeit sollen zu einem Pflichtbewusstem Leben führen. Der letzte Teil widmet sich der Frage, wie eine Schule ohne Disziplin und Überwachung aussehen kann und wie Freinet die Leistungsbewertung zwangsfrei gestaltet hat.
Die Arbeit schließt mit einem Fazit und versucht zu beantworten, welche Rahmenbedingungen Freinets Meinung nach geschaffen werden müssen, um die Schule zu einem Macht- und Zwangsfreiem Ort des Lebens zu verwandeln, in dem der Schüler durch Emanzipation und ohne Fremdbestimmung seine Persönlichkeit voll entfalten kann.
2. Reformpädagogik gegen Kontroll- und Machtverhältnisse in der Schule
2.1 Machtstrukturen in den Regelschulen
Herkömmliche Schulen legten großen Wert auf das vermitteln des Stoffes innerhalb der festgelegten Stoffpläne und waren infolgedessen bestimmten Faktoren unterworfen (Jörg 1979: 15). Die Einteilung des Unterrichts und die Dominanz des Lehrplans blenden aktuelle Interessen der Schüler aus. Ferner sorgt die Selektionsfunktion der Regelschulen für Ungleichheit. In einer „passiven und formellen Pädagogik“ (Jörg 1979: 17) wird Für Ruhe und Autorität gesorgt, indem die Kinder dazu gezwungen werden, deren Bedürfnisse zu unterdrücken. (Kock 1996: 34). Die Kontrolle der Arbeitsergebnisse in den traditionellen Schulen verlief durch das Aufsagen auswendig gelernten Stoffes, gutes Vorlesen und den Hausaufgaben. Solche Kontrolltechniken sind darauf bedacht, Schüler nach Leistungen einzuteilen und wecken in der Klasse Neid und Mistrauen (Jörg 1979: 118). Außerdem verbreitet sich unter solchen Umständen häufig ein Minderwertigkeitsgefühl unter den schwächeren Schülern. In Regelschulen wird die Harmonie des Kindes durch „unnatürlich forcierte schulische Anstrengung“ gestört (Kock 1996: 98). Die Aufgaben sind von dem Wirklichen Leben losgelöst und dadurch sind die Kinder später nicht dafür gewappnet, angemessen auf die Vorfälle der Zeit zu reagieren (Kock 1996: 100).
2.2 Reformpädagogik – Erziehung und Lernen in Freiheit
Reformpädagogik ist eine antiautoritäre und libertäre Pädagogik und eine ihrer Hauptkritikpunkte an der traditionellen Pädagogik ist das Konzept der Disziplin, Unterwürfigkeit und erzieherischen Autorität. Sie lehnt die gängigen Unterdrückungsmechanismen, Leistungszwang, die Machtmechanismen und die Hierarchie in der Klasse ab, wodurch ein „erzieherischer Machtvakuum“ entsteht (Skiera 2003: 335). Diesen gilt es durch Selbstständigkeit, Autonomie und Selbstregulierung zu ersetzen. Das wahre Ziel eine Pädagogik sollte es sein, „dass das Kind in einem gröstmöglichen Maße zur Entfaltung seiner Persönlichkeit in Schoße einer vernünftigen Gemeinschaft gelangen kann, der es dient, und die auch ihm dient.“ (Jörg 1979: 14). Es stellt sich für die Reformpädagogik die zentrale Frage, „wie Unterricht und Schule, Lehren und Lernen zur Freiheit führen und in Freiheit geschehen können…“ (Kock 2015: 111). Es ist die Aufgabe einer neuen Pädagogik, Organisationsformen zu entwerfen, in denen sich die Schüler durch aktive Teilnahme selbst verwirklichen (Jörg 1979: 17). Mitbestimmung und Selbstbestimmung sind ein wesentlicher Bestandteil aller Reformpädagogischen Ansätze. Auf dem Weg zu einer herrschaftsfreien Schule sollen die hierarchischen Strukturen aufgelöst werden. Das Ziel ist ein befreites Kind, der in einer demokratischen Gemeinschaft durch seine Partizipationsmöglichkeiten zum Selbstregulieren befähigt wird (Skiera 2003: 331). Durch die Ablehnung unmenschlicher und entwürdigender Behandlungen wird dem einzelnen die maximale Entfaltung seiner sozialen Kräfte und Menschlichkeit gewährleistet. Reformpädagogische Ansätze suchen durch die Schaffung demokratischer Arbeitsformen das menschliche Gleichgewicht zwischen dem Kind und dem Erwachsenen. Wie genau Freinet diesen Punkt angeht, wird im Folgenden erläutert.
3. Autonomie statt Macht: Die "Ècole moderne" Célestine Freinets
Freinets „Befreiende Volksbildung“ soll die Emanzipation des Kindes hervorbringen. Freiheit, Toleranz und Gleichberechtigung sind für ihn zentrale Begriffe. Dem Begriff der Selbstbestimmung liegt ein weiteres Ideal zugrunde: die Laizität. Die Schule und die Lehrpläne sollen Religionsneutral sein – Kirche hat in der Schule nichts verloren. Dadurch sollen die der freinetschen Pädagogik grundliegenden Werte gewährleistet sein und es soll eine „umfassende Befreiung von allen entfremdenden und unterdrückenden Bedingungen“ stattfinden (Kock 1996: 15). Die freiheitliche Pädagogik Freinets setzt auf selbstständige Arbeit und schafft Raum und Freiheit für die eigene Suche nach dem Wissen. (Skiera 2003: 311). Durch welche innovativen Methoden ihm dies geschieht, soll in diesem Kapitel erläutert werden.
3.1 Die Emanzipation des Kindes
Freinet erkennt gesellschaftliche Umstände, die einem befreienden und eigenverantwortlichen Bildungsprozess im Wege stehen. Darunter zählt er unter anderem Faktoren wie soziale Ausgrenzung, Ideologien, die Person des Führers, entmenschlichende Techniken, unkritisches Glauben und Manipulation (Kock 1996: 16). Die Erziehung nach Freinet ermöglicht es dem Kind, sich durch Lebensnahe Arbeit bestimmte Techniken anzueignen, die ihn für das spätere Leben bewaffnen (Kock 1996: 98). Durch solche Erziehung durch das Leben kann er sich auch später im Leben außerhalb der Schule seine Freiheit sichern.
„Freiheit in der Theorie Freinets…entsteht dort, wo das Individuum den mechanischen Prozess des Stroms, die ihn umgebenden Verhältnisse und die gleichsam natürlich erscheinenden Prozesse des Lebens mit einer höheren dynamischen Kraft überschreitet, dominiert und prägt“ (Kock 2006: 45).
Eine kindgemäße Schule überlässt dem Kind das Gestalten seiner Persönlichkeit und unterstützt es dabei lediglich (Jörg 1979: 15). Ein erster und wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Abschaffung der strikten Zeiteinteilung, welche den Schülern verschiedene Arbeitsrhythmen ermöglicht, was die langsameren Schüler der Versagersituation befreit.
3.2 Die laizistische Schule
Ein wesentlicher Punkt, den Freinet mit seinem Konzept umgehen möchte, ist die religiöse Vereinnahmung, da diese nicht zur Freiheit führt. Der Laizismus sei seiner Meinung nach die Basis für eine neutrale Schule, die ihre Schüler moralisch nicht bestimmt (Kock 1996: 29). Unter diesen Umständen wird es dem Kind ermöglicht, sich vollständig zu entwickeln. Eine der seiner laizistischen Pädagogik zugrundeliegenden Ideale ist Eigenständigkeit, die nur durch die Abschaffung des von außen diktiertem System möglich ist (Kock 1996: 17). Das vorgestellte Konzept der Laizität bedeutet für Freinet die Aversion gegen jede dogmatische Inhalte und Werte, die nicht vom Kind selbst kommen. Ferner fordert Freinet die Schüler als vollständige Individuen anzuerkennen, die dazu in der Lage sind, sich eigenständig „selbst zu erziehen“. (Kock 1995: 69).
3.3 Die individuellen Interessen des Kindes und die Bedeutung der Arbeit
Die Aktivität des Schülers soll die neue Grundlage für den Unterricht werden. Die Klasse soll keine passive Komponente sein (Kock 1996: 48). Das kann für Freinet nur durch selbstständige Arbeit gelingen. Für ihn ist die Wertschätzung der Arbeit deshalb so zentral, weil er sie als Grundstein einer befreienden Volksbildung versteht (Kock 1996: 17). Durch Arbeit entwickelt sich die Persönlichkeit des Kindes und gibt ihm ein Gefühl der Befriedigung (Skiera 2003: 319). Das grundlegende Bedürfnis jedes Kindes nach Aktion und Kreativität wird durch Arbeit erfüllt (Kock 1996: 49). Ausschließlich durch eine gesellschaftlich relevante Arbeit und die Reflexion dieser Arbeit kann sich eine befreiende Bildung entwickeln (Kock 1996: 21).
Eine der Wege zur Förderung der individuellen Interessen des Einzelnen ist die Abschaffung oder zumindest die Reduktion der Schulbücher, denn sie töten den kritischen Gedanken und die Kreativität. „Sie führen zur Unterwerfung des Kindes unter die Erwachsenen – genauer gesagt unter die Klasse der Erwachsenen, die durch die Lehrpläne und aufgrund ihres Kapitals über Unterrichtswesen verfügt“ (Kock 1996: 56). Doch werden nicht nur die Kinder Opfer den Schulbüchern, auch Lehrer werden durch sie gezwungen einen geschlossenen Stoff zu unterrichten. Ohne Schulbücher müssen sie nicht mehr mechanisch unterrichten, sondern werden davon befreit (Kock 1996: 57). Die von Freinet neu eingeführte Druckerei soll die Schulbücher gut ersetzen können. (vgl. Kock 1996: 59). Durch sie wird den Schülern eine freie Wahl des Stoffes ermöglicht, denn nur sie selbst können beurteilen, welche Gebiete sie gerade beschäftigen. Infolgedessen können sie den Stoff auswählen, der zu deren derzeitigen Interessen passen. Nur auf diesem Wege werden die Schüler von der Vereinnahmung durch die Erwachsenen befreit.
3.4 Autoritätsfreie Beziehung zwischen Lehrer und Schüler
Es soll nach Freinet keinen Wesensunterschied zwischen den Schülern und dem Lehrer geben. Der Lehrer soll bei der Selbstverwirklichung des Schülers eine lenkende und helfende Person sein, ein erfahrener Berater und Freund der ihm hilft, seinen Weg zu finden (Jörg 1979: 165). Er ist kein allwissendes Universalgenie, der als ständiger Bezugspunkt die Vorgehensweisen der Arbeit bestimmt. Er bereitet für die Schüler lediglich das Material vor und steht ihnen mit Ratschlägen zu Seite. Das Kind andererseits, nimmt von dem Lehrer in diesem Fall gerne Empfehlungen und Anregungen an (Kock 1996: 99).
Eine der zunächst äußerlichen Zeichen für die Gleichwertigkeit des Lehrers und Schülers ist die Abschaffung des Katheders. Indem der Lehrer an einem gewöhnlichen Tisch und Platz sitzt, wird er anders betrachtet (Jörg 1979: 128). Außerdem sind bei den Mahlzeiten alle vereint, was ebenso auf eine Gleichstellung von Kind und Erwachsenem deuten. (Kock 1996: 92).
Zwänge, die das Kind aus dem Gleichgewicht bringen und die ihn in eine unterlegene und machtlose Position versetzen, werden als ein „gefährlicher Bruch des notwendigen Gleichgewichts empfunden“ (Kock 2006: 42). Ziel ist es, die Fremdbestimmung des Kindes zu vermeiden. Dies geschieht am besten durch die Kinder selbst. Die Aufgabe der Erziehungsanstalten ist es demnach lediglich die Kinder dabei zu unterstützen (Skiera 2003: 311). In der Pädagogik Freinets soll es demnach keinen Zwang, Konformismus und strukturelle Gewalt geben (Jörg 1979: 156).
3.5 Der „freie Ausdruck“
Der freie Ausdruck ist ebenso eine Neuerung in der Pädagogik Freinets und ist für sein Konzept von großer Relevanz, da sie zur Befreiung von Ängsten, Unruhen, Nervosität und Sorgen dient (Kock 1996: 22). Außerdem ermöglicht er einen Einblick in die Interessen des Schülers. In der Schule Freinets werden künstlerische Tätigkeiten aller Art gefördert, da sie die Kreativität hervorbringen. Auch in der Kunst setzen sich Freinet und seine Frau Elise für eine absolute Freiheit ein, denn sobald ein Erwachsener bei dem Prozess einschreitet, ist das Werk nicht mehr authentisch (Kock 1996: 120). Der freie Ausdruck muss zwei Voraussetzungen erfüllen, um wirklich „frei“ zu sein: er „darf weder direkt noch indirekt von außen erzwungen werden und keinerlei Bewertung unterliegen“ (Kock 1995: 215). Einige der Techniken des freien Ausdrucks sind beispielsweise Malen, Fotographie, Musizieren, sowie das Verfassen freier Texte.
Schlagworte:
lit_2018-art, Hausarbeit,
kein Summary verfügbar
keine Notizen verfügbar
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ID: 5328 | hinzugefügt von Jürgen an 13:47 - 18.4.2020 |
title: Kleines Drucklexikon by o.A. - Schuldrucker |
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Titel: | Kleines Drucklexikon |
Autor: | o.A. - Schuldrucker | Sprache: | deutsch |
Quelle: | o.O. | Quellentyp: | Internetveröffentlichung |
veröffentlicht am: | DD.MM.YYYY | | |
url: | http://schuldrucker.de/lexi.html |
Text:
Stichwortübersicht: Ablegen / Abziehpresse / Ausschluss / Blindmaterial / Buchdruck / Cicero / Dickte / Druckfarbe / Drucktype / Farbwalze / Gutenberg / Hochdruck / Kegel / Klischee / Kolumne / Korrekturabzug / Letter / Ligatur / Nudel / Punkt / Quadraten / Regletten / Satz / Setzschiff / Schließrahmen / Schließzeug / Schriftart / Schriftgrad / Schrifthöhe / Schriftschnitt / Schriftstärke / Serifen / Setzkasten / Setzlinie / Setzrahmen / Signatur / Steckschriftkasten / Steg / Tiegelpresse / Typografie / Versalien / Winkelhaken
Schlagworte:
lit_2012-art, akdruck
summary:
-
Notiz:
Der volle Beitrag findet sich über die URL
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ID: 3781 | hinzugefügt von Jürgen an 07:25 - 24.1.2012 |
title: Freinet-Pädagogik in Deutschland by Oertel, Annemarie |
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Titel: | Freinet-Pädagogik in Deutschland |
Autor: | Oertel, Annemarie | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Nürnberg Erlangen | Quellentyp: | unveröffentlichtes Manuskript |
veröffentlicht am: | DD.2.1994 | | |
url: | |
Text:
Freinet-Pädagogik
eine mögliche Alternative für die brasilianische Vorschule?
GLIEDERUNG
Vorgeschichte dieser Hausarbeit
Einleitung 9
1. Brasilien - allgemeine Infomationen
1.1. Topographie und Klima 13
1.2. Bevölkerung 13
1.3. Sprache 14
1.4. Kultur und Religion 14
1.5. Politische Strukturen 15
1.6. Wirtschaft 15
2. Bildung in Brasilien 17
2.1. Analphabetismus 17
2.2. Das brasilianische Schulsystem 19
2.2.1. Aufbau des Schulsystem 19
2.2.2. Ursachen für die katastrophale Bildungssituation 20
2.2.2.1. Außerschulische Ursachen 20
2.2.2.2. lnnerschulische Ursachen 21
2.2.2.2.1. Raummangel - hohe Klassenstärken 21
2.2.2.2.2. Situation der Lehrerinnen 21
2.2.2.2.3. lnhaltliche und methodische Arbeit 23
2.3. Vorschule in Brasilien 26
2.3.1. Begriffsbestimmung . 26
2.3.2. Historische Enwicklung der Vorschule 27
2.3.3. Funktionen der Vorschule in Brasilien 28
2.3.3. 1. Ernährung und Betreuung 28
2.3.3.2. Vorbereitung auf die Grundschule 28
2.3.3.3. Alphabetisierung 29
2.3.3.4. Erziehung zum mündigen Staatsbürger 30
3. Freinet-Pädagogik 31
3.1. Biographischer Abriß von Freinets Leben 31
3.2. Das Konzept der Freinet-Pädagogik 32
3.2. 1. Kritik an der traditionellen Schule 32
3.2.2. Grundprinzipien der Freinet-Pädagogik 34
3.3. Freinet-Pädagogik in der Vorschule 37
3.3.1. Räumlichkeiten und Milieu . 38
3.3.2. Arbeitsmaterial und Abeitstechniken 38
3.4. Die "Méthode Naturelle" des Lesenund Schreibenlernens 40
4. Freinet-Pädagogik im Kontext brasilianischer Reformansätze 45
4.1. Befreiungspädagogik nach Paulo Freire 45
4. 1. 1. Blographischer Abriß 45
4.1.2. Hauptforderungen der Befreiungspädagogik 45
4.1.3. Paulo Freires Alphabetisierungsmethode 46
4.1.4. Rolle der Befreiungspädagogik in Brasilien 47
4.1.5. Freinet und die Befrelungspädagogik Paulo Freires 46
4.2. Der Konstruktivismus . 50
4.2. 1. Grundlagen und Leitprinzipien des Konstruktivismus 51
4.2.2. Alphabetisierung von Kindern aus der
Sicht des Konstruktivismus 51
4.2.3. Bedeutung des Konstruktivismus in Brasilien 55
4.2.4. Freinet und der Konstruktivismus 57
4.3. Madalena Freire und die Synthese zwischen den
Ansätzen von Freire, Ferreiro und Freinet 59
5. Freinet-Pädagogik in Brasilien 61
5.1. Die brasilianische Freinet-Bewegung 61
5.2. Vorteile der Freinet-Pädagogik Im brasilianischen Kontext 63
5.3. Fazit 66
Praktischer Teil
6. Versuch der Umsetzung der Freinet-Pädagogik
in einer Vorschule in Sao Domingos do Prata 68
6.1. Die Vorschule in Sao Domingos do Prata 69
6. 1. 1. Das soziale Umfeld der Vorschule 70
6.1.2. Die Entstehungsgeschichte der Creche
"Dona Zizinha Barros" 71
6.1.3. Das Gebäude der Creche 72
6.1.4. Die Kinder aus der Vorschulgruppe 73
6,1.5. Die Familien der Kinder 74
6.1.6. Die Erzieherinnen 78
6.1.7. Die Ziele unserer pädagogischen Arbeit 79
6.1.8. Tagesablauf 81
6.2. Freinet-Techniken In der Vorschule 82
6.2.1. Umgestaltung des Klassenzimmers 82
6.2.2, Freies Malen - freie Texte 83
6.2.3. Aufgabenverteilung - Verantwortliche und Wochenplan 86
6.2.4. Gesprächskreis - Hora da Novidade 86
6.2.5. Naturkundliche Experimente 88
6.2.6. Erkundungen in der Umgebung - Aula passeio 95
6.2.7. Korrespondenz 104
6.2.8, Druckerei - lmprensa 107
6.2.9. Bibliothek - Biblioteca 109
6.2.9.1. Ankauf von Kinderbüchern mit gespendetem Geld 110
6.2.9.2. Herstellung eigener Bücher 111
6.2.9.3. Bücherkampagne zum Aufbau einer Volksbibliothek 116
6.3. Schlußbemerkungen 118
Literaturverzeichnis 123
Schlagworte:
Examensarbeit_allgemeine_Pädagogik
summary:
keine Notizen verfügbar
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ID: 2741 | hinzugefügt von Jürgen an 01:00 - 12.1.2006 |
title: Freinetpädagogik an Lernhilfeschulen by Ohlmes, Judith |
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Text:
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung S.3
2. Definition von Lernschwäche S.4
3. Grundsätze der Freinet- Pädagogik in Bezug auf ihre
Anwendbarkeit an Schulen für Lernhilfe S.5
3.1 Tastendes Versuchen S.6
3.2 Freier Ausdruck S.8
3.2.1. Freier Text und Schuldruckerei S.9
3.3 Freie Arbeit S.11
3.4 Arbeitsateliers S.13
4 Erfahrungen einer Lehrerin, die an Lernhilfeschulen nach
Freinet unterrichtet S.15
5 Fazit S.16
6 Literaturverzeichnis 20
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1. Einleitung
Die Reformpädagogik des beginnenden 20. Jahrhunderts hatte das Ziel, eine Pädagogik zu schaffen, die den Bedürfnissen des Kindes angepaßt war. Ein französischer Pädagoge, der sich nach einer Kriegsverletzung im 1. Weltkrieg (auch aus Eigennutz) eine Pädagogik erdachte, die ihm das Unterrichten und den Schülern das Lernen erleichtern sollte, ist Célestin Freinet. Sein schulpädagogisches Ideal verfolgte die Absicht, eine Schule zu schaffen, die ohne Klassenunterschiede und Privilegien für alle Kinder des Volkes zugänglich war 1 . Freinets Schülerschaft gestaltete sich aus Kindern vom Land, die dem heute vorherrschenden Leistungsdruck nicht ausgesetzt waren und- nach heutigen Kriterien- nicht als lernschwach zu charakterisieren sind.
Diese Arbeit möchte heraus arbeiten, inwieweit eine Pädagogik im Sinne Freinets an Lernhilfeschulen möglich ist. Zunächst möchte ich den Begriff „Lernhilfe“ definieren, dann einige wichtige Leitmotive des Unterrichts nach Freinet herauskristallisieren, um dann zu untersuchen, ob diese Grundsätze auch an Schulen anwendbar sind, deren Schüler Schwierigkeiten mit dem Lernen haben. Die Fülle der Prinzipien zwingt mich dazu mich gezielt auf ausgewählte Grundsätze zu beschränken.
Das im Anschluß angeführte Beispiel der Lehrerin Barbara Mahlstedt soll verdeutlichen, welche Problemfelder die Einführung dieses Unterrichtsprinzips ergeben können.
1 Jörg, Hans: Wolfsburg, 1985, S.11
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2. Definition von Lernschwäche
Der Begriff Lernschwäche bezeichnet unterschiedlich geartete Störungen der Fähigkeit zu Lernen. Allerdings ist nicht jeder Schüler, dessen Noten nicht gut sind, lernschwach, denn Schwankungen in der Leistung sind als normal anzusehen. 2 Der Gegensatz zwischen den individuellen Lernvoraussetzungen und der erforderten Leistung, die sich an Regelschulen im allgemeinen am Niveau der Klasse orientiert, muß konstant, das heißt über einen längeren Zeitraum hinweg, deutlich erkennbar sein. Ein Unterricht, der den lernschwachen Schülern gerecht werden will, muß sich folglich nach den Bedürfnissen desselben richten. Die Erarbeitung der Lernziele ist dem persönlichen Lerntempo des Schülers angemessen und der Übergang zum nächsten Teilziel erfolgt erst, wenn das vorhergehende erreicht wurde.
Lernerfolg steht in einer engen Abhängigkeit zu den Bedingungen, unter denen Kenntnisse erworben werden. Von primärer Bedeutung sind demnach nicht etwa kognitive Fähigkeiten, sondern Motivation, Emotion und soziale Faktoren. 3 Differenzen, die ihren Ursprung in der Persönlichkeit des Schülers, seinen Lernvoraussetzungen und auf schulischen und familiären Defiziten basieren, müssen relativiert werden. Die alltäglichen Probleme, die Schüler der Lernhilfeschulen mehr beschäftigen, sollten in der Gruppe thematisiert werden, um gemeinsam Lösungen zu finden. 4 Der Zugang zu Kindern und Jugendlichen mit Lerndefiziten kann wesentlich schwieriger sein. Persönliche Schwächen zuzugeben und über Probleme des Alltags zu reden, fällt diesen Heranwachsenden meist nicht leicht, aber sie bilden die Grundlage der Motivation und des Schaffens eines Interesses für die jeweilige Thematik.
Lernschwächen können durch eine stärkere innere Differenzierung des Unterrichts und einer idealen Förderung mit dem Ziel, den Lernerfolg langsam zu steigern, ausgeglichen werden.
2 Hufen, Ursula, Gießen, 1988, S.44
3 ebd., S.45
4 ebd., S.47
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3. Grundsätze der Freinet- Pädagogik in Bezug auf ihre Anwendbarkeit an Schulen für Lernhilfe
Der Unterricht an Freinetschulen liegt voll und ganz in der Selbstbestimmung der Schüler, der für Freinet, im Sinne der Reformpädagogen, zum Mittelpunkt der Geschehens wird 5 . Ihnen steht es frei zu wählen, womit sie sich wie befassen. Der Schüler plant seine Vorhaben zu Beginn einer Woche, wobei dies entweder in Form eines individuellen Wochenplans geschehen kann oder für die Klasse sichtbar auf einem Arbeitsplan. Die letztere hat den Vorteil, dass das soziale Zusammenspiel sich positiv entwickeln kann. Unter Zuhilfenahme der vom Lehrer bereitgestellten Materialien, deren Form sehr unterschiedlich ausfallen kann, gehen die Schüler den sich selbst gestellten Aufgaben nach. In Fächern mit systematischen Inhalten nutzt man ein geordnetes Kartensystem, das sich an Peter Petersen orientiert 6 . Eine Arbeitsbücherei, die Themen in einer verständlichen Sprache abhandelt, eröffnet den Schülern die Möglichkeit sich die nicht systematischen Themenbereiche zu erforschen. Damit arbeiten die Kinder auf aller unterster Ebene wissenschaftlich. 7 Ein lernschwacher Schüler ist selbstredend auf mehr Anleitung durch den Lehrer angewiesen. 8 Diese stehen dabei nicht unter Zeitdruck, jeder darf so schnell arbeiten, wie er kann. Gerade dieses Prinzip wird der Arbeit an Sonderschulen sehr gerecht, denn diese unterrichteten bereits ohne, dass ihnen das Curriculum ständig Druck macht. Insbesondere im Falle von Lernhilfeschülern, deren Lerntempo geringer ist, als das eines „normal“ befähigten Schülers, ist es wichtig ihm, die nötige Zeit zu zugestehen. Der Unterricht an Lernhilfeschulen kann, durch die geringere Klassengröße, die eine persönliche Betreuung des Individuums Schüler ermöglicht, flexibel auf dessen Bedürfnisse reagieren.
Die von Freinet selbst praktizierten und öffentlich ausgestellten Leitungskurven werden von den heutigen Freinetlehrern nicht mehr genutzt 9 . Eine
5 Kock, Renate: Frankfurt/ Main, 1995, S.104
6 Jörg, Hans: Wolfsburg, 1985, S.29
7 Ramseger, Jörg, Weinheim/ Basel, 1991, S.137
8 Hufen, Ursula, Gießen, 1988, S.47
9 Jörg, Hans: Wolfsburg, 1985, S. 31
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solches zur Schau stellen kann zu einem Gefühl des Zwangs führen, der nicht auf der Quantität bzw. der Schnelligkeit basiert, die zur Erledigung des Lernstoffes benötigt wird, sondern von der Klasse selbst. Ein schülerinterner Leistungsvergleich wird auch ohne das Zutun des Lehrers stattfinden, indem die Gruppe sich untereinander austauscht. Auch während der Entscheidungen über den Druck freier Texte und des damit verbundenen Vorlesens vergleicht die Klasse die Leistungen untereinander.
Kennzeichnend für das pädagogische Konzept Célestin Freinets, sind unterschiedliche Lerntheorien, die ich im folgenden kurz darlegen möchte.
3.1 Tastendes Versuchen
Freinet unterstellt jedem Menschen von Beginn an den Besitz eines „potential de vie“, einer universellen Lebenskraft, die sich im andauernden Drang nach der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse ausdrückt 10 . Dieser innere Antrieb zeigt sich im „tastenden Versuchen“, mit dessen Hilfe der Mensch seinen Zielen nachstrebt. Der Ursprung dieses Vorgangs läßt sich nicht in der bewußten Psyche finden, denn schon Säuglinge probieren sich aus:
„Der Zeitpunkt des Stillens naht. Das Baby wird sichtlich ungeduldig. Besäße es eine wie auch immer geartete Intelligenz oder eine besondere Fähigkeit, sich zu verhalten, so würde es auf Anhieb die richtige Lösung ansteuern. Es versucht den Sauggestus, der ihn nicht befriedigt, bringt den Mund ans Kopfkissen, sucht mit den Lippen, strampelt, und wenn sich kein merklicher Erfolg einstellt, schreit es.“ 11
Das „tastende Versuchen“ im frühen Stadium des Lebens erinnert an Lernen durch Experimente und die Erfahrung des Fehlers. Ohne die Handlung
10 Ramseger, Jörg: Weinheim/ Basel, 1991, S.115f.
11 Freinet, Célestin: Reinbek, 1980, S.55
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zuvor zu durchdenken, testet man alle Möglichkeiten leichtfertig aus und eine Unterscheidung zwischen Erfolg und Mißerfolg erfolgt. 12
Dieses Prinzip setzt sich in jeder Entwicklungsstufe, die ein Mensch im Laufe seines Lebens durchläuft, fort, wobei es sich nach Beendigung der Phase des Säuglings um zwei weitere ausdehnt:
a) das Prinzip des Empfindungsvermögens: Die sensible Reaktion auf äußere Reize führt zu mechanischen Reaktionen, die allein von
„der Macht des Antriebs und der Veränderungen der äußeren Bedingungen“ 13
abhängig sind.
b) das Prinzip der Zugänglichkeit für die Erfahrung: Die Gliederung der erfolgreichen Versuche und die Erfahrung, die das Tastende Versuchen lenken, sind erste Anzeichen von Intelligenz, deren Grad sich durch Schnelligkeit und Sicherheit messen läßt. 14
Überträgt man die Idee des „Tastenden Versuchens“ auf die Sonderschule, erkennt man, dass die selbständig gemachten Erfahrungen eines Kindes eine positive Wirkung auf seine Entfaltung und den Lernerfolg haben. Etwas zu verstehen, das nur theoretisch erklärt wird, setzt eine Begabung auf intellektueller Ebene voraus 15 , deren Existenz, insbesondere an Lernhilfeschulen, nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann. Eine eigenhändig erlebte und gefühlte Erfahrung prägt sich tiefer ein. Dieses Prinzip trifft ebenso auf einen Schüler mit Lernschwäche zu, wie auch auf Kinder, deren Lernverhalten unauffällig ist. Experimente im Unterricht möchten die Theorie nicht aus den Klassenzimmern aussperren, sondern erst zusammengenommen kann das „perfekte Verständnis“ erzeugt werden. „Tastendes Versuchen“ bildet den Anstoß zu Fragen, wobei die Suche nach der Antwort
12 Ramseger, Jörg: Weinheim/ Basel, 1991, S.116
13 Freinet, Célestin:Reinbek, 1980, S.59
14 Ebd.
15 Ebd., S.69
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aus dem eigenen Interesse erwächst. Ich erachte „tastendes Versuchen“ als eine geeignete Methode, die insbesondere Kindern mit Lernschwierigkeiten eine Möglichkeit bietet Sachverhalte zu verstehen. Insbesondere in naturwissenschaftlichen Fächern ist die Visualisierung wichtig, deren Alltagsbezug ein erhöhtes Interesse bei dem Schüler weckt. Diese Form des aktiven Lernens führt zu einer höheren Erinnerungsleistung, die auf einer erhöhten Herstellung assoziativer Verbindungen basiert 16
3.2. Freier Ausdruck
Ebenso wichtig, wie die eigenhändig gemachten Erfahrungen, ist für den französischen Pädagogen der „freie Ausdruck“, der den Schüler in seiner Persönlichkeitsentwicklung fördern soll und die unterschiedlichsten Formen annehmen kann. Der „freie Ausdruck“ öffnet dem Kind den Weg sich individuell auszudrücken und Gedanken und Gefühle der Umwelt mitzuteilen 17 . Allein das Kind kann entscheiden, ob es sich in Form von Musik, Malerei, Dichtung, Theater, Tanz, bildnerischem Gestalten oder Textproduktion ausdrücken möchte. Die Fähigkeit dem Inneren Gestalt zu verleihen nimmt in Freinets Denken gleichermaßen einen hohen Stellenwert ein, wie die Erkundung von Umwelt, Natur und Gesellschaft 18 . Das Verlassen der gewohnten Bahnen, in denen Unterricht abzulaufen hat, drückt sich insbesondere durch dieses pädagogische Leitmotiv aus, das den Schülern zugesteht sich in jedem Fach so auszudrücken, wie sie es für richtig empfinden, was voraussetzt, dass die Schule alle notwendigen Materialien bieten kann. Das einzelne Fach repräsentiert nicht mehr eine spezifische Art und Weise sich mitzuteilen, sondern öffnet sich für alle Eventualitäten. Elemente, die sich an Regelschulen kaum miteinander vereinbaren lassen, werden an Freinetschulen zu etwas Neuem zusammengefügt, das allen Schülern gestattet sich ihrem Lerntyp entsprechend zu entfalten 19 . Ich sehe in diesem Prinzip allerdings die Gefahr, dass vereinzelte Schüler sich ausschließlich
16 Gage, Nathaniel L./Berliner, David C., Boston/ Massachusetts, 1996, S.299
17 Hans, Jörg: Wolfsburg, 1985, S.22
18 Ramseger, Jörg: Weinheim/ Basel, 1991, S.120
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auf die Form der Artikulation, die ihnen liegt, beziehungsweise in der es ihnen am leichtesten fällt sich auszudrücken, beschränken und damit andere Talente und Fähigkeiten, deren Existenz ihnen vielleicht noch gar nicht bewußt ist, außer Acht gelassen werden.
3.2.1 Freier Text und Schuldruckerei
Die zentrale Technik des Freien Ausdrucks ist der „Freie Text“, der es den Kindern ermöglicht ihr natürliches Mitteilungs- und Kommunikationsbedürfnis auszuleben, ohne dass der Kreativität Schranken gesetzt werden.
„Der freie Text muß wirklich frei sein. [...] d.h. man schreibt ihn, wenn man das Bedürfnis hat, durch Malen oder Schreiben das auszudrücken, was in einem vorgeht. [...]Der freie Text darf nicht Anhängsel an ihre schulische Arbeit sein. Er soll vielmehr Ausgangspunkt und Zentrum sein“ 20
Schreiben und Lesen zu können, war für Freinet elementar, um Erfahrungen zu machen und das eigene Handeln zu revidieren, weshalb er auch versuchte seinen Schülern die Relevanz der Beherrschung dieser Fähigkeiten zu verdeutlichen. Der Verzicht auf eine klassische Fibel basiert auf dem leichteren Verständnis, das die Schüler selbst geschriebener Lektüre entgegenbringen. Die Fertigkeit den Sinn des Gelesenen zu erfassen, ist bei dem Lesen von freien Texten gegeben 21 . Die Handlungsorientierung, die der Umgang mit Buchstaben, vor allem beim Setzen der Letter in der Druckpresse, mit sich bringt, erleichtert das Synthetisieren und Analysieren des Wortes 22 Die Notwendigkeit eines Unterrichts, dessen Anliegen es ist den gelesenen Wörtern einen Sinn zu verleihen, bestätigen die Ergebnisse der Pisa- Studie.
Die geschriebenen Texte werden der Klasse vorgelesen und der Klassenrat entscheidet, ob die Zeilen gut genug sind, um in der Klassenzeitung veröf- 19 Gehrmann,Johannes: In: Dietrich, Ingrid (Hrsg.), Weinheim/ Basel, 1995, S.207
20 Freinet, Célestin, zietiert aus: Ramseger, Jörg: Weinheim/ Basel, 1991, S.122f.
21 Hufen, Ursula: Gießen, 1988, S.50
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fentlicht zu werden. Obwohl dem Autor das Recht auf Authentizität zuge-standen wird 23 , wird sein Text sprachlich, grammatikalisch und orthographisch untersucht bis die Qualität des Manuskripts zufriedenstellend ist und es in den Druck gehen kann 24 . Ursula Hufen schreibt in ihrer Examensarbeit das soziale werde Verhalten positiv beeinflußt wird, da die Schüler gezwungen sind im Team zu arbeiten, um erfolgreich zu sein 25 . Ich halte die gemeinsame Auswahl der Texte einerseits für sehr sinnvoll, da sie die Fähigkeit Kritik zu akzeptieren fördert, ohne sich persönlich angegriffen zu fühlen, andererseits besteht die Gefahr, dass Kinder, die weniger beliebt sind, absichtlich übergangen werden und der tiefe Wunsch Erzeuger des zu druckenden Textes zu sein, Möglichkeiten des Angriffs bietet. Meiner Ansicht nach sollte die Klasse gemeinsam Regeln aufstellen, die eine Gleich-behandlung aller garantieren. Die Chance, das Kind zu sein, das seinen Text drucken darf, kann aber auch motivierenden Einfluß haben. Positiv zu werten ist auch die Tatsache, dass die Schüler lernen, eine Sache konsequent zu Ende zu bringen, um ihren selbst gedruckten Text in den Händen zu halten 26 .
Bezüglich der Schuldruckerei bin ich etwas kritisch eingestellt. Sicherlich ist es für die Kinder ein tolles Erlebnis, wenn sie das Produkt des Druckvorgangs in den Händen halten können, aber das 21. Jahrhundert bietet meiner Ansicht nach wesentlich mehr Medien zur Veröffentlichung des selbst Geschriebenen. Ich kann mir vorstellen, dass die Kinder genauso viel Freude an der Gestaltung einer Klassen- Homepage im Internet haben, die nicht nur die Möglichkeit bietet die „freien Texte“ zu lesen, sondern auch die öffentliche Präsentation der gemalten Bilder, der Aufzeichnungen von Theaterstücken etc. ermöglicht. Zusätzlich halte ich es für wichtig, den Kindern einen kritisches Verhältnis gegenüber den neuen Medien zu vermitteln. Die Zukunft unserer Kinder, die auch denen zugänglich gemacht werden sollte, die durch das Leistungsraster fallen, wird geprägt von Computern sein,
22 ebd.
23 Gehrmann, Johannes: In: Dietrich, Ingrid (Hrsg.), Weinheim/ Basel, 1995, S.211
24 Ramseger, Jörg: Weinheim/ Basel, 1991, S.123
25 Hufen, Ursula, Gießen, 1988, S.32
26 Hufen, Ursula, Gießen, 1988, S.32
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weshalb ein frühes Kennenlernen des Gerätes nur von Nutzen sein kann. Auch Schüler, die Lernschwächen in bestimmten Bereichen haben, können von der Nutzung der PCs profitieren, denn es gibt für jeden Jahrgang zu jedem Thema Lernsoftware, deren Layout Spaß macht und bildet. Das Internet bietet unzählige Möglichkeiten des Austauschs (z.B. E-mail- Freundschaften zu Partnerklassen im In- und Ausland, die zugleich die Fähigkeit aufbauen sollen sich in einer Fremdsprache auszudrücken) und/ oder die Recherche zu bestimmten Themen. Beim anfänglichen Umgang mit der Tastatur und den Buchstabenanordnungen, kann der Schüler in ähnlichen Maße synthetisieren und analysieren, wie beim Setzen der Lettern. Wirklich neu ist diese Idee nicht, denn bereits in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es in einer Freinetklasse in Moussac sur Vienne, einer ländlichen Gegend zwischen Poitiers und Bordeaux in Frankreich, keine klassische Schuldruckerei mehr, sondern fünf Computer und zwei Drucker, die von den Schülern mit Begeisterung genutzt wurden 27 .
Die genannten Vorschläge, auch in Bezug auf den Unterricht an Lernhilfeschulen fordern nicht, dass die klassischen Elemente der Freinetpädagogik aus den Schulen verschwinden sollen, sondern, dass die Ideen Célestin Freinets sich ebenso weiter entwickeln, wie es der Gesellschaft eigen ist und sich nicht an ein pädagogisches Ideal des letzten Jahrtausends klammern, dessen Konzept zu seiner Zeit hervorragend war, aber den heutigen Umständen nicht entspricht.
3.3 Freie Arbeit
Die Idee der „freien Arbeit“ geht zurück auf die reformpädagogische Bewegung des 20. Jahrhunderts in Europa. Célestin Freinet empfand es als ungeheuer wichtig, dass ein Mensch manuelle Arbeit verrichtet, die so früh wie möglich produktiv ist. Trotz aller Kritik, die besagte, dass man im Interesse der menschlichen Gemeinschaft und des technisch- wissenschaftli-
27 Fries, Burkhard: In: Ingrid Dietrich (Hrsg.), Weinheim/ Basel, 1995, S.82ff.
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chen Fortschritts, die Prioritäten hin zu einem zunehmenden Wissensstand und wachsenden intellektuellen Leistungen verlagern müsse, blieb er seinem Ideal treu 28 . Das physische und intellektuelle Potential der manuellen Arbeit war in den Augen des Reformpädagogen in der Lage, Menschen zur vollkommenen Harmonie zu bewegen, da Arbeit zunächst zur harmonischen Entwicklung des Einzelnen führe, die sich zu einer sozialen Ausgeglichenheit entwickeln kann 29 . Auch Kinder verspüren schon den Willen zu arbeiten, deshalb hat Freinet nicht das Ziel, zur Arbeit zu erziehen, sondern möchte durch Arbeit erziehen, weil sie für Kinder eine natürliche Aus-drucksform sei.
Arbeit definiert Freinet als konkretes, handwerklich- praktisches Tun. Wenn also ein Kind dem Gefühl arbeiten zu wollen nachkommen möchte und dazu in der Lage ist, kann Erziehung nur dann Erfolg haben, wenn diesem Anliegen entsprochen wird 30 .
„Das Kind spielt, wenn die Arbeit seine Energie nicht ganz aufbrauchen konnte!“ 31
Die Differenzierung zwischen Arbeit mit Spielcharakter und Spiel mit Arbeitscharakter verbindet zwei Begriffe, die auf den ersten Blick völlig gegensätzlich erscheinen. Spiele mit Arbeitscharakter finden ihre Motivation, ebenso wie arbeitende Erwachsene, im Selbsterhaltungstrieb, dessen sich die Kinder bedienen müssen, um sich, nach der Beschneidung des Bedürfnisses durch Erwachsene, ihre eigene Welt zu schaffen. Spiele mit Arbeitscharakter beschreiben Spiele,
„die nach ihrer Form, ihrer Tiefe und ihren unbewußten Triebkräften in Wirklichkeit nur mehr oder weniger verspätete Erinnerungen an die Arbeit sind und all deren Merkmale haben.“ 32
28 Kock, Renate: Frankfurt/ Main, 1995, S.123
29 ebd.
30 Ramseger, Jörg: Weinheim/ Basel, 1991, S.119
31 Freinet, Célestin: Reinbek, 1980, S.82
32 ebd. S.93
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Wenn Kindern die Möglichkeit dazu gegeben würde, das Spiel gegen die Arbeit einzutauschen, so würden sie dies tun, deshalb hält Freinet es für notwendig, diese Bedingungen in der Schule zu schaffen.
3.4. Arbeitsateliers
Um dem triebhaften Wunsch nach Arbeit, der von den Kindern ausgeht, Rechnung zu tragen, verändert Célestin Freinet seinen Klassenraum in eine Werkstatt, die in unterschiedliche Ateliers unterteilt war. Die folgende Aufzählung der denkbaren Ateliers stammt von Freinet persönlich 33 , der allerdings nicht darauf besteht die Einteilung so beizubehalten, sondern sie den Bedürfnissen der Praxis anzupassen:
a) Arbeitsecke für die Arbeitsplanung und den Wissenserwerb mit Quellen-und Dokumentensammlungen
b) Arbeitsecke für naturwissenschaftliche Experimente c) Arbeitsecke für graphisches Gestalten, schriftlichen Ausdruck und Schü-lerkorrespondenz
d) Arbeitsecke für technische Medien im Unterricht e) Arbeitsecke für Versuche und Beobachtungen von Pflanzen und Tieren f) Arbeitsecke für das künstlerische und musische Schaffen, für Holz- Metall- und Keramikarbeiten g) Arbeitsecke für das hauswirtschaftliche Tun h) Arbeitsecke für Konstruktion, Mechanik, Handel, mit Geräten zum Wiegen und Messen sowie für räumliches Gestalten
Freinet entscheidet sich bewußt gegen die Nutzung mehrerer Räume und vermeidet damit:
33 Hans, Jörg: Wolfsburg, 1985, S.26
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„die anormale Trennung der geistig arbeitenden Klasse von dem Raum, in dem [...] [man sich] auch werktätig beschäftigt[...]“ 34
Freinet verurteilt die räumliche Trennung der beiden Beschäftigungsfelder aus der Tatsache heraus, dass diese Unterscheidung zwischen geistiger und handwerklicher Arbeit Ursache für den mittelmäßigen Ruf der Handwerker ist. Obwohl behauptet wird, dass Freinet sein pädagogisches Konzept von seiner politischen Meinung trennt 35 , denke ich, dass ihm das in der Frage des Klassenraumes nicht gelungen ist. Auch das Grundprinzip der Reformpädagogik, das eine Pädagogik vom Kinde aus postuliert, entspricht diesem Handeln nicht. Selbstverständlich sollte jeder der Beschäftigung nachgehen dürfen, zu der er sich hingezogen fühlt, ohne dass er aufgrund der Form, also handwerklich oder geistig, bewertet wird. Allerdings denke ich, dass der Geräuschpegel der Werkzeuge, das Musizieren etc. denjenigen, die geistig arbeiten wollen das Denken unnötig erschwert. Gerade an Schulen für Kinder, die unter Lernschwächen leiden, müssen Bedingungen herrschen, die weder die einen, noch die anderen in ihrer Arbeit behindern. Die tatsächliche Existenz dieser Schwierigkeit belegt der Bericht einer Lehrerin 36 , auf deren Erfahrungen ich im Verlauf dieser Arbeit nochmals eingehen möchte. Ich begrüße den Gedanken, dass eine Klasse immer die Möglichkeit besitzt einer handwerklichen Arbeit nachzugehen, aber der klasseneigene Werkraum müßte separat, trotzdem immer zugänglich sein. Im Gegensatz zu Freinet bewerte ich die Arbeiten nicht nach geistig und handwerklich, sondern nach den Kriterien „laut“ und „leise“, um jedem Schüler die optimalen Bedingen zu schaffen, die er für das Erreichen seiner Lernziele benötigt.
34 Freinet, Célestin: In: Hans, Jörg: Wolfsburg, 1985, S.26
35 vgl. Hans, Jörg: Wolfsburg, 1985, S.16
36 Mahlstedt, Barbara, S.213
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4. Erfahrungen einer Lehrerin, die an Lernhilfeschulen nach
Freinet unterrichtet
Das folgende Beispiel, welches die Umstellung des pädagogischen Konzepts durch eine Lehrerin auf die Prinzipien Célestin Freinets dokumentiert, beschreibt die praktische Umsetzung der Ideen des französischen Reformpädagogen. Die Frau unterrichtet eine 7. Klasse einer Lernhilfeschulen. Dagmar Mahlstedt lernte die Gedanken Freinets durch Kollegen kennen und verfolgte mit der Umsetzung das Ziel, ihrem Ideal von Unterricht ein Stückchen näher zu kommen. Zu Beginn des neuen Schuljahres fanden die Schüler einen veränderten Klassenraum vor, der von Ateliers bis hin zu Gruppenarbeitstischen und Büchern neue Möglichkeiten bot. Dagmar Mahlstehdts 37 Schüler begutachteten alles . Sie erklärte ihnen den Hinter-grund der Verwandlung, informierte sie über die künftigen Änderungen und bat sie darum, fehlendes Inventar mitzubringen. Nachdem die erste Stunde im absoluten Chaos endete, unternahm Mahlstedt einen neuen Versuch die Änderungen zu beschreiben und neue Begriffe (Verfügungszeit, Klassenkonferenz, freier Text, freies Malen/ Drucken,...) zu erklären. Die Reaktionen auf die erste Zeit der Einführung des Konzepts reichten von Unsicherheit, über Neugier, bis hin zu ersten Ideen, die im Rahmen der Schule nicht durchführbar waren. Einige Schüler konnten mit der neuen Situation, insbesondere während der Verfügungszeiten, nicht von Vertrautem lassen und beschäftigten sich ausschließlich mit den „zusätzlichen Arbeitsaufträgen“. Der andere Teil wußte nichts mit sich anzufangen, Unzufriedenheit machte sich breit, so dass die Lehrerin einen Gesprächskreis einberief, um gemeinsam Ideen für das freie Arbeiten zu finden. Durchführbar war einzig das tägliche Frühstück, für dessen Vorbereitungen wöchentlich drei Schüler verantwortlich waren. Alle empfanden das tägliche Frühstück als besonders angenehm und die Organisation durch die Schüler klappte. Mittlerweile entwickelten sich auch die Schiffs- bzw. Raketenbaupläne weiter. Skizzen wurden gezeichnet und mit enormer Begeisterung las die Gruppe Modellbaubücher und erste Modelle entstanden. Viele kamen mit ihrer Arbeit nur
37 Dagmar Mahlstedt: In: Boehncke, Heiner/ Hennig, Christoph, Reibek, 1980, S.207- 221
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schwer zurecht, alle wollten zur gleichen Zeit Barbara Mahlstedts Hilfe und Lehrerin und Schüler waren überfordert. Vier Mädchen hatten sich dazu entschlossen ein Kleid zu nähen, die reparaturbedürftigen Nähmaschinen zwangen sie zum Knöpfe annähen, das sie, nachdem das auch zu langweilig geworden war, anhand einer Wandzeitung dokumentierten. Diese Idee faszinierte die Gruppe ungemein und alle schrieben Aufsätze über Knöpfe. Die Einführung der „freien Arbeit“ ergab allerdings auch Schwierigkeiten:
Die Lehrerin war mit der neuen Situation völlig überfordert. Die Unselbständigkeit und das destruktive Verhalten einiger Schüler wurden zu einer e-normen Belastung. Der Umgang mit der neu gewonnen Freiheit, verleitete manch einen zum Nichtstun und das daraus resultierende Mißtrauen führte dazu, dass die Lehrerin kontrollierte, ob gearbeitet wurde. Auch Konflikte mit dem Kollegium, die sich darüber beschwerten, dass sich Materialien in dieser Klasse ansammelten.
Im weiteren Verlauf des Schuljahres normalisierte sich das Schülerverhalten und auch Kollegen erklärten sich bereit ihre freie Zeit in der Klasse zu verbringen und waren positiv von der Arbeitshaltung der Kinder überrascht.
5. Fazit
Grundsätzlich empfinde es als richtig und gut, an Sonderschulen für Lernhilfe nach dem schulpädagogischen Konzepts Célestin Freinets zu arbeiten, da ihr die organisatorischen Mittel, welche die Basis für einen schülerzentrierten Unterricht bilden, zur Verfügung stehen. Lernen und Lehren ohne den Druck der curricularen Lernziele im Nacken, die an Regelschulen im 45 Minutentakt in Schülerköpfe gepumpt werden müssen. Die kleine Klassengröße läßt dem Lehrer die Schüler nicht mehr als Masse erscheinen, sondern die Individualität des Schülers wird beachtet. Der Lehrende kann sich den jeweiligen Bedürfnissen anpassen und folglich da fördern, wo es tatsächlich notwendig ist.
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Das Prinzip des „tastenden Versuchens“ entspricht ebenfalls der Natur eines Kindes, das Lernschwächen hat. Ohne dass ihm bereits Gedachtes eingetrichtert wird, kommt er in den Genuß selbst denken und verstehen zu können. Das Gefühl selbständig etwas erreicht zu haben, stärkt das Selbstbewußtsein und ermutigt dazu, sich neuen Aufgaben zu stellen. Die Irrelevanz des Lehrplans läßt dem lernschwachen Schüler ausreichend Zeit sich auszuprobieren und in seinem Tempo zu arbeiten. Das Verstehen eines Prozesses, das auf eigener Beobachtung und Erkenntnis beruht, erleichtert das Lernen. Theorien, zu denen die Schüler bereits in der Praxis Erfahrungen gesammelt haben, lassen sich leichter nachvollziehen, weil das neue Wissen an bereits Verinnerlichtes anknüpfen kann. Die Möglichkeit, zum Verstehen eines Prozesses mehr als eine Form zu nutzen, kommt den unterschiedlich geprägten Lernkanälen entgegen. Kinder, denen Verstehen leichter fällt, wenn sie praktisch erfahren, haben die gleichen Chancen, wie Kinder, die Prozesse bereits nachvollziehen können, wenn sie diese durchdenken.
Auch der Gedanke des „freien Ausdrucks“ läßt sich mit Lernhilfeschulen vereinbaren. Die Möglichkeit sich in der Form auszudrücken, die der Individualität des Schülers entspricht, bietet jedem die Gelegenheit sich selbst zu finden. Auch hier können Erfolgserlebnisse entstehen, wenn ein besonderes künstlerisches Talent zu Tage tritt, dessen Existenz demjenigen bis dahin unbekannt war. Der freie Ausdruck ermöglicht es den Schülern sich immer wieder neu auszuprobieren, neue Techniken, Instrumente, Talente zu entdecken. Der „freie Text“ stellt im Idealfall eine Verbindung zwischen dem Alltag in der Familie und dem der Schule dar. Die Inhalte der „freien Texte“ stammen zumeist aus dem privaten Bereich, deren Probleme in der Schule besprochen werden können. Voraussetzung für die Erfüllung dieses Ideals ist allerdings ein fundiertes Vertrauensverhältnis, denn wenn der Lehrer die Rolle eines pädagogischen Diktators erfüllt, der sich im Extremfall Schwächen zu Nutze macht, um Schüler anzugreifen, was in meinem Dasein als Schülerin nicht unüblich war, ist die Aussicht auf tiefergehende Aufsätze gering. Ein Öffnen der Seele kann nur eintreten, wenn in der Klasse soziale Kompetenz und Empathievermögen vorherrscht. Schüler,
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welche die Erfahrung gemacht haben von der Gemeinschaft verlacht und gehänselt zu werden, werden sich die Blöße bestimmt nicht mehr geben wollen. Etwas kritischer beurteile ich die „Schuldruckerei“ an sich, da ich denke, dass eine zeitgemäßere Wahl des Mediums auch Wissen vermittelt, das im Zeitalter der fortgeschrittenen Technologie elementar ist. Der Umgang mit Computern ist heute fest in das Leben eingebunden und sollte den Schülern nicht verwehrt bleiben.
Um den unterschiedlichen Talenten der Schüler Genüge zu tun, halte ich es für sinnvoll „freie Arbeit“ zu ermöglichen. Neben den handwerklichen Kenntnissen, die erworben werden können, unterstützt dieses Prinzip die berufliche Selbstfindung. „Freie Arbeit“ in der Schule ermöglicht einen Einblick in unterschiedliche handwerkliche Prozesse, die hilfreich bei der Wahl des Berufes sein können, weil es möglich ist sich auszuprobieren, ohne daß Risiken vorhanden sind. Die Schule ist ein Ort, in dem man sich finden kann, ohne weitreichende Konsequenzen, beispielsweise den Verlust einer Lehrstelle, tragen zu müssen.
Eine Umsetzung der Theorie Freinets gestaltet sich meiner Ansicht nach nicht immer einfach und ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Ich halte es für diffiziler, wenn es sich bei den Schülern um Ältere handelt, deren Erfahren des Unterrichts bisher von Fremden bestimmt war und die ihr Schülerdasein passiv bestritten haben. Die von Pädagogen gepriesene Freiheit kann für sie zu einer Belastung werden, die sie überfordert. Obwohl das beschriebene Beispiel der Lehrerin Barbara Mahlstedt nicht repräsentativ ist, zeigt es deutlich, wie viel Zeit Kinder, die es bislang nicht gewohnt waren eigenen Interessen nachzugehen, zur Gewöhnung benötigen. Vor der Umstellung des pädagogischen Konzepts sollten sich die Verant-wortlichen fragen, welche Konsequenzen es für die Schüler mit sich bringen kann. Daher befinde ich die Einführung dieses Konzepts zu Beginn eines Schülerlebens als sinnvoll. Insbesondere für lernschwache Schüler beurteile ich es als wichtig, dass bekannte Strukturen die Kinder ein Schulleben lang begleiten, auch um die Konzentration auf die Inhalte des Unter- richts zu lenken, die in Schülerköpfen in den Hintergrund treten können,
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wenn es interessanter ist, den neuen Klassenraum zu begutachten. Das soll nicht ausdrücken, dass um jeden Preis die althergebrachten Formen beibehalten werden soll. Meiner Meinung nach ist es vernünftig in derartigen Klassen Schritt für Schritt Elemente der Freinet- Pädagogik einzuführen. Im langfristigen Verwandlungsprozeß kann der Lehrer flexibel auf die Bedürfnisse der Schüler reagieren und das Geschehen der Aufnahmefähigkeit anzupassen.
Nichtsdestotrotz sollte die maßgebliche Figur des Unterrichts und dessen methodisch- didaktischer Organisation das Kind sein. Nur um dem Ideal eines Pädagogen Genüge zu tun, sollte man nicht gradlinig eigene Ziele verfolgen, was dem reformpädagogischen Geist der „Pädagogik vom Kinde aus“ widerspräche.
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6. Literaturverzeichnis
Freinet, Célestin: ausgewählte Texte des Pädagogen. In: Boehncke, Heiner/ Hennig Christoph: Pädagogische Texte mit Beispielen aus der praktischen Arbeit nach Freinet, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1980
Fries, Burkhard: Eine Freinet- Schule auf dem Land- in den 90ern. Kein Beitrag über die Schuldruckerei. In: Dietrich, Ingrid (Hrsg.): Handbuch Freinet- Pädagogik- Eine praxisbezogene Einführung, Beltz Verlag, Weinheim/ Basel, 1995
Gage, Nathaniel L../ Berliner, David C.: Pädagogische Psychologie, 5. überarbeitete Auflage, Beltz- Verlag, Boston/ Massachusetts, 1996
Gehrmann, Johannes: Feinet-Pädagogik in der Sekundarstufe I, In: Dietrich, Ingrid (Hrsg.): Handbuch Freinet- Pädagogik- Eine praxisbezogene Einführung, Beltz Verlag, Weinheim/ Basel, 1995
Hans, Jörg: So macht Schule Freude, eine Schule, die Kindern das Wort gibt- Freinet- Pädagogik in Texten, Dokumenten und Bildern, Immen- Verlag, Wolfsburg, 1985
Hufen, Ursula: Grundlagen der Freinetpädagogik im Unterricht bei lernschwachen Schülern (Examensarbeit), Gießen, 1988
Kock, Renate: Die Reform der laizistischen Schule bei Célestin Freinet-Eine Methode begreifender Volksbildung, Peter Lang GmbH, Frankfurt/ Main, 1985
Mahlstedt, Dagmar: Freinet- Pädagogik in der Oberstufe einer Sonderschule (Sonderschule 7. Und 8. Klasse) In: Boehncke, Heiner/ Hennig, Christoph: Pädagogische Texte mit Beispielen aus der praktischen Arbeit nach Freinet, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, 1980
Ramseger, Jörg: Was heißt „durch Unterricht erziehen“? Erziehender Unterricht und Schulreform- Studien zur Schulpädagogik und Didaktik, Bd. 5, Beltz- Verlag, Weinheim/ Basel, 1991
Schlagworte:
Seminararbeit, hausarbeiten.de, freier-Ausdruck, tastver, e-book,
summary:
-
Notiz:
Bewertung: 1,
Uni Gießen
Titel: Freinetpädagogik an Lernhilfeschulen
Veranstaltung: Seminar: Einführung in die Theorie und Praxis der Freinet- Pädagogik
Autor:Judith OhlmesJahr: 2002
Seiten: 21
Archivnummer: V107985
ISBN (eBook): 978-3-640-06189-1
DOI: 10.3239/9783640061891
Dateigröße: 219 KB
Sprache: Deutsch
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ID: 1528 | hinzugefügt von Jürgen an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Die pädagogische Bedeutung der Schuldruckerei by Pabe, Karl Heinz |
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Titel: | Die pädagogische Bedeutung der Schuldruckerei |
Autor: | Pabe, Karl Heinz | Sprache: | deutsch |
Quelle: | o.O. | Quellentyp: | Monographie |
veröffentlicht am: | 1964 | | |
url: | |
Text:
Die pädagogische Bedeutung der Schuldruckerei und die Mög-lichkeiten ihrer Anwendung an der Sonderschule,
Schlagworte:
Examensarbeit_Sonderschulpädagogik
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keine Notizen verfügbar
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ID: 1175 | hinzugefügt von Hagstedt an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Der Einsatz der Schuldruckerei by Paquet, Isabella |
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Titel: | Der Einsatz der Schuldruckerei |
Autor: | Paquet, Isabella | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Münster | Quellentyp: | Monographie |
veröffentlicht am: | 1986 | | |
url: | |
Text:
Der Einsatz der Schuldruckerei Célestin Freinets in einer ersten Grundschulklasse
Schlagworte:
Examensarbeit_Grundschulpädagogik
summary:
-
keine Notizen verfügbar
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ID: 1127 | hinzugefügt von Hagstedt an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Irritation by Pibal, G. |
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Titel: | Irritation |
Autor: | Pibal, G. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Viktring, in: Freinet-Kooperativ 5 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1998 | | |
url: | |
Text:
Irritation
Im Rahmen des Zusatzstudiums "Reformpädagogik" lernte ich die Freinet-Pädagogik nicht nur theoretisch, sondern ebenso praktisch, in Form von Hospitationen und ersten eigenen Versuchen in Sachen "reformpädagogischen Unterrichtens", kennen und schätzen.
Im Zuge der Hospitationen faszinierte mich von Anfang an der Umgang der SchülerInnen miteinander sowie mit der Klassenlehrerin, der eben gekennzeichnet war von einer großen sozialen wie sprachlichen Kompetenz, die sich vor allem im Zuhören können und dem Eingehen auf Wortmeldungen Anderer zeigte (z. B. Morgenkreis), und die Selbstverständlichkeit, mit der sich die SchülerInnen selbst in den Unterricht einbringen und die Themen und Lerninhalte mitbestimmen konnten.
In der sogenannten Freiarbeit wurden die Themen bzw. Lerninhalte entweder in Einzel- oder Gruppenarbeit, je nach Aufgabenstellung, ohne sichtbare Lenkung der Klassenlehrerin von den SchülerInnen mit Interesse ausgewählt und erarbeitet. Die Rolle der Lehrerin bestand hier im Zurücknehmen der eigenen Person, die den SchülerInnen nicht fortlaufend Handlungsanweisungen erteilte, sondern ihren Raum ließ, sich selbst den Aufgaben zu stellen, diese zu bewältigen und bei Problemen Hilfestellung anbot. Die Hilfestellung reduzierte sich bei dieser Art des Unterrichtens nicht auf das Korrigieren von Fehlern und anschließendem Ausbessern von Seiten der SchülerInnen - im Gegenteil. Durch speziell ausgewählte Lehr- und Lernmaterialien, wie z. B. einem Computer mit entsprechender Software, oder einer Druckerei, mit der unter anderem Texte für die Klassenzeitung, Briefe für diverse Partnerklassen etc. gedruckt bzw. vervielfältigt werden konnten, wurden die Fähigkeiten der SchülerInnen gezielt gefördert und erweitert. Fehler wurden i.d.S. bei der sogenannten Pflichtarbeit durch spezielle Aufgabenstellungen und Übungen, die differenziert auf etwaige Schwächen der SchülerInnen abgestimmt waren, bearbeitet, mit dem Ziel aus einer Leseschwäche, Schreibschwäche, Rechenschwäche etc. Stärken zu machen, ohne dass den SchülerInnen kontinuierlich ein RICHTIG oder FALSCH entgegengehalten wurde, sondern prinzipiell jede Arbeit von Seiten der SchülerInnen durch die Klassenlehrerin positiv bewertet wurde.
Bei meinem eigenen Versuch in dieser Klasse zu unterrichten war ich von dem Wissen und Können der SchülerInnen angenehm überrascht wie irritiert, denn mit so vielen Schülerfragen und -beiträgen zum Thema "Wieviele Planeten gibt es?" habe ich in einer ersten Volksschulklasse nicht gerechnet. Und die Texte, vor allem die Texte!!
Wir haben viele Lernmaterialien in der Schule. Zum Beispiel über die Sonne und über den Mond. Wir bearbeiten gerade das Thema "Wieviele Planeten gibt es?" Daniel hat das wollen. Wir waren im Planetarium und wir haben eine Sternenshow gesehen.
Mag. G. Pibal
Schlagworte:
fr_koop_5
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ID: 3099 | hinzugefügt von Jürgen an 03:00 - 22.11.2007 |
title: Kooperative Lehr- und Lernkultur by Rabensteiner, Gerhard, Pia-Maria Rabensteiner |
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Titel: | Kooperative Lehr- und Lernkultur |
Autor: | Rabensteiner, Gerhard, Pia-Maria Rabensteiner | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Hohengehren | Quellentyp: | Sammelband |
veröffentlicht am: | DD.MM.2005 | | |
url: | |
Text:
<b>Kooperative Lehr- und Lernkultur. Ausgangspunkt für Veränderungen und neue Wege in der Lehrer/innenbildung</b><p>
Inhaltsverzeichnis<br><br>
Gerhard RABENSTEINER/Pia-Maria RABENSTEINER<br>
Vorwort 1<br><br>
Überlegungen zu den Wegen<br><br>
Gerhard RABENSTEINER/Pia-Maria RABENSTEINER<br>
Ein Modell einer neuen Form der Lehrer/innenbildung 3<br>
Walter HÖVEL<br>
Vom Durststillen der Pferde, vom Lernenlernen der Kinder und<br>
vom Freinetstudieren in Studiengängen 7<br>
Barbara DAIBER<br>
Lernen auf verschiedenen Ebenen 16<br>
Gerhard RABENSTEINER<br>
Eine veränderte Schule erfordert Veränderungen in der<br>
Lehrer/innenbildung 23<br><br>
Demokratielernen in der Schule<br><br>
Walter HÖVEL/Uschi RESCH<br>
„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“<br>
Demokratie lernen in der Grundschule? 36<br>
Pia-Maria RABENSTEINER<br>
Schulpraktische Überlegungen zum Thema Klassenrat 49<br><br>
Freie Ausdrucksmöglichkeiten<br><br>
Gerda GFRERER-DREIER<br>
„Freies Schreiben“ im Englischunterricht der Sekundarstufe 60<br>
Herbert HAGSTEDT<br>
Vom Erzählstuhl bis zum Erfinderbuch –<br>
Zu Gast bei der Sprache der Kinder 70<br>
Roman MANGOLD<br>
Freier Ausdruck durch eine Schuldruckerei –<br>
Freinet´sche Traditionspflege oder modernde Bildungschance? 78<br>
Pia-Maria RABENSTEINER<br>
„Freie Texte“ in der Grundschule 90<br>
Inhaltsverzeichnis<br>
_______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________<br>
II<br>
Barbara DAIBER<br>
Die Sehnsucht nach Ausdruck<br>
Nicht Bilder von anderen sehen – die eigenen Bilder malen 101<br>
Harald GRONOLD<br>
Der Unfug mit den Textrechnungen 107<br>
Gerd OBERDORFER<br>
„Methode naturelle“ im Mathematikunterricht 120<br>
Pia-Maria RABENSTEINER<br>
Die „Fragen zur Welt“ als Ausgangspunkt für einen<br>
kindgerechten Sachunterricht 125<br><br>
Eigene Arbeiten planen und Leistungen festhalten<br><br>
Pia-Maria RABENSTEINER<br>
Arbeit mit dem Wochenplan –<br>
Kinder als Initiator/innen des eigenen Lernprozesses 138<br>
Erika HASENHÜTTEL<br>
Schiefertafel oder Computer?<br>
Der lange Weg zu einem pädagogischen Leistungsverständnis 155<br>
Ulrich HECKER<br>
Den Leistungen ein Gesicht geben<br>
Schreibend lernen mit Portfolios 168<br>
Franz FRECH<br>
Monsteraufgaben mit Spaß meistern? 172<br><br>
Pädagogischer Austausch auf unterschiedlichen Ebenen<br><br>
Barbara DAIBER<br>
Reflexion als kreative Verdichtung 180<br>
Barbara DAIBER<br>
Versuche freinetpädagogischer Lernkultur<br>
an der Hochschule 185<br>
Hartmut GLÄNZEL<br>
Kooperative internationale Lehrer/innenbildung 191<br>
Walter HÖVEL<br>
Höchstens eine Ahnung vom Lernen ... 195<br>
Gerhard RABENSTEINER<br>
Neurorientierungen in der Lehrer/innenausbildung 200<br><br>
Verzeichnis der Autor/innen dieses Bandes 203
Schlagworte:
Schule, Ausbildung, Lehrerausbildung, Fortbildung, Diplom,lit_2005-mono, freier-Ausdruck,
summary:
-
Notiz:
Schneider Verlag (ISBN 3-89676-975-8) 18,- €
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ID: 2259 | hinzugefügt von Jürgen an 17:17 - 6.9.2005 |
title: Die Schule Harmonie - Eindrücke einer dreitägigen Hospitation by Rabensteiner, Pia-Maria |
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Titel: | Die Schule Harmonie - Eindrücke einer dreitägigen Hospitation |
Autor: | Rabensteiner, Pia-Maria | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Viktring, in: Freinet-Kooperativ 2 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1998 | | |
url: | |
Text:
Die Schule Harmonie - Eindrücke einer dreitägigen Hospitation
Das Schuljahr 1997/98 begann in dem deutschen Bundesland Nordrhein-Westfahlen bereits Mitte August und somit konnte ich in den Ferien noch die Gelegenheit nützen, diese Schule anzusehen und einige Tage lang zu hospitieren. Der Weg von Klagenfurt nach Eitorf ist zwar nicht der kürzeste - Eitorf liegt in der Nähe von Köln - aber aufgrund der Eindrücke, die ich von dieser Schule mitgenommen habe, war es ein sehr lohnender.
Die Schule
Die achtklassige öffentliche Grundschule ist ebenerdig und so angeordnet, daß jede Klasse die Möglichkeit hat, ins Freie zu kommen. Neben der Schule liegt ein wunderschöner Schulgarten, bei dem jede Klasse ihre eigenen Beete besitzt und individuelles Anpflanzen von Kräutern, Blumen, Gemüse etc. ermöglicht. Ein Gerätehaus aus Holz liegt vor quadratisch angeordneten Holzsitzmöglichkeiten, die sich für Gesprächsrunden anbieten. Im Schulgebäude befindet sich eine Aula, die für Zusammenkünfte zwischen Klassen regelmäßig verwendet wird. Die Druckerei, die von allen Kindern während des Unterrichts besucht werden kann, liegt gegenüber dem Lehrerzimmer. Das Lehrerzimmer, auf den ersten Blick als solches nicht erkennbar, ist sowohl für LehrerInnen als auch für SchülerInnen ein Raum, in dem gearbeitet werden kann. Blitzlicht: Die Tür steht offen, Kinder arbeiteten im Lehrerzimmer an ihren Aufgaben. Eine riesige Tafel, an der eine Unmenge von pädagogischen Themen draufsteht. Experimenteschachteln, die von den Lehrern für die Kinder hergestellt werden.
Die Gänge sind nicht traurig leere Korridore, sondern beherbergen viele Regale, auf denen sowohl Lernmaterialien als auch Experimente, Schülerarbeiten uvm. untergebracht sind. Alle Klassentüren stehen offen (außer eine Klasse hält gerade ein Kreisgespräch ab) und die Kinder nützen den Gang als Arbeitsraum. Während der Pause können sich die Kinder sowohl im Schulgebäude als auch im Freien aufhalten und spielen. Ein eindrucksvolles Erlebnis während der Pause: Durch das offene Fenster im Lehrerzimmer kommt ein Fußball geflogen. Keiner der anwesenden KollegInnen fängt an zu schreien oder zu zetern, sondern eine Kollegin nimmt den Ball und wirft ihn mit dem Kommentar: "Da ist er", wieder zum Fenster hinaus. In dieser Schule spürt man die Wertschätzung gegenüber der Kinder, die Offenheit, "das Leben" wird in die Schule geholt. Das beeindruckendste, das noch lange in mir haften bleiben wird: Innerhalb der drei Tage, an denen ich an dieser Schule hospitiere, sehe ich kein einziges Kind, das mit einem Mitschüler/einer Mitschülerin rauft.
Das Schulleben
Walter Hövel, Leiter der dortigen Schule, ermöglicht es, daß wir nicht nur ihm in seiner Klasse, sondern auch bei allen KollegInnen beim Unterricht zusehen können. Die KollegInnen arbeiten alle unterschiedlich: es gibt den Unterricht nach Stationenbetrieben, nach dem Wochenplan, in Ateliers.
Für die erste Klasse gibt es die ersten 6 Schulwochen mit Einverständnis der Eltern eine Sonderregelung. Ca. die Hälfte der 29 Schulanfänger kommt um 7. 30 Uhr in die Schule. Mit diesen Kindern wird bis 9.30 gearbeitet. Um diese Zeit stößt der zweite Teil der Klasse dazu. Gemeinsam werden zwei Schulstunden verbracht. Um 11. 30 verläßt der erste Teil der Gruppe die Schule, der zweite Teil arbeitet bis 13. 30 Uhr weiter. So können sich die Kinder leichter an die Schule und das Arbeiten in der Schule gewöhnen können. Für den Lehrer ist es einfacher, mit Erstkläßlern den Unterricht in Ateliers von Anfang an zu organisieren. Daß der Lehrer der dortigen Klasse eine "Hilfe" hat, deren Bezahlung noch nicht geregelt ist, ist eine andere Sache.
Kinder der zweiten Klasse übernehmen die Partnerschaft über die Kinder der ersten Klasse. Aus diesem Grund sitzen alle im großen Kreis in der Aula beisammen. Lieder und Spiele werden von der ersten Klasse vorbereitet und aufgeführt, während die zweite Klasse zu einem gemeinsamen Kartoffelessen einlädt. Die Kartoffeln wurden im eigenen Schulgarten geerntet und mit Hilfe von Eltern in Kleingruppen zu Pommes, Pellkartoffeln, Kartoffelpuffern und Kartoffelpüree verarbeitet.
Jeden Montag werden Konferenzen abgehalten, und nachdem ich an diesem Montag in der Schule hospitiere, werde auch ich dazu eingeladen. Von der vorher erwähnten großen Tafel im Lehrerzimmer wird jeden Montag von einer Kollegin oder einem Kollegen ein Thema ausgewählt, in der Konferenz thematisiert und ausdiskutiert. So eine Konferenz miterleben zu können, war Novum. Die Gesprächsdisziplin, das Umgehen miteinander bei so unterschiedlichen Lehrerpersönlichkeiten, die Diskussionsbereitschaft... war beeindruckend. Jeder, der auch an dieser Schule so unterschiedlich arbeitet, kann, darf so sein, wie er ist. Auch über "Schwächen" darf öffentlich geredet und diskutiert werden. Kollegiales Miteinander, Akzeptanz, Respekt, Wertschätzung des Anderen wird auch unter Erwachsenen "gelebt".
Schule Harmonie - ich stellte mir vor, daß dieser Name der Schule absichtlich so gewählt wurde - als Zeichen von Zusammenarbeit, Einklang mit der Natur, Kooperation, Akzeptanz von dem was ist (Kinder sind so wie sie sind und nicht so, wie wir sie haben wollen) und vielem mehr. Die Neugier war groß, das Gesehene beeindruckend, die Eindrücke umwerfend. Diese normale Regelschule trägt keinen dafür speziell ausgewählten Schulnamen. Die Schule Harmonie liegt in einem Stadtteil Eitorfs - dem Stadtteil Harmonie.
Schlagworte:
fr_koop_1-98
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ID: 3032 | hinzugefügt von Jürgen an 17:02 - 20.11.2007 |
title: Die freie Arbeit - Schüler planen ihre Arbeit selbst by Rabensteiner, Pia-Maria Mag. |
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Titel: | Die freie Arbeit - Schüler planen ihre Arbeit selbst |
Autor: | Rabensteiner, Pia-Maria Mag. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Viktring, in: Freinet-Kooperativ 3 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1998 | | |
url: | |
Text:
Die freie Arbeit - Schüler planen ihre Arbeit selbst
Geht man von Freinets Grundeinstellung aus, daß die Kinder sowohl das Recht auf ihren eigenen Lernprozeß, ihre eigene Entwicklung und Individualität als auch das Recht auf ihren eigenen Lernrhythmus haben, erkennt man zwangsläufig, daß der Unterricht auf diese Form abgestimmt werden muß. Freinet setzte bei seiner Unterrichtsarbeit die Schwerpunkte so, daß es keinen Stundenplan im üblichen Sinn gibt, sondern daß die Kinder ihr Lernvorhaben individuell, entweder in Einzelarbeit, Partner- oder Gruppenarbeit bewältigen können.
Zu Wochenbeginn wird in Absprache mit dem Lehrer und den Kindern der gemeinsame und individuelle Arbeitsplan fixiert. Während der Freiarbeitsphase können sich die Kinder die Arbeit, die sie sich für diese Woche vorgenommen haben, erledigen. Alle Arbeiten, die ein Kind in diesem Zeitraum erledigt, werden im Arbeitsplan vermerkt. Am Ende der Woche werden die individuellen Arbeitspläne vom Lehrer kontrolliert. So bestimmt jedes Kind sein Lernpensum und sein eigenes Lerntempo. Der Lehrer hat aufgrund der Arbeitspläne einen Einblick in das Leistungsvermögen der Kinder.
Als Arbeitsmaterialien, die für diese Freiarbeitsphase für die Kinder zur Verfügung stehen, zählen Arbeitskarteien und Arbeitsblätter mit Selbstkontrollmöglichkeit, die Arbeitsbücherei, Nachschlagekarteien, Dokumentensammlungen - eine Fundgrube geographischer, geschichtlicher, biologischer, umweltbezogener Unterlagen, Versuchskarteien, Spiele, Lexika, Bücher, Zeitschriften, Schallplatten, Tonbänder, CD, Material zum Basteln, Werken, die Schuldruckerei und vieles mehr. Praktisch handelt es sich um alle Materialien, die sich in den einzelnen Arbeitsecken befinden sollten.
Freinet lehnte Schulbücher, bei denen alle Kinder in der gleichen Zeit den gleichen Lehrstoff durchnehmen müssen, ab, "weil sie nur zur Langeweile erziehen, ein guter Schüler sie in kürzester Zeit ausgelesen hat und sie ihn dann nicht mehr interessieren" (Jörg, 19892 ,29).
Bei der Form des freien Arbeitens lernen die Kinder nicht nur verantwortungsvoll mit den verschiedenen Materialien umzugehen, sondern ihre Leistung einzuschätzen, sie mit anderen Kindern zu vergleichen, selbständig und selbstverantwortlich Aufgaben zu übernehmen. Das selbstgesteuerte Arbeiten bereitet den Kindern auch Freude. Aggressionen und Frustrationen können dadurch außerdem vermieden werden. Wenn Kinder in der Freiarbeitsphase ihren Aufgaben unterschiedlicher Art nachgehen, diese alleine, mit einem Partner oder in einer Gruppe erledigen, so müssen sie sich auch an bestimmte Ordnungprinzipien halten. Freinet meinte dazu in seinem Werk "Les techniques Freinet de l´école moderne" folgendes: "Wir behaupten..., daß die wahre Disziplin sich nicht von außen, von einer vorgegebenen Regel und auf diese Regel bezogenen Verboten und Bestrafungen herleiten soll. Sie ist vielmehr die natürliche Folge einer geglückten Organisation kooperativer Arbeit und des sich daraus herleitenden Klimas in der Klasse ("clima moral de la classe"). Die Erfahrung hat uns gezeigt, daß wir ein nahezu ideales Arbeitsklima erreichen, wenn bei der Arbeitsorganisation die Gruppenstrukturen der Klasse berücksichtigt werden, wenn die Kinder in ihrer Einzel- oder Gruppenarbeit eine sie interessierende Arbeit verrichten, die sich insgesamt außerdem noch in einen kontinuierlichen Gesamtarbeitszusammenhang einfügt. Unordnungen gibt es nur bei unangemessener Organisation der Arbeit und wenn ein Kind mit einer Arbeit beauftragt wird, die weder seinen Wünschen noch seinen Möglichkeiten entspricht." (Zehrfeld, 22)
Für das Arbeiten in den Freiarbeitsphasen kann ein Plakat erstellt erstellt werden, das die Kinder an den Ordnungsrahmen erinnern soll. Im Klassenrat sollte auch genau besprochen werden, warum diese Richtlinien einzuhalten sind. Innerhalb des Klassenverbandes gehen die Kinder unterschiedlichen Arbeiten nach. Kinder, die einen freien Text verfassen wollen, benötigen dazu Ruhe. Das muß ihnen ermöglicht werden. Arbeiten Kinder miteinander, wird daher aus Rücksicht auf die anderen im "Flüsterton" gesprochen. Die Regel, daß Materialien an den Ort, wo sie entliehen werden, wieder zurückkommen, muß ebenfalls eingehalten werden. Somit findet jedes Kind aus den Bereichen Deutsch, Mathematik, Sachunterricht, Experimentieren, Malen, Kreativitätsförderung uvm. wieder alle Materialien.
Die Freiarbeitsphasen beginne ich damit, daß die Kinder ihre Arbeitspläne aufschlagen und nachsehen, welche Aufgabe bereits erledigt ist und welche noch nicht. Kinder, die ein Material gerade in Arbeit haben, haben das Vorrecht darauf und dürfen dieses als erste nehmen. Diejenigen, die am Vortag ihre selbstgestellte Aufgabe erfüllt haben, überlegen sich, womit sie heute beginnen werden. Es steht den Kindern frei, alleine, mit einem Partner oder in einer Gruppe zu arbeiten. Wird eine Arbeit erledigt, so ist das Material wieder an den ursprünglichen Platz zurückzustellen, die geleistete Arbeit ist im Arbeitsplan zu vermerken.
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Literatur:
Jörg H., So macht Schule Freude. Wolfsburg 1989
Zehrfeld K., Freinet in der Praxis. Basel 1979
C. Freinet., Die moderne französische Schule. Paderborn 1979
Schlagworte:
fr_koop_3
kein Summary verfügbar
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ID: 3087 | hinzugefügt von Jürgen an 02:17 - 22.11.2007 |
title: Der Umgang mit dem freien Text in der ersten Klasse / by Rabensteiner, Pia-Maria Mag. |
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Titel: | Der Umgang mit dem freien Text in der ersten Klasse / |
Autor: | Rabensteiner, Pia-Maria Mag. | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Viktring, in: Freinet-Kooperativ 4 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1998 | | |
url: | |
Text:
Der Umgang mit dem freien Text in der ersten Klasse /"Lesen durch Schreiben" - Kinder schreiben ihre eigenen Texte mit Hilfe der Anlauttabelle
Zu Beginn dieses Schuljahres stellte ich mir die Fragen, wie ich mit meinen 25 Schulanfängern bei der Erarbeitung der Buchstaben des Alphabets und beim Lesen beginnen sollte. Nach reichlicher Überlegung entschied ich mich für das Arbeiten mit der Anlauttabelle nach C. Reichen. Gerade in einer Freinet-Klasse erschien mir das Erlernen der Buchstaben mit Hilfe der Anlauttabelle am sinnvollsten, da der Lehrgang "Lesen durch Schreiben" am ehestens dem individuellen Lernen der Kinder gerecht wird. Das selbstgesteuerte Lernen steht im Vordergrund - das Niederschreiben der eigenen Wörter, Wortkombinationen, Gedanken, Erlebnisse, in späterer Folge der kleinen Texte und nicht das gemeinsame Erlernen von Buchstaben und das Abschreiben eines Lehrertextes von der Tafel. Mir erschien es auch beim Schreiblernen wichtig, auf den individuellen Entwicklungsstand und die Interessen der Kinder entsprechend einzugehen.
Die Anlauttabelle stellt keine Fibel im traditionellen Sinn dar, sondern ermöglicht es den Kindern, ihre eigenen Wörter von Anfang an selbständig zu schreiben. Es ist natürlich notwendig, zusätzlich zur Arbeit mit der Anlauttabelle Hörübungen durchzuführen, damit die Kinder die einzelnen Laute, die wir in unserer Sprache verwenden, erkennen. Das heißt, Lautierungsübungen beziehen sich auf die gesamte Lautabfolge und dienen nicht nur dazu, den Anlaut oder Endlaut zu erkennnen. Das Ziel dieser Lautierungsübungen war es, dass sich die Kinder bemühen, klar und deutlich zu artikulieren. Die Laute der einzelnen Wörter zu erkennen, zu unterscheiden, zu zerlegen..., das sollten die Kinder lernen. Dies bedeutete für viele Kinder große Schwierigkeiten, da bedingt durch den Kärntner Dialekt die meisten Endungen auf "-er" als reine "a" von den Kindern lautiert wurden. (z. B. Wassa, Mutta, Kinda...)
Die Anlauttabelle in ihrer Hufeisenform ist nicht vollständig und nicht nach einem bestimmten Muster aufgebaut. Die Bilddarstellungen für "St, Sp, C, X" fehlen, können bzw. sollen vom Lehrer/von der Lehrerin mit den Kindern gemeinsam in die Tabelle integriert werden.
Wie und wann wurde mit der Anlauttabelle begonnen?
Bereits in der ersten Schulwoche erhielt jedes Kind eine Anlauttabelle, wobei die Bilder von den Kindern nach und nach ausgemalt wurden. Wichtig war mir, dass die Kinder bei allen Bilddarstellungen die entsprechenden Bedeutungen wussten bzw. richtig erlernten ( "R" wie Rad, "S" wie Sonne, "K" wie Krokodil... Bei den täglichen Übungen oder Spielen mit der Anlauttabelle legte ich ebenso Wert darauf, dass auch bei jeder gesuchten Bilddarstellung der Anlaut laut artikuliert wurde. Zuerst wurden Wörter gemeinsam gesucht, lautiert und verschriftlicht. Die Kinder wollten aber neben den Wörtern Mama und Papa Wörter wie Schmetterling, Käfig, Wellensittich... schreiben. So dauerte es nicht lange, bis die Kinder selbst das Bedürfnis hatten, mit Hilfe der Anlauttabelle ihre eigenen Worte zu kreieren und niederzuschreiben. Viele Kinder liebten es, sich auf "Wörtersuche" zu begeben, manche hielten sich dabei eher zurück. Die Kinder arbeiteten alleine oder konnten auch in Partnerarbeit am Computer ihre "Texte" schreiben.
Das Schreiben eines Wortes erfolgte so:
z. B. das Wort Elefant:
Das Wort "Elefant" wurde zuerst deutlich artikuliert.
Das Suchen auf der Anlauttabelle begann - (E wie Esel).
Das "E" wurde aufgeschrieben.
Das Wort "Elefant" wurde wieder deutlich ausgesprochen. So sollten die Kinder erkennen, dass nach dem "E" das "L" zu suchen und zu verschriftlichen ist. D. h. die neuerliche Suche auf der Anlauttabelle begann.
"L" wie Lampe wurde aufgeschrieben.
In gleicher Weise wurden alle weiteren Buchstaben deutlich ausgesprochen, auf der Anlauttabelle gesucht und niedergeschrieben.
Die Kinder fanden sich bei der Handhabung der Anlauttabelle sehr schnell zurecht. Es war jedoch ganz klar, dass Kinder aufgrund der undeutlichen Aussprache oder durch Überhören eines Lautes diesen hin und wieder ausließen und Klein- und Großbuchstaben gemischt im Wort verwendeten. Das wichtigste war aber, dass sie sich mit Hilfe der Buchstaben verständigen konnten. Die Kinder konnten die Wörter, die sie schreiben wollten, lautieren und mit Hilfe der Anlauttabelle aufs Papier bringen. Durch das genaue Vorsprechen der Wörter erkannten die Kinder auch Dehnungen und Verdoppelungen recht schnell. (Leider gibt es aber auch immer diese Ausnahmen!) Ganz zu Beginn konnten die Kinder schreiben, aber ihre selbst verfassten Texte nicht lesen. Ich hörte sehr oft die Frage: "Habe ich das Wort jetzt schon fertig geschrieben?" Erst im Laufe der Zeit erfolgte durch das selbstgesteuerte Schreiben das selbstgesteuerte Lesen.
Es gab nämlich von Anfang an keine gemeinsam abgehaltenen Leseeinheiten oder Leseübungen. Vor allem gab es kein lautes Vorlesen vor all den MitschülerInnen. Die Kinder konnten Lesetexte aus der Klassenbibliothek, aus gedruckten Kindertexten, aus den vielen Lernmaterialien, Karteikarten uvm. aussuchen und für sich selbst lesen. Mit der Zeit kamen sie zu mir und wollten mir auch Texte vorlesen. Wer wollte, konnte jedoch seinen eigenen Text der Klasse im Abschlusskreis vortragen. Für mich persönlich war es ein unbeschreibliches Gefühl, als mir ein Kind im November einen Sachtext ohne Schwierigkeiten vorlas. Ein anderes Kind arbeitete mit dem Atlas und las mir verschiedene Städte und Staaten vor. Das Lesen geschah einfach nebenbei. Die Kinder konnten es. Das war für mich sehr faszinierend.
Die Kinder merkten schnell, dass man sich mit Hilfe eines geschriebenen Textes verständigen kann, und so richtete ich sowohl für jedes Kind in der Klasse als auch für mich einen "Postkasten" ein. So konnten sich die Kinder gegenseitig Briefe schreiben, diese lesen und dem Schreiber wieder antworten. Die Briefe erhielten immer den Namen des Absenders und des Adressanten und wurden in das gewünschte Fach gegeben. Die Kinder lernten die Namen ihrer MitschülerInnen zu lesen und zu schreiben und mussten das Briefgeheimnis wahren. Diese "Briefe" waren liebevoll gestaltete Zeichnungen und einfache Wörter, die die Kinder mit Hilfe der Anlauttabelle aufschrieben. Im Klassenrat wurde darüber diskutiert, wie auf erhaltene Post reagiert werden sollte - man antwortet. Das Klassenamt "Postbote" wurde installiert, der die Aufgabe hatte, die Post auszuteilen.
Es entstanden mit der Zeit nicht nur einzelne Wörter, sondern die Kinder verfassten ihre eigenen kleinen Texte - ihre ersten kleinen Sätze. Diese Texte wurden entweder am Computer verfasst oder mit Hilfe der Druckerei immer von jeweils zwei Kindern für alle in der Klasse gedruckt. Diese Texte wurden ebenso, wie die während der Freiarbeit entstandenen kleinen Büchlein, im Abschlusskreis den MitschülerInnen präsentiert.
Im Laufe der Zeit benötigten viele Kinder die Hilfe der Anlauttabelle für das Schreiben nicht mehr. Von einigen Kindern, die sich zu sicher waren, im Text jedoch immer wieder Laute aufzuschreiben vergaßen, musste die Anlauttabelle wieder zur Hand genommen werden.
Vor Weihnachten begannen wir mit den "Regenbogenkindern" (VS Zechnerschule - 2. Schulstufe aus Wien) zu korrespondieren. Jedes Kind aus der Klasse hat einen Briefpartner/eine Briefpartnerin in Wien. Unserer weiteren Korrespondenzklasse , den "lila Karmuffeln" (1. Schulstufe aus Eitorf in Deutschland), sandten wir individuell erstellte Texte. Nachdem die Kinder aber immer mehr freie Texte verfassten und mit Hilfe der Klappdruckpresse druckten, fingen wir an, die Texte auf unsere Postkarten zu drucken und an mehrere Klassen zu verschicken.
Nun senden die Kinder ihre Texte auch an die "Sternschnuppenkindern auf dem Regenbogen" (Volksschule Kirchberg in Oberösterreich) , an die Kinder der Ganztagesvolksschule II in Wien, an Kinder der 1. Klasse der VS Silbertal in Vorarlberg, an die "Bärenkindern" aus Köln (1. - 4. Schulstufe) und an Kinder einer weiteren 2. Schulstufe in Deutschland (Grundschule Ruppichterroth)
So beginnt sich die Spirale zu drehen. Texte schreiben, drucken, den Kindern der Klasse präsentieren, an die Korrespondenzklassen versenden, auf Post warten, Post erhalten, lesen, einen neuen Text schreiben... Motiviert gehen die Kinder ans Texteverfassen und schreiben ihre eigenen Ideen, Erlebnisse, Phantastereien uvm. auf.
Wie wird korrigiert?
Bei den Korrekturen halte und hielt ich mich sehr zurück. Ich griff nie in einen Kindertext ein, sondern schrieb zu Hause am Computer die Wörter richtig nieder und klebte das nun richtig Geschriebene in das Texteheft unter den jeweiligen Kindertext. Die von mir korrigierten Kindertexte kamen in ausgedruckter Form in den Ordner "Lesetexte" und in den Ordner "Laufdiktate". Beide Ordner standen in der Freiarbeit für alle Kinder zur Verfügung.
Zu Beginn des 2. Semesters wurden die individuellen "Lernwörter" (vom Kind falsch geschriebene, von mir korrigierte und ins Lernwörterheft des jeweiligen Kindes eingetragene Wörter) vom "Lernwörterheft" auf kleine Kärtchen übertragen. Diese individuellen Lernwörter konnten (oder waren zeitweise auch im Pflichtprogramm enthalten) während der freien Arbeitsphase mit Hilfe der 5-Fächer-Lernkartei, die jedes Kind besitzt, geübt werden.
Nachdem die Kinder ungefähr zu Weihnachten alle Buchstaben beherrschten, erhielten sie zu Beginn des 2. Semesters die Aufgabe, in der Freiarbeit die einzelnen Buchstaben des ABC individuell zu bearbeiten.
Elternarbeit.
Bei einem Elternabend erhielten die Eltern eine Anlauttabelle. Sie erhielten aber nicht die, mit denen die Kinder arbeiteten, sondern eine, bei der anstelle der Buchstaben Hieroglyphen eingesetzt waren. Die Eltern sollten sich damit gegenseitig ein paar Wörter aufschreiben. So erlebten die Eltern die Schwierigkeiten des Buchstaben(er)lernens und erkannten, worum es bei dem Lehrgang "Lesen durch Schreiben" ging: Die zuerst nur abgemalten Buchstaben werden zu einem Wort kodiert, beim Lesen oder Entziffern dekodiert. Die Eltern erkannten auch, dass es nicht sehr einfach ist, sich die Fülle der vielen neuen Hieroglyphen bzw. Buchstaben zu merken. Aus diesem Grund wurde die Anlauttabelle ganz bewusst lange nicht mit nach Hause gegeben. Die Eltern sollten nämlich nicht auf die Idee kommen, mit ihren Sprösslingen alle Buchstaben zu lernen. Gerade hier zeigte sich, wie wichtig die Elterninformation war. Den Eltern musste die Angst vor dem individuellen Erarbeiten der Buchstaben genommen werden. Dadurch, dass der Vergleich mit anderen KollegInnen bzw. anderen Kinderheften nicht gegeben war, waren sie nur auf die eigenen Beobachtungen der Lernfortschritte und die Gespräche mit mir über den individuellen Lernzuwachs und Leistungsstand angewiesen.
Resümee: Die Kinder schreiben Texte noch immer gerne.
Die Kinder können alle Wörter ihres Sprachschatzes sicherlich noch nicht richtig schreiben. Aber welches Kind in der 1. (2., 3., 4., 5....) Klasse kann das? Dies erfolgt nur durch Übung und viel schreiben. Dafür und für die Rechtschreibübungen ist noch Zeit genug.
Durch das weitgehend individuelle Erlernen der Buchstaben ist bei fast allen Kindern die Lust am Schreiben eines Textes noch immer vorhanden. Alleine das Herstellen der klasseneigenen Schülerzeitungen, das Veröffentlichen der Texte in der "Neuen Tapete" (vgl. Freinet-Kooperativ 1/97, S. 34), der rege Austausch von Kindertexten mit verschiedenen Klassen, das Vorlesen der eigenen Texte oder das Zuhören im Abschlusskreis motiviert meine Kinder immer wieder, ihre eigenen Idee aufs Papier zu bringen und niederzuschreiben. Sie haben so viel Phantasie und Einfallsreichtum - das sollen sie sich noch sehr lange behalten.
Falls du/Sie mehr Informationen zum Arbeiten mit der Anlauttabelle haben willst/wollen, stehe ich gerne für Auskünfte zur Verfügung.
Literatur:
Reichen J., Lesen durch Schreiben, Heft 1 - 8, Sabe-Verlag, Zürich 1988.
Fragen und Versuche - Nr. 56, 57, 60, 62, 67, 67
M. Merz., Lernen - ein Puzzlespiel Linz 1996
Freinet-Kooperativ 1/1997
Mag. Rabensteiner Pia-Maria
Schlagworte:
fr_koop_4
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ID: 3090 | hinzugefügt von Jürgen an 02:29 - 22.11.2007 |
title: Die Herstellung einer Eigenfibel by Rabot, Burkhard |
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Titel: | Die Herstellung einer Eigenfibel |
Autor: | Rabot, Burkhard | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Köln | Quellentyp: | Monographie |
veröffentlicht am: | 1985 | | |
url: | |
Text:
Die Herstellung einer Eigenfibel mit Hilfe der Freinet-Druckerei als Möglichkeit eines differenzierenden Leselehrgangs im 3. Schuljahr der Schule für Lernbehinderte (Sonderschule)
Schlagworte:
Examensarbeit_Sonderschulpädagogik
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ID: 1193 | hinzugefügt von Hagstedt an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Sternenkinder meet Kamuffel. Zu Gast in einer Freinetklasse in Kärnten by Resch, Uschi und Walter Hövel |
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Titel: | Sternenkinder meet Kamuffel. Zu Gast in einer Freinetklasse in Kärnten |
Autor: | Resch, Uschi und Walter Hövel | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Viktring, in: Freinet-Kooperativ 5 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1998 | | |
url: | |
Text:
Sternenkinder meet Kamuffel
Zu Gast in einer Freinetklasse in Kärnten
Wer benimmt sich schlecht,
wenn er sich gut fühlt?
Mauricio Wild
6.30 Uhr, mitten in unseren Ferien, werden wir geweckt. Eine Stunde später nähern wir uns der Eingangspforte einer Kärntner Schule. Warum müssen so viele Schulen auf der Welt sich so ähnlich sehen, diese etwas beklemmende Atmosphäre eines Einlasses zu einer Fabrik haben? Alle strömen auf diese Öffnung zu, um hinter Mauern im Innern einer Produktionsstätte zu verschwinden. Selbst die Lehrerinnen, die in einem etwas schnelleren Tempo an uns vorbei die Stiegen hoch eilen, sind sofort als solche identifizierbar. Seit unseren Kindertagen werden wir wohl dieses beklemmende Gefühl des "Beobachtetwordensein" nicht mehr los,
Wir treten in ein aufgeräumtes sauberes Haus ein, gehen einen Gang entlang, der breiter und heller ist als vergleichbare in Deutschland. Gegenüber der Klasse, in der wir hospitieren werden, sehen wir etwas Überraschendes: Käfige. Käfige für Jacken und anderes Gewand. Wozu gibt’s die, wenn sie nicht verschlossen werden? Bei der Raumknappheit, die in deutschen Schulen herrscht, hätten wir hier innen schon lange Arbeitsecken und kleine Gruppenräume eingerichtet.
Wir schauen in einen typischen Freinetgrundschulraum: das Lehrerpult ist, wohl mehr als Ablage dienend, zweckentfremdet gegen die Wand geschoben, Gruppentische und der freien Raum für den Kreis, Regale mit verschiedenen Materialien und einer bereits stattlichen Klassenbücherei, eine Wäscheleine mit Bildern und Blättern, eine Tischreihe entlang der Wand mit Druckerei, Blumen auf den Fensterbänken, das Korrespondenzbrett mit vielen Briefen und Kinderlyrikpostkarten, eine Wandzeitung, Plakate mit Projektdokumentationen und ein Tisch mit Karteien...
Innerhalb der nächsten viertel Stunde füllen die ankommenden Erstklassler den Raum, auch dies in einer Manier, die typisch ist für Freinetklassen. Sie reden miteinander, zeigen einander Dinge, andere fangen an zu arbeiten,... Auffallend ist die Ruhe und Gelassenheit, mit der die Kinder ankommen. Im Vergleich zu deutschen Schulklassen fällt uns immer wieder auf, dass die Kinder in österreichischen Freinetklassen weniger Aggression und Unausgeglichenheit aus ihrer gesellschaftlichen und familiären Umgebung mitzubringen scheinen.
Pia-Maria Rabensteiner, die Lehrerin, muss nicht um Ruhe bitten, als sich die Kinder in den Kreis setzten sollen. Sie sagt´s in einem normalen Tonfall und dezenter Lautstärke, und die Kids nehmen ihre Stühle und kommen in den Kreis.
Die Kinder sind das Hospitieren gewöhnt. Wir, zwei Erwachsene und zwei Buben, Erstklässler aus Deutschland, werden weder als störende noch als lästige Gäste behandelt. Wir werden als ein Stück Leben, das in die Schule gelangte, gesehen, und im Nu ist das Leben Ausgangspunkt des Lernens.
Dies ist einer der originärsten Gedanken der Freinetpädagogik, nicht Schulbücher, didaktisch durchwirkte Materialien oder der Lehrvortrag mit präpariertem Lernstoff stehen an erster Stelle des Unterrichts, sondern die Menschen und die Welt selbst. Alle "zufälligen" Ereignisse des Lebens, die in die Klasse gelangen, werden "systematisch" in den Mittelpunkt des Lernens und Lebens gerückt.
So ist schnell heraus gefunden, dass die beiden Jungs aus Deutschland, Max und Severin, Kinder aus einer der Korrespondenzklassen der Sternenkinder sind. Daraus entwickelt sich schnell der Unterrichtsgegenstand, der von Erwachsenen nur schwerlich planbar gewesen wäre. Eine Freinetklasse im ersten Schuljahr findet ihn ganz natürlich "ohne nachzudenken". Die alles entscheidende Frage an Max und Severin, Kinder der lila Kamuffelklasse aus Eitorf in Deutschland, ist die Frage eines Sternenkindes, die sie seit Beginn der Korrespondenz zu plagen scheint: "Was sind lila Kamuffel?"
An dieser Stelle lohnt es sich, um den weiteren Fortgang des Unterrichts zu beschreiben, noch einmal die Arbeit im bzw. des Kreises zu beschreiben: Pia-Maria hatte ihre Sternenkinder in den Kreis gerufen und dann ausgezählt, wer den Kreis leitet.
Esther übernimmt ab sofort die Worterteilung und beginnt mit den Worten: "Ich begrüße euch im Morgenkreis." Noch einmal erklärt sie allen die "Aufzeigregel". Ein Kind fragt in den Raum: "Und wer sorgt für Stilligkeit?" Erst denkt Walter, dass es sich wieder einmal um ein österreichisches Wort ala "sekieren", "Häferl" oder "schirch" handelt. Vorsichtshalber fragt er aber leise nach. Es ist keines, sondern eine individuelle Wortschöpfung des Kindes. Niemand verbessert es, weder Lehrerin noch Mitschüler. Benni holt es aber wieder runter aus den Höhen der sprachlichen Kreativität und spricht erklärend in den Kreis: "Wenn jemand quatscht, geh´i hin und sog, seid´s leise."
Die Kinder beginnen damit, ihre Korrespondenzklassen aufzuzählen, die Regenbogenkinder aus Wien, die Sternschnuppenkinder auf dem Regenbogen aus Oberösterreich, die schnellen, blauen Delfine aus Ruppichteroth, die Bären aus Köln, die Klasse der Schule in Silbertal, die Ganztagesvolksschule II in Wien und die Lila Kamuffel aus Eitorf. "Das sind doch die, die seit Wochen nicht mehr geantwortet haben", bemerkt ein Kind, und Max und Severin schauen etwas peinlich, aber nicht lange, denn nun sind sie dran. "Ich bin ein Lila Kamuffel", stellen sie sich vor. Und bald erzählen sie, wie ihre Klasse den Namen gefunden hat, dass ein Teil der Decke lila gestrichen ist, dass es viele verschiedene Vorschläge gab.... Alle steigen ein, erzählen, wie die Sternenkinder den Namen fanden, dass die Jungs - zum Glück in der Minderheit - einen Namen mit "Monstern" wollten, im Endeffekt es aber so viele verschiedenen Vorschläge wie Kinder in der Klasse gab...
Und dann kam die Frage: "Was sind Lila Kamuffel?" Und Severin antwortet: "Ich kann euch eines malen." Viele verschiedene Bitten stürmen auf ihn ein: "Ja, an die Tafel:" "Ja, zeig es mir!"... Aber Severin, ebenfalls ein erfahrenes "Freinetkind" sagt: "Nein, nachher, nach dem Kreis, für alle, die wollen."
14 Kinder hockten am Boden und malen lila Kamuffeln. Dabei reden sie miteinander, kommentieren ihre Werke, erfinden Kamuffelgeschichten, bis der Vorschlag kommt: "Man kann den Kamuffeln auch Namen geben", und schon werden die Bögen vollgeschrieben mit den Namen. Faszinierend dabei ist, mit welcher Selbstverständlichkeit und Ruhe die Kinder das tun. Max und Severin gehören einfach dazu, und niemand würde merken, dass diese beiden Kinder nicht in diese Klasse gehen, sondern aus Deutschland zu Besuch sind.
Die anderen Kinder sitzen an ihren Tischen, einige rechnen, drei schreiben freie Texte, zwei schneiden nach einer Vorlage aus einem Buch Frösche aus, einer isst seine Jause, alle arbeiten in Ruhe, konzentriert, alleine zu zweit oder in größeren Gruppen.
Als um zehn nach neun das letzte Kamuffel gemalt, beschrieben und besprochen ist, geht die Arbeit nahtlos weiter: am Computer, an der Druckerei, mit der Englischlehrerin Myra.
Der bleibende Eindruck an diesem Besuch ist die Atmosphäre, die in der Klasse herrscht. Das scheinbar selbstverständliche Funktionieren einer solchen Freinet-Klasse. Je mehr dieser Klassen du siehst, um so mehr Verschiedenes und Gleiches siehst du. Egal in welches Land du kommst, findest du Freinet-Pädagogen, die mit Kindern so in der Klasse arbeiten.
Das immer neue gleiche Erlebnis ist das Selbstbewusstsein, die Natürlichkeit und die Selbständigkeit der Kinder in dieser Atmosphäre des Arbeitsortes ohne Zwang und der Zusammenarbeit aller in großer Zufriedenheit.
Dass dies alles so funktioniert liegt an den Lehrern und Lehrerinnen, die Freinet-Pädagogik leben. Denn es ist vor allem die Einstellung dieser, die das Lernen der Kinder auf diese Weise fördern, wo Kinder nicht im Unterricht Lehrstoff als Instantfutter mit Motivationsaroma gefüttert bekommen, sondern so die eigenen Bedürfnisse und trotz "Schule" zum Mittelpunkt eines Lern-Lebens in der Schule werden.
von Uschi Resch und Walter Hövel/Deuschland
Schlagworte:
fr_koop_5
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ID: 3096 | hinzugefügt von Jürgen an 02:49 - 22.11.2007 |
title: Merkmale des Projektunterrichts by Ritschl, Stefan |
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Text:
Die Begriffe “Projekt” und “Projektmethode” sind eng verknüpft mit der pädagogischen Reformbewegung. Mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen ging es amerikanischen und deutschen Reformpädagogen darum, Unterricht so zu gestalten, dass Lernen in bzw. an realen Handlungsabläufen möglich ist. Der Vorteil der Projektmethode wird darin gesehen, dass die Motivation der Schülerinnen und Schüler groß ist, da sowohl Sinn als auch Gebrauchswert des Gelernten sich unmittelbar erfahren lassen.
In den USA entwickelten zu Beginn des 20. Jahrhunderts John Dewey und William H. Kilpatrick eine Theorie des Projektunterrichts und erprobten ihn an der “Laboratory-School” in Chicago. In Deutschland fanden sich ähnliche Ideen bei den Vertretern der Arbeitsschulbewegung, wie z.B. bei Adolf Reichwein oder auch Peter Peterson, der einige dieser Gedanken aufgriff und sie in seinen “Jena-Plan” einarbeitete.
Auch Celestin Freinet war von diesen Ideen beeindruckt und er forderte die Selbsttätigkeit des Kindes im Unterricht und Schulleben.Freinet nutzte beispielsweise die Technik des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, um die Kinder in die Kultur der schrifrsprachlichen Kommunikation einzuführen. In seiner “Schreibwerkstatt” sind die Schüler Autor, Setzer, Drucker und Buchbinder in einer Person.
An den staatlich verwalteten Schulen fand die Projektmethode allerdings wenig Anklang und konnte sich demzufolge auch nicht durchsetzen. Erst die bildungspolitische Diskussion nach 1968 brachte Bewegung in das erstarrte System. Begriffe wie “Emanzipation”, “Chancengleichheit” oder “innere Demokratisierung” bestimmten den fachlichen und öffentlichen Diskurs und führten in Folge, z. B. zum Aufbau von Gesamtschulen, zur “Wiederbelebung” von Freinet- und Montessori-Schulen oder Schulprojekten wie die Schulfarm Scharfenberg in Berlin. Die Infragestellung der gängigen Unterrichtsverfahren rückte die Projektmethode wieder ins Blickfeld. Seit dieser Zeit bemühen sich Wissenschaftler und Autoren (Bastian, Frey, Hänsel, u.a.) darum, die Idee und den historischen Kontext des Projektbegriffs einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die Projektmethode ist das geeignete “Instrument” um Kindern komplexe Sachverhalte verstehbar zu machen und Einsicht in Strukturen und Modelle für Problemlösungen
aufzubauen. Durch sinnliche Erfahrung und handelnde Auseinandersetzung sollen Kinder und Jugendliche zu aktivem Forschen und planvollem gemeinsamen Arbeiten angregt werden.
Kinder bringen schon viele Voraussetzungen für Projektarbeit bei Schuleintritt mit: sie wollen lernen, forschen, entdecken, Spaß haben, gemeinsam arbeiten, ausprobieren, sich gegenseitig helfen. Sie übernehmen Verantwortung, wenn Klassen- und Schulklima es zulassen. Die Grundfertigkeiten für Projektarbeit lernen sie, indem sie diese anwenden – Material sammeln, ordnen und auswählen, Umgang mit Büchern, Plakate stempeln oder andere Arbeitsvorgänge. Kreativität und eigenverantwortliches Handeln können geübt werden und sind nicht notwendige Voraussetzung für die Teilnahme am Unterricht.
...
Schlagworte:
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ID: 3258 | hinzugefügt von Jürgen an 04:36 - 15.7.2009 |
title: Drucken von gestern in der Schule der Zukunft by Ritter, Michael |
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Text:
Als der französische Reformpädagoge Celestin Freinet vor beinahe 100 Jahren eine Druckerei
in seine kleine Dorfschule holte, war er zwar nicht der erste Lehrer, der auf diese Idee kam,
aber in seinem Konzept der l’ecole moderne francaise, der modernen französischen Schulei
nahm dieses Arbeitsmittel bald einen zentralen Platz ein. Den Kindern in seiner Schule wollte
Freinet die Möglichkeit eröffnen, ihre eigenen Erfahrungen in Worte zu fassen, in kleine
Texte zu kleiden. ‚Freier Ausdruck’ nannte er diese Tätigkeit....
Schlagworte:
lit_2012-art,
summary:
Einige Überlegungen zur Schuldruckerei
Notiz:
Unter dem Link ist der ganze Artikel bei der Uni Bielefeld abrufbar
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ID: 4463 | hinzugefügt von Jürgen an 19:45 - 1.3.2013 |
title: Freies Schreiben und Drucken by Rosetz, Marjan |
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Text:
Freies Schreiben und Drucken mit der Schuldruckerei : Lesen- und Schreibenlernen ohne Fibel, aber mit Begeisterung.
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung 4
2) Schreiben 4
3) Die schulische Infrastruktur unterstützt das Schreiben 5
4) Schreiben- und Lesenlernen mit eigenen Texten 6
5) Warum zuerst die Druckschrift ? 8
6) Die Freinet-Schuldruckerei 9
6 ).1 Die rechtschriftlichen Wirkungsebenen der Schuldruckerei 12
6).2 Der Setzkasten 13
6).3 Die Handhabung der Letter 14
7) Die Schuldruckerei - ein persönlicher Erfahrungsbericht 16
7).1 Das `Elfchen` 16
7).2 `Das Haiku` 17
7).3 Der `Blätterdruck` 17
7).4 `4 Menschen, 4 Wörter, 4 Geschichten` 17
7).5 `Ein Mann und eine Frau gehen am Strand spazieren...` 18
7).6 Der Milchtütendruck 18
7).7 `Kreisschreiben` 19
7).8 `Das zerschnittene Gedicht` 19
7).9 Resümee 20
8) Fibelkritik 20
9) Literaturverzeichnis 23
Schlagworte:
Seminararbeit, hausarbeiten.de, freier-Ausdruck,
summary:
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Notiz:
Bewertung: (keine), Kosten: 8,99 €
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ID: 1529 | hinzugefügt von Jürgen an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Willkommen in der Riesenklein-Schuldruckerei by Rouél, Annegret; Ulrike Jänichen |
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Titel: | Willkommen in der Riesenklein-Schuldruckerei |
Autor: | Rouél, Annegret; Ulrike Jänichen | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Bremen, Fragen und Versuche, Heft 148 S. 26 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.2014 | | |
url: | |
Text:
-
Schlagworte:
lit_2014-art, fuv-148, Veranstaltung
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ID: 4681 | hinzugefügt von Jürgen an 18:40 - 17.7.2014 |
title: Zur Bedeutung der Freinet-Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Musikpädagogik (Broschüre) by Samu, Sandor |
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Titel: | Zur Bedeutung der Freinet-Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Musikpädagogik (Broschüre) |
Autor: | Samu, Sandor | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Bremen | Quellentyp: | Internetveröffentlichung |
veröffentlicht am: | DD.MM.2002 | | |
url: | http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/18219.html |
Text:
Inhaltsverzeichnis:
1. Zielsetzung der Hausarbeit: 3
2. Wer war Célestin Freinet? 4
2.1. Biographie 4
2.2. Die Persönlichkeit Célestin Freinets. 4
3. Grundsätze der Freinet-Pädagogik 7
3.1. L’ecole moderne francaise 8
3.2. Ideelle und pädagogische Grundlagen der Schülerzentrierung 9
3.3. Konkrete Unterrichtstechniken (eine Auswahl) 11
4. Freinet-Pädagogik heute 16
4.1. Allgemein 16
4.2. Schriften zur Freinet-Pädagogik 17
4.3. Freinet-Pädagogik im Internet 18
4.4. Selbstdarstellung und Selbstverständnis der Freinet-Bewegung. 19
4.5. Probleme der Freinet-Pädagogik 20
5. Freinet-Pädagogik und Musikpädagogik 21
5.1. Zur Bedeutung des Musikunterrichts in dem ursprünglichen pädagogischen Konzept
von Freinet 22
5.2. Die Stellung des Musikunterrichts in der heutigen Freinet-Pädagogik 23
5.3. Inhalte der Freinet' schen Musikpädagogik. 24
6. Persönliche Schlußbemerkung 26
7. Literatur. 28
1. Zielsetzung der Hausarbeit:
C élestin Freinet ist, zusammen mit Maria Montessori, John Dewey, Janusz Korczak u. a.,
einer der bedeutendsten Reformpädagogen. Die Umgestaltung der Schule von unten steckt
trotz der weiten Verbreitung und Akzeptanz der Ideen in pädagogischen Kreisen gesell-
schaftspolitisch immer noch in den Anfängen. Die Stimmen nach einer Rückbesinnung auf
die alten ' Werte von Zucht und Ordnung' werden aus der Angst heraus vor weiteren Bildungs-
debakeln , wie sie die Ergebnisse der PISA-Studie anmahnen, sogar eher lauter.
Die vorliegende Hausarbeit versucht zunächst einen kurzen Überblick über die Person und die
p ädagogischen Grundsätze von Freinet zu geben. Im Anschluss soll anhand einiger Beispiele
erl äutert werden, inwieweit und wo die Lehre Freinets heutzutage umgesetzt bzw. angewendet
wird. Schliesslich soll in einem speziellen Teil die Beziehung zwischen der Freinet-Pädagogik
und der Musikpädagogik geprüft werden
2. Wer war Célestin Freinet?
2.1. Biographie
Celéstin Freinet wurde 1896 in Gars, einem abgelegenem kleinen Dorf an der Grenze der französischen Seealpen, geboren. Als 16jähriger begann er seine Ausbildung zum Lehrer. Er wurdw mit 18 Jahren in den 1. Weltkrieg eingezogen und so schwer verletzt, dass er erst 1921 beginnen konnte als Lehrer in einer Dorfschule zu arbeiten. Früh fing er an sich gegen die Lernmethoden der traditionellen, französischen Schule zu wenden, und tat seine Meinung auch, bereichert durch seine eigenen Vorstellung eines modernen Unterrichts, in Fachzeitschriften kund. 1924 führte er in seiner Klasse die für seine Pädagogik so typische ‚Druckerei‘ ein. Ab 1926 kamen als wesentliche Elemente die ‚Klassenkorrespondenz‘ und ‚Schulzeitung‘ hinzu. Zugleich vereinte er die Lehrer, die ebenso wie er die herkömmliche Schule re-formieren wollten, in einer Bewegung, der „Coopérative de l’Enseignement Lac“ (laizistische Erziehungskooperative). Im gleichen Jahr trat er der KPF (Kommunistische Partei Frankreichs) bei. Von 1928 an arbeitete Freinet in Saint Paul, wo er aufgrund seiner Ansichten mit den Behörden hart aneinandergeriet, was ihn 1935 schliesslich dazu veranlasste eine eigene Schule zu gründen. Ungeachtet dessen wuchs seine Bewegung zunehmend; als Sprachrohr diente die Zeitschrift L’Educateur Prolétarien. 1940 wurd seine Schule geschlossen und sein Leben von der Gestapo bedroht, weshalb er untertaucht und sich der ‚Resistance‘ anschloss. Trotz der schwierigen Lebensumstände schrieb er während des Krieges seine grundlegenden Schriften: L’Education du travail (Die Arbeitspädagogik) und Essai de Psychologie sensible (Psychopädagogische Essay). 1947 kam der zumindest in Lehrerkreisen berühmt gewordene Film L’école buisssionière (Die Heckenschule) hinzu, der das Leben in Saint Paul widergibt. Die Zeit nach 1950 war einerseits von heftigen Auseinandersetzungen mit Intellektuellen der in Frankreich starken kommunistischen Partei und andererseits von dem stetigen Anwachsen der Bewegung geprägt. Letzteres führte dann 1957 auch zur Gründung der „Fédération Internationale des Mouvements d’Ecole Moderne“ (Internationale Föderation der Freinet-Bewegung). In den nachfolgenden Jahren widmete Freinet sich vor allem der Verbreitung und Weiterentwicklung seiner pädagogischen Ideen. Er starb 1966 und wurde in seinem Geburtsort beigesetzt.
2.2. Die Persönlichkeit Célestin Freinets
Das Leben auf dem Lande und die Natur haben Freinet nachhaltig in seinen pädagogischen Vorstellungen beeinflusst (vgl. DIETRICH 1995, S. 14f., JÖRG 1979, S. 150; JÖRG 1981, S. 18).
So bezog er sich zur Darstellung seiner ' Lehre' immer wieder auf Gleichnisse aus der Natur bzw. dem bäuerlichen Leben (vgl. DIETRICH 1995, S. 15). Natürlichkeit und Lebensnähe sind Schlüsselbegriffe der modernen Schule, die er der Künstlichkeit und Lebensferne der bestehenden Schule gegenüberstellte (EBDA.). Seiner Vorstellung nach sollten sich Kinder ihre Handfertigkeiten und Kenntnisse nicht aus Büchern, sondern "Learning by doing" 1 aneignen, etwa in der gleichen Art wie ein Bauernsohn von seinem vater oder dem Knecht lernt. "Am Anfang jeder Eroberung steht nicht das abstrakte Wissen [...] sondern die Erfahrung, die Übung und die Arbeit 2 " (BOEHNCKE & HENNIG 1980, S. 21f.).
Eine wesentliche Stütze auf seinem Weg zu einer neuen Pädagogik war paradoxerweise die körperliche Schwächung durch seine im Krieg erlittene schwere Lungenverletzung 3 . Die Arbeit in der Schule, insbesondere in der stickigen Luft, war sehr anstrengend für ihn wie er selbst zugab: "Als ich 1920 aus dem 1.Weltkrieg zurückkam, war ich [...] geschwächt, außer Atem und nicht in der Lage, mehr als ein paar Minuten in der Klasse zu sprechen" (JÖRG 1981). Freinet ging einerseits dazu über, die Schule möglichst oft auch außerhalb der Klasse stattfinden zu lassen (die sogenannte "Heckenschule", vgl. JÖRG 1979, S. 152) bzw. die Schüler eben mehr zu einem selbsttätigem Lernen zu ermutigen. Wegweisend wirkten dabei vermutlich auch die ungünstigen materiellen Umstände, die er bei seiner ersten Anstellung in einer schlecht ausgerüsteten Dorfschule vorfand. Mit Hilfe seiner neuen Unterrichtstechniken wurde das Lehrmaterial von nun an selbst hergestellt, stumpfes Auswendiglernen durch kreatives selbstentdeckendes Lernen ersetzt. Ein interessanter Nebenaspekt ist, dass Freinet in diesem Zusammenhang selbst niemals von Methoden (vgl. BOEHNCKE & HENNIG 1980, S. 26) sondern nur von "Erziehungstechniken" sprach, womit er der Unvollkommenheit der pädagogischen Ansätze Ausdruck verleihen wollte. So stellt er nicht nur für die Schüler sein Konzept des "tastenden Versuchens" als Teil des forschenden Lernens in den Mittelpunkt, sondern öffnet auch seine eigene Unterrichtspraxis der ständigen Weiterentwicklung. 4
1 Ein Ausdruck, der vom ebenfalls berühmten Reformpädagogen John Dewey Eingang in unseren allgemeinen Sprachgebrauch genommen hat.
2 Hierher gehört auch die von Freinet bekannte Aussage: "Seien wir ehrlich: wenn man es den Pädagogen überlassen würde, den Kindern das Fahrrad fahren beizubringen, gäbe es nicht viele Radfahrer" BOEHNCKE & HENNIG 1980).
3 DIETRICH (1995, S. 14f.) sieht die "Legende vom Lungenschuß" nur zum Teil gerechtfertigt und lenkt den Blick gleichzeitig, belegt durch ein Zitat von ROYCOURT (1989, S. 41), auf Freinets Bedeutung als sozialistischer Klassenkämpfer: "Wenn Freinet sich die Aufgabe stellt, die Grundzüge einer Pädagogik des Volkes in die Tat umzusetzen, so geschieht das nicht nur deshalb, weil er als schwer Lungenverletzter nicht mehr als ein paar Minuten in der stickigen Atmosphäre einer Klasse mit 35 Schülern sprechen kann; sondern vor allem deshalb, weil er teilnimmt an dem philosophischen und sozialen Kampf um eine sozialistische Neuordnung der Gesellschaft, um die endgültige Befreiung der Arbeiterklasse. In diesen Kämpfen spielt der Volksschullehrer der 20er Jahre eine wichtig Rolle."
4 Dieses ' pädagogische Motiv' findet sich auch bei Janusz Korczak als eine zentrale Idee wieder.
Dass Freinet allerdings nicht nur auf seinen Pragmatismus reduziert werden kann, belegt sein umfangreiches Schriftenwerk, dass aus vielen Büchern und zahllosen Zeitschriftenaufsätzen besteht. 5 In seinen Veröffentlichungen legte Freinet in klarer, lebendiger oft mit Geschichten aus dem Unterrichtsalltag versehener Sprache, seine pädagogische Theorie dar. Dabei wurde er nicht müde die Kernthesen und den praktischen Aufbau seiner Erziehungstechniken zu wiederholen, um dem Mißbrauch und der falschen Interpretation vorzubeugen (BOEHNCKE & HENNIG 1980, S. 14). Ergänzt wird sein Schrifttum durch den umfangreichen Briefverkehr mit anderen Reformpädagogen seiner Zeit wie Maria Montessori, Adolphe Ferrière, Helen Parkhurst oder Ovide Decroly.
Freinet verstand sich zwar in erster Linie als Pädagoge (vgl. JÖRG 1981, S. 164), war abervermutlich nicht zuletzt aufgrund seines grossen Sendungsbewusstseins - auch ein sehr politischer Mensch. Er engagierte sich in der Lehrer-Gewerkschaft und schloss sich schließlich nach einer Studienreise nach Russland 1925 den französischen Kommunisten an. Seine Schriften und auch die Unterrichtstechniken weisen viele direkte und indirekte Bezüge zu den kommunistischen Vorstellungen oder auch Entlehnungen aus deren Begriffswelt auf. So ist beispielsweise die Arbeit, wohl im Sinne der Selbsttätigkeit der Schüler, aber auch als ein hehres Bild der Tugend "[...] Prinzip, der Motor und die Philosophie der volkstümlichen Pädagogik [...]" (JÖRG 1979, S. 16). Er erhofft sich von der von ihm initiierten Schulreform eine "pädagogische Revolution" und erklärt beschwörend: "Das zur Macht gelangte Volk wird seine eigene Schule und seine eigene Pädagogik haben. Diese Machtübernahme hat begonnen. Warten wir nicht länger, um unsere Erziehung der neu sich gestaltenden Gesellschaft anzupassen" (EBDA., S.20). Oder an anderer Stelle sagt er beschwörend: "Eine Reform unseres öffentlichen Schulwesens ist also dringend notwendig, um jetzt in der Mitte des 20. Jhdt. unseren Kindern eine Erziehung zuteil werden zu lassen, [...] in einer Welt, [...] die hoffentlich bald eine Welt des triumphierenden Sozialismus ist" (EBDA., S.13). In eindeutig wertender Beschreibung stellt er den unproduktiv philosophierenden "Schwätzer" dem schöpferischen "Schaffer" gegenüber (vgl. BOEHNCKE & HENNIG 1980, S. 20). Viele der von ihm engeführten Unterrichtstechniken wie der ' Klassenrat' , das ' Tagebuch' oder das Fehlen von Noten entsprechen dem Wunsch nach einer Gesellschaft mit gleichberechtigten Menschen, die ohne dem für die kapitalistische Idee so typischen ' Konkurrenzgedanken' auskommen. Allerdings ließ er sich nie von politischen Ideen vereinnahmen, sondern nutzte vielmehr deren Gehalt zur Befruchtung der eigenen Schulrealität. 1948 trat er aus der Partei aus, was ihm in
5 DIETRICH (1995, S. 268f.) nennt in einem bibliographischen Anhang allein 20 Bücher; BOEHNCKE & HENNIG (1980, S. 14) sprechen von "[...] Hunderten von Zeitschriftenartikeln." Letztere erschienen vielfach im Selbstverlag C.E.L (Coopérative de l' Enseignement Laic) der Freinet-Bewegung.
den folgenden Jahre heftige Kämpfe mit seinen ehemaligen, politischen Freunden einbrachte. Drei Jahre vor seinem Tod bekräftigt er seine Haltung: "Ich werde mich nicht mehr einseitig einer politischen Gruppe anschließen, und wenn ich die Hälfte meiner Anhänger verliere. Wenn die Politik sich der Schule bemächtigt, zieht die Pädagogik aus ihr aus. Uns geht es um das Kind, um nichts als das Kind und nur um das Kind!" (Protokollnotiz von HANS JÖRG vom Kongreß in Niort 1963, zit. in JÖRG 1981, S. 178). Und so ist Freinets Werk letztlich auch niemals ein politisches sondern ein pragmatisches, [...] dass jede Dogmatik vermeidet und von daher auch Anhängerinnen verschiedener politischer Tendenzen integrieren kann [...]" wie DIETRICH (1995, S. 15) feststellt.
Bleibt noch zu betonen, dass Freinet ein Organisationstalent war, was sich zum einen im gesamten Aufbau seines pädagogischen Konzepts manifestiert. Und zum anderen darin, dass es ihm trotz der meist widrigen Umstände in denen er gelebt und gearbeitet hat, gelungen ist, eine neue Pädagogik zu entwickeln, zu erproben und in einer immer noch lebendigen Bewegung zu verbreiten (EBDA.).
3. Grundsätze der Freinet-Pädagogik
Célestin Freinet hat seine pädagogischen Grundsätze vor allem aufgrund der Erfahrungen in der Volksschule, in der er selbst unterrichtete, aber auch für die Vorschulzeit entwickelt 6 (vgl. JÖRG 1979). Seine ' Lehre' hat er wiederholt in verschiedenen Büchern und Aufsätzen klar strukturiert und bewußt anwendungsbezogen beschrieben (z. B. in Les techniques Freinet de l' Ecole Moderne). Ein weiteres Grundlagenwerk, das L’ecole moderne francaise 7 , dem er auch den Untertitel "Ein praktischer Leitfaden zur materiellen, technischen und pädagogischen Organisation der Volksschule" gegeben hat, soll als Einstieg in die Gedankenwelt Freinets dienen. In einem zweiten Teil soll unter Heranziehung neuerer Literatur (im wesentlichen DIETRICH 1995) genauer auf die materiellen, organisatorischen und ideellen Elemente des Unterrichts eingegangen werden.
6 Hierzu gehören neben der Konzeption von Kindergärten auch die französische Mutterschule, eine Art Vorschule und die von Freinet gewünschten ' Kinderreservate' . Letztere stellen den Versuch dar, auch den in Städten aufwachsenden Kindern die Möglichkeit einer Erziehung in ländlicher Umgebung zu eröffnen. Ein Ansatz der vor ihm bereits der Altonaer Reformpädagoge Hermann Lietz vertrat, den Freinet auch persönlich kannte. Von JÖRG (1979, S. 137) wird Lietz mit einem in seinem Pathos und seiner Unlogik höchst komisch anmutenden Satz zitiert: "Der Aufenthalt in der Grossstadt ist aber noch schlimmer fürs Kind als Bergesabgrund und Stromschnelle. Diese töten im schlimmsten Falle den Körper, jene mit hoher Wahrscheinlichkeit die Seele, die Natur".
7 Beide sind in der Übersetzung von HANS JÖRG erschienen: L’ecole moderne francaise (Célestin Freinet: Die moderne französische Schule, 1979) und Les techniques Freinet de l' Ecole Moderne (Praxis der Freinet- Pädagogik, 1981).
3.1. L’ecole moderne francaise
Die Persönlichkeit des Kindes selbst steht als Grund, Impulsgeber und Gestalter im Mittelpunkt seiner Pädagogik, was sie z. B. von den mitunter recht abstrakten Bildungsidealen der sogenannten humanistischen Erziehung abhebt. So verwundert es nicht, dass Freinet der Formulierung eines Erziehungsziels in seinen "allgemeinen Grundprinzipien" auch die Kritik an dem bestehenden Bildungssystem voranstellt (JÖRG 1979) 8 : „[...] wird von der Mehrzahl der Eltern [...] , nicht die tiefe Bereicherung der Persönlichkeit ihrer Kinder als das Wichtigste angesehen, sondern die zum Bestehen der Examina notwendige Ausbildung, [...]. Angesichts dieser [...] Konzeptionen, [...] gilt es für uns, als wahres Erziehungsziel zu fordern, daß das Kind in einem größtmöglichen Maße zur Entfaltung seiner Persönlichkeit im Schoße einer vernünftigen Gemeinschaft gelangen kann, der es dient und die ihm auch dient“ (EBDA., S. 14). Um diesem Ziel gerecht zu werden, fordert Freinet in erster Linie von den Ansprüchen des Kindes auszugehen und eben nicht von denen der Gesellschaft an das Kind: „Von seinen wesentlichen Bedürfnissen, hingeordnet auf die Belange der Gesellschaft, der es angehört, sind die von ihm zu erwerbenden manuellen und geistigen Fertigkeiten, das Bildungsgut, die Art der Vermittlung des Bildungsgutes und die Art und Weise seiner Erziehung abzuleiten“ (EBDA., S. 15). Folgerichtig kann auch nur das Kind selbst der Lehrer sein („Durch Selbsttätigkeit wird aller Bildungserwerb erzielt“, EBDA., S. 16), dem Lehrer verbleibt hingegen die Rolle des Moderators, des ' Hausmeisters' und vertrauten Ansprechpartners - je weniger er gebraucht wird umso besser: "Da wir augenblicklich nicht behaupten dürfen, daß wir die Kinder sowohl methodisch wie wissenschaftlich so führen können, daß jedem von ihnen die ihm persönlich angepaßte Erziehung zuteil wird, begnügen wir uns damit, ihnen ein ihre Interessen förderndes Milieu zu schaffen und ein entsprechendes Arbeitsmaterial und kindgemäße Techniken zu entwickeln, die ihre Bildung fördern, [...]“ (EBDA.). Dass bei einem schülerzentriertem Unterricht ' Wissenslücken' 9 entstehen können, nimmt Freinet dabei wohlwissend und aus der Überzeugung heraus, dass die Entwicklung der Lebenskompetenzen wichtiger ist, in Kauf: "Wache Köpfe und geschickte Hände sind besser als mit Wissen vollgestopfte Hirne" (EBDA., S. 17). Bedingt durch die Selbstorganisation der Schüler bei gleichzeitiger Aufhebung der herkömmlichen Reibungsverluste durch das Lehrer-Schüler-Autoritätsgefälle, steigt die zu erwartende Motivation und sinken zudem die Disziplinschwierigkeiten
8 Die, wie im Grunde genommen alle der neueren Autoren bestätigen, an ihrer aktuellen Berechtigung nichts verloren hat.
9 Die Problematik des Begriffes steht ausser Frage. Was soll gewußt werden und was nicht? Grundlegende Fertigkeiten im Lesen, Schreiben, Rechnen sind auch bei Freinet deutlich erwünscht. Allerdings ist der innerhalb der Wochenpläne (vgl. Kap. 3.2) als Pflichtteil abzuhandelnde Stoff überschaubar. Während der sozusagen als ' Kür' zu bezeichnenden darüberhinausgehenden Stoffmenge keine Grenzen gesetzt werden.
Schlagworte:
Examensarbeit
summary:
Zwischenprüfungsarbeit aus dem Fachbereich Pädagogik - Reformpädagogik, Benotung: 1,0, Universität Bremen (Fachbereich 12 (Erziehungs- und Bildungswissenschaften)), ISBN-10: 3638226107
Notiz:
Kosten 9,90 €
Uni Bremen, Zwischenprüfung
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ID: 2968 | hinzugefügt von user unknown an 05:30 - 11.6.2007 |
title: Wenn ich wünschen dürfte. Vorteile Computer Druckerei by Schelling, Renate |
|
Titel: | Wenn ich wünschen dürfte. Vorteile Computer Druckerei |
Autor: | Schelling, Renate | Sprache: | deutsch |
Quelle: | in: Bindestrich-37, p. 08 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | 03.3.2001 | | |
url: | |
Text:
-
Schlagworte:
kein Summary verfügbar
keine Notizen verfügbar
|
ID: 829 | hinzugefügt von Peter an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Zur Biographie Célestin Freinet by Schlemminger, Gérald |
|
Text:
Zur Biographie Célestin Freinet und zur Entwicklung der Grundzüge und Prinzipien seiner Pädagogik
In : Inge Hansen-Schaberg und Bruno Schonig (Hrsg.): Freinet-Pädagogik.
Reformpädagogische Schulkonzepte, Bd. 5.
<ol>
<li> Hinführung zur Freinet-Pädagogik
<li> Célestin Freinet: ein pädagogischer Eklektiker
<li> Pädagogik und Politik bei Célestin Freinet
<li> Einige Arbeitschwerpunkte von Célestin Freinet, sein methodisches Vorgehen, seine pädagogischen Konzepte
<li> Célestin Freinet und die etablierte Forschung in den (Erziehungs-) Wissenschaften
<li> ...und Élise Freinet?
<li> Schlußbemerkung<p>
<li> Anhang: Lebensdaten von Célestin Freinet
</ol>
Prof. Dr. Gerald Schlemminger
In : Inge Hansen-Schaberg und Bruno Schonig (Hrsg.) (2001): Freinet-Pädagogik.
Reformpädagogische Schulkonzepte, Bd. 5. Baltmannsweiler, Schneider-Hohengehren,
S. 9 - 51.
Zur Biographie Célestin Freinet und zur
Entwicklung der Grundzüge und Prinzipien
seiner Pädagogik
1 Hinführung zur Freinet-Pädagogik
Es gab lange Zeit kaum eine Schrift über die Freinet-Pädagogik, keine
wissenschaftliche Hausarbeit zum Thema, die nicht einleitend den Entstehungsmythos
huldigte und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Lungenstreckschuss –
den Célestin Freinet im 1. Weltkrieg erlitt und der ihn für ‘normalen’ Schulunterricht
lehrunfähig gemacht haben soll – und der neuen Pädagogik, die er deshalb entwarf,
herstellt. Wie die Geschichte der Pädagogik zeigt, begleitet solche Mythenbildung jede
Pädagogik, sobald sie sich etabliert. Sie ermöglicht einfache Verstehens- und
Erklärungsmuster, wird aber weder dem Werk noch der Person, in diesem Fall Célestin
Freinet, gerecht. Sie setzt in der Freinet-Pädagogik, wie die Rezeptionsgeschichte zeigt,
nach dem 2. Weltkrieg ein, als eine neue LehrerInnengeneration mehr aus
pädagogischem, denn politisch-gewerkschaftlichem Interesse und Engagement zur
LehrerInnen-Kooperative C.E.L. (“Coopérative d’Enseignement Laïque”)1 stößt, sich
der Kreis der französischen Pädagogik-Pioniere um Célestin Freinet erweitert und die
Kooperativbewegung – die sich zunächst “Schuldrucker” nennt – und ihre Praktiken
offiziell zu “Freinet-Pädagogik” und zur “Freinet-Bewegung”2 werden. Zu dieser
Legendenbildung tragen auch die romanhafte Darstellung seiner Person durch seine
Frau Élise Freinet in der Schrift Naissance d'une pédagogie populaire (1949) und der
Film L'école buissonnière von Jean-Paul le Chanois (1949) über seine Schule in Vence
bei. Erst die Arbeiten, die in Zusammenhang mit und seit dem 100. Geburtstag
herausgekommen sind3, ändern wirklich den Blickwinkel und versuchen, die Freinet-
1 Die C.E.L. ist faktisch ein kleines Verlagshaus, versteht sich aber bis zur Gründung (1947) des rein
pädagogisch orientierten I.C.E.M. (Institut Coopératif de l’École Moderne) auch als Koordination
der LehrerInnenbewegung, die sich dann aber zunehmend auf die Person von Célestin Freinet
fokalisiert.
2 Der Begriff “techniques Freinet” wird ab Mitte der 30er Jahre in der Kooperativbewegung und von
Célestin Freinet benutzt.
3 Dazu zählen universitäre Veröffentlichungen zur aktuellen Freinet-Pädagogik: Patrick BOUMARD
(1996), Ingrid DIETRICH (Hrsg. 1995), Herbert HAGSTEDT (Hrsg. 1997), Ahmed LAMIHI
(Hrsg. 1997), Henri PEYRONIE (1999) (Hrsg. 1997) als auch die schon älteren Arbeiten von Pierre
CLANCHÉ / Jacques TESTANIERE (Hrsg.) (1989) und Pierre CLANCHÉ / Éric DEBARBIEUX /
Jacques TESTANIERE (Hrsg.) (1994); dazu gehören die historische Arbeiten: Luc BRULIARD /
- 2 -
Pädagogik kritischer aufzuarbeiten.
So beginnt z.B. die erste in Buchform erscheinende, englisch sprachige Darstellung der
Freinet-Pädagogik, verfaßt von den beiden nordamerikanischen
Erziehungswissenschaftlern W. B. Lee und J. Sivell (2000) nicht mit dem obligaten
Kriegserlebnis und seinem vermuteten Einfluß auf die pädagogische Praxis, sondern
mit einer noch stärkeren Verklärung der Person, indem sie einleitend den Film L’école
bussionnière (1949) von J.-P. Le Chanois vorstellen. Den Autoren gelingt es jedoch,
ausgehend von dieser extremen Stilisierung, die (in Europa vorherrschenden) Klischees
eins nach dem anderen abzubauen und einen dem amerikanischen Leser fast
unbekannten Pädagogen4 nahezubringen. Diese ungewohnte, aber sehr interessante
Rezeption zeigt die sehr starke kulturelle Gebundenheit und auch die je spezifische
Aufnahme der Arbeiten von Célestin Freinet. Ich werde mich im Weiteren auf die
deutsche und französische Rezeption des Werkes von Célestin Freinet beschränken.
Unterschiede in der Aufnahme von Célestin Freinet bedeuten dabei keine Wertung
meinerseits. Ich werde versuchen, Erklärungsmomente für diese Differenzen
aufzuzeigen.
Da die Lebensgeschichte mittlerweile allgemein bekannt und auch auf Internet
zugänglich ist, selbst die Biographie der Tochter Madeleine FREINET (1997) keine
grundsätzlichen neuen Erkenntnisse liefert und die Originalschriften Célestin Freinets
mittlerweile auch auf Deutsch zugänglich sind5, erscheint es mir nicht notwendig, seine
Lebensgeschichte erneut ausführlich und chronologisch darzustellen, sondern nur einige
mir wichtig erscheinenden Punkte der deutschen und französischen
Rezeptionsgeschichte näher zu beleuchten.
2. Célestin Freinet: ein pädagogischer Eklektiker
Zunächst der soziokulturelle und politische Kontext, in dem Célestin Freinet steht: Das
Gerald SCHLEMMINGER (1996), Renate KOCK (1996). Allgemeinere Schriften sind: Victor
ACKER (2000), Jochen HERING / Walter HÖVEL (Hrsg. 1996), Anne Marie MILON -
OLIVEIRA (1996); Biographien wurden verfaßt von Michel BARRÉ (1995 / 96) und Madeleine
FREINET (1997). Des weiteren sind zu nennen Veröffentlichungen von französischen
Originaldokumenten: Michel BARRÉ(1996) und École Émancipée (1996) als auch Berichte von
Mitstreitern, ehemaligen Schülern usw. von Célestin und Élise Freinet wie: René FREGNI (1994),
Jacques MONDOLONI (1996), Michel BARRÉ(1997), LES AMIS DE FREINET (1997) und
Übersetzungen der Originalschriften ins Deutsche: vor allem Hans JÖRG / H. ZILLGEN (Hrsg.)
(1997 / 2000).
4 Der erste amerikanische Artikel über Célestin FREINET ist W. B. LEE (1977). Die ersten
Übersetzungen der Freinet-Schriften sind: John SIVELL (1990) (1993), John SIVELL / David
CLANDFIELD (1990). – Ein europäischer Leser erfährt in diesem Buch über Célestin Freinet
nichts, was nicht schon bekannt ist, jedoch ist die Sichtweise oft ungewohnt und überraschend, so
z.B. die Einteilung der französischen Freinet-Bewegung in die Flügel der eher “konservativen”
Materialentwickler und den “fortschrittlichen” Flügel der sozial engagierten Pädagogen.
5 siehe Hans JÖRG / H. ZILLGEN (Hrsg.) (1997 / 2000). ausführliche Übersetzungen in
italienischer, spanischer und portugiesischer Sprache liegen schon länger vor, vgl. die Bibliographie
von Gerald SCHLEMMINGER (1996 a) und die internationale Online-Bibliographie/ :
<http:www.freinet.com> => Bibliographie.
- 3 -
öffentliche französische Volksschulwesen ist in den 20er Jahren, besonders auf dem
Lande, in einem sehr desolaten Zustand (mit 40 Schülern überfüllte Klassen, schlechter
baulicher Zustand usw.). Das erklärt sich u.a. dadurch, dass der Unterhalt und der Bau
der Schule von der Gemeinde abhängt. Wenn im noch sehr lebendigen Schulstreit
zwischen Kirche und Staat die gewählten Volksvertreter6 eher auf der kirchlichen Seite
stehen und nicht die öffentlichen, sondern die privaten, katholischen Schulen
unterstützen wollen, dann sind trotz staatlicher Schulgesetzgebung Konflikte zwischen
republikanisch-laizistischen LehrerInnen und der Gemeindevertretung und ihren
Honoratioren nicht ausgeschlossen. Außerdem muß der jungen LehrerInnengeneration,
die sehr politisiert aus dem 1. Weltkrieg zurückgekommen ist und sich aktiv in den
Gewerkschaften und linken Parteien engagiert, Rechnung getragen werden. Hinzu
kommt das Wirken der (ersten) Reformpädagogikbewegung, die in Frankreich auch in
der Tradition der Pariser Commune steht und sich besonders in anarchistisch bzw.
anarchosyndikalistisch orientierten Schulversuchen – wie z.B. dem Waiseninternat
“Cempuis” von Paul Robin (1837 - 1912) und dem Landheim “La Ruche” (1904 -
1917) von Sébastien Faure (1858 - 1942) – ausdrückt, die aber heute in Vergessenheit
geraten sind. Schließlich experimentieren viele französische LehrerInnen mit neuen
Techniken und Unterrichtspraktiken. René Daniel erarbeitet mit seinen 92 Schülern in
Trégunc (Finistère) schon seit 1921 freie Texte und polykopiert sie Mithilfe von
Gelantineplatten. Ein anderer gewerkschaftlich organisierter Bretone, Jean Cornec,
macht schon zu Beginn der 20er Jahre mit seiner Klasse Erkundungen außerhalb der
Schule, druckt und führt Gruppenarbeit und Filmvorführungen in seiner Klasse ein7.
Auf internationaler Ebene werden auf den Treffen und Kongressen ähnliche
Experimente, so die deutsche Praxis des freien – künstlerischen – Ausdrucks (A.
Lichtwark), des freien Aufsatzes (P. G. Münch, A. Jensen, W. Lamszus…), die
Schulgazetten, die der polnische Arzt Janus Korczak in seinem Waisenheim mit den
Kindern herstellt, u.v.m. diskutiert.
In dieser gesellschaftspolitischen Umwelt und im regen intellektuellen Austausch mit
seinen KollgeInnen steht Célestin Freinet, als er in den 20er Jahren selbst die
Schuldruckerei, den freien Text, die Klassenkorrespondenz und die
Selbstlernmaterialien in seinen Klassen einführt. Célestin Freinet ist somit weder der
einzige, noch der erste, der diese Techniken in seinem Unterricht benutzt. Betrachten
wir die Biographien der führenden Reformpädagogiker dieser Zeit so wird ersichtlich,
dass diese auf dem Höhepunkt ihrer Laufbahn stehen, ihre Hauptwerke geschrieben
haben oder gerade schreiben, ihre Schule eröffnet haben usw., während Célestin Freinet
gerade ins Berufsleben tritt. Er zählt also erst zur zweiten Generation der
Reformpädagogen dieser Zeit; seine wichtigsten Schriften kommen nach 1945 heraus.
6 Volksvertreterinnen gibt es erst ab 1947, als die Frauen erhalten das aktive und passive Wahlrecht
erhalten.
7 Vgl. Jean CORNEC (1981, S. 28 - 32).
- 4 -
Wie schon angedeutet, setzt die Mythosbildung um Célestin Freinet in dieser Zeit ein.
D. Hameline (1994) hat dies beispielhaft in einer historischen Analyse des
Verhältnisses des Schweizer Reformpädagogen A. Ferrière zu Célestin Freinet
ausgeführt und aufgezeigt, wie letzterer nach dem 2. Weltkrieg seine eigene Geschichte
nachschreibt und versucht, sich in die Nachfolge der “großen” Pädagogen einzureihen.
Diese Tendenz zur (eigenen) Stilisierung ist ein Bestand der Geschichte der Pädagogik
und relativ häufig anzutreffen. Aber auch wenn Célestin Freinet nicht die Freinet-
Techniken “erfunden” hat, schmälert dies nichts an der Leistung, wie er die Techniken,
die er in der pädagogischen Debatte seiner Zeit vorgefunden hat, langsam zu einem
eigenen Volksschulkonzept verarbeitet hat. Der genuine Anteil seiner Arbeit liegt in
seinem organisatorischem Talent, in seiner sehr pragmatischen Art und Weise, an
Lernen und Unterricht herangegangen zu sein und aus unterschiedlichsten
“Versatzstücken” sich sehr eklektisch ein dann doch sehr kohärentes pädagogisches
Gebäude erbaut zu haben. Er hat es verstanden, dies mit seinem in den 20er und 30er
Jahren kommunistisch orientierten Weltverständnis zusammenzubringen und in
politisches Handeln umzusetzen.
3. Pädagogik und Politik bei Célestin Freinet
Auch wenn er im engeren Sinne kaum parteipolitisch aktiv war, so zeigt sich sein
Engagement nicht nur in den pädagogisch-politischen Artikeln, die er u.a. in der
Gewerkschaftszeitung École émancipée und im L’Éducateur [prolétarien]
veröffentlicht, sondern auch in der Aufnahme der Flüchtlingskinder spanischer
Republikaner in seiner Internatsschule (ab 1937), in seinem Versuch, eine “Front des
Kindes” (in Anlehnung an die Volksfront) zu schaffen, in seinem Engagement für die
Erneuerung des Volksschulabschlusses “Certificat d’études” (1937), an seiner
Teilnahme an der staatlichen Schulreform nach dem 2. Weltkrieg, in seinem Kampf für
Klassen mit nur 24 SchülerInnen, in seinem Einsatz gegen den (beginnenden)
Vietnamkrieg (1951) u.v.m.
Célestin Freinet wird 1920 Mitglied in der anarcho-syndikalistisch orientierten
Lehrergewerkschaft “Fédération Unitaire de l’Enseignement”. Er ist von 1926 bis 1948
Mitglied der Kommunisten Partei Frankreichs. In der Gewerkschaft gehört er zwar der
kommunistischen Minderheitsfraktion “Minorité Oppositionnelle Révolutionnaire”
(M.O.R.) an, ist jedoch mehr pädagogisch als politisch-gewerkschaftlich engagiert; die
LehrerInnen-Kooperative C.E.L. löst sich auch zunehmend von der
Lehrergewerkschaft, wie die Entwicklung der Mitgliederzahlen zeigt (vgl. Abbildung 2
- 4). Célestin Freinet vertritt – bevor er stärker von der sowjetischen Pädagogik
beeinflußt wird – die anarcho-syndikalistische These, dass die kapitalistische Schule
schon hier und jetzt und nicht erst nach der politischen und gesellschaftlichen
Revolution verändert werden muß. Er folgt aber nicht der anarchistischen, sondern der
- 5 -
– damals bolschewistischen – Auffassung, dass der Revolution auf dem politischem
Gebiet eine Übergangsphase mit Zwangscharakter folge müsse (Célestin Freinet 1920).
Seine Reise in die Sowjetunion 1925 bestärkt ihn vermutlich noch darin, in der UdSSR
lange Zeit das Vorbild – auch in Erziehungsfragen – zu sehen. Bis 1936 gibt es in der
Zeitschrift der LehrerInnen-Kooperative L’Éducateur prolétarien eine Rubrik
“Documentation internationale”, in der fast ausschließlich die sowjetische Schule
vorgestellt wird. Erst nach einer heftigen, aber offenen Auseinandersetzung in dieser
Zeitschrift im Jahre 1936 mit einigen Kameraden über den repressiven Charakter der
Schule in der UdSSR (die besonders nach der Stalinisierung des Bildungswesen ab
1932 eingesetzt hat) verändert sich seine Einstellung zum Modellcharakter der UdSSR.
Die besagte Rubrik verschwindet ab Herbst 1936 langsam aus der Zeitschrift, die
pädagogischen Beziehungen mit der Sowjetunion brechen ab und die oft erwähnte
Klassenkorrerspondenz in Esperanto mit der Ukraine hört auf8.
Das Thema der kommunistische Pädagogik tritt noch einmal zu Tage in einem
öffentlichen Konflikt zwischen Célestin Freinet und der kommunistischen Partei
Frankreichs, der vier Jahre anhält (1950 - 1954)9. Der Hintergrund sind die Neuordnung
der Gewerkschaften nach dem Krieg und der Versuch der P.C.F., einen stärkeren
Einfluß auf die Volksschullehrergewerkschaft zu gewinnen; die Ursachen sind
ideologische Differenzen. Die P.C.F. hat in Anlehnung an die KPdSU und zum Aufbau
der Volksfront 1936 den Kampf für eine “revolutionäre Volksschule” (als Gegenstück
zur Schule der Bourgeoisie) aufgegeben zugunsten der Verteidigung des Schulkonzepts
der 3. Republik, d.h. einer “progressiven” laizistischen Schule, in dem zwar
“fortschrittliche Inhalte” und die Einbeziehung der Werte der Arbeiterbewegung
gefordert werden, das aber die Schule mit ihrem enzyklopädischen und kognitiv
ausgerichteten Wissensbegriff sowie ihr Selektionsverfahren (“Auswahl und Förderung
der republikanischen Elite”) beibehält. Célestin Freinet hingegen verteidigt weiterhin
das Prinzip, dass die (Volks-) Schule jetzt und in ihren Grundwerten, d.h. in Bezug auf
Wissensvermittlung und ausgehend vom Kinde, verändert werden muss.
Auch wenn manche Rezipienten das politische Element der Freinet-Pädagogik mindern
woll(t)en, das politisches (Selbst-)Verständnis der Pädagogik und Erziehung Célestin
Freinets kann nicht zur Diskussion stehen; die Belege sind hier eindeutig. Gerade
deswegen wirft sich die Frage auf, wie es sich erklären läßt, dass die Freinet-Pädagogik
von manchen Forschern und auch Gruppierungen wohlwollend rezipiert und auch
praktiziert werden kann, die den politischen Aspekt ausblenden oder aber ein ganz
anderes politisches Selbstverständnis haben. So finden z.B. in den 60er und 70er Jahren
in Frankreich die Freinet-Techniken in einigen Jesuitenschulen eine Anwendung (cf. P.
8 Zu einer ausführlichen Darstellung dieser Auseinandersetzung vgl. Luc BRULIARD / Gerald
SCHLEMMINGER (1996 /: Kap. 10). Zur Beziehung von Célestin Freinet zur Ukraine, siehe auch
Irina SOURZHIKOVA (2000), dieser Artikel enthält auch eine Bibliographie der ins Ukrainische
übersetzten Artikel von Célestin Freinet.
9 Die treffenste Analyse ist wohl von Jacques TESTANIÈRE (1981).
- 6 -
FAURE 1979, M. Feder 1980); diese Internatsschulen haben ein elitäres Weltbild und
erziehen Kinder nach dem Weltbild des konservativen Großbürgertums.
Renate Kock (1996) versucht, Célestin Freinet auf das – von der Autorin als
fortschrittlich interpretierte – Volksfront-Modell der kommunistischen Partei
Frankreichs (P.C.F.) und auf ihr Laizismuskonzept festzulegen. Es handelt sich bei dem
Laizismus um einen für die 3. Französische Republik typischen Kampf der
Säkularisierung der Schule, der mit den Schulgesetzen von Jules Ferry (1881 - 1882)
einsetzt und der für die öffentliche Schule u.a. parteipolitische und religiöse Neutralität,
Schulpflicht und schulgeldfreie Beschulung forderte und auch durchsetzte. Dieser
Erklärungs- und Einordnungsansatz greift aber zu kurz: Zwar gehört Célestin Freinet zu
den jungen “schwarzen Husaren der Republik”, wie die Volksschullehrer oft genannt
wurden, die die öffentliche Volksschule auch gegenüber konservativer Schulverwaltung
verteidigten und ihre Verbesserung forderten. Seine Schriften zeigen aber, dass er in der
idealistischen Tradition der Pädagogik von Rousseau, Pestalozzi, Fröbel usw. steht, die
zur puerozentrischen Ausrichtung der ersten Reformschulbewegung führte. Die
grundlegendste und wohl meist gedruckte Schrift L’École moderne française10 ist eine
Anklage gegen die miserablen Bedingungen der öffentlichen Volksschule, die nicht
kindgerecht erzieht und – wie der Untertitel “Guide pratique pour l'organisation
matérielle, technique et pédagogique de l'École Populaire” schon andeutet - eine genaue
organisatorische und materielle Aufzählung und Darstellung enthält, wie er seine
“Schule des Volkes” anders aufgebaut und welche neuen Techniken er eingeführt hat.
Diese praktischen Hinweise haben auch heute noch nicht ihre Bedeutung verloren. Es
sind hilfreiche Vorschläge, die Klasse und das Lernen anders zu organisieren, sie sind
aber keine marxistische Herleitung von Schule und Erziehung (wie es z.B.1936 die
P.C.F. unternommen hat). Sein Bezugspunkt ist das Kind, eine Erziehung vom Kinde
aus, die er ideologisch in den größeren Zusammenhang einer “proletarischen” und
später einer “Volkserziehung” stellt.
Noch offensichtlicher wird seine Position in seinem Buch L'Education du Travail
(1947). In seinem Konzept der Arbeitsschule, das er hier entwickelt, unterscheidet er
sich einerseits von rein idealistischen Ansätzen wie dem von G. Kerschensteiner – der
Kinder der Arbeiterklasse handwerkliche Arbeit zuschreibt, da diese praktische Arbeit
ihnen näher liege und ihnen besser die Werte von Leistung und Tugend vermitteln
könne als abstraktes Lernen – und dem von A. Ferrière, der auf den geistig-ethischen
Wert der Arbeit abzielte, und anderseits von dem Begriff der marxistisch hergeleiteten
Industriearbeit, wie P. P. Blonskij ihn entwickelt. Célestin Freinet hat eher einen
entwicklungspsychologischen Arbeitsbegriff: Lernen erfolgt durch Arbeiten, wobei dies
als Grundtätigkeit jedes Menschen zur Aneignung und spontanen Neuorganisation von
Erfahrung in der sozialen Umwelt und in der Schule gefaßt wird und damit zur
10 1944 zum ersten Mal herausgegeben, dann vielfach nachgedruckt und 1969 – zusammen mit den
1964 verfassten Invariants pédagogiques – unter dem Titel Pour l'école du peuple veröffentlicht.
- 7 -
Entwicklung des Kindes beiträgt. Die Aufgabe der Lehrperson ist es, ein positives
Lernumfeld zu erstellen – seine Techniken wie Druckerei, freier Ausdruck,
Korrespondenz, Zeitung usw. gehören dazu –, aber möglichst wenig in den
eigentlichen, spontanen Lernprozess einzugreifen. Dieses Lernkonzept entwickelt er
dann in Essai de Psychologie sensible appliqué à l'éducation (1950) weiter, indem er
u.a. den Begriff des “tâtonnement expériemental”, des entdeckenden und forschenden
Lernens prägt.
Mit diesem Begriff von Arbeit und der Erziehung vom Kinde aus steht Célestin Freinet
nicht allein, andere vor ihm haben ihn, wenn auch nicht mit dieser pragmatischen,
technisch-pädagogischen Praxisorientierung und Ausführung, vertreten, wie die
anarchistischen Hamburger Lehrer zu Beginn der 20er Jahre (vgl. J.-R. Schmid 1971),
wie auch der "Kommissar für das Volksschulwesen" H. Scharrelmann, der später mit
den Nationalsozialisten zusammenarbeitet11. Es ist also ein methodischer Fehlschluß zu
glauben, dass sich ein (gesellschafts-) politisches und ideologisches Engagement, das
bei Célestin Freinet und vielen anderen ReformpädagogInnen zu finden ist, notwendig
und zwingend aus einem Pädagogikentwurf und seinen Innovationen herleiten lasse.
Die Freinet-Pädagogik läßt sowohl humanistisch-pädagogische als auch sozialpolitische
Lesarten zu12, wie es die Entwicklung der deutschen Freinet-Pädagogik mit dem
“Arbeitskreis der Schuldrucker” und der “Freinet-Kooperative” nur zu gut zeigt.
5. Einige Arbeitschwerpunkte von Célestin Freinet, sein
methodisches Vorgehen, seine pädagogischen Konzepte
Angesichts der großen Anzahl seiner Veröffentlichungen ist es wohl nicht falsch,
Célestin Freinet als einen sehr aktiven, viel schreibenden Autor zu bezeichnen, und es
ist nicht ganz einfach, diese Masse zu ordnen. Betrachten wir die Themen, die Célestin
Freinet in seinen Schriften und Artikeln anschneidet (siehe Abbildungen 5)13, so zeigt
sich, dass er sich zeitlebens mit den Grundtechniken (Drucken, Selbstkorrekturkarteien,
Korrespondenz, Arbeitsplan…) und ihrer Verbesserung auseinandersetzt, aber auch die
für die Zeit jeweils neuen Technologien auf ihre Tauglichkeit für einen aktiven Umgang
in der Schule geprüft hat, wie die Schallplatte, den Film, das Radio usw. Die Tonband-
Reportage hat hier schon früh eine besondere Bedeutung erlangt, die u.a. zur
Herausgabe der Reihe BT-Son (lange Zeit von Daniel Guérin geleitet) und in den 80er
Jahren zur Gestaltung von eigenen Radiosendungen führte (vgl. G. Bellot / J. Brunet
1989).
11 Vgl. D. HAGENER (1973, S.95, Anmerkung 564), zitiert nach A. RANG / B. RANG-DUDZIK
(1978, S.43).
12 … und sicherlich noch weitere, wie z.B. die existenzphilosophie Rezeption Freinets von
Peter TEIGELER (1992) zeigt.
13 Die Bibliographie sämtlicher Bücher und Broschüren befindet sich im Anhang 2, die Liste aller
Artikel ist von Halina SEMENOWICZ (1986) – leider etwas fehlerhaft – erstellt worden.
- 8 -
Célestin Freinet hat sich immer wieder mit methodischen Fragen, wie der natürlichen
Methode, dem forschenden Lernen, dem Platz des Schulbuchs beim Lernen, den
Interessenszentren der Kinder (“centre d’intérêt” / “complexe d’intérêt”)
auseinandergesetzt. In seinem psychopädagogischem Hauptwerk Essai de Psychologie
sensible appliqué à l'éducation (1950) versucht er, seine Konzepte ausführlich
darzustellen und zu begründen und baut sie 1953 zu einem “profil vital” des Kindes und
seiner Entwicklung aus (vgl. Célestin Freinet 1953), indem er 129 verschiedene
Faktoren miteinander korreliert. In seinem Hauptwerk stellt er besonders die seines
Erachtens aus schlechter pädagogischer Praxis entstehenden Störungen wie Dyslexie,
schulische Anorexie, Enurese (Bettnässen), Stottern, u.v.m. dar, denen er seine eigenen
pädagogischen und erzieherischen Konzepte entgegenstellt.
Sein Schrifttum zeigt auch die Ausweitung seiner Pädagogik über die Grundschule
hinaus. Nach dem 2. Weltkrieg widmet er sich nicht nur verstärkt den einzelnen
Schulfächern (Mathematik-, Musik- Sportunterricht), sondern anderen bzw. neuen
Schulformen (Sekundarstufe, Stützklassen) und zeigt sich gegenüber neuen
pädagogischen Entwicklungen immer offen, auch wenn manche von ihnen nach dem
Ausprobieren in der Klasse in eine Sackgasse führen sollen und dann fallen gelassen
werden. Ein Beispiel dafür ist die zu Beginn der 60er Jahre aufkommende pädagogische
Debatte um das programmierte Lernen, für das sich Célestin Freinet sehr interessiert. Er
entwickelt und vertreibt dann über die C.E.L. die sog. “bandes enseignantes”,
Abrollbänder, auf denen Fragen und Antworten zu einem Thema stehen, die die Schüler
“automatisierend” lernen sollen. Diese dem behavioristischen Lernmodell folgenden
Praktiken stehen dem Lernkonzept, das Célestin Freinet selbst in seiner Schrift Les
méthodes naturelles dans la pédagogie moderne (1956) entwickelt hat, diametral
entgegen und stoßen in der Freinet-Bewegung und auch bei Élise Freinet auf heftigste
Kritik. Célestin Freinet muß auf dem Kongreß der I.C.E.M. in Annecey (1964) seine
Position revidieren, um eine Spaltung der Bewegung zu vermeiden – und die
Abrollbänder werden aus dem Angebot der C.E.L. herausgenommen.
Diese kurzen Eindrücke aus seinen Schriften können seine Aufgeschlossenheit und
Vielseitigkeit nur andeuten. Sie dürfen jedoch nicht über den ideologisch-
philosophischen sowie soziobiographischen Hintergrund und die Zeitgebundenheit
hinwegtäuschen, auf dem Célestin Freinets intellektuelle und pädagogische Tätigkeit zu
sehen ist. Das obige Beispiel zeigt zwar seine Fähigkeit, eigene pädagogische
Fehlentwicklungen einzugestehen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Es steht aber
auch für die andere Tendenz. Einige weitere Experimente, die heute vergessen sind, da
sie in pädagogischen Sackgassen endeten (und vielleicht auch, weil sie der
Mythosbildung abträglich waren), mögen dies aufzeigen. Dazu gehört die von M.
Violet entwickelte Technik des vibrierenden Wassers (“l’eau vibrée”): mit
Elektrodenströmen behandeltes Wasser soll positiv auf den Organismus wirken.
Célestin Freinet hat versucht, es in seinem Landschulheim einzuführen, scheinbar ohne
- 9 -
großen Erfolg. Einen ähnlichen Ausgang hatten die mehrere Jahre andauernden
Versuche mit der Hörmuschel (“l’Aurelle”) eines gewissen Dr. Tomatis: Das Hören von
frequenzmodulierten Sprachaufnahmen sollte das Sprechverhalten verbessern und
Sprachstörungen aufheben. Es gibt heute noch diese Fotos, die Kinder zeigen, die
aufmerksam diesen Tonbändern lauschen. Es wäre falsch, dieses Experimentieren
vorschnell als skurril abzutun, nur weil es in diesen Fällen erfolglos war. Es zeigt
vielmehr das methodische Vorgehen von Célestin Freinet und sein stark
instrumentalistisch-positivistisch geprägtes Verständnis von Technik. Dieser Ansatz ist
auch heute noch in der Freinet-Bewegung vorzufinden. So verteidigen LehrerInnen z.B.
ihre Entscheidung, die Druckpresse nicht mehr zu benutzen, mit dem technologischen
Fortschritt – der Computer habe die Presse überholt – und nicht mit pädagogischen
Argumenten, die diese Technik hinfällig machen würden14.
Ich möchte an einem weiteren Beispiel vertiefen, wie sich Célestin Freinet fremde
Konzepte erarbeitet und sich zu eigen macht. Das Zusammenwirken von politischem
Vorverständnis und pädagogischer Technik, aber auch die immer wieder auftauchende
Debatte um den Behaviorismus und seinen Stellenwert in einer kindgerechten
Pädagogik werden hier klarer. Das Beispiel ist die Konzeption und praktische
Entwicklung der ersten Rechenkartei. Die Diskussion um die “pédagofiche”, um
“Studiometrie” usw., also das, was wir heute als Selbstlernmaterialien bezeichnen, geht
auf die 20er Jahre zurück. So entwickelt und experimentiert u.a. der Schulrat der
öffentlichen Schulen von Winnetka (U.S.A.), Carl Wasburne, in dieser Zeit ein ganzes
Programm Selbstlernübungen für den individualisierten und programmierten
Rechenunterricht, das er unter dem Namen “Winnetka-Methode” veröffentlicht. Über
Vorträge auf Kongressen und über einige Zeitschriftenartikel Anfang der 30er Jahre
erfährt auch die sich zu der Zeit noch als “Schuldrucker” bezeichnende
LehrerInnengruppe um Célestin Freinet von diesen Praktiken. Die ersten Reaktionen
lassen nicht auf sich warten, wo sich Ideologie, Pädagogik und Polemik vermischen.
Célestin Freinet schreibt 1932 :
Die Winnetka-Technik ist unserer Meinung nach eine der jüngsten und
vollendetsten Ergebnisse kapitalistischer Pädagogik, dessen Ziel es ist, die
Leistung zu erhöhen und Wissen anzuhäufen, ohne dass sich jemand
genauer darum kümmert, wie dieses Wissen nun seine menschliche
Anwendung findet.” (Célestin FREINET 1932 : 141)15.
Des weiteren kritisiert Célestin Freinet die trockene “Fließbandarbeit”, die diese
Methode auf “völlig überfüllten Seiten” fördert – die “Winnetka-Methode” lag in
Heftform vor –, wo nicht einmal die Kontrolltabelle fehle. Diese spannend zu
verfolgende Auseinandersetzung wird in der Pädagogik-Kooperativbewegung und ihren
14 Es sei daruf hingewiesen, das Célestin Freinet in seinen späteren Schriften, z.B. La lecture par
l'imprimerie à l'école (1952), die Schuldruckerei pädagogisch begründete.
15 Die Übersetzung aller französischen Zitate ist von mir.
- 10 -
Zeitschriften über fast ein Jahrzehnt geführt (1932 bis Kriegsbeginn) – und 1936
kommt in der LehrerInnen-Kooperative die Rechenkartei “Fichier Washburne - C.E.L.
(multiplication - division)” mit 350 kartonierten Übungs- und 350 Antwortblättern
heraus, die mehrmals überarbeitet bis in die 80er Jahre16 immer wieder neu aufgelegt
wird, da die Nachfrage nach dieser Kartei sehr groß war. Der Weg zu dieser
französischen Übersetzung und Überarbeitung der amerikanischen Version war jedoch
lang und sehr komplex. Hier seien nur die Hauptstränge der pädagogischen Seite der
Diskussion kurz angedeutet17: Auf der einen Seite die Gegner dieser Art von Kartei, die
hervorheben, dass sie auf einem behavioristischen Lernkonzept beruhe, das
individuelles Lernen nicht ermögliche, das nicht der Heterogenität von Lerngruppen
Rechnung trage, das eine langsame Konstruktion von Wissen über tastende Versuche
nicht ermögliche, sondern nur auf den Wiederholungserfolg baue und das keine
Verbindung zum realen Leben habe. Auf der anderen Seite die Befürworter, die schon
konkrete Rechenbeispiele, ihre Graduierung, den Aufbau von Selbstlernkarteien usw.
diskutieren. Das Grundproblem bleibt für Célestin Freinet – selbst wenn individuelles,
selbstgesteuertes Lernen zum Eintrainieren von (Rechen-) Routinen behavioristische
Lernformen rechtfertigen mag – das der Motivation d.h. aus welchen Beweggründen
der Schüler zur Arbeit mit dieser Kartei greifen soll. Bei dieser Debatte verliert er aber
nicht den pragmatisch geschäftlichen Aspekt aus dem Auge und schreibt 1934:
“[…] Dann müssen die Mechanismen der Rechenoperationen
herausgearbeitet werden. Hierzu ist unter der Leitung von Washburne in
Winnetka ein in der Welt einzigartiges, wertvolles und kooperativ
erarbeitetes Produkt herausgekommen. Wir18 haben dafür in Frankreich die
Exklusiv-Abdrucksrechte erhalten. Wir werden es überarbeiten und es auf
[kleinen] Karteikarten drucken, so wird die Freiarbeit mit diesem Material
erleichtert.” (Célestin Freinet 1934, S.557)
Doch die Anhänger der “natürlichen Methode” – die vertreten, dass das Kind Rechnen
ohne zusätzliches Training und ausreichend in der Klasse lernen kann, wenn diese nur
ein reiches und breitgestreutes Angebot von Aktivitäten ermöglicht – geben so leicht
nicht auf und werfen den Karteimachern “reaktionäres Verhalten” vor, so dass die
C.E.L. die erste Ausgabe der Kartei unterbrechen muß. Célestin Freinet muß sich
wiederholt für die “Winnetka-Methode” einsetzten und erklären, dass die “natürliche
Methode” und die von C. Washburne sich nicht ausschließen, sondern sich sinnvoll
ergänzen: die erste führe eigentlich in mathematisches Denken ein, die letztere diene
dazu, die Techniken dieses Denkens zu festigen und abzusichern. Erst jetzt kann die
Kartei herauskommen. Dieser implizit vorhandene Widerspruch des Lernkonzepts in
16 In dieser Zeit entsteht die neue Rechenkartei, die mit den Nachahmungsprinzipien bricht und auf die
neueren Erkenntnisse der Lernpsychologie aufbaut, die von den mentalen Vorstellungen der
SchülerInnen über Zahlen und vom konkreten Umgang damit ausgeht.
17 Für eine ausführlichere Darstellung siehe Gerald SCHLEMMINGER (1994).
18 Es ist der übliche Schreibstil Célestin Freinets, immer in Pluralform für die LehrerInnen-
Kooperative C.E.L. zu sprechen.
- 11 -
der Freinet-Pädagogik tritt auch heute noch manchmal zutage, wenn wir z.B. das sehr
unterschiedliche Verhalten der deutschen und der französischen Freinet-Bewegung zu
den Selbstkorrekturkarteien betrachten. Es genügt dabei, in die jeweiligen
Verlagsprogramme zu schauen oder die deutsche Rezeption der (erneuten und
interessanten) französischen Diskussion um die Mathematik zu sehen (wobei in
Deutschland nur der Teil um den “freien mathematischen Text” von Paul Le Bohec
rezipiert wird)19.
5. Célestin Freinet und die etablierte Forschung in den
(Erziehungs-) Wissenschaften
Bei aller Belesenheit von Célestin Freinet – und sie ist immens, wenn wir nur seine
unzähligen Buchbesprechungen in dem L’Éducateur (prolétarien) betrachten – ist
jedoch festzustellen, dass er trotz solider philosophischer Volksschullehrerausbildung in
Bezug auf Wissenschaft und wissenschaftliches Arbeiten wie viele seiner KollegInnen
in der LehrerInnen-Kooperative ein Autodidakt ist. Auch wenn einige Rezipienten dies
gern bestreiten, so läßt es sich doch mehrfach nachweisen. Dabei ist hier weniger die
Frage von Interesse, wie und wieviel Wissen sich Célestin Freinet angeeignet hat,
sondern vielmehr wie er mit Wissen und wissenschaftlicher Erkenntnis umgeht. In
seinen Buchbesprechungen und Artikeln fällt zunächst ein bestimmter Diskurstypus
auf, der dominierend ist: Entweder wird die wissenschaftliche Erneuerung als für die
(Freinet-) Pädagogik entscheidend gelobt – oft um so mehr, je weiter das
Wissenschaftsgebiet von der Pädagogik entfernt ist –, oder aber abgekanzelt, dies auch
um so stärker, je näher es dem pädagogischen Bereich steht. Die wissenschaftlichen
Bezüge haben hier die Funktion des Autoritätsbezugs zur Rechtfertigung eigener
Positionen, werden aber nur selten ausgeführt20. Ein anderes Element ist der oft sehr
bild- und metaphernreiche Stil Célestin Freinets, der besonders stark in Dits de Mathieu
(1949) zum Ausdruck kommt. Er ist nicht nur sehr zeitgebunden, sondern widersetzt
sich wegen einer Tendenz zur Naturmystik auch der wissenschaftlichen
Auseinandersetzung. Dieser Text wird – zumindest in Frankreich – auch deshalb am
wenigsten zitiert, wenn es darum geht, Freinet-Prinzipien darzustellen21.
In Bezug auf seine pädagogischen Konzepte wird gern das Zitat von Jean Piaget
herangezogen:
"[…] Ohne groß auf Theorien zu pochen, ist er [= Célestin Freinet] zu zwei
Wahrheiten gekommen, die sicherlich den wichtigsten Stellenwert in der
Psychologie der kognitiven Entwicklungen haben /: Die Entwicklung der
kognitiven Operationen geht von echten Handlungen im weitesten Sinne
19 siehe z.B. Paul LE BOHEC (1997).
20 Eine ausführlichere Betrachtung dieses in der (französischen) Freinet-Bewegung verbreiteten
Diskurstypus ist zu finden in: Gerald SCHLEMMINGER (1996 b, S.153 - 155).
21 Dass von dieser Schrift mittlerweile drei Übersetzungen neueren Datums auf Deutsch vorliegen,
läßt eventuell Rückschlüsse auf eine andere Rezeption zu.
- 12 -
aus […], denn Logik ist zunächst einmal Ausdruck der allgemeinen
Koordinierung von Handlungen, und diese Koordination beinhaltet
notwendigerweise eine soziale Dimension […].” (Jean PIAGET 1969, S.99)
In der Tat ist Célestin Freinets Pädagogik, wie er sie in Essai de Psychologie sensible
appliqué à l'éducation (1950) darlegt, keine Entwicklungspädagogik im Piaget’schen
Sinne, die also die kognitiven Stufen des Kindes in der Aneignung von Welt aufzeigt.
Sie ist eher eine Darstellung des Zusammenwirkens von sozialer Umwelt und ihrem
Einfluß auf seine psychosoziale Entwicklung. Célestin Freinet hat diesen
Zusammenhang nie theoretisch begründet, sondern immer nur dargelegt. Dazu hätte es
aber einer Auseinandersetzung mit der etablierten Wissenschaft, besonders den
Erziehungswissenschaften bedurft. Sein Verhalten ihnen gegenüber war jedoch – wohl
sozialisationsbedingt – von Mißtrauen geprägt und durch die Argumente gestützt, ihre
Forschung sei scholastisch und praxisfremd. Bekannt ist seine Skepsis gegenüber der
modernen Psychoanalyse; so schreibt er z.B. in dem “21. Entwicklungsgesetz” explizit
gegen diese, dass der “Sexualinstikt in seiner normalen Form nicht vor der Pubertät
einsetzt”22. Als in den 60er Jahren die Human- und besonders die
Erziehungswissenschaften immer stärker von den Mitgliedern der Freinet-Bewegung
rezipiert werden und auch die Forderung aufkommt, die Ergebnisse in die Freinet-
Pädagogik mit einzubeziehen, kommt es zu scharfen Konflikten. Célestin Freinets
Verhalten kann in der Verteidigung der “wahren Freinet-Pädagogiklehre” hier nicht
anders als sektiererisch bezeichnet werden, als er persönlich 1961 und 1965 Mitglieder
der Pariser Freinet-Gruppe ausschließt23. Die erste Spaltung führt zur Entstehung der
psychopädagogisch orientierten “pédagogie institutionnelle” um F. Oury; die ab den
70er Jahren auf der Schulebene und in Veröffentlichungen von SchülerInnen-
Monographien24 sehr aktiv wird, das Konzepte wie das des Klassenrates, der
Kleingruppe usw. weiterentwickelt; Teile dieser Bewegung gliedern sich Ende der 70er
Jahre wieder in die offizielle Freinet-Bewegung / I.C.E.M. ein. Die zweite Spaltung
führt zur Gründung der “socioanalyse institutionnelle”, die um G. Lapassade, M.
Lobrot, Remi Hess an der (Experimentier-) Universität von Vincennes (heute
“Université Paris VIII- St.-Denis”) sozialpädagogisch sehr aktiv wird und auch mehrere
Lehrstühle in den dortigen Erziehungswissenschaften einnimmt25.
In der Tat tun sich Célestin Freinet und die (französische) Freinet-Bewegung mit
wissenschaftlicher Diskussion schwer. Zwar gründet Célestin Freinet 1959 gerade zu
diesem Zwecke die Zeitschrift Techniques de Vie; jedoch schon ab 1962 schreibt kein
22 Zitiert nach Célestin FREINET (1994,S.476).
23 Zur ausführlichen Darstellung dieser Konflikte siehe Luc BRULIARD / Gerald SCHLEMMINGER
(1996/: Kap. 14).
24 Siehe Gerald Schlemminger (1996 a).
25 Es ist bemerkenswert, dass diese Spaltung und ihre Folgen trotz Übersetzungen (Gabriele
WEIGAND 1983; Gabriele WEIGAND / Remi HESS / Gerald PREIN Hrsg. 1983) von der
deutschen Freinet-Bewegung nicht rezipiert wurden.
- 13 -
einziger Wissenschaftler mehr in diesem Blatt. Unter diesen Bedingungen ist es
verständlich, dass Debatten, wie sie in Deutschland z.B. über ein universitär
anerkanntes Freinet-Diplom stattfinden in Frankreich schwerer vorstellbar sind.
6. …und Élise Freinet?
Élise Freinet verdiente in der allgemeinen Diskussion um die Freinet-Pädagogik
sicherlich eine größere Würdigung. Bekannt sind ihre Bemühungen zur künstlerischen
Entwicklung des Kindes. Sie entwickelte auf diesem Gebiet Techniken und Konzepte,
um das kindliche Wahrnehmungsvermögen zu fördern und zu erweitern, seine
Kreativität und den freien Ausdruck durch das tastende Lernen im künstlerischen
Schaffen (spielerisch) zu entwickeln. Bekannt sind auch ihre Positionen zur
vegetarisch-frugalen Ernährung26 und zur Naturheilkunde, die sie in ihrer
Internatsschule in Vence, die sie offiziell leitete, auch durchsetzte. Weniger bekannt
sind ihre Schriften zur Rolle des Lehrers im Unterricht (Élise Freinet 1963, 1966), wo
sich von Célestin Freinet teilweise unterschiedene Positionen erkennen lassen. Sie tritt
u.a. für ein stärkeres Eingreifen der Lehrperson in den Selbstlernprozess des Kindes
ein27. Auf politischem Gebiet ist sie, da sie aus einer politisch sehr aktiven
Volksschulfamilie kommt, die geschultere von beiden. Sie wird von ZeitgenossInnen
als “Leninistin” beurteilt. Was das im einzelnen auch immer heißen mag, so setzt die
Politisierung von Célestin Freinet erst mit dem Ende des 1. Weltkriegs ein. – Da die
pädagogische Forschung Élise Freinet bisher kaum berücksichtigt hat, hört hier auch
schon der Vergleich der beiden Protagonisten auf. Es bedarf einer ausführlicheren
Sichtung und Analyse der Schriften von Élise Freinet (vgl. die Bibliographie im
Anhang 2). Die Biographie von M. FREINET (1997) Elise et Célestin Freinet. Souvenir
de notre vie zeigt erste Ansätze in diese Richtung.
7. Schlußbemerkung
Nicht nur Élise Freinet bedürfte einer eigenständigen Rezepetion, die die Fokussierung
der Pädagogik auf das Patronym Freinet verhindert hat. Auch andere Themen
verlangten eine vertiefte Untersuchung. Ich will hier nur einige andeuten. So benötigt
der Bezug von Célestin Freinet zu der stark moralisch-sittlich ausgerichteten
Gesellenvereins- und Zunftbewegung (“compagnonnage”) sicherlich eine
Ausführung28. Célestin Freinet bezieht sich nicht nur explizit hierauf, wenn er ihren
26 Vgl. ihr Kochbuch: Élise FREINET (1935).
27 Das (Schüler-)Protokoll einer der ersten Sitzungen der Schulversammlung der Internatsschule in
Vence von Jan. 1936 (abgedruckt in Michel BARRÉ 1996 : 140 - 141) zeigt deutlich, das “Mama”,
wie die SchülerInnen Élise Freinet nenne, auch öffentlich andere Positionen als “Papa”, d.h.
Célestin Freinet in Bezug auf Verantwortung vertritt. So schreibt Élise zum Protokoll selbst einen
längeren Nachsatz, in dem sie erklärt, dass in manchen Fällen die Erwachsenen die Verantwortung
für das Lernen der Kinder haben müssen.
28 Es ist deshalb sehr verkürzt, wie Renate KOCK (1996) es unternimmt, die “laïcité” nur auf einen
politischen Begriff der 3. Republik zurückzuführen. Die französischen Freimaurer – ideell
- 14 -
Wortgebrauch übernimmt, um die Arbeitsergebnisse der Schüler zu qualifizieren
(“brevet”, “chef d’œuvre”, “livre de vie”…). Auch das oft auf die Autodidaxie
verkürzte Konzept der LehrerInnenfortbildung der (französischen) Freinet-Bewegung
entlehnt sich der Tradition der “compagnonnage”, wo berufliche Fertigkeiten und
Wissen durch praktische (Mit-) Arbeit und “Einweihung” (“initiation”) unter Gleichen
vermittelt werden. Es unterscheidet sich von den stark universitär geprägten Konzepten
der Erfahrungsvermittlung im Lehrberuf und macht auch heute noch die Stärke dieser
Pädagogik aus und ist ein Grund für ihren Fortbestand. Es erklärt aber auch, dass trotz
der formaldemokratischen Strukturen die LehrerInnen-Kooperative C.E.L. mehr über
Kooperation denn über Wahl funktionierte, was nicht unerheblich zu einem hohen
Konfliktpotential führte.
Die Entwicklung des Verlagshauses C.E.L. bedürfte sicherlich ebenfalls einer
genaueren Untersuchung, die seine chronischen Finanzprobleme, aber auch die oft
auftretenden Konflikte (z.B. die Affaire Pagès29) und die Beziehungen zu anderen sog.
alternativen Verlagen aufarbeiten müßte. – Ein weiteres Forschungsgebiet wäre die
Untersuchung der Beziehung der (französischen) Freinet-Bewegung zu den beiden
anderen großen LehrerInnenbewegungen: die G.F.E.N., die französische Sektion der
Reformbewegung der Neuen Erziehung “Groupe français de l’Éducation Nouvelle”, die
heute noch besonders in der Sekundarstufe aktiv ist und der C.R.A.P. (“Cercle de
Recherche et d’Action Pédagogique”) und dessen Zeitschrift Cahiers pédagogiques, um
die sich (seit 1945) humanistisch und innovativ orientierte, engagierte LehrerInnen,
hauptsächlich aus dem Sekundarstufenbereich, gesammelt haben. – Ein letztes
Untersuchungsfeld ist sicherlich die historisch-soziologische Analyse der
Mitgliederstruktur der Freinet-Bewegung30, die interessante Aufschlüsse in Bezug auf
die Entwicklung des soziokulturellen und professionellen Einzugsgebiets dieser
Pädagogik, der Motivation und dem Weltbild ihrer LehrerInnen zuließe. – Der
wissenschaftlichen Erforschung der Freinet-Pädagogik, zu der schon der erste Schritt
gemacht worden ist31, stehen somit noch weite Bereiche offen.
hervorgegangen aus der Gesellenvereins- und Zunftbewegung – haben entscheidend zur
Säkularisierung des französischen Staates beigetragen. Dieses Gedankengut und die Bezüge zum
Freimaurertum sind auch noch heute feste Bestandteile des (Volksschul-)
LehrerInnenselbstverständnisses.
29 Vgl. Luc BRULIARD / Gerald SCHLEMMINGER Kap. 12)
30 Erste, partielle Untersuchungen von Henri PEYRONNIE (1994) liegen vor.
31 Siehe die Veröffentlichungen in: Pierre CLANCHÉ / Jacques TESTANIERE (Hrsg.) (1989), Pierre
CLANCHÉ / Eric DEBARBIEUX / Jacques TESTANIERE (Hrsg.) (1994), Herbert HAGSTEDT
(Hrsg.) (1997).
- 15 -
Abbildung Nr. 1: Der erste gedruckte freie Text, der von der Klasse des
Volksschullehrers René Daniel (Bretagne) an die Klasse von Célestin Freinet
geschickt wurde
Abbildung Nr. 2: Mitglieder der Lehrerkooperative C.E.L. im Jahre 1928
- 16 -
Abbildung Nr. 3:Mitglieder der Lehrerkooperative C.E.L. im Jahre 1938
Abbildung Nr 4: Politische Entwicklung Lehrerkooperative C.E.L.,
Entwicklungszahlen der französischen Mitglieder (in weiß) und Anteil derjenigen,
die gleichzeitig auch Mitglied in der Lehrergewerkschaft ““Fédération Unitaire de
l’Enseignement” waren (in grau)
- 17 -
19281929193019311932193319341935193619371938
0
100
200
300
400
500
600
Adhérents à la C.E.L. dont adhérents à la Fédération
de l'Enseignement
Abbildung Nr. 5: pädagogische Veröffentlichungen von Célestin Freinet (1925 -
1966)
Artikel + Schriften
1 Veröffentlichungen zu Techniken
- Selbstkorrekturkartei (1929 - 1963) : 26 + 1
- Arbeitsplan (1929 - 1962) : 20 + 2
- Schuldruckerei (1925 - 1965) : 13 + 5
- Korrespondenz / Schulaustausch (1927 - 1964) : 12 + 2
- Schulzeitung(1939 - 1962) : 12 + 1
- Einzelarbeit / Gruppenarbeit (1938 - 1966) : 11 + 4
- Freier Text ( 1928 - 1962) : 10 + 2
- Audiovisuelle Techniken (1955 - 1966) : 8 + 1
- “Diplom” / “brevet scolaire” (1948 - 1965) : 6
- Erkundungen (1933 - 1949) : 3 + 1
- Limograph (1947 - 1959) : 2 + 1
2 Veröffentlichungen consacrées zu den Schulstufen
- Sekundarstufe 1 und 2 (ab 1946) : 6 + 1
- Stützklassen / “classes de transition” (ab 1963) : 3
- Vorschule (1963) : 1
3 Veröffentlichungen zu einzelnen Unterrichtsfächern
- Naturwissenschaftlicher Unterricht (ab 1946) 26 + 1
- Kunstunterricht (ab 1946) : 14 + 5
- Mathematikunterricht (ab 1947) : 13 + 1
- Musikunterricht (ab 1947) : 3
- Sportunterricht (1961-1962) : 2
4 Veröffentlichungen zu pädagogischen Konzepten
- 18 -
- Zu den Lehrbüchern (1925-1964) : 14 + 2
- Schulkooperative / Klassenversammlung (1932-1962) : 19 + 1
- Natürliche (Lern-) Methode (1930-1965) : 8 + 8
- Interessenzentren / “centres d'intérêt” (1928-1965;
1949: “complexe d'intérêt”) : 7
- Experimentelles Lernen / “ tâtonnement expérimental” (1940-1966) : 15 + 1
5 Veröffentlichungen zu allgemeinpädagogischen Fragen
- Arbeitsorganisation der Klasse (1938): 1
und (1946-1964) : 13
- Disziplin (1930-1940) : 6
und (1948-1963) : 19
- Entwicklung des Kindes / "la connaissance de l'enfant" (1948-1964) : 25 + 1
- Staatsschuld (1945-1955) : 3
- Dyslexie (1950-1962) : 5
- Gedächtnis und Auswendiglernen (1960-1965) : 4
- Unterrichtsfragen (1961) : 1
- Gruppenführung (1960-1965) : 4
- 19 -
Anhang 1
Lebensdaten von Célestin Freinet32
1896: Am 26. Okt. wird Célestin Jean-Baptiste als 5. von 6 Kindern als Sohn von
Marie Victoire Freinet geb. Torcat und Joseph Delphin Freinet in Gars
(Département Alpes Martimes) geboren. Zur Familie gehört auch noch ein
Pflegekind. Die Eltern führen in dem kleinen, abgeschiedenen Dorf einen
Krämerladen zusammen mit einer Bauernwirtschaft33.
1898: Am 14. Aug. wird Élise (spätere Ehefrau von Célestin Freinet) als 3. von 6
Kindern in die Grundschullehrerfamilie von Julie und Claude Lagier-Bruno
in Pelvoux (Hautes Alpes) geboren.
1900: Einschulung von Célestin Freinet in die einklassige Dorfschule.
1908: Célestin Freinet macht den Volksschulabschluss “Certificat d’Études
Priamires”, Eintritt in die weiterführende Schule [École spuérieure] in
Grasse, zunächst 3 Jahre im “Collège Carnot”, dann 1 Jahr auf dem “Lycée
Amiral-de-Grasse”, das die Aufnahmeprüfung zum Lehrerseminar
vorbereitet.
1912: Sekundarschulabschluss “Brevet élémentaire”, Aufnahme in das
Lehrerseminar “École normale d’instituteurs” (16 Plätze pro Jahrgang) in
Nice, das in 3 Jahren auf den Volksschulehrberuf vorbereitet und Abitur
(“Brevet supérieure”) nach 2 Jahren einschließt.
1914: Nov.: Schulabschlussprüfung “Brevet supérieure”, Beginn des
schulpraktischen Jahrs.
1915: April: Abbruch der Ausbildung, Einberufung zum Militärdienst; Okt.:
Ausstellung des Schulabschlusszeugnisses “Certificat de fin d’études
normales”; Ausbildung an der Militärschule in Saint-Cyr.
1916 - 17: Fronteinsatz im Nord-Osten von Paris, wo er am 23. Okt. 1917 verletzt
wird.
1918: Lazarett, Einsatz in der Etappe, Ausmusterung kurz vor Kriegsende.
1919: Einsatz als Aushilfslehrer in kleinen Dörfern des Département Alpes
Martimes, unterbrochen von Krankheitsurlauben; die Politisierung Célestin
Freinets setzt ein. Die Kriegsverletzung führt zur Festanstellung als Lehrer.
1920: Stellvertretender Volksschullehrer an der Jungenschule in Bar-sur-Loup
(Alpes Martimes); Célestin Freinet holt die Prüfung zur Lehrbefähigung
“Certificat d’Aptitude Professionnelle” (C.A.P.) nach. – Er wird Mitglied
der Lehrergewerkschaft “Fédération Unitaire de l’Enseignement”.
1922: Fällt bei der schriftlichen Prüfung zum Französischlehrer an
Lehrerausbildungs- und weiterführenden Schulen (École supérieure
primaire) durch; lehnt Abordnung an die weiterführende Schule in
Brignoles ab; wird pädagogischer Sekretär der Gewerkschaftssektion Alpes
Maritimes; trifft in Deutschland mit Peter Petersen zusammen, besucht die
anarchistischen Schulversuche in Hamburg-Altona.
32 Es handelt sich hier natürlich um eine subjektive Auswahl und Beschreibung der objektiven
Lebensdaten, die meinem Zugang zur Freinet-Pädagogik entspricht. Interessant ist sicherlich der
Vergleich mit den “Biographischen Angaben”, wie Maurice FREINET (1998) sie in der deutschen
Ausgabe der pädagogischen Werke Célestin Freinets ausgewählt hat.
33 Für die Kindheit und Jugend Célestin Freinet ist am ausführlichsten Maurice FREINET (1997).
- 20 -
1923: Trifft mit dem engagierten Pazifisten Henri Barbusse zusammen, schreibt in
seiner Zeitschrift Clarté über die deutschen Schulversuche; nimmt zum
ersten Mal an dem Kongress der Reformpädagogen “Ligue internationale
pour l’Éducation nouvelle” in Montreux (Schweiz) teil; führt die Erkundung
(“classe promenade”) in seiner Klasse ein.
1924: Führt Druckerei, die Technik des freien Textes, die Schulzeitung, Filme
vorführen und drehen (Machart “Pathé-Baby”) ein und schafft Fibeln ab;
kritisch wohlwollender Bericht der Schulratsinspektion; Élise Lagier-Bruno
liest Artikel von Célestin Freinet und nimmt mit ihm Kontakt auf.
1925: Beginnt die erste Klassenkorrespondenz mit einer Jungenklasse aus Lyon,
dann mit einer Schule aus Brüssel; die Panrussische Lehrergewerkschaft
lädt französische Gewerkschaftsdelegation ein, an der Célestin Freinet
teilnimmt. Er lernt die politisch und künstlerisch tätige Élise Lagier-Bruno,
die aus einer sozialistisch engagierten Grundschullehrerfamilie kommt,
kennen; ein Polizeibericht der Stadt Cannes erwähnt zum 1. Mal Célestin
Freinet, der auf einer öffentlichen Versammlung über seine Russlandreise
berichtet hat.
1926 Heirat zwischen Élise Lagier-Bruno und Célestin Freinet; Élise verlängert
ihre Beurlaubung vom Schuldienst (die sie eingereicht hatte, um
Kunstkursen in Paris folgen zu können) und zieht nach Bar. Célestin Freinet
wird Generalsekretär der Gewerkschaftssektion Alpes Maritimes; erste
Zeitungsartikel erscheinen über die innovative Pädagogik Célestin Freinets;
er tritt – wahrscheinlich auf Veranlassung von Élise Freinet – der
kommunistischen Partei Frankreichs (P.C.F.) bei.
1927: Auf dem Lehrergewerkschaftskongress Gründungskongress der Bewegung
der Schuldrucker “Coopérative d’entraide L’imprimierie à l’école” und
Herausgabe der Zeitschrift L’Imprimerie à l’école / Bulletin mensuel de la
Coopérative d’entraide L’imprimierie à l’école; die Gewerkschaft initiiert
die Gründung der Kino-Kooperative “Cinématique Cooperative de
l’Enseignement Laîc”, an der auch Célestin Freinet teilnimmt; Élise Freinet
erhält den Malerpreis “Gustave Doré”.
1928: Beide Kooperativen schließen sich zur LehrerInnen-Kooperative
“Cooperative de l’Enseignement Laïc” (C.E.L.) zusammen34; die Freinets
nehmen am Kongreß der kommunistischen “Internationale der
Bildungsarbeiter” in Leipzig teil; Célestin Freinet nimmt eine Stelle in der
Jungen-Volksschule in Saint-Paul an, in der (enttäuschten) Hoffnung, das
beide hier unterrichten können; die Schule ist in einem baulich und
hygienisch sehr schlechten Zustand.
1929: Die C.E.L. hat erste finanzielle Probleme (die sie bis zur Auflösung 1986
permanent begleiten); die erste Arbeitskartei erscheint; 8. Aug.: das einzige
Kind der Freinets Madelaine wird geboren.
1930: Aufgrund des schlechten baulichen und hygienischen Zustand der mit 47
Schülern überfüllten Klasse entzündet sich ein Konflikt zwischen
Schulaufsicht, Bürgermeister und Célestin Freinet (der sich deshalb
mehrmals krank schreiben läßt); eine 2. Klasse wird eröffnet, aber Élise
Freinet erhält nicht die Stelle; sie wird in der Mädchenschule von Saint-Paul
ernannt; Célestin Freinet führt die Schallplatte in seinen Unterricht ein;
34 Zur Entwicklung und Loslösung der C.E.L. von der Gewerkschaft, siehe Luc BRULIARD / Gerald
SCHLEMMINGER (1996, S.73 ff) und Fabienne BOCK (1978).
- 21 -
Élise Freinet macht sich in Naturheilkunde und vegetarischem Essen
kundig.
1931: Élise Freinet erhält wegen akuter Tuberkulose einen Krankheitsurlaub, der
zwei Jahre dauern wird.
1932: Der Zustand der Jungenschule von Saint-Paul ist immer noch in hygienisch
schlechtem Zustand; die erste Nummer der Reihe “Bibliothèque de travail”
erscheint; Célestin Freinet nimmt am Kongreß der “Ligue internationale
pour l’Éducation nouvelle” in Nice teil, Kongressteilnehmer besuchen einen
Tag lang seine Klasse in Saint-Paul. Der Konflikt mit dem Bürgermeister
und Honoratioren des Dorfes spitzt sich zu einer politischen Affäre, die
nationale Ausmaße erreichen wird, zu35; der Auslöser sind zwei freie Texte,
die in der Klassenzeitung Les Ramparts erschienen sind36 und den
Bürgermeister und der Pfarrer in ein schlechtes Licht stellen37.
1933: Célestin Freinet wird daraufhin nach Bar-sur-Loup zurückversetzt, nimmt
einen – zwei Jahre dauernden – Krankheitsurlaub, der der ihm wegen
Kriegsinvalidität auch gewährt wird. Élise Freinet beantragt nach dem
Krankheitsurlaub Beurlaubung vom Schuldienst, mit halber Besoldung; Die
Freinets kaufen in Vence ein Grundstück im Viertel “Le Pioulier” auf, wo
sie eine eigene (Internats-)Schule aufbauen wollen; die Initiative stößt bei
den Mitstreitern von Célestin Freinet zunächst auf Unverständnis; in der
Zeitschrift der C.E.L. L’Éducateur prolétarien erscheit jetzt eine ständige
Rubrik “Vers le naturisme” (vegatarische Ernährung und Naturheilkunde),
die von Élise Freinet geführt wird38.
1934: Die Freinets bauen die Schule und entsprechende Gebäude auf. Die ersten
beiden Schüler treffen ein.
1935: Da die gesetzlichen Fristen von 2 Jahren für Krankheitsurlaub bzw.
Beurlaubung abgelaufen sind, reichen Célestin und Élise Freinet ihre
Verrentung ein; eröffnen am 1. Okt. nach vielen administrativen
Schwierigkeiten und zunächst ohne offizielle Erlaubnis ihre koedukative
Internatsschule mit 13 Kindern und 5 Erwachsenen (Élise u. Célestin
Freinet, Élises Mutter Julie Lagier-Bruno, Albert Belleudy und Fifine).
1936: Die ersten Arbeiterkinder aus den Pariser Vororten werden eingeschult.
1937: Die Freinets nehmen in ihrer Schule bis zu 30 Flüchtlingskinder spanischer
Republikaner auf; die erste Nummer der pädagogischen Reihe Brochures
d’Éducation nouvelle populaire er(wird später zu: Bibliothèque de l'École
Moderne) scheint in der C.E.L.
1939: Mit Kriegsausbruch werden die Veröffentlichungen der C.E.L. und die
Schulzeitung zensiert.
35 Wir haben gezeigt, dass Célestin Freinets Schwierigkeiten mit der Schulverwaltung zu dieser Zeit
kein Einzelfall ist, sondern viele politisch engagierte LehrerInnen trifft und oft mit Versetzungen
und Suspendierungen endet, wenn auch die Freinet-Affäre besonders kraß ist (cf. Luc BRULIARD /
Gerald SCHLEMMINGER 1996, S.85 ff).
36 Faksimile eines der beiden Texte in Michel BARRÉ (1996, S.114).
37 Der anekdotische Aspekt der Affäre wird ausführlich von Madeleine FREINET (1997, S.215 ff)
dargestellt.
38 Élise Freinet ist Fruchtvegetarierin, Ernährungsweise, die sie auch im Schulinternat einführen wird;
nach dem Prinzip der Freikörperkultur müssen alle Schüler das ganze Jahr über ein morgendliches
Kaltbad im Schwimmbecken nehmen, in die Sauna usw. Siehe dazu auch Daniel HAMELINE
(1994).
- 22 -
1940: Die letzte Nummer des L’Éducateur erscheint im März; 20. März: Célestin
Freinet wird wegen kommunistischer Propaganda und Subversion (noch
unter der 3. Republik) festgenommen und verweilt in mehreren
Internierungslagern, unterbrochen von einem Krankenhausaufenthalt; die
Schule muß auf Anordnung des Präfekten geschlossen.
1941: Die Schule wird von einem Verein zur Unterbringung tschechoslowakischer
Flüchtlingskinder genutzt; Élise Freinet verläßt mit ihrer Tochter39 Vence,
um bei ihrer Mutter in Vallouise (Hauptes Alpes) zu wohnen. 29. Okt.:
Célestin Freinet wird freigelassen und in Vallouise unter Hausarrest gesetzt.
1942 - 44: Célestin Freinet konzipiert und verfaßt in dieser Zeit seine Hauptschriften,
die nach dem Krieg veröffentlicht werden (siehe Bibliographie von Célestin
Freinet im Anhang 2).
1944: Célestin Freinet nimmt an der Widerstandsgruppe F.T.P. (“Francs Tireurs et
Partisans” von Béassac teil.
1945: Célestin Freinet nimmt aktiv am “Comité départemental de Libération des
Hautes-Alpes in Gap teil, baut in einem kath. Seminar dort ein
Schulzentrum für Waisen- und Flüchtlingskinder auf, das aber dann
schließen muss, weil die Kirche es wieder beansprucht; die erste Nummer
des L’Éducateur erscheint im Febr.
1946: Célestin Freinet zieht sich enttäuscht aus der Mitarbeit an der
¨Schulreformkommission Langevin-Wallon zurück; Wiedereröffnung der
Schule in Vence; Célestin Freinet unterrichtet nicht mehr an seiner
Schule40; die Freinets wohnen jetzt in Cannes am Sitz der C.E.L., wo sich
Célestin Freinet ganz dem Aufbau der Kooperative und der pädagogischen
Bewegung widmet, nur am Wochenende kommen sie nach Vence.
1947: Gründung der Pädagogik-Kooperative I.C.E.M. (“Institut Coopératif de
l’École Moderne”).
1948: Die Freinets erneuern nicht ihre Mitgliedskarte der P.C.F.41.
1949: Der Film L'école buissonnière von Jean-Paul Le Chanois über die Schule in
Vence kommt heraus.
1950-54: Öffentlicher Konflikt zwischen Célestin Freinet und der kommunistischen
Partei Frankreichs.
1957: Gründung der internationalen Vereinigung der Freinet-Bewegung
F.I.M.E.M. (“Fédération Internationale des Mouvements de l'École
Moderne“).
1959: Zur pädagogischen Diskussion wird (bis 1986) die interne
ZeitschriftTechniques de Vie herausgegeben.
1961: Nach heftigen Konflikten mit Célestin Freinet Abspaltung von Teilen der
Pariser Gruppe I.P.E.M. (“L'Institut Parisien de l'École Moderne”), aus der
die Bewegung der “Pédagogie institutionnelle” hervorgehen wird.
1965: Nach heftigen Konflikten mit Célestin Freinet erneute Abspaltung von
39 Die familiären Umstände und Kriegswirren führen dazu, dass Madeleine Freinet nie die höhere
Schule besucht und so später nach dem Tod ihrer Mutter die Schule in Vence nicht leiten kann.
40 siehe auch Michel BARRÉ (1996, S.79, 111). Junge, unerfahrene Kollegen aus der Bewegung
leiten die Klassen, wie Michel BARRÉ, M. E. Bertrand, A. Bonbonnelle.
41 siehe. Henri PORTIER (1990).
- 23 -
Teilen der Pariser Gruppe I.P.E.M.42
1966: 8. Okt.: Tod von Célestin Freinet.
1966-76: Schule in Vence: Mehrere Spaltungen, die zu Schulneugründungen führen;
die Schule von Vence, in der staatliche abgestellte, von dem Schulvorstand
ausgesuchte LehrerInnen arbeiten, entwickelt sich unabhängig von der
offiziellen Freinet-Bewegung I.C.E.M.
1981: Tod von Élise Freinet.
1986: Auflösung der C.E.L., Gründung des Verlags P.E.M.F. (“Publications de
l’´École Moderne Française”).
1991: Die Privatschule von Vence wird als “Experimentierschule” in die staatliche
Schulverwaltung übernommen.
42 Für eine genauere Analyse der Konflikte siehe Luc BRULIARD / Gerald SCHLEMMINGER
(1996).
- 24 -
Anhang 2
Sämtliche Schriften von Célestin FREINET:
Daten der Erstausgaben; das Herausgeberdatum wichtiger Werke ist in Fettdruck
* in CÉLESTIN FREINET (1994) aufgenommen bzw. von JÖRG, Hans / ZILLGEN,
Herwig (Hrsg. 1997 / 2000) übersetzt.
FREINET, Célestin (1920): Souvenir d'un blessé de guerre, Maison française d'art et
d'édition.
- - (1925): Tony l'assisté, Saumur, L'École Émancipée, coll. Édition de la Jeunesse
Nr. 6.
- - (1926): L'enfance de Minet, Saumur, L'École Émancipée.
- - (1926): L'imprimerie à l'école, Boulogne, Ed. Ferrary.
- - (1927): Un mois avec les enfants russes, Paris, Eds. de la Revue Littéraire des
Primaires.
- - (1928): Plus de manuels scolaires, St. Paul, Editions de l'Imprimerie à l'École.
- - (1935): L'imprimerie à l'École [Réédition de L'imprimerie à l'école (1926) et de
Plus de manuels scolaires (1928).]
- - (1937): La technique Freinet, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation
Nouvelle Populaire Nr. 1.
- - (1937): La grammaire en quatre pages, Cannes, C.E.L., coll. Brochures
d'Éducation Nouvelle Populaire Nr. 2.
- - (1938): Le fichier coopératif, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation
Nouvelle Populaire Nr. 5.
- - (1938): Les activités dirigées, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation
Nouvelle Populaire Nr. 6.
- - (1939): Premières réalisations d'éducation moderne à l'usage des débutants, des
hésitants et des sceptiques, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation Nouvelle
Populaire Nr. 14.
- - (1943): Conseil aux parents, Bruxelles, Service Social [revue].
- - (1944)*: L'École moderne française, Editions de l'Éducation Populaire, Belgique.
- - (1945): L'École moderne française, guide pratique pour l'organisation matérielle,
technique et pédagogique de l'École Populaire, Gap, Ophrys.
- - (1945): Images du Maquis, Gap, Ophrys.
- - (1945): Conseil pour l'organisation matérielle et pédagogique des Centres
Scolaires et Maisons d'enfants, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation
Nouvelle Populaire Nr. 18.
- - (1946): Par-delà le 1er degré, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation
Nouvelle Populaire Nr. 19.
- - (1946): La coopération à l'École Moderne, Cannes, C.E.L., coll. Brochures
d'Éducation Nouvelle Populaire Nr. 22.
- - (1946): Le milieu local, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation Nouvelle
Populaire Nr. 24.
- - (1947)*: L'Éducation du Travail, Gap, Ophrys.
- - (1947): Le texte libre, Cannes, C.E.L., coll. Brochures d'Éducation Nouvelle
Populaire Nr. 25.
- 25 -
- - (1947)*: Méthode naturelle de lecture, Cannes, C.E.L., coll. Brochures
d'Éducation Nouvelle Populaire Nr. 30.
- - (1947): Le limographe à l'École Moderne, Cannes, C.E.L., coll. Brochures
d'Éducation Nouvelle
Schlagworte:
elise-freinet_sec, bio-c.frei,
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|
ID: 2572 | hinzugefügt von user unknown an 19:58 - 25.9.2005 |
title: Schuldruckerei: Material, Kurse... by Schmid, Felix und Felix Wiedmer |
|
Titel: | Schuldruckerei: Material, Kurse... |
Autor: | Schmid, Felix und Felix Wiedmer | Sprache: | deutsch |
Quelle: | o.O. In: Bindestrich-02, p 10-11 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | 12.12.1985 | | |
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Text:
-
Schlagworte:
Bindestrich-02, lit_1985-art,
summary:
-
keine Notizen verfügbar
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ID: 189 | hinzugefügt von Peter an 15:01 - 17.4.2005 |
title: Freinet-Pädagogik - Die Selbsttätigkeit fördern by Schor, Julia |
|
Text:
Inhaltsverzeichnis:<p>
1. Die Grundgedanken Freinets<br>
1.1 Bezug zum Leben<br>
1.2 Der Arbeitsbegriff in Freinets Pädagogik<br>
1.3 Die Arbeitsschule: Offene und Freie Erziehung<br>
1.4 Entdeckendes Lernen<br>
1.5 Materialistische Pädagogik<br>
1.6 Pädagogik des Erfolges<br>
1.7 Zwang in der Freinet-Pädagogik<p>
2. Umsetzung Freinets Reformvorschläge in die Praxis<br>
2.1 Freier Text, Schuldruckerei, Klassenzeitung, Korrespondenz<br>
2.2 Freier Ausdruck<br>
2.3 Praktische Arbeit: Experimente, Untersuchungen<br>
2.4 Arbeitsateliers<br>
2.5 Untersuchungen außerhalb der Schule<br>
2.6 Arbeitsblätter, Arbeitsbibliothek, Arbeitskarteien<br>
2.7 Selbstverwaltung: Tages- und Wochenpläne, Klassenrat, Wandzeitung<p>
3. Resümee<p>
4. Literatur<p>
Seit einiger Zeit ist in Deutschland wieder die Freinet-Pädagogik ins Blickfeld geraten. Im Gegensatz zu einer Bildungsreform im großen Maßstab geht es bei diesem Reformkonzept zunächst darum, wie sich „hier und jetzt“ schon in kleinen Schritten größere Freiräume für ein selbstbe-stimmtes Lernen im Schulalltag gewinnen lassen. Die wichtigsten Ziele dieser Bildungsreform, nämlich Lerndrill und soziale Isolierung aus den Klassenzimmern zu verbannen, lassen sich oft durch geeignete Unterrichtsmittel und Vorgehensweisen verwirklichen. Zugleich setzt die Freinet-Pädagogik bei der differenzierten Förderung verschiedenartig interessierter, v.a. aber sozial benach-teiligter Schüler an: die ausdrückliche Betonung der Gleichwertigkeit praktischer, kreativer und intellektueller Lernvorgänge, die zentrale Bedeutung des „freien Ausdrucks“ und die „natürliche Methode“ des Schreiben- und Lesenlernens lassen es häufig erst zu, dass Kinder aus sozial unterprivilegierten Familien Schule nicht mehr als unabänderliches Schicksal hinnehmen (müssen).
...
Schlagworte:
Hausarbeit, Examensarbeit_Sonderschulpädagogik, freier-Ausdruck,
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keine Notizen verfügbar
|
ID: 2542 | hinzugefügt von Jürgen an 04:19 - 22.9.2005 |
title: Freinet in Bits & Bytes by Schreger, Christian |
|
Text:
Freinet in Bits & Bytes
oder Wie Computer und Bleisatz doch zusammenpassen
CHRISTIAN SCHREGER, 1998
Als Célestin Freinet 1923 die erste Druckerpresse in seine Klasse im südfranzösischen Bar-sur-Loup stellte ging es ihm im wesentlichen um die Möglichkeit, die Texte seiner Kinder vervielfältigen zu können und in einer Form wiederzugeben, die zum Austausch mit anderen Schulen besser geeignet war als händisches Kopieren. Gleichzeitig war es aber auch ein ganz bewußter Akt, den Kindern in Form der Bleilettern tatsächlich das Wort zu geben - und etwas daraus zu machen.
Man stelle sich die Provokation vor: die Geschichten und Ideen der mittellosen Bauernkinder, die von Alltäglichkeiten und einfachen Erlebnisse erzählten, erschienen plötzlich im Ornat der allwissenden unterrichtsüblichen Schulatlanten und Zeitungen. Und mehr noch, die eigenen Druckerzeugnisse ersetzten in Freinets Klasse Zug um Zug die Schulbücher und wurden gleichzeitig zum Tor zur Welt im Austausch mit einer rasche wachsenden Zahl begeisterter LehrerInnen, die es Freinet gleichtaten.
Schlagworte:
atsch-h8
kein Summary verfügbar
keine Notizen verfügbar
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ID: 2702 | hinzugefügt von user unknown an 08:19 - 15.12.2005 |
title: Freinet in Bits & Bytes by Schreger, Christian |
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Text:
Freinet in Bits & Bytes
oder Wie Computer und Bleisatz doch zusammenpassen
CHRISTIAN SCHREGER
Als Célestin Freinet 1923 die erste Druckerpresse in seine Klasse im südfranzösischen Bar-sur-Loup stellte ging es ihm im wesentlichen um die Möglichkeit, die Texte seiner Kinder vervielfältigen zu können und in einer Form wiederzugeben, die zum Austausch mit anderen Schulen besser geeignet war als händisches Kopieren. Gleichzeitig war es aber auch ein ganz bewußter Akt, den Kindern in Form der Bleilettern tatsächlich das Wort zu geben - und etwas daraus zu machen.
Man stelle sich die Provokation vor: die Geschichten und Ideen der mittellosen Bauernkinder, die von Alltäglichkeiten und einfachen Erlebnisse erzählten, erschienen plötzlich im Ornat der allwissenden unterrichtsüblichen Schulatlanten und Zeitungen. Und mehr noch, die eigenen Druckerzeugnisse ersetzten in Freinets Klasse Zug um Zug die Schulbücher und wurden gleichzeitig zum Tor zur Welt im Austausch mit einer rasche wachsenden Zahl begeisterter LehrerInnen, die es Freinet gleichtaten.
Schlagworte:
atsch-h8
kein Summary verfügbar
Notiz:
elektronisch veröffentlicht in: Atelier Schule
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ID: 2738 | hinzugefügt von user unknown an 08:19 - 15.12.2005 |
title: Die Druckerei als Instrument der Pädagogik by Schreier, Helmut |
|
Titel: | Die Druckerei als Instrument der Pädagogik |
Autor: | Schreier, Helmut | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Grundschule, Heft 10, S. 15-17 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1984 | | |
url: | |
Text:
-
Schlagworte:
Grundschule, lit_1984-art
kein Summary verfügbar
keine Notizen verfügbar
|
ID: 3425 | hinzugefügt von Jürgen an 20:36 - 24.7.2009 |
title: Reformpädagogische Schulkonzepte und Freies Lernen Célestin Freinet. Ein Modell anarchistischer Pädagogik? by Schroeder, Bianca |
|
Titel: | Reformpädagogische Schulkonzepte und Freies Lernen Célestin Freinet. Ein Modell anarchistischer Pädagogik? |
Autor: | Schroeder, Bianca | Sprache: | deutsch |
Quelle: | München, Grin | Quellentyp: | Monographie |
veröffentlicht am: | DD.MM.1998 | | |
url: | https://www.grin.com/document/489831 |
Text:
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Aus dem Leben Célestin Freinets
2. Die Schulsituation Frankreichs (bis) zu Beginn des 20. Jahrhunderts
3. Freinets Kritik am bestehenden Schulsystem und seine Forderungen zur Veränderung
3.1. Wie gestaltete Freinet den Unterricht? Was änderte er?
3.2. Prinzipien und Ziele der Freinet – Pädagogik
4. Was hat Pädagogik mit Politik und Gesellschaft zu tun?
4.1. Was ist „anarchistische Pädagogik“?
4.2. Ist Freinet ein Vertreter „anarchistischer Pädagogik“?
Abschließende Worte
Einleitung
Die Arbeit zum Thema „Célestin Freinet – ein Modell anarchistischer Pädagogik?“ gliedert sich inhaltlich in zwei Bereiche.
Im ersten Teil, den Kapiteln 1 – 4, beschreibe ich die Grundzüge der Pädagogik Freinets unter der Berücksichtigung seines Lebens und der Schulsituation, die in Frankreich herrschte.
Dieser Teil dient als Basis und Voraussetzung für die im zweiten Abschnitt (Kapitel 5) anschließende Diskussion über „anarchistische Pädagogik“.
1. Aus dem Leben Célestin Freinets
Es ist schwer, auf wenigen Seiten ein ganzes Leben darzustellen, und noch dazu ein Leben, das so viele Anregungen, Ideen und Veränderungen hinterlassen hat und so viel Einfluss hatte.
Wer war Freinet?
Célestin Freinet war Anarchist, in erster Linie aber war er Pädagoge. Das sagte er zumindest selbst. 1896 geboren und aufgewachsen in der ländlichen Umgebung des kleinen provenzialischen Dorfes Gars, entschied es sich im Alter von 17 Jahren, ein Lehrerbildungsseminar zu besuchen, da er sich schon früh für eine pädagogische Tätigkeit berufen fühlte.
Zwei Jahre später wurde er jedoch zum Kriegsdienst herangezogen und erlitt mit jungen Jahren einen Lungenschuss. Nach 4 Jahren in Lazaretten und Sanatorien erhielt er in Bar-sur-Loup seine erste Anstellung als Lehrer.
Doch wie sollte er eine Schulklasse bändigen, wo er noch nicht einmal ausdauernd sprechen konnte? Das waren die Anfänge seiner Pädagogik:
„Warum und wie bin ich eigentlich zum Begründer dieser Bewegung geworden? (…) Als ich 1920 aus dem 1.Weltkrieg zurückkam, war ich nur ein ´verwundeter Held´mit Lungenschuss, geschwächt, außer Atem und nicht in der Lage, mehr als ein paar Minuten in der Klasse zu sprechen… Wie ein Ertrinkender, der nicht untergehen will, musste ich ein Mittel finden, um mich über Wasser zu halten.“1
Aus dieser Not und seiner politischen Einstellung heraus, begann er, eine neue Pädagogik zu erschaffen.
Nachdem er den belgischen Arzt und Pädagogen Ovide Decroly kennengelernt hatte, welcher Schüleraufsätze druckte und herausgab, entwickelte Freinet 1923 die Technik der Schuldruckerei und gründete die reformpädagogische Bewegung der „École Moderne“2.
Begeistert von Marx, Engels und Lenin schloss er sich der Antikriegsbewegung „Clarté“ an, sowie wenig später der kommunistischen Partei Frankreichs, welcher er allerdings wieder den Rücken kehrte, nachdem von Mitgliedern der Partei die Eingliederung der „École Moderne“ in die kommunistische Partei gefordert wurde. Hier betonte er, dass er gegen jede Form von Herrschaft sei und dass seine politische Einstellung zwar Einfluss auf seine Pädagogik ausübe, sich die Politik aber nicht der Pädagogik bemächtigen dürfe.
Als 1920 in Deutschland die Primarschule eingeführt wurde, welche von allen Kindern bis zum 10. Lebensjahr besucht werden sollte, forderte Freinet die „École du peuple“3 auch für Frankreich.
1934/35 gründete er in Vence seine eigene Schule, ein Landerziehungsheim, wobei er sich am Vorbild der naturnahen Landerziehungsheime von Lietz und Geheeb, dem Begründer der Odenwaldschule, orientierte.
Die Technik der Schuldruckerei wurde populär und in Deutschland und Frankreich fanden jährliche Freinet- Tagungen statt.
Am 8.Oktober 1966 starb Freinet, doch hinterlässt er uns eine lebendige und lebensnahe Pädagogik, welche noch heute an vielen Schulen praktiziert wird.
2. Die Schulsituation Frankreichs (bis) zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Was war das für eine Zeit, in die Freinet da hineingeboren wurde? Und wie sah es an den Schulen, insbesondere den Dorfschulen Frankreichs aus, als Freinet die Schule besuchte, bzw. später selbst Lehrer wurde?
Das waren die ersten Fragen, die ich mir stellte, als ich über Freinet zu schreiben begann – daher ein kurzer Exkurs zur Geschichte des Schulwesens in Frankreich:
Noch bis zu Beginn der französischen Revolution war das französische Schulwesen nur für die Elite des Volkes bestimmt. Erst 1791 wurde vom Nationalkonvent festgelegt, dass jeder Bürger, egal welchen Standes, ein Recht auf kostenlosen Unterricht in den unbedingt notwenigen Fächern habe.
Napoleon I. verwirklichte den Aufbau des Schulwesens in Volksschule – Höhere Schule und Hochschule, wobei die Volksschule der Kirche unterstand.
1833 wurden die einzelnen Gemeinden dazu verpflichtet, je eine Volksschule zu gründen, 1879 jedes Departement dazu, eine Lehrerbildungsanstalt zur Ausbildung von Lehrern zu eröffnen.
Zwar gab es zu dieser Zeit noch keine Schulpflicht, doch wurde die Volksschulbildung um Einiges verbessert. Mit der Einführung der allgemeinen Schulgeldfreiheit 1867 kam es zu einem weiteren Aufschwung des niederen Schulwesens.
Schließlich wurde 1882 die allgemeine Schulbesuchspflicht für alle Kinder im Alter von 6-13 Jahren gesetzlich festgelegt. Gleichzeitig begann man mit der Einführung von technischen, kaufmännischen und gewerblichen Schulen.
Obwohl sich die Volksschulbildung verbessert hatte, sah es auf dem Lande zu Anfang des Jahrhunderts noch nicht sehr rosig aus.
Eine solche Schule war es, die Freinet besuchte, die er kritisierte und verbessern wollte.
3. Freinets Kritik am bestehenden Schulsystem und seine Forderungen zur Veränderung
Als sich um 1900 in Europa die reformpädagogische Diskussion entwickelte, welche die Notwendigkeit von Schulreformen darlegte, sowie die Entwicklung des einzelnen Kindes in den Vordergrund stellte, gab es in Frankreich nur wenige Pädagogen, die bei dieser internationalen Bewegung mitwirkten.
Einer von ihnen war Célestin Freinet, der sich um 1920 mit der Reformpädagogik beschäftigte und sich für die Reform der Volksschulen einsetzte.
Orientiert an Pädagogen seiner Zeit, wie z.B. Hermann Lietz, Paul Geheeb, Adophe Ferrière und einigen anderen und mit dem Hintergrund seiner eigenen Schulzeit, forderte er eine kindgerechte Schule, bei der das Kind und dessen freie Entfaltung der Persönlichkeit im Vordergrund stehen sollte.
Freinet erinnerte sich an seine eigene Schulzeit in der kleinen Dorfschule, die er als Gebäude mit engen und schmucklosen Räumen beschrieb, strengen und autoritären Lehrern sowie unsinnig erscheinenden Schularbeiten. Recht bildhaft bezeichnete er sie als „école – caserne“.
Als er 1920 seine erste Anstellung als Lehrer erhielt, hatte sich in den Dorfschulen nicht viel verändert. Die Verhältnisse dort kritisierte er als nicht kinderbezogen und autoritär mit unumstößlichen Regeln sowie einzig und allein auf die Vermittlung von Wissen und die Erfüllung der Stoffpläne hin orientiert.
Durch Beobachtungen, Untersuchungen und Anstöße seiner Schüler stellte er fest, dass es unter ihnen Arme gab, denen es an allem fehlte, und Reiche, die im Überfluss lebten.
Die proletarischen Kinder konnten oft dem Leistungsniveau nicht standhalten, und noch dazu gab es Schulbücher, die ihnen völlig lebensfern vorkommen mussten mit Texten, die sie gar nicht betrafen.
Das wollte Freinet ändern. Er wollte eine Schule gründen, die von den Bedürfnissen des Kindes ausgeht und in der die Kinder anstelle des Lehrers die aktive Rolle übernehmen.
„Die Schule von Morgen wird das Kind als Glied der Gemeinschaft in den Mittelpunkt ihres erziehlichen Bemühens stellen. Von seinen wesentlichen Bedürfnissen, hingeordnet auf die Belange der Gesellschaft, der es angehört, sind die von ihm zu erwerbenden manuellen und geistigen Fähigkeiten, das Bildungsgut die Art der Vermittlung des Bildungsgutes und die Art und Weise seiner Erziehung abzuleiten. Es handelt sich bei diesem Vorgehen darum, die Schule wahrhaft wieder in eine vernünftige, wirksame und menschliche Form zu bringen, die es dem Kinde erlaubt, zu einer möglichst vollkommenen Entfaltung seiner Menschlichkeit zu kommen.“4
Sein Ziel ist eine Schule, die dem Kind Freiraum für die Entwicklung seiner „manuellen und geistigen Fähigkeiten“ gibt. Er fordert eine „Schule des Volkes“, die nicht Eliteschule, sondern eine Schule für alle ist und die auch die von der Gesellschaft Benachteiligten fördert.
3.1. Wie gestaltete Freinet den Unterricht? Was änderte er?
Freinet begann, aufgrund seiner Kriegsverletzung fast notgedrungen, die Schule „wieder in eine vernünftige, wirksame und menschliche Form zu bringen“.
Mit seinen Schülern machte er so oft wie möglich Ausflüge in die freie Natur, nicht nur, um den kalten Wänden des Klassenzimmers zu entrinnen, sondern auch, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, neue Erfahrungen zu sammeln, Tiere, Landschaft und Pflanzen oder Bauernhöfe und Handwerksbetriebe aus der Umgebung kennenzulernen.
Zurück in der Klasse ließ er dann die Kinder von ihren Entdeckungen berichten, die er an der Tafel festhielt. So entstanden viele interessante Aufsätze.
Freinet lernte den belgischen Mediziner und Pädagogen Ovide Decroly kennen, welcher in seiner Schule in Brüssel Schüleraufsätze gedruckt und als Zeitung herausgegeben hatte.
Durch ihn kam er auf die Idee, die Kinder ihre Schulbücher auf der Grundlage ihrer Erfahrungen selber machen zu lassen.
Er kaufte eine kleine Handdruckpresse, welche er zusammen mit einem Setzkasten in einer Ecke des Klassenraumes aufbaute und begann, die Erfahrungsberichte der gemeinsamen Unternehmungen von den Kindern drucken zu lassen.
So entstand der „freie Text“, d.h. jedes Kind durfte zu jeder Zeit einen Text über ein beliebiges Thema schreiben, welcher dann vor der Klasse vorgelesen und nach Abstimmung gedruckt wurde. Diese Texte kamen in die Klassenzeitung, die auch als Mitteilungsblatt für andere Klassen und für die Korrespondenz mit anderen Schulen diente.
So lernten die Kinder nicht nur, sich frei auszudrücken und sich mit anderen auszutauschen, sondern sie lernten auch die Rechtschreibung, da ihre Texte ja schließlich auch von anderen gelesen und verstanden werden sollten.
Nach der Einrichtung der Druckerei stellte Freinet den Kindern noch andere Arbeitsecken in der Schule zur Verfügung, die er als „Ateliers“ bezeichnete. Sie beinhalteten Informationsmaterial, Nachschlagewerke, Arbeitskarteien, Werkzeuge und Werkstoffe sowie Material zum Malen und Basteln, sodass sich das Kind allein oder in Gruppen beschäftigen und sich Dinge aneignen konnte.
Er schaffte es, die von Erwachsenen verfassten Schulbücher überflüssig zu machen und die Kinder wieder aktiv am Unterricht zu beteiligen.
„Indem man vergaß, dass die Bildung des Individuums nur von einer aktiven und freien persönlichen Anstrengung kommen kann, die den Bedürfnissen unseres Wesens entspricht, hat man die Behandlung von Texten, die von Erwachsenen verfasst wurden, zum wesentlichen Element der Erziehung erhoben, und darin liegt der Irrtum.“5
Neben Druckerei und Arbeitsateliers bot er seinen Schülern noch viele andere Möglichkeiten einer „aktiven und freien persönlichen Anstrengung“. Besonders viel Raum war für die Förderung von manuellen Tätigkeiten, wie z.B. Buchbinden, Werk- und Gartenarbeiten, Malen, Musizieren, Tanz, Theater oder Metallarbeiten, womit er nicht nur beabsichtigte, dass die Kinder praktische Fähigkeiten erlernten, sondern womit er auch ihr Denken und ihre Beobachtungsgabe schulen wollte.
Um den Anforderungen der Lehrpläne standzuhalten, stellte Freinet Arbeitskarten her, auf denen die Elementarfächer wie Rechtschreibung, Grammatik und Rechnen aufgeführt waren. So konnte jeder Schüler sich mit Informations-, Aufgaben- und Lösungskarten im eigenen Lerntempo ein ganzes Sachgebiet erarbeiten.
Zu Beginn der Woche verfasste jedes Kind einen Wochenarbeitsplan, in dem es vermerkte, was es während der nächsten Woche in den Elementarfächern erarbeiten wollte. Am Ende der Woche schrieb dann jeder auf, was geschafft wurde und was noch nachzuholen blieb.
Jeder Schüler konnte selbst bestimmen, wann er welchen Themenbereich erarbeiten wollte lernte sein eigenes Tempo kennen und seine eigenen Fähigkeiten zu nutzen.
[...]
Schlagworte:
lit_1998-art, Hausarbeit,
kein Summary verfügbar
Notiz:
Universität Marburg
|
ID: 5331 | hinzugefügt von Jürgen an 14:45 - 18.4.2020 |
title: Der Pädagoge Célestin Freinet by Schulz, Christina |
|
Text:
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 3
2. Wer war Célestin Freinet? 3
2.1. Ein "pädagogischer Lebenslauf" 3
3. Die "Freinet-Pädagogik" 5
3.1. Freinets Beweggründe nach neuen pädagogischen Wegen zu suchen 5
3.2. Célestin Freinet entwickelt sein eigenes Konzept 6
3.3. Merkmale der "Freinet-Pädagogik" 8
4. Lese- und Schreiblehrmethoden der "Freinet-Pädagogik" 10
4.1. im 1. Schuljahr 10
4.2. im 2. Schuljahr 12
4.3. Vorteile 12
5. Schlusswort 13
1. Einleitung
Die Pädagogik erweist sich immer wieder als ein Fachgebiet, innerhalb dessen, Reformen und Weiterentwicklungen, unabdingbar sind. Heute im Jahre 2002 wird es unter anderem die PISA - Studie sein, die pädagogische Reformen zur Folge haben wird. In der Vergangenheit ließen große Ereignisse, wie der 1. und 2. Weltkrieg, die Menschen umdenken, umdenken auch innerhalb der Pädagogik. Die Pädagogik ist also ständiger Entwicklung und Überarbeitung ausgesetzt. So wie sich das Lebensumfeld des Menschen ändert, so ändert er sich daraus wiederum selbst. Diese Veränderung des Menschen fordert so auch die Anpassung des pädagogischen Bereiches an ihn. Eine große „Anpassungsperiode“ stellte die Zeit der europäischen Reformpädagogik dar. Große Reformpädagogen, wie Adolphe Ferrière, Peter Petersen, Maria Montessori und Célestin Freinet traten aus ihr hervor. Auf der Suche nach neuen Ideen, greift man gerne auf „altbewährtes“ zurück um dies, der aktuellen Zeit angepasst anwenden zu können. Im folgenden Beitrag soll das Konzept des französischen Reformpädagogen Célestin Freinet, näher erläutert werden. Freinet, Pädagoge und Politiker, widmete sein Leben der Pädagogik und der Politik, zwei großen Gebieten, die es im Folgenden einzugrenzen galt. Ingrid Dietrich beschreibt ihn in ihrem Werk „Politische Ziele der Freinet-Pädagogik“ als politischen Pädagogen (Ingrid Dietrich 1982). Den Schwerpunkt des folgenden Beitrages wird jedoch „der Pädagoge Freinet“ sein. Es sollen neben seinem Lebensweg, vor allem seine Beweggründe, und anschließend der Weg der Entwicklung seines Konzeptes aufgezeigt werden. Den Abschluss bildet, den Seminarinhalten „Schriftspracherwerb und Leselehrgänge“ entsprechend, ein Kapitel über die Lese- und Schreiblehrmethoden nach Célestin Freinet innerhalb der Primarstufe. 2. Wer war Célestin Freinet ? 2.2. Ein „pädagogischer“ Lebenslauf
Célestin Freinet wurde am 15.10.1896, in einem kleinen französischen Dorf namens Gars, geboren. Seine eigene Schulzeit prägten Langeweile und körperliche Züchtigung, und trotz dessen besuchte er anschließend das Lehrerbildungsseminar in Nizza.
Es kam der 1. Weltkrieg und Célestin Freinet kehrte aus diesem, durch einen Lungensteckschuss schwer verletzt, zurück. Diese Verletzung wird im Nachhinein, als Auslöser für seine Suche, nach einer Alternative zum Frontalunterricht angesehen. Seine pädagogische Zukunft begann 1920 in Bar-sur-Loup, als Lehrer in einer Grundschule. Mit der vorherrsche nden Form von Pädagogik nicht zufrieden, suchte er nach neuen Wegen außerhalb seiner Heimat. Diese führten ihn in den Jahren 1922-1925 nach Deutschland und Russland. Zu erwähnen ist hier sein Besuch einer norddeutschen Reformschule und Volksschule in Hamburg im Jahre 1922. “Tief beeindruckt“ hatte ihn eine gewerkschaftlich organisierte Reise in die Sowjetunion 1925, von der er mit der Idee des Schulfilms im Unterricht zurückkehrte (Ingrid Dietrich 1995, S.14).
1924 hatte er bereits begonnen die Schuldruckerei, als Unterrichtsgegenstand einzuführen. Die Schuldruckerei bildet heute neben der Klassenkorrespondenz und dem Klassenrat, ein wichtiges Element seines pädagogischen Konzepts (Ingrid Dietrich 1995, S.18). 1926 lernte er an der Schule seine spätere Ehe frau, Mitarbeiterin und wichtigste Vertrauensperson „Elise“ kennen. Freinet, der nicht nur Pädagoge, sondern auch politisch sehr engagiert war, trat 1926 der KPF (Kommunistische Partei Frankreichs) bei. 1928 gründete er ein genossenschaftliches Verlagshaus (CEL), welches für den Druck der Unterrichtsmaterialien zuständig war. Gleichzeitig stand es für eine Kooperative, die „Coopérative de l`Enseignement Laic, unter der sich gleich gesinnte Lehrer zusammen geschlossen hatten.
1932, Freinet war mittlerweile an einer Schule in St.Paul-de-Vence, kam es zu einem Schulkampf auf Grund eines „freien Textes“ von einem seiner Schüler. Der Streit, bei dem „bekannte Größen wie der Pädagoge Adolphe Ferriere und der Schriftsteller Romain Rolland Freinets Partei ergriffen“ (Ingrid Dietrich 1995, S.17), endete nach 2 Jahren mit der Entlassung Freinets aus dem öffentlichen Schuldienst. Freinet jedoch gab nicht auf und eröffnete 1934 die „Freinet-Schule“, ein Landschulheim, in der Nähe von Vence. Seine Schule nahm unter anderem „elternlos gewordene jüdische Kinder aus Deutschland, und vom spanischen Bürgerkrieg betroffene Kinder“ auf (Ingrid Dietrich 1995, S.17). Seine politische Haltung zum Geschehen dieser Zeit führten zu 1 ½ Jahren Gefangenschaft in verschiedenen Internierungslagern, in dieser Zeit verfasste er zahlreiche wichtige Schriften, unter anderem „L`École moderne francaise“.
Nach seiner Rückkehr eröffnete er 1945 erneut seine Privatschule bei Vence, und bald darauf den ersten pädagogischen Kongress der Nachkriegsze it. Freinet beschloss eine Einrichtung zu schaffen, welche die Forschung intensiver unterstützen sollte, als es der „CEL“ möglich
war.1951 kam es daher zur Gründung der „ICEM“, die sich der Weiterentwicklung der Technik und Arbeitsmaterialien annahm. Eine internationale Vereinigung der Bewegung der „Ecole Moderne“ (FIMEM) entstand 1964.
1968 fand ein erstes internationales Treffen der Freinet-Pädagogen in Belgien statt, doch Freinet selbst nahm bereits 1965 zum letzten Mal am Kongress der „École Moderne“ teil. Am 08.10.1966 verstarb Freinet in Vence, nach einem langen pädagogischen und auch politischen Kampf für die Reform des Schulsystems, und somit für die Kinder in Frankreich und über die Grenzen hinaus. Ein Kampf der, so zeigt es sein Lebenslauf, angetrieben wurde nicht zuletzt von einem großen Herzen, „kleinen Menschen“ gegenüber.
3. Die „Freinet - Pädagogik“
3.1. Freinets Beweggründe nach neuen pädagogischen
Wegen zu suchen
Was kann einen Menschen dazu bewegen, vierzig Jahre für Reformen i nnerhalb seines Berufes zu kämpfen ?
Gesundheitliche Gründe, somit also vom Motiv aus betrachtet rein egoistische Gründe ? Im Fall von Célestin Freinets findet man in der pädagogischen Fachliteratur sehr oft den Grund der „schweren Kriegsverletzung“, die ihn in seiner Sprechzeit einschränkte, und ihn somit nach Alternativen zum Frontalunterricht suchen ließ. Dieser oft erwähnte „Lungensteckschuss“ wird mit ein Grund gewesen sein, doch war bei weitem nicht sein Hauptbeweggrund.
Ingrid Dietrich schreibt dazu innerhalb eines Beitrages „Wer war Célestin Freinet ?“: „(...) doch lässt diese Erklärung Freinets eigentliche Motivation außer acht“ (Ingrid Dietrich 1995, S.14). Hier stellt sich nun die Frage, was waren dann seine eigentlichen Beweggründe ? Betrachtet man sein Konzept und dessen Inhalte rückblickend, so stößt man immer wieder auf denselben Ansatz: Das Wohl des Kindes innerhalb einer ganzheitlich geförderten Entwicklung.
Die vorherrschende Unterrichtsform zur Zeit Freinets stellte der Frontalunterricht dar. Unterricht, der auf Lehrpläne gestützt, und durch entsprechende Lehrbücher unterstützt, das...
Schlagworte:
Referat, hausarbeiten.de, freier-Ausdruck, lit_2003-buch,e-book,
summary:
-
Notiz:
Bewertung: 1,3, Kosten: 6,99 €
Uni Koblenz-Landau Abteilung Grundschulpädagogik Landau
Titel: Der Pädagoge Célestin Freinet
Veranstaltung: Seminar: Schriftspracherwerb und Leselehrgänge
Autor:Christina SchulzJahr: 2003
Seiten: 17
Archivnummer: V19766
ISBN (eBook): 978-3-638-23812-0
DOI: 10.3239/9783638238120
Dateigröße: 184 KB
Sprache: Deutsch
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ID: 1531 | hinzugefügt von Jürgen an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Das Spiel in der Reformpaedagogik by Schütz, Jens |
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Text:
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionen und Merkmale von Spiel
3. Reformpädagogische Konzepte
von Maria Montessori und Célestin Freinet
3.1. Célestin Freinet
3.1.1. Lebensdaten
3.1.2. Erziehungsziel
3.1.3. Schlüsselbegriffe
3.1.3.1. Freie Texte (texte libre)
3.1.3.2. Druckerei
3.1.3.3. Tastendes Versuchen
3.1.3.4. Arbeitsateliers
3.2. Maria Montessori
3.2.1. Lebensdaten
3.2.2. Bildungsziel
3.2.3. Schlüsselbegriffe
3.2.3.1. horme
3.2.3.2. Sensible Phasen
3.2.3.3. Polarisation der Aufmerksamkeit
3.2.3.4. Vorbereitete Umgebung
3.2.3.5. Disziplin
3.2.3.6. Integrierte Erziehung
3.2.3.7. Erziehung zum Sein
4. Maria Montessori und Célestin Freinet - Ein Vergleich
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In dieser Hausarbeit geht es um das Thema: „Das Spiel in der Reformpädagogik - Ein Vergleich zwischen Maria Montessori und Célestin Freinet.“. Der Ursprung dieser Idee zum Thema liegt in einem Pädagogikseminar, das ich an der Universität Potsdam besucht habe. Das Seminar befasste sich mit der Theorie und der Praxis des Kinderspiels. Unter anderem haben wir dort das Spiel in der Reformpädagogik betrachtet. Wir haben uns aber nur sehr kurz damit befasst.
In der dort behandelten Literatur ist mir aufgefallen, dass die „[…] meisten Reformpädagogen übereinstimmen mit mehr Selbsttätigkeit des Kindes und der Erkenntnis, dass es notwendig sei, den Unterricht in ein gemeinschaftliches, sittlich und charakterlich bildendes Schulleben einzubetten.“ (Scheuerl 1994, S.17; Hervorh. J.S.). Daher liegt es auf der Hand, dass dem kindlichen und jugendlichen Spiel eine verstärkte Aufmerksamkeit bedarf. Die Wege, die die einzelnen Reformpädagogen hinsichtlich dieses Anliegens bestritten haben, sind und waren durchaus verschiedenartig. Über die Stellung, das Gewicht und die Formen des Spiels innerhalb der Reformbewegung kann man keine allgemeingültigen Aussagen treffen. Deshalb war für mich interessant zu erfahren, inwieweit sich die Reformpädagogen in ihren Ansichten über das Spiel unterscheiden.
Im ersten Abschnitt werde ich auf unterschiedliche Definitionen des Spiels, Ansichten und gemeinsame Merkmale verschiedenster Spieltheorien kurz eingehen.
Wenn man vom Spiel spricht, sollte man auch zwischen verschiedenen Spielformen unterscheiden können. Auf ausgesuchte Spielformen werde ich daher im Anschluss des Abschnittes „Definitionen und Merkmale von Spiel“ näher eingehen. Beide Abschnitte dienen zur Klärung zentraler Begriffe. Bei der Fülle der Reformpädagogen suchte ich mir z wei Reformpädagogen, Célestin Freinet und Maria Montessori, heraus. Ihre pädagogischen Konzepte sind bis heute erhalten geblieben und stellen erfolgreich eine Alternative zur herkömmlichen Schule dar. Vielleicht lag es ja an ihren pädagogischen Konzepten, die ich im Kapitel „Pädagogische Konzepte von Maria Montessori und Célestin Freinet“ auszugsweise vorstellen werde. Dort sind auch ihre Lebensdaten aufgeführt, um sich einen Überblick über ihr Leben zu schaffen und sie ein wenig näher kennen zu lernen. Der nächste Abschnitt „Spiel bei Maria Montessori und Célestin Freinet - Ein Vergleich“ ist der eigentliche Kern meiner Arbeit. Hier werde ich auf die beiden Ansichten hinsichtlich des Spiels in ihrer Pädagogik eingehen und werde mögliche Gründe für ihre Ans ichten aufführen. Ebenso in diesem Kapitel werde ich, wenn möglich, die Integration des Spiels im Unterricht beider Pädagogen beleuchten. Die Frage, inwieweit das Spiel überhaupt in den Unterricht einer Schule gehört, habe ich ausgelassen und dessen Beantwortung sei dem Leser selbst überlassen. Eine Fülle von Kritikern und Befürwortern, hinsichtlich des Spiels in der Schule, beschäftigten sich ausführlich mit dieser Frage. Dessen Betrachtung alleine könnte ein weiteres Thema für eine Hausarbeit sein.
Die Literatur, die ich benutzt habe, sind größtenteils von Montessori oder Freinet selbst verfasst worden. Für Maria Montessori benutzte
ich die klassischen Bücher, wie Montessori, Maria: Kinder sind anders. Il Segreto dell’ Infanzia. 13. Auflage Stuttgart 1993 oder Montessori, Maria: Erziehung zum Menschen. Montessori -Pädagogik heute. Frankfurt/M 1994. Für die Untersuchungen bei Célestin Freinet benutzte ich zum Beispiel Freinet, Célestin: Pädagogischen Texte. Mit Beispielen aus der praktischen Arbeit nach Freinet. Reinbek 1980. Außerdem recherchierte ich in weiterführende Literatur, die ich am Ende meiner Arbeit aufführen werde.
2. Definitionen und Merkmale von Spiel
Wenn man sich auf die Suche nach einer Definition von Spiel begibt, stellt man schnell fest, dass die Meinungen, was eigentlich Spiel ist, stark auseinander gehen. Für den „einfachen“ Menschen gibt es Nachschlagewerke, wie ein Lexikon, wo man einen Versuch einer Definition finden kann:
„Das Spiel ist eine Tätigkeit von Tier und Mensch, die ohne bewussten Zweck, aus Vergnügen an der Tätigkeit als solcher bzw. an ihrem Gelingen vollzogen wird. Das Spiel des Menschen wird als ein durch unterschiedlichste Faktoren bestimmtes Verhalten verstanden, das im Wechselverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft eine wesentliche Vermittlerrolle einnimmt und in jeder Lebensperiode unentbehrlich ist.“ (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1981). In einem anderen Lexikon findet man diese Definition: „Das Spiel ist ein Verhaltensbereich bei Mensch und Tier, in dem die spielerische Aktivität eigenen, von allem anderen Verhalten abgegrenzten Regeln folgt, sich frei von äußerer Zwecksetzung oder Zwang vollzieht und damit für den Menschen einen Bereich der Freiheit und Offenheit individuellen Handelns erschließt. In neueren Forschungen wird das Spiel darüber hinaus als ein schöpferisches Organisationsprinzip der Natur und der gesamten Evolution gesehen. Um die Bedeutung des Spiels für Mensch und Tier zu erfassen, können eine funktionsorientierte sowie eine strukturdynamische Zugangsweise unterschieden werden. Beide sind durch lange Forschungstraditionen abgesichert und ergänzen sich gegenseitig.“ (Brockhaus , 1996).
Anhand dieser beiden doch unterschiedlichen Definitionen kann man erkennen, dass es keine einheitliche Definition von Spiel gibt. Viele Theorien sowohl in der Pädagogik, als auch in der Psychologie befassen sich mit dem Thema Spiel. Ich werde hier nur sehr kurz einige Spieltheorien skizzieren, da es nicht Inhalt meiner Arbeit sein soll.
Die klassischen Theorien vom Spiel verstehen Spiel zum Beispiel als „[…] Entladung überschüssiger Kräfte (H. Spencer), als Rekapitulation der kulturellen Entwicklung des Menschen (St. Hall), als Ein- und Vorübung wichtiger Anlagen und Instinkte (K. Groos), als Erholung und Entlastung (M. Lazarus), als Assimilation von Erfahrungen (J. Piaget) oder als Abfuhr von Affekten und Triebregungen (S. Freud)“ (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1981). Schaller ist der Meinung, dass Spiel eine Erholung sei bei partieller Ermüdung und Lorenz meint, das Spiel sich aus der Ritualisierung von Territorialverhalten entwickelt. Es gibt nicht nur positive Wertschätzungen gegenüber dem Spiel, sondern auch negative. J. Locke bezeichnet das Spiel als ein „törichtes Treiben“, hingegen Fröbel das Spiel als „höchste Stufe“ der Kindesentwicklung bewertet. (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1981, S 287). Neuere Spieltheorien versuchen das Spiel wie folgt zu definieren. Die Psychoanalyse meint, dass das Spiel eine Vermittlungsinstanz zwischen Bewusstem und Unbewusstem ist. Sie hilft bei der Verarbeitung von Eindrücken, bei der Befreiung von Ängsten und Konflikten und bei der Stärkung des Ichs. Die
Entwicklungspsychologie ist der Meinung, dass das Spiel den individuellen Entwicklungsprozess fördert. In der
Motivationspsychologie ist das Spiel Ausdruck des Neugier- und
Erkundungsverhaltens. Es schwankt zwischen lustbetonter Spannungssuche und Entspannung. In der Sozialisationstheorie werden im Spiel soziale Rollen geübt und angeeignet. Es trägt zur Förderung der kommunikativen Fähigkeiten (Empathie, Rollendistanz…) bei.
Johan Huizinga hat sich intensiv in „Homo ludens“ mit dem Thema Spiel beschäftigt. Er stellt unter anderem das Spiel als ein Phänomen von Kultur und Kunst dar. Er hat, anhand reichen Materials, spielerisches Handeln als die Grundlage kultureller Tätigkeit herausgestellt. Gerade der Vergleich von Spielelementen in den verschiedensten Lebensbereichen (im Fest, Kultus, Wettkampf, in Recht, Wissenschaft, Kunst und Dichtung) und in verschiedenen historischen Epochen führt ihn dazu, eine verbindende Spielstruktur anzunehmen. Für Huizinga wird Spiel im Wesentlichen durch drei Merkmale charakterisiert: 1.) Alles Spiel ist zunächst ein freies Handeln. 2.) Spiel gehört in dem Bereich des „Als - Ob“. 3.) Spiel bildet einen eigenen zeitlich und räumlich abgrenzbaren Bereich, in dem es seine eigene innere Ordnung entfalten kann. (vgl. Huizinga 1991)
Hans Scheuerl rückt den strukturellen Spielbegriff aus dem Bereich der Kultur wieder näher an die Alltagsphänomene der kindlichen Spiels heran. Nach ihm lassen sich die „Ablaufgestalten“ spielerischen Geschehens durch sechs Merkmale charakterisieren: 1.) Spiel ist frei von Ziel- und Zwecksetzungen, die von außen herangetragen werden können.
2.) Das Spiel hat sein Ziel in sich selbst (innere Unendlichkeit). Deshalb ist es auf ständige Selbstwiederholung angelegt.
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Bewertung 2,0; Kosten: 10,99 €
Titel: Das Spiel in der ReformpädagogikUntertitel: Ein Vergleich zwischen Celestin Freinet und Maria Montessori
Veranstaltung: Theorie und der Praxis des Kinderspiels
Autor:Jens SchützJahr: 2003
Seiten: 40
Archivnummer: V20130
ISBN (eBook): 978-3-638-24100-7
ISBN (Buch): 978-3-638-64649-9
DOI: 10.3239/9783638241007
Dateigröße: 210 KB
Sprache: Deutsch
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ID: 1532 | hinzugefügt von Jürgen an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Das didaktische Konzept Freinets und dessen mögliche Umsetzung im Unterricht by Selbach, Julia |
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Text:
1. Einleitung
Die Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20.Jahrhundert war eine Zeit geprägt von Reformen in vielerlei Hinsicht. Nicht nur politisch und industriell war dies eine Zeit des Umbruchs. Besonders gesellschafts- und bildungstheoretischer Hinsicht entstanden Ideen und Ansätze, die bis in die heutige Zeit hinein das Bildungssystem beeinflussen und einen wichtigen Grundstein für ein völlig neues Verständnis von Pädagogik legten.
Die Reformpädagogik des beginnenden 20.Jahrhunderts hatte das Ziel, eine Pädagogik zu schaffen, die den Bedürfnissen des Kindes angepasst war. Ein bedeutender Verfechter dieses Verständnisses ist Célestin Freinet. Sein erklärtes Ziel war es, eine für die damalige Zeit völlig neue Form von Schule zu schaffen, nämlich „[…]eine einheitliche Schule ohne Klassenunterschiede und Privilegien für alle Kinder des Volkes[…]“(Hellmich; Teigeler, 1995, S.95) Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über die alternativen pädagogischen Ideen des Reformpädagogen Célestin Freinet geben, sowie seine Konzepte zu deren praktischer Umsetzung vorstellen. Darüber hinaus soll die heutige Umsetzung der Freinetpädagogik am Beispiel er Freinetgrundschule Köln dargestellt werden. Den Schluss der Arbeit bildet eine kritische Auseinandersetzung mit der pädagogischen Konzeption Célestin Freinets.
2. Der Lebensweg Célestin Freinets
Célestin Freinet wird am 15.10.1896 als Sohn einer kleinbäuerlichen Familie im den südfranzösischen Dorf Gars geboren. Er ist das fünfte Kind von insgesamt sieben Geschwistern. Schon sehr früh macht sich für Célestin Freinet die schwierige finanzielle seiner Familie bemerkbar, indem er bereits im Kindesalter zu landwirtschaftlichen Arbeiten herangezogen wird, um mitzuhelfen, den Lebensunterhalt seiner Familie sicher zu stellen.
Aus diesen Erfahrungen seiner Kindheit „[…]rührt seine tiefe Verbundenheit mit der Natur und mit dem einfachen, natürlichen Leben der Bauern, Hirten und Arbeiter
seiner Heimat.“(Hellmich; Teigeler,1995,S.93). Das Leben in der natürlichen Umgebung prägt vor allem Célestin Freinets späteres Verständnis von Pädagogik. Célestin Freinet besucht später die Volksschule. Er erweist sich als aufgeweckter Schüler und somit bietet sich ihm die Möglichkeit, anschließend ein Gymnasium zu besuchen. Nach erfolgreicher Beendigung seiner Schullaufbahn wird Célestin Freinet von seinen Lehrern für ein Lehramtsstudium vorgeschlagen. In Anbetracht der damaligen Gegebenheiten handelt es sich dabei um eine der wenigen Studienmöglichkeiten für Kinder aus einfacheren Verhältnissen. Mit dem Ziel Lehrer zu werden, wird Célestin Freinet schließlich im Jahre 1913 in das Lehrerseminar von Nizza, der so genannten Ecole Normale, aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt ist er 16 Jahre alt. Aufgrund des zweiten Weltkrieges kann Célestin Freinet sein Studium in der nachfolgenden Zeit jedoch nicht beenden, da er bereits im Jahre 1915 als Offizier in den Kriegsdienst eingezogen wird. Nur kurze Zeit später, im Jahr 1916, wird Célestin Freinet bei Gefechten vor der Stadt Verdun durch einen Lungensteckschuss schwer verwundet .Célestin Freinet leidet daraufhin an schweren Atem-und Sprechschwierigkeiten, die eine hundertprozentige
Kriegsschädigung zur Folge haben. Die folgenden vier Jahre verbringt Célestin Freinet daher in Lazaretten sowie Sanatorien, jedoch ohne eine nennenswerte Heilung seines Kriegsleidens. Letztendlich kuriert er sich mit Hilfe von
Naturheilverfahren, welche er in seinem Buch „Les dits de Mathieu“ näher erläutert, selbst so weit, dass ihm bereits im Jahre 1920 eine Stelle als Lehrer in der Grundschule Bar-sur-loup anbieten kann.
Da Célestin Freinets vorangegangene Ausbildung am Lehrerseminar jedoch lediglich zwei Jahre andauerte, eignet er sich einen Großteil seiner Kenntnisse durch das Selbststudium pädagogischer Literatur während seiner Aufenthalte in den Lazaretten und Sanatorien an. Sein größtes Interesse liegt dabei in der Beschäftigung mit den Schriften und Erkenntnissen Rousseaus, Pestalozzis und Montaignes. Durch dieses große Interesse tritt er bald darauf in Kontakt mit den führenden Reformpädagogen seiner Zeit, wie zum Beispiel Peter Petersen oder aber auch Berthold Otto, welche er später auf seinen zahlreichen Studienreisen auch persönlich kennen lernen wird. 1920 tritt Célestin Freinet wie bereits erwähnt in den Schuldienst ein und besteht 1923 sein Examen, welches ihn auch zum Erteilen von Unterricht im höheren
Schuldienst befähigt. Aufgrund der Folgen seiner Kriegsverletzungen ist es Célestin Freinet jedoch kaum möglich, den Unterricht in der ihm bisher bekannten Art und Weise, nämlich in Form des herkömmlichen Frontalunterrichts, durchzuführen. Seine Atem- und Sprechschwierigkeiten haben zur Folge, dass Célestin Freinet oftmals kaum fünfzehn Minuten am Stück das Wort ergreifen kann und er sich somit alternative Formen des Lehrens und Unterrichtens erarbeiten muss. In vielen Biographien wird dieser Umstand zum Anlass genommen daraus zu schließen, Célestin Freinet „[…]habe seine Pädagogik der Selbsttätigkeit vorwiegend deshalb entwickelt, um seine angegriffene Gesundheit zu schonen und einen langen Schultag überhaupt durchstehen zu können.“(Dietrich,1995,S.14). Dies trifft sicherlich zu, wie Ausführungen Elise Freinets belegen: „Mit unnachgiebiger Hartnäckigkeit in körperlichen und seelischen Anstrengungen begann der junge Lehrer die ebenso lange wie geduldige Lehrzeit in seinem pädagogischen Beruf. Dies konnte er nur durch einen Kompromiss erreichen, indem er einerseits seine eigene Gesundheit schonte und andererseits den Kindern eine aktivere Rolle im Schulleben zukommen ließ.“(Freinet,E.,1981,S.17-18). Vor allem aber hat Célestin Freinets Pädagogik der Selbsttätigkeit und Individualität zum Ziel, die Schüler zu einem selbstständigen Arbeiten zu motivieren. Somit entwickelt Célestin Freinet eine Abkehr vom bisher üblichen Lehrervortrag, welcher seiner Meinung nach die Schüler zwangsläufig in einen Zustand der Passivität versetze. Ein weiterer Grund für Célestin Freinets Ablehnung des Frontalunterrichts ist darüber hinaus seine Auffassung, dass „der ihm abverlangte Unterricht ohne Beziehung zum Leben der Kinder ist und ihr Interesse mehr dem gilt, was außerhalb des Klassenzimmers im Dorf geschieht“(Laun,1983,S.25).
Célestin Freinets großes Interesse an reformpädagogischen Arbeitsweisen führt ihn mit mehreren bedeutenden Pädagogen seiner Zeit zusammen, deren alternative Erziehungsmodelle und Ideale ihn in weiten Teilen in seiner Arbeit beeinflussen. Als Beispiel ist hier sein Kontakt zu dem Arzt und Pädagogen Ovide Decroly zu nennen, der maßgeblich Célestin Freinets bekannte Idee der Schuldruckerei mit beeinflusste. Aber auch weitere berühmte Reformpädagogen wie Maria Montessori, John Dewey oder Peter Petersen prägen Célestin Freinets Vorstellungen von Pädagogik. Vor allem aber mit dem Reformpädagogen Peter Petersen verbindet ihn eine tiefe
Beziehung, die sich „[…] bis zu seinem Tod in Brief- und Gedankenaustausch[...]“(Jörg, 1981, S.139) zeigt.
Im Jahre 1923 besteht Célestin Freinet sein Examen als Professor für Literatur. Ein Angebot, als Lehrer an einer höheren Schule Unterricht zu erteilen lehnt er ab, um weiterhin an seiner kleinen Schule auf dem Land tätig zu sein. Sein Vorstellungen zur Umsetzung alternativer Lernmethoden, noch verstärkt durch den Kontakt zu anderen Reformpädagogen, lassen Célestin Freinet bald erkennen, dass ihm alleine nicht möglich ist, seine Ideen alleine umzusetzen. Aus diesem Grunde gründet er im Jahre 1924 die „Cooperative de l´Enseignement Laic“(C.E.L.), welche noch bis heute besteht. Diese von ihm gegründete Kooperative ist ein Zusammenschluss von Lehrern in Form einer pädagogischen Gewerkschaft. Die Arbeit der C.E.L. besteht gemäß Célestin Freinets Vorstellungen darin, kindgerechte Arbeitsmaterialien für die Schule zu entwickeln und bereit zu stellen. Im Jahre 1926 unterhält Célestin Freinet bereits neun druckende Schulen, welche mit ihm selbst sowie seiner Klasse auf diese Wege korrespondieren. Im selben Jahr heiratet er seine Frau Elise. Elise Freinet ist wie ihr Mann Lehrerin und ihm bis zu seinem Tode eine treue Mitarbeiterin. Im Jahre 1927 findet der erste Kongress der C.E.L. in der französischen Stadt Tour statt. Zu diesem Zeitpunkt zählt Célestin Freinets Kooperative bereits 41 Lehrerinnen und Lehrer. 1928 führt es Célestin Freinet zum zweiten Male nach Deutschland, wo er am internationalen pädagogischen Kongress des „Leipziger
Lehrervereins“ teilnimmt. Auch in den folgenden Jahren zeigt Célestin Freinet stets großes Interesse für Entwicklungen in Deutschland, sowohl in pädagogischer als auch in politischer Hinsicht. So ruft er beispielsweise im Jahre 1933 deutsche Lehrerinnen und Lehrer zum Protest gegen die Machtergreifung Hitlers auf. Trotz seines großen Interesses und Idealismus in politischer Hinsicht, die ihn 1924 zum Beitritt in die kommunistische Partei Frankreichs bewegen, wehrt sich Célestin Freinet mit aller Entschiedenheit dagegen, seine Kooperative dieser Partei zu überführen.
Schließlich verlässt er die kommunistische Partei Frankreichs 1948 aufgrund der immer stärker werdenden Anfeindungen und den ständigen Versuchen, ihn der Partei untertänig zu machen. Im gleichen Jahr gibt Célestin Freinet seiner Pädagogik die offizielle Bezeichnung „Ecole moderne francaise“ (vgl. Kock, 1995, S.24). Der
letzte Kongress seiner „Ecole moderne“, an welchem Célestin Freinet noch persönlich teilnehmen kann, ist die im Jahre 1965 in Brest stattfindende Versammlung. Den darauf folgenden in Perpignan stattfindenden Kongress im Jahre 1966 kann er aus gesundheitlichen Gründen bereits nicht mehr persönlich besuchen. Célestin Freinet stirbt schließlich am 8. Oktober 1966 und wird in seinem Heimatort Gars beigesetzt (vgl. Kock, 1995, S. 24 f.)
Auch nach Célestin Freinets Tod bleibt die Bewegung der „Ecole moderne“ bestehen. Heute ist sie, bezeichnet als „Institut Cooperatif de l´Ecole Moderne“, eine der größten und wichtigsten französischen Reformbewegungen. Sie ist besonders innerhalb des Primarschulsystems etabliert und in mehr als 40 Ländern weltweit verbreitet (vgl. Kock, 1995, S. 25).
3. Auffassung des Menschenbildes und Erziehungsziel der
Pädagogik Célestin Freinets
Der zentrale Aspekt der Pädagogik Célestin Freinets, um der er sich sein ganzes Leben lang bemühte, ist das Verwirklichen einer „ […]der Natur nahen Erziehung mit natürlichen Methoden in einer entsprechend vorbereiteten Umgebung[…]“ (Hellmich; Teigeler, 1995, S.98).
Ein weiteres wichtiges Anliegen Célestin Freinets war es, die Lebensumstände von Kindern, die betroffen waren von Krieg und sozialen Missständen, zu verbessern. Sein Ziel war es daher, durch eine bessere Schulbildung den Bildungsstandard zu erhöhen, um den Kindern somit bessere Lebenschancen zu ermöglichen. Célestin Freinet erkannte, dass das veraltete Schulsystem seiner Zeit dies nicht gewährleisten konnte.
Als sozialistisch geprägter Mensch veranlasste ihn dieser Umstand also, dieses bestehende Schulsystem zu reformieren und gegen es anzukämpfen. Das Ziel der Erziehung Célestin Freinets war demnach also „[…] nicht der der Gemeinschaft untergeordnete Massenmensch, sondern die freie, selbst denkende, selbstbewusste, verantwortlich handelnde Persönlichkeit, die nach besten Kräften zum Wohle der Gemeinschaft beiträgt“ (Treitz, 1979, S. 5).
Schlagworte:
lit_2007-buch, e-book,
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Notiz:
Uni Köln
Titel: Das didaktische Konzept Freinets und dessen mögliche Umsetzung im Unterricht
Veranstaltung: Reformpädagogik und Schulpädagogik
Autor:Julia SelbachJahr: 2007
Seiten: 23
Archivnummer: V137255
ISBN (eBook): 978-3-640-45896-7
ISBN (Buch): 978-3-640-45859-2
DOI: 10.3239/9783640458967
Dateigröße: 132 KB
Sprache: Deutsch
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ID: 4349 | hinzugefügt von Jürgen an 12:18 - 7.8.2012 |
title: Die Schuldruckerei im Unterricht by Sellen, Monika |
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Titel: | Die Schuldruckerei im Unterricht |
Autor: | Sellen, Monika | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Wadrill | Quellentyp: | Monographie |
veröffentlicht am: | 1967 | | |
url: | |
Text:
Die Schuldruckerei im Unterricht -
Schlagworte:
Examensarbeit_Grundschulpädagogik
summary:
-
keine Notizen verfügbar
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ID: 1109 | hinzugefügt von Hagstedt an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Cèlestin Freinets reformpädagogisches Konzept. Ansatz zur Ausarbeitung eines Konzeptes zur Integration unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge? by Simons, Lisa |
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Titel: | Cèlestin Freinets reformpädagogisches Konzept. Ansatz zur Ausarbeitung eines Konzeptes zur Integration unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge? |
Autor: | Simons, Lisa | Sprache: | deutsch |
Quelle: | München, Grin | Quellentyp: | Monographie |
veröffentlicht am: | DD.MM.2015 | | |
url: | https://www.grin.com/document/324189 |
Text:
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Cèlestin Freinet
1.1 Leben und Wirken
1.2 Pädagogisches Konzept
1.2.1 Ziele und Grundprinzipien
1.2.2 Praktische Umsetzung – Arbeitstechniken und Methoden
2. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland
2.1 Definition und Statistik
2.1.1 Gründe und Umstände der Flucht
2.2. Situation und Bedürfnisse der umF in Deutschland
2.2.1 Kindeswohl
2.2.2 Fremdheit
2.2.3 Zwischen Autonomie und Orientierung
2.2.4 Traumatisierung und Traumatherapie
3. Elemente der Freinet Pädagogik in einem Konzept für umF
3.1 Das Kindeswohl mit Freinet schützen
3.2 Fremdheit mit Freinet begegnen
3.3 Autonomie und Orientierung mit Freinet gewährleisten
3.4 Traumata mit Freinet aufarbeiten
4. Fazit
5. Quellenverzeichnis
5.1 Literatur
5.2 Internet
5.3 Rechtsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Im Reichstag herrschte ein totalitärer, grausamer Diktator. Auf den Straßen herrschte Gewalt. In den Häusern herrschte Hunger, Angst und Verzweiflung.
Während die Nationalsozialisten von 1933-1945 regierten, wurden in Deutschland Menschen aufgrund ihrer Rasse, Religion, sexuellen Orientierung oder politischen Einstellung verfolgt, eingesperrt und grausam getötet. Verfolgung, Repressalien und organisierter Massenmord von Minderheiten waren an der Tagesordnung und ließen die jüdische Bevölkerung, die besonders schwer von der Verfolgung betroffen war, verzweifeln. Um wenigstens verfolgte Kinder vor der Terrorherrschaft Hitlers zu bewahren, organisierten Hilfsorganisationen und Privatpersonen Kindertransporte, mit denen sie allein nach Großbritannien 9.354 Kinder in Sicherheit brachten (Hargasser 2014, S.8).
Heute hat sich die Situation grundlegend geändert. Niemand muss mehr aufgrund von Verfolgung aus Deutschland fliehen. Deutschland hat sich zu einem demokratischen Rechtsstaat entwickelt, der in der Weltgemeinschaft angesehen ist. Doch in vielen Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt herrschen heute ähnliche Zustände wie damals in Deutschland. Diese Zustände zwingen Menschen ihr Heimatland zu verlassen. Besonders in den Regionen Irak und Syrien, wo aktuell die Terrorherrschaft des „Islamischen Staates“ und ein verehrender Bürgerkrieg wüten, entschließen sich immer mehr Menschen ihre Heimat zu verlassen. Die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge steigt seit Monaten kontinuierlich und drastisch an. Politik und Medien sprechen von einer Flüchtlingskriese (Gambone 2015). Auch immer mehr Minderjährige sehen sich aus unterschiedlichen Gründen gezwungen, sich alleine auf die gefährliche Flucht in ein sicheres Land zu begeben. Deutschland hat sich innerhalb von weniger als 70 Jahren von einem Land, aus dem Kinder flüchten mussten, zu einem Land entwickelt, in das immer mehr Kinder flüchten und in dem sich immer mehr Kinder Sicherheit und eine bessere Zukunft erhoffen.
Die drastisch steigende Anzahl von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Deutschland ist eine große Herausforderung für die Politik, aber auch für die Soziale Arbeit. Der besondere und spezifische Hilfebedarf von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen erfordert spezielle Methoden und Konzepte, die auf die besonderen Bedürfnisse der Flüchtlingskinder eingehen.
Die vorliegende Arbeit soll untersuchen, in wie fern das Pädagogische Konzept von dem Reformpädagogen Cèlestin Freinet als Grundlage zur Entwicklung eines Konzeptes zur Integration von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Deutschland beitragen kann. Eine konkrete Ausgestaltung eines Konzeptes und der Rahmen für den das Konzept geschaffen wird, soll hierbei nicht erarbeitet werden.
Im ersten Teil der Arbeit wird das Pädagogische Konzept von Freinet in Grundzügen vorgestellt.
Im zweiten Teil wird der Begriff umF geschärft und die Situation der umF in Deutschland erläutert und deren Bedürfnisse herausgearbeitet.
Im dritten Teil der Arbeit wird erörtert, in wie weit die Bedürfnisse der umF durch die Elemente der Freinet Pädagogik im Rahmen eines Konzeptes zu Integration befriedigt werden können.
Eine solche Übertragung von Freinets Konzept auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurde bisher noch nicht untersucht. Als Grundlage meiner Ausarbeitung dienen Fachliteratur zu Cèlestin Freinet und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, sowie wissenschaftliche Studien zu umF und hierbei hauptsächlich die Studie „Unbegleitete Minderjährige in Deutschland. Fokus-Studie der deutschen nationalen Kontaktstelle für das Europäische Migrationsnetzwerk“.
1. Cèlestin Freinet
1.1 Leben und Wirken
Cèlestin Freinet wird 1896 als Sohn einer armen Kleinbauernfamilie in Gars, Südfrankreich geboren. Nach der Schule beginnt er 1912 das Lehrerstudium (vgl. Winkel 1997, S. 55-56). Dieses muss er jedoch aufgrund des 1. Weltkrieges abbrechen. Während des Krieges wird Freinet durch einen Lungensteckschuss schwer verwundet. Nachdem er zwei Jahre im Lazarett zubringt, tritt Cèlestin Freinet 1920 seine erste Stelle als Lehrer in einer französischen Ecole primaire an.
Während seiner Lehrertätigkeit steht Freinet im ständigen Austausch mit Reformpädagogen wie Hermann Lietz, Maria Montessori oder Peter Petersen und lässt sich von deren Werken beeinflussen und anregen. Er teilt mit den Reformpädagogen die kritische Einstellung gegenüber dem bestehenden Schulsystem mit festen Lehrplänen und Frontalunterricht (vgl. Köster 2005, S.48ff.). Freinet selbst beschreibt seine Kritik mit den Worten „Die Mangelerscheinungen sind nicht zu leugnen: schlecht verdaute Nahrung, Widerwille vor intellektueller Ernährung, der bis zur totalen Verweigerung gehen kann, Verkrüppelung des Individuums, Lebensuntüchtigkeit, Feindseligkeit gegenüber der falschen Kultur der Schule. Diese Mangelerscheinungen nenne ich „Scolatismus“ (Freinet 1980, S.22).
Um das Schulsystem in Frankreich zu reformieren, gründet Freinet 1924 die „Cooperative de l`Enseignement Laic“ (C.E.L.). Diese „Kooperative“ sollte Arbeitsmaterialien herausgeben und die pädagogische Zusammenarbeit organisieren und fördern. Später entstand hieraus die Lehrerbewegung „Ècole Moderne“.
Darüber hinaus verwendet Freinet selbst bei seiner Lehrertätigkeit immer mehr neue Methoden wie zum Beispiel die Praxis des „Freien Ausdrucks“ und die „Natürliche Methode“ und veröffentlicht Artikel, die sich gegen das traditionelle Schulsystem wenden wie zum Beispiel sein Aufsatz „Plus de manuels scolaires“ (Keine Schulbücher mehr) (vgl. Kock 2006, S.17). 1926 produziert Freinet seine erste eigene Schuldruckpresse, die zu einer zentralen Arbeitstechnik für ihn wird. In diesem Jahr heiratet Freinet auch seine Frau Elise, die ihn fortan in all seinen Tätigkeiten unterstützt (vgl. Köster 2005, S.51ff.).
Aufgrund von Freinets revolutionären Gedanken und seiner linken politischen Orientierung kommt es zu zahlreichen Hetzkampagnen gegen ihn und seine Pädagogik, sodass Freinet und Elise 1933 den öffentlichen Schuldienst in Frankreich quittieren. 1934 gründen sie ihr eigenes Landerziehungsheim im französischen Vence (vgl. Winkel 1997, S. 57).
Der 2. Weltkrieg setzt der Freinets Bewegung ein Ende. Freinet selbst wird zweimal interniert. Erst im August 1945, nach dem Ende des 2. Weltkrieges kann Freinet seine Schule in Vence wieder eröffnen und die Lehrerbewegung Ècole Moderne neu aufbauen. Darüber hinaus verfasst er zu dieser Zeit viele Werke über seine praktischen Pädagogischen Erfahrungen, darunter seine Werke „L`Ecole Moderne Francaise“ im Jahre 1946 und „Les dits de Mathieu“ 1956.
1966 verstirbt Cèlestin Freinet im Alter von 69 Jahren.
1.2 Pädagogisches Konzept
1.2.1 Ziele und Grundprinzipien
Freinet hat sich das Leitmotiv „Par la vie – pour la vie – par le travail“ zum Grundprinzip seiner Pädagogik gemacht (vgl. Freinet 1979, S.163). Sein Ziel ist es „dem Schüler möglich [zu] machen, zu einer möglichst selbstständigen, vollkommenen und harmonischen Entfaltung all seiner Anlagen und Kräfte zu gelangen.“ (Freinet 1979, S.153, Änderung Annika Botens)
Dabei stellt er den Schüler in den Vordergrund und fordert, das Kind schon von Geburt an als eigenständiges Individuum mit eigenen Rechten zu betrachten. Alles Lehren und Lernen soll ausgehen von den Bedürfnissen und der Lebenswelt des Kindes. Des Weiteren stellt Freinet heraus, dass jedes Kind das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat. Dies beinhaltet, dass die Eigenart und Identität des Kindes berücksichtigt und der freie Ausdruck gefördert wird (vgl. Hellmich 2007, S. 99). Dem Kind soll freier Raum gewährt werden um sich auszudrücken, sei es schriftlich, musisch oder mündlich.
Darüber hinaus soll das Kind zur Selbstverantwortlichkeit und zur Selbstständigkeit erzogen werden. „Durch eigenes Versuchen, Selbsttun und Experimentieren soll das Kind Lösungswege für die Bewältigung aller auf es zukommenden Lern- und Lebensaufgaben finden.“ (Hellmich&Teigeler 2007, S.99). Hierbei soll besonders die erzieherische Wirkung der Arbeit und die Wirkkraft des Erfolges beachtet werden. Durch Selbstkontrollmöglichkeiten soll diese Wirkung verstärkt und verdeutlicht werden.
Ein weiteres Prinzip der Freinet Pädagogik ist die Erziehung zur Kooperation und Mitverantwortung. Die Schule soll ein „Ort der Kooperation sein“. Probleme und Konflikte werden offen diskutiert und Kritik konstruktiv angebracht (vgl. Köster 2005, S. 65). Die Kinder übernehmen zum Beispiel Verantwortung für die Geschehnisse in der Klasse, für die Reinheit der Räume oder für Pflanzen. Sie arbeiten gemeinsam an Lernprojekten und müssen sich hierbei die Arbeit untereinander aufteilen (vgl. Kock 2006, S. 69).
Darüber hinaus fordert Freinet die kritische Auseinandersetzung mit der Umwelt. Der Schüler soll zur Kritikfähigkeit und kritischen Betrachtung der Wirklichkeit erzogen werden (vgl. Hellmich&Teigeler 2007, S. 101).
Dem Lehrer kommt in der Freinet Pädagogik eine andere Rolle zu als in der traditionellen Pädagogik. Er ist nicht in erster Linie Wissensvermittler, sondern er unterstützt, berät und koordiniert die Lernaufgaben der Schüler. Ähnlich wie bei Montessori soll der Lehrer „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten (vgl. Köster 2005, S. 75).
Im Folgenden soll beschrieben werden, mit welchen Arbeitstechniken und Methoden diese Grundprinzipien in der Praxis umgesetzt werden.
1.2.2 Praktische Umsetzung – Arbeitstechniken und Methoden
Raumgestaltung und Arbeitsmaterialien
Die Klassenzimmer weichen in der Freinet Pädagogik deutlich von der herkömmlichen Raumgestaltung ab. Freinet war der Meinung, dass „die Arbeit […] der Ausgangspunkt und der Motor allen schulischen Lernens sein [soll], deshalb soll die Schule […] ein Arbeitsatelier sein, das gleichzeitig der Gemeinschaftsarbeit wie der Einzelarbeit mit Sonderaufgaben dient.“ ( Freinet 1979, S. 56, Änderungen Annika Botens)
Die Klassenzimmer werden dementsprechend in verschiedene Arbeitsateliers aufgeteilt, die mit unterschiedlichen Materialien ausgestattet sind und die Selbsttätigkeit anregen sollen. Beispiele für Arbeitsateliers sind, das „Atelier für Quellen- und Dokumentensammlung, das Atelier für naturwissenschaftliche Experimente oder das Atelier für künstlerisches und musisches Schaffen.“ (Hellmich&Teigeler 2007, S. 102)
Diese Aufteilung soll unter anderem den freien Ausdruck des Kindes fördern, das somit die Möglichkeit hat die verschiedenen Ateliers aufzusuchen, anstatt durch den Lehrer oder die Unterrichtsstunde auf einen Bereich festgelegt zu werden.
Darüber hinaus wird der Schulalltag durch zahlreiche Untersuchungen außerhalb der Schule ergänzt. Hierbei werden zum Beispiel Bauernhöfe, Märkte, Handwerksbetriebe oder der Wald besucht und gemeinsam erfahren.
Als Arbeits- und Lernmittel dienen keine festen Schulbücher, sondern frei zugängliche Arbeitsbüchereien, Arbeitsmittelkarteien, Versuchskarteien und Selbstlernkarteien. Diese stellen eine Sammlung an Wissen zur Verfügung, müssen aber aktiv und selbstständig von den Schülern verwendet werden. Es sind Selbstbildungsmittel, die auch Selbstkontrollmöglichkeiten enthalten (vgl. Hellmich&Teigeler 2007, S. 103).
Druckerpresse, Korrespondenz und Klassentagebuch
Ein Spezifikum der Freinet Bewegung ist die Nutzung der Druckerpresse als Element der Pädagogik. Nach dem Motto „Dem Kind das Wort geben“ ermöglicht die Druckerpresse es den Kindern ihre Erfahrungen und Beobachtungen niederzuschreiben und durch den Druck zu vervielfältigen. Dabei legt Freinet besonderen Wert darauf, dass die geschriebenen Texte der Schüler keine Diktate oder Pflichtaufsätze sind, sondern „freie Texte“, die das Kind je nach Interesse und individuellem Erleben selbstständig verfasst hat. Das gemeinsame Setzen und Drucken der Texte fördert unter anderem die Kooperation der Schüler untereinander und löst ein Wirksamkeitserleben der Schüler aus (vgl. Köster 2005, S. 72). Darüber hinaus verbindet Freinet mit dem Mittel der Druckerei die geistige und körperliche Arbeit. Da die Kinder in Eigenverantwortung drucken, sind sie „Autor, Setzer, Drucker, Buchbinder, Verleger und Buchhändler zugleich.“ (Köster 2005, S. 71).
Die gedruckten Texte, geschriebenen Briefe, Bilder sowie die Klassenzeitung werden mit einer Partnerklasse einer anderen Schule ausgetauscht. Die Klassen stehen untereinander im ständigen Kontakt und die regelmäßige Korrespondenz dient dem wechselseitigen Erfahrungsaustausch und der Erweiterung der eigenen Sichtweise. Darüber hinaus werden die Kinder so zu sauberem und gutem Arbeiten motiviert (vgl. Hellmich&Teigeler 2007, S. 106).
Im Klassentagebuch hält jeden Tag ein Schüler die Erlebnisse, Lernfortschritte und Lerninhalte der gesamten Klasse mit Texten und Bildern fest. Das persönliche Tagebuch bietet die Möglichkeit individuelle Fortschritte und Erlebnisse zu notieren (vgl. Köster 2005, S.75).
Der individuelle Wochenarbeitsplan, Klassenrat und Klassenversammlung
Die Förderung der Selbst- und Mitverantwortung wird in der Freinet Pädagogik unter anderem umgesetzt durch den individuellen Wochenarbeitsplan, den Klassenrat und die Klassenversammlung.
[...]
Schlagworte:
lit_2015-art, Hausarbeit
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ID: 5330 | hinzugefügt von Jürgen an 14:21 - 18.4.2020 |
title: Schuldruckerei - lohnt sich der Aufwand überhaupt? by Solberg, Anja |
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Titel: | Schuldruckerei - lohnt sich der Aufwand überhaupt? |
Autor: | Solberg, Anja | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Bremen, Fragen und Versuche 136, S. 27 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.6.2011 | | |
url: | |
Text:
-
Schlagworte:
fuv-136, lit_2011-art, Grundschule, Druckwerkstatt,
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ID: 3633 | hinzugefügt von Jürgen an 18:43 - 27.7.2011 |
title: Freinet - kennenlernen und selbst erleben by Staudinger, Susanna |
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Text:
Freinet - kennenlernen und selbst erleben
SUSANNA STAUDINGER
Das Herbsttreffen Weikersdorf 1996 war meine erste Begegnung mit dem Gedankengut Freinets und der österreichischen Freinetbewegung.
In Ateliers, die von Teilnehmern geleitet wurden, konnte ich verschiedene Aspekte seiner Arbeit kennenlernen. Das erste Atelier fand im Wald statt und hatte die Begegnung mit der Natur zum Inhalt. Für mich wurde dadurch innere Ruhe und Ausgewogenheit hervorgerufen, die mich zum "Freien Texten" führte. Ich legte mich unter einen Baum und verfasste ein paar ungereimte Gedichte, die ich anschließend auch druckte.
Da es sich um meinen ersten Druckversuch handelte, war ich überrascht, welche Wirkung das Setzen der Lettern auf mich hatte. Ich spürte, wie durch die Aneinanderreihung der einzelnen Buchstaben jedes Wort enorm aufgewertet wurde. Nach vier kurzen Zeilen hatte ich das Gefühl, etwas ganz Tolles, Einzigartiges geschaffen zu haben. Es sind meine Worte geworden, nicht nur geliehen, sondern Ausdruck meiner Gedanken. Durch dieses Glücksgefühl war mein Entschluss gefestigt, auch mit den Schülern eine Druckerei einzurichten, was auch kurz darauf geschah.
Schlagworte:
atsch-h01, lit-1997_art,
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ID: 2559 | hinzugefügt von Jürgen an 01:21 - 25.9.2005 |
title: Schreiblust und Schreibförderung in der Grundschule - mit und ohne Computereinsatz by Steier, Iris |
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Text:
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG 1
1 THEORETISCHE GRUNDLAGEN 4
1.1 Tendenzen der Schreibdidaktik seit den 70er Jahren: Ein kurzer Abriss 4
1.2 Der Einfluss der amerikanischen Schreibforschung auf die Schreibdidaktik in
Deutschland 5
1.2.1 Forderungen von SchreibdidaktikerInnen an die Schulpraxis 6
1.2.2 Die neuere Schreibforschung und ihre Verwirklichung in der Schule 8
1.3 Bedeutung des Schreibens 9
1.3.1 Schreiben zur Identitätsgewinnung 9
1.3.2 Schreiben zum Zwecke der Erkenntnis 10
1.3.3 Unterschiede zwischen mündlicher und schriftlicher Sprache 11
1.3.4 Bedeutung des Schreibens für die Entwicklung des Kindes 12
1.4 Schreibblockaden und Schreibunlust 14
1.4.1 Emotionelle und kulturelle Schreibblockaden 14
1.4.2 Schreibunlust: Einflussfaktoren der Schule 15
1.5 Was sind motivierende Schreibanlässe? 15
1.6 Schreibkompetenz 17
1.6.1 Stufenmodelle der Entwicklung von Schreibkompetenz 17
1.6.2 Konsequenzen aus dem Stufenmodell von
B ÖTTCHER/BECKER-MROTZEK (2003) für die Grundschulpraxis 21
1.7 Zusammenfassung 22
2 DIE ENTWICKLUNG VON RECHTSCHREIBKOMPETENZ IM ZUSAMMENSPIEL MIT
DER FREIEN TEXTPRODUKTION 23
2.1 Forderungen an den Rechtschreibunterricht 23
2.2 Rechtschreibentwicklung am Beispiel der
„Vier Säulen des Rechtschreibunterrichts“ von BRINKMANN (2000) 24
2.3 Erläuterung der „Vier Säulen des Rechtschreibunterrichts“ 26
3 FREIES UND KREATIVES SCHREIBEN 29
3.1 Freies Schreiben 29
3.1.1 Überblick 29
3.1.2 Prinzipien des freien Schreibens 30
3.1.3 Bedeutung des freien Schreibens 32
3.1.4 Kritik und Zusammenfassung 33
3.2 Kreatives Schreiben 34
3.2.1 Geschichte des kreativen Schreibens 34
3.2.2 Überblick 35
3.2.3 Methoden des kreativen Schreibens und ihre Funktion 36
3.2.4 Methodengruppen des kreativen Schreibens 37
3.2.5 Einzelne Phasen des Schreibprozesses einüben: Die Textplanung 40
3.2.6 Koordination kreativer Schreibphasen und systematischer Lernphasen 42
3.2.7 Kritik und Zusammenfassung 44
3.3 Überarbeiten von Texten 47
3.3.1 Vorbemerkungen zum Überarbeiten von Texten 47
3.3.2 Kooperative Verfahren zur Textüberarbeitung 49
3.3.3 Zusammenfassung der beschriebenen Textüberarbeitungsverfahren 53
3.4 Zum Schreibprozess gehört Veröffentlichung 54
3.4.1 Die Druckerei: Nicht nur ein Mittel zum Zweck! 55
3.4.2 Möglichkeiten der Veröffentlichung 56
4 DER COMPUTER ALS WERKZEUG BEIM FREIEN UND KREATIVEN SCHREIBEN 58
4.1 Schreiben am Computer und Schreiben mit der Hand: Unterschiede 58
4.2 Vorteile der Textproduktion am Computer 59
4.3 Mögliche Nachteile des Computereinsatzes 63
4.4 Überarbeiten von Texten am Computer 65
4.5 Veröffentlichen von Texten mithilfe des Computereinsatzes 68
4.5.1 Das Veröffentlichen von Texten im Internet am Beispiel einiger
EINLEITUNG
Sicherlich sind viele GrundschulpädagogInnen bestrebt, für einen Schreibunterricht Sorge zu tragen, der die scheinbaren Widersprüchlichkeiten Schreiblust und Schreibkompetenz miteinander in Einklang bringen kann. Aufgrund von Lehrplanvorgaben, gesellschaftlichen Vorstellungen, Erwartungen von Eltern und vielen anderen Faktoren scheint dieses Unterfangen allerdings schwer realisierbar zu sein. Dies kann dazu führen, dass das primäre Ziel, zunächst die Schreibfreude von Jungen und Mädchen zu fördern, rasch durch einen Unterricht abgelöst wird, der vorrangig darauf abzielt, Schreibkompetenzen auszubauen und wenig auf die individuelle Schreiblust von Kindern eingehen kann. Manchen Lehrkräften wiederum ist der Aufbau und Erhalt von Schreiblust so wichtig, dass sie den Aspekt der Schreibförderung, welche zum Ausbau von Schreibkompetenz führen soll, als zweitrangig erachten oder der Ansicht sind, dass sich ausgehend von der Schreiblust alles andere von selbst entwickelt (vgl. WINTER 1998:52). Schließen sich Schreibförderung und Schreiblust in der Grundschule aufgrund der eingangs erwähnten Schwierigkeiten aus oder gibt es Verfahren, die beiden Ansprüchen entgegenkommen? Diese Frage soll mit der vorliegenden Arbeit beantwortet werden. Eine wichtige Grundlage für meine Arbeit bildet die empirische Vergleichsstudie von CLAUDIA WINTER (1998) 1 , die der Frage nachging, wie sich verschiedene didaktische Konzepte auf die Schreibkompetenzen von Grundschulkindern auswirken. Mit ihrer Forschungsarbeit zeigt Winter Grenzen des kreativen Schreibunterrichts auf und kommt schließlich zu der Folgerung, dass das Zusammenführen verschiedener didaktischer Konzepte zur optimalen Entwicklung der Textkompetenz von Kindern führt. Hierzu schlägt sie zwei Alternativen (von mir im Folgenden A und B genannt) vor. Einerseits lässt sich der normative Aufsatzunterricht durch kreative und ungebundene Schreibaufgaben bereichern, andererseits kann der kreative Schreibunterricht mit prozessorientierten Schreibtechniken gekoppelt werden (vgl. ebd. 201f.). Speziell mit der letztgenannten Variante beschäftigt sich diese Arbeit.
Das gemeinsame Verfassen und Überarbeiten von Texten und die Schreibberatung sind in der prozessorientierten Schreibdidaktik von großer Bedeutung und dies spiegelt sich auch in den didaktischen Überlegungen bezüglich des Computereinsatzes wider. Daher werden potentielle Möglichkeiten der Nutzung des Computers im Schreibunterricht
1 WINTER, CLAUDIA: Traditioneller Aufsatzunterricht und kreatives Schreiben. Eine empirische Vergleichsstudie (= Augsburger Studien zur Deutschdidaktik, Bd. 1). Augsburg: Verlag Dr. Wißner 1998
diskutiert. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Computer ein Schreibwerkzeug von vielen ist und nicht als ein Medium begriffen werden kann, welches Schreibprozesse von Anbeginn für alle Kinder erheblich erleichtert und zu revolutionären Verbesserungen im Bereich der Textkompetenz führt. Diese Ansicht vertritt auch REUEN (1997), der darauf hinweist, dass die Produktion und Überarbeitung von Texten mehr vom schriftsprachlichen Können der Schreibenden und weniger vom Schreibwerkzeug abhängig ist (vgl. ebd. 178-181). Seine Studie mit Kindern einer 4. Jahrgangsstufe machte sogar ersichtlich, dass die Qualität der am Computer erstellten Texte schlechter ausfiel als jene, die handschriftlich verfasst wurden. Reuen führt dies allerdings auf die Veränderungen der gewohnten Schreibumgebung und auf das stark konzentrationsfordernde Eingeben des Textes mittels der für die Kinder noch unvertrauten Tastatur zurück - ein Umstand, welcher die kognitiven Prozesse erheblich beeinträchtigte (vgl. ebd. 181). Wie für jedes Medium gilt demnach, dass seine Einsatzmöglichkeiten von den Nutzern, dem Grad ihrer Kompetenzen und dem Unterrichtsrahmen abhängen. Das 1. Kapitel versteht sich als Ausgangsbasis für die weiteren Kapitel. Zunächst wird ein Überblick über wichtige Tendenzen der neueren Schreibdidaktik und die sich daraus ergebenden Forderungen an die Schulpraxis gegeben. Es werden basale Begriffe wie Schreibunlust, Schreibmotivation und die Bedeutung des Schreibens für die kindliche Entwicklung dargelegt sowie der Frage nachgegangen, welche Faktoren möglicherweise zu Schreibunlust und Schreibblockaden führen und wie diese abgebaut werden könnten, bevor Schreibentwicklungsmodelle und eine Zusammenfassung das Kapitel abschließen.
In engem Verhältnis zur Textproduktion steht die Rechtschreibung. Das 2. Kapitel bietet einen Exkurs, welcher der gesonderten Klärung der Frage dient, wie Rechtschreibunterricht integrativer Bestandteil des Deutschunterrichts sein kann. Hierbei wird das Modell „Vier Säulen des Rechtschreibunterrichts“ von BRINKMANN (2000) herangezogen. Das 3. Kapitel gliedert sich in vier Teile, deren Angelpunkt die Frage ist, wie die Förderung von Schreiblust und Schreibkompetenz vereinbart werden können. Der erste Teil fokussiert auf freies Schreiben, im zweiten Teil werden kreative Schreibverfahren vorgestellt. Auf der Grundlage meiner Kritik insbesondere an einem Schreibunterricht, der primär kreative Schreibverfahren einsetzt, allerdings den Ausbau von Textkompetenz außer Acht lässt, widmet sich der dritte Teil Verfahren, die zum Entwickeln von Schreibkompetenz beitragen sollen. Hierbei fiel die Wahl auf prozessorientierte
Techniken der Textrevision. Im vierten Teil werden zum Abschluss einige Möglichkeiten zur Veröffentlichung von Kindertexten genannt.
Das 4. Kapitel greift die in den vorherigen Kapiteln vorgestellten Konzepte im Zusammenhang mit dem Computereinsatz auf. Einleitend werden Unterschiede zwischen der handschriftlichen und der maschinellen Textproduktion herausgearbeitet, bevor auf Vor- und Nachteile des Computereinsatzes eingegangen wird. Abschließend sollen verschiedene computergestützte Möglichkeiten rund um das Schreiben, Überarbeiten und Veröffentlichen von Texten dargestellt und einer kritischen Analyse unterzogen werden. Einige Internetportale für Kinder und Jugendliche, die gegen Ende des Kapitels beschrieben werden, dienen als praktische Beispiele für das Veröffentlichen von Texten im Internet.
Meine Abschlussbetrachtung fasst wesentliche Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und leistet einen Ausblick.
In der Anlage zu dieser Arbeit kommen Kinder einer 5. Jahrgangsstufe zu Wort, die mir auf meine Frage, was ihnen das Veröffentlichen ihrer Texte bedeutete, ihre Ansichten schriftlich mitteilten. Es handelt sich um SchülerInnen, die im Rahmen meines Unterrichtspraktikums im Frühjahr 2005 an der Konrad-Aghad-Grundschule in Berlin-Neukölln an einer Schreibwerkstatt teilgenommen hatten. Ihre Antworten dürften dazu beitragen, Äußerungen von Erwachsenen zu ergänzen.
Bezüglich der verwendeten Literatur sei angemerkt, dass einige Quellen älteren Datums sind. Nach reiflicher Überlegung folgte der Entschluss, diese trotzdem zu nutzen, da sie meiner Ansicht nach noch immer diskussionswürdig sind. Literatur, die von mir zitierte AutorInnen verwenden und mir selbst nicht vorlag, wird, wenn möglich, in einer Fußnote spezifiziert. Sie taucht im Literaturverzeichnis nicht mehr auf. Eine abschließende Anmerkung betrifft das Verwenden maskuliner Formen in einigen wenigen Fällen. Selbstverständlich beziehen sich die Angaben immer auch auf weibliche Personen.
1 THEORETISCHE GRUNDLAGEN
Zum Einstieg folgt eine knappe Übersicht wichtiger Tendenzen der neueren Schreibdidaktik seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Im Anschluss werden Forderungen an den schulischen Schreibunterricht, wie sie sich aus der neueren Schreibdidaktik ergeben, genannt und auf ihre Umsetzung in der Schulpraxis untersucht. Die anschließenden Ausführungen widmen sich der Bedeutung des Schreibens. Bevor es sich im Weiteren um die Frage dreht, was motivierende Schreibanlässe sein könnten, werden Ursachen für Schreibunlust vorgestellt und Lösungsvorschläge gemacht. Der letzte Teil des Kapitels beschäftigt sich mit einigen Entwicklungsmodellen der Schreibkompetenz. Eine Zusammenfassung schließt das vorliegende Kapitel ab.
1.1 Tendenzen der Schreibdidaktik seit den 70er Jahren: Ein kurzer Abriss
Seit den 70er Jahren erfuhr der traditionelle Aufsatzunterricht massive Kritik. Bemängelt wurde mitunter, dass er primär die Regeln und Normen der Sprachgestaltung be-handelt (vgl. WINTER 1998:11). BERGK (1993) stellt fest: „Der traditionelle Aufsatzunterricht war eine Einzeldisziplin des Deutschunterrichts, welche die individuelle Fähigkeit schulte, eine Erzählung, Schilderung, Beschreibung inhaltlich, stilistisch und grammatisch richtig «aufzusetzen»“ (ebd. 119). Kritisiert wurde ebenso, dass es für die SchülerInnen wenig Möglichkeit gab, eigene Wege und Formen zu entwickeln und sie ihrer eigenen Fantasie kaum freien Lauf lassen konnten. Als problematisch galt nun auch, dass den entstandenen Texten der konkrete Adressatenbezug fehlte (vgl. SCHUSTER 1998:117). Diese und weitere Einwände führten zur kommunikativen Wende, im Laufe derer die Aachener Didaktiker Gruppe „als ersten wesentlichen Schritt zur Abkehr vom traditionellen Unterricht“ (BÖTTCHER 1999:15) den kommunikativen Aufsatzunterricht entwickelte, bei welchem man davon ausging, dass Schreiben an echte Situationen mit realen Schreibabsichten sowie konkrete Adressaten gebunden sein müsse (vgl. BÖTTCHER 1999:15). Letztendlich wurde dieser Ansatz nicht von allen als eine zufriedenstellende Lösung empfunden: „Die Folge ist, dass Schüler vorwiegend Briefe in Formeln des öffentlichen Schriftverkehrs schreiben lernen [...] - jedoch auf Kosten der Vorstellungskraft und kreativen Phantasie“ (SANNER 1994:231). Dem vorgenannten kommunikativen Ansatz folgten in den 80er Jahren Konzepte wie das freie Schreiben, das kreative Schreiben, das Schreiben als Prozess und das Schreiben von Anfang an. Gemeinsames Element dieser aufsatzdidaktischen Entwicklungen
ist die Betonung des Schreibprozesses, der Schreibpersönlichkeit und der individuellen Entwicklung des Schreibenden. Darüber hinaus geben sie den Kindern und Jugendlichen Gelegenheit, sich selbst in den Schreibprozess einzubringen. Die Tendenzen der 80er Jahre werden unter dem Begriff personales Schreiben zusammengefasst. Hierbei handelt es sich einerseits um Konzepte, die sich an der Identität des Schreibenden orientieren, wie sie beispielsweise von SPINNER (1980) entwickelt wurden, und andererseits um die mehr an der Praxis orientierten Verfahren von BOEHNKE/HUMBURG (1980), MATTENKLOTT (1979) und SENNLAUB (1980) (vgl. ebd. 15). Die Konzepte von BAM- BACH (1989)und SPITTA (1992) stellen in Bezug auf das freie Schreiben, wie es SENN- LAUB (1980)in Anlehnung an reformpädagogische Vorstellungen aufgriff, eine Weiterentwicklung dar, insofern als dass auch die Ebene der Besprechung und Überarbeitung von Texten Beachtung findet (vgl. WINTER 1998:11f.).
Welchen Einfluss die amerikanische Schreibforschung auf die deutsche Schreibdidaktik hatte, soll im nächsten Unterpunkt knapp skizziert werden.
1.2 Der Einfluss der amerikanischen Schreibforschung auf die Schreibdidaktik in Deutschland
Die kognitive Wende, die das Modell des Behaviorismus ablöste, begriff SchülerInnen als selbst entdeckende und aktive Lernende, die ihr Wissen konstruieren. Erkenntnisse aus der Kognitionspsychologie fanden auch in der Schreibdidaktik ihren Niederschlag, wobei für die deutsche Schreibforschung amerikanische Forschungsergebnisse aus der Schreibprozessforschung eine wichtige Grundlage bildeten (vgl. BLATT 2004:39f.). Forschungsergebnisse führten zu der Erkenntnis, dass Schreiben eine äußerst komplexe Tätigkeit ist, die sich in verschiedene Phasen untergliedern lässt (vgl. BÖTTCHER 1999:17). Schreiben setzt sich aus vielen komplexen Handlungen zusammen und so kann „ein Text als das Ergebnis zahlreicher und komplizierter Einzelaktionen verstanden werden“ (REUEN 1997:27f.). Ausgehend von dieser Erkenntnis beklagt LUDWIG (1989) 2 , dass man dem Schreibprodukt zu viel, dem Schreibprozess zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet habe (vgl. ebd., zitiert in REUEN 1997:19). In der prozessorientierten Schreibdidaktik besteht demnach die Tendenz, nicht mehr nur den Text als Produkt des Schreibens zu betrachten, sondern den Schreibakt und seine Prozesse ins Zentrum der
2 LUDWIG, OTTO: Die Produktion von Texten im Deutschunterricht - Tendenzen in der Aufsatzdidaktik und ihre Herkunft. In: ANTOS, GERD/KRINGS, HANS P.: Textproduktion. Ein interdisziplinärer Forschungsüberblick. Tübingen: Niemeyer 1989, S. 328-347
Aufmerksamkeit zu rücken (vgl. BLATT 2004:40). Prozessorientierte Ansätze betrachten zudem Fehler als wichtigen Schritt auf dem Weg zur besseren Schreibung und berücksichtigen vor allem auch die Vorerfahrungen und individuellen Lernwege der Schreibenden. Dies bedeutet, dass Schreibkompetenz nicht durch fehlerloses Imitieren von Vorbildern gemäß einer mechanischen, extrinsisch motivierten Normanpassung erworben wird.
Bezogen auf den Erwerb von Rechtschreibkompetenz, die im 2. Kapitel im Zusammenhang mit freien Schreibverfahren ausführlicher beleuchtet werden soll, sei an dieser Stelle angemerkt, dass eine solche Sichtweise auf den Schreibprozess auch den Erwerb von Rechtschreibwissen nicht mehr als ein starres Einprägen von Regeln betrachtet. Vielmehr handelt es sich auch hierbei um einen aktiven Prozess, der das Entdecken und das Regelbilden einschließt 3 und somit Fehler auf dem Weg zur Normschreibung nicht mehr als Mangel aufgefasst werden (vgl. auch SCHEERER-NEUMANN 1996:1154). Der Fehler gilt dementsprechend als Gradmesser des subjektiven Lernerfolgs und wird nicht mehr in erster Linie als Ausdruck von Leistungsversagen angesehen. Aus den genannten Erkenntnissen der neueren Schreibdidaktik ergeben sich Forderungen an die Schulpraxis, wie sie verschiedene SchreibforscherInnen formulieren.
1.2.1 Forderungen von SchreibdidaktikerInnen an die Schulpraxis
Schreiben wird als eine komplexe Handlung begriffen, deren Teilprozesse - konzeptionelle, innersprachliche, motorische und redigierende - rekursiv verlaufen, d. h. ineinander greifend und beliebig wiederholbar. Es ist kein linearer Prozess, wie der häufig in der Schreibdidaktik und Lehrplänen genannte Dreischritt planen - aufschreiben - überarbeiten suggeriert (BÖTTCHER 1999:17).
Die Abkehr vom Schreiben als linearen Prozess hin zu einem prozessualen Textverständnis ermöglicht es, den Schreibprozess in Teilprozesse zu zerlegen. BAURMANN (1990) unterteilt den Schreibprozess in vier nicht linear verlaufende Phasen, die in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Als erste Phase nennt er konzeptionelle Prozesse, bei welchen Fragen der Zielsetzung, der gedanklichen Konzeption und das Entwickeln eines Schreibplans im Vordergrund stehen. Innersprachliche Prozesse umfassen die Satz- und Textbildung sowie die Orientierung an Konventionen geschriebener Sprache. Beim Verfassen von Texten und ihrer Planung sowie bei der Textüberarbeitung spielen auch motorische Prozesse eine Rolle.
3 Siehe aber auch Brinkmanns Anmerkungen zu ihrem Rechtschreibmodell im 2. Kapitel, aus welchen hervorgeht, dass Lernwörter den Schreibprozess von Kindern entlasten, sodass beim Schreiben nicht über jedes Wort nachgedacht werden muss.
Redigierende Tätigkeiten wie Korrekturen, Nachträge und gegebenenfalls Neufassungen schließen sich der Textproduktion an. Darüber hinaus wirken sich die Motivation, Emotionslage sowie das Wissen und die Fähigkeiten des Schreibenden auf den Schreibprozess aus (vgl. ebd. 11). Aufgabe der Schule ist daher BÖTTCHER (1999) zufolge nicht das Einüben verschiedener Aufsatzformen, sondern die Entfaltung des Schreibpotentials (vgl. ebd. 17). Ähnlich äußern sich BAUMMANN/LUDWIG (1996) 4 , deren Ansicht nach schulisches Schreiben an der Schreibentwicklung, den individuellen Entwicklungsständen und Interessenslagen der Schreibenden orientiert sein soll. Zudem sei es notwendig, dass sich SchülerInnen möglichst umfassende Schreibfähigkeiten aneignen können. Das Üben einiger weniger Aufsatzformen würde diesem Anspruch nicht gerecht werden (vgl. ebd., zitiert in WINTER 1998:14). SCHNEUWLY (1996) fordert einen Unterricht, in welchem Schreiben sowohl individuell als auch kooperativ stattfindet und Texte auch in der Gruppe vorgestellt und überarbeitet werden können (vgl. ebd. 36). Abschließend soll ein stark vereinfachtes Schaubild zeigen, wie - mit einigen dieser Forderungen im Hintergrund - einzelne Phasen des Schreibprozesses zusammenwirken könnten.
4 BAURMANN, JÜRGEN/LUDWIG, OTTO: Praxis Deutsch und der neuere Schreib- und Aufsatzunterricht. Schreiben: Konzepte und schulische Praxis. In: Praxis Deutsch (Sonderheft) 1996, S. 3-4
1.2.2 Die neuere Schreibforschung und ihre Verwirklichung in der Schule
Inwieweit die oben genannten Forderungen in der Schulpraxis verwirklicht werden, ist eine interessante Frage, der nun nachgegangen werden soll.
Eine prozessorientierte Schreibdidaktik, die vom Schreibenden, seinen Erfahrungen und Interessen ausgeht, wird in der schulischen Praxis kaum umgesetzt. Dies behaupten zumindest einige SchreibforscherInnen. So kritisieren KOCHAN/HERZ (1988), dass Schreiben nach wie vor von „außen nach innen“ (ebd. 25) erfolgt. Mit Unterricht von „außen nach innen“ könnte gemeint sein, dass Kindern Schreib- und Textmuster vorgegeben werden, an welchen sie ihr Mitteilungsbedürfnis auszurichten haben oder, wie BERGK (1990) 5 es ausdrückt: „Am Anfang steht das Aufnehmen und Einüben von Vorgegebenem. Am Ende steht - als Krönung - das Selbstproduzieren“ (ebd., zitiert in Winter 1998:16). Besonders problematisch an dieser Sichtweise dürfte sein, dass sie dem Mitteilungsbedürfnis von jüngeren Kindern kaum Bedeutung beimisst. Unberücksichtigt lässt sie zudem, dass viele SchulanfängerInnen bereits Vorstellungen von Schriftsprache entwickelt haben und sicherlich auch gewisse Erwartungen mitbringen. BAURMANN (1990) ist der Ansicht, dass der Deutschunterricht theoretische Erwägungen nicht beherzige (vgl. ebd. 7), sondern „reproduktive Tätigkeiten, die eher auf mechanistischen Sprach- und Lernvorstellungen beruhen“ (BAURMANN 1996:1122), bevorzugt würden. Und schließlich behauptet WINTER (1998), dass der traditionelle Aufsatzunterricht noch heute „die gängige Art des Schreibunterrichts“ ist (vgl. ebd. 9). Diese Feststellung sah ich in meinen Unterrichtspraktika zum Teil bestätigt. In den Klassen ab der 5. Jahrgangsstufe herrschte der normative Aufsatzunterricht vor 6 , bei welchem die Kinderzumindest in meinem Beobachtungszeitraum - überwiegend Klassenaufsätze mit einem gemeinsamen Thema in einem vorgegebenen Zeitrahmen verfassten, wohingegen jüngere Kinder durchaus auch freie Schreibanlässe ausprobieren konnten. Die Bedeutung des Schreibens in einem weiter gefassten Kontext und konkret bezogen auf die Entwicklung des Kindes ist Gegenstand der nächsten Unterpunkte.
5 BERGK, MARION: Rechtschreiblernen von Anfang an. Kinder schreiben ihre Lesetexte selbst. Frankfurt/M.: Diesterweg 1990, S. 14
6 Zwei meiner Praktikumsschulen in Berlin-Neukölln wiesen einen Anteil von etwa 80 % an Kindern nicht deutscher Herkunftssprache auf. Die Lehrkräfte zeigten Interesse an freieren Schreibverfahren, befürchteten jedoch, dass die Kinder diese aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht bewerkstelligen könnten oder nicht genug Zeit bliebe, systematische Übungsphasen durchzuführen.
1.3 Bedeutung des Schreibens
Die Geschichte der Menschheit zeugt von den Bemühungen, Gedanken und Erinnerungen eine zeitliche Dauer zu verleihen und wichtige Mitteilungen unverfälscht über räumliche Entfernungen zu transportieren. Bevor Schrift existierte, mussten sich die Menschen besondere Mnemotechniken ausdenken, damit wichtige Informationen verlässlich weitergegeben werden konnten. Noch heute helfen uns Sprechrhythmen und Merkverse beim Einprägen von Lerninhalten. Unsere moderne Schriftkultur ist mit einem langen Weg und einiger Mühe verbunden. Ihre Geschichte zeichnet sich durch Versuch und Irrtum aus (vgl. HARTMANN 2004:8). Felswände, Steintafeln, Ton- oder Bronzetafeln und gegerbte Häute fungierten als erste Trägermedien, die flüchtigen Worten Bestand verleihen konnten. Heutzutage sind Papier und elektronisch beschreibbare Speichermedien gebräuchliche Informationsträger, die sich vor allem durch ein Kriterium auszeichnen: Sie sind transportierbar und leicht beschreibbar, sodass auch wesentlich mehr geschrieben werden kann. Auch die Produktionsmedien erweiterten im Laufe der Menschheitsgeschichte ihren Bestand. Finger, Stock, Griffel, Feder, Pinsel, Bleistift, Füllfederhalter, Kugelschreiber, Druckerei, Schreibmaschine und Computer sind einige Medien, mit welchen wir Spuren hinterlassen können (vgl. HARTMANN 2004:11). Beim Schreiben geht es natürlich nicht nur um das Hinterlassen von Spuren. Im Folgenden wird auf verschiedene Aspekte des Schreibens in seinem Bedeutungskontext der Identitätsgewinnung und auf das Ermöglichen von Erkenntnis eingegangen. Abschließend werden einige Unterschiede zwischen mündlicher und schriftlicher Sprachproduktion herausgearbeitet, um zu verdeutlichen, welche beachtlichen Leistungen insbesondere auch Kinder am Anfang ihrer Schriftsprachkarriere vollbringen müssen.
1.3.1 Schreiben zur Identitätsgewinnung
Der Akt des Schreibens erlaubt uns nicht nur mündliche Sprache, sondern auch unsere Innenwelt wie Gedanken, Gefühle, Erlebnisse und Ideen in Schriftzeichen umzusetzen. SPINNER (1980) 7 verweist auf das Schreiben als bedeutsames Element für die Identitätsgewinnung. Stärker als verbale Äußerungen könne Selbstgeschriebenes als ein eigenes Produkt erfahren werden, welches das Innere eines Menschen vergegenständlicht (vgl. ebd., zitiert in SCHUSTER 1998:125). Spinner zufolge werden Identitätsprozesse,
7 SPINNER, KASPAR H.: Identitätsgewinnung als Aspekt des Aufsatzunterrichts. In: DERS. (Hrsg.): Identität und Deutschunterricht. Göttingen 1980, S. 67-80
die in der mündlichen Sprache eher unbewusst und ungeordnet verlaufen, beim Schreiben „bewusster, greifbarer und beherrschbarer“ (ebd., zitiert in SCHUSTER 1998:126). Schreiben ermöglicht Vergangenes über einen längeren Zeitraum zu fixieren. Es kann somit einen Teil der eigenen Identität sichtbar werden lassen. Schrift fasst Spinner daher als eine wichtige Stütze für Identitätsprozesse auf (vgl. ebd., zitiert in SCHUSTER 1998:126). Doch auch Tonband- und Filmaufnahmen zeichnen menschliche Äußerungen auf. Es müssen also weitere Unterschiede zwischen der mündlichen und schriftlichen Textproduktion bestehen. Spinner liefert einen wesentlichen Hinweis: Im Gegensatz zu verbalen Äußerungen ist der Schreibakt durch Verlangsamung gekennzeichnet, die wiederum eine tiefere Reflexion ermögliche. Handelt es sich um das Niederschreiben von subjektiven Belangen wie eigene Gefühle, Erlebnisse und Gedanken, setze zudem Selbstreflexion ein (vgl. ebd., zitiert in SCHUSTER 1998:126).
1.3.2 Schreiben zum Zwecke der Erkenntnis
Die Kognitionspsychologie betrachtet die Entwicklung schriftlicher Kommunikationsfähigkeit als ein Ergebnis der Auseinandersetzung des Individuums mit seiner Umwelt (vgl. WERDER 1990:22). AEBLI (1983) 8 stellt fest: „Mit dem Abbau des Egozentrismus geht die zunehmende Fähigkeit einher, fremde Standpunkte einzunehmen und das Verhalten und die Motive anderer Menschen zu verstehen“ (ebd., zitiert in WERDER 1990:22). Demgemäß wird der schriftliche Ausdruck als ein Medium zur tieferen Erkenntnis der Umwelt, der Selbsterkenntnis und der verbesserten Kommunikationsmöglichkeit mit anderen betrachtet (vgl. WERDER 1990:22). Aus diesem Grund gibt es für Aebli „kein besseres Mittel für den Erwachsenen wie für den Schüler, sich eine Sache klarzumachen, als sie schriftlich darzustellen“ (ebd., zitiert in WERDER 1990:23). Auch REUEN (1997) verweist mit Bezug auf HERMANNS (1988) 9 auf den Zusammenhang zwischen Denken und Sprechen:
Erst wenn ich über ein Thema schreibe, mache ich es mir wirklich zu eigen, nur dann kann ich auch eigene Gedanken wirklich auf ihre Stichhaltigkeit prüfen, weil ich sie dann, auf einem Blatt Papier, vor mir habe. Zugleich verschaffe ich mir, wenn ich über ein neues Thema schreibe, mit den Gedanken und mit dem Wissen auch die Sprache, die ich dafür brauche (HERMANNS 1988, zitiert in REUEN 1997:23).
8 AEBLI, HANS: Zwölf Grundformen des Lehrens. Stuttgart 1983
9 HERMANNS, FRITZ: Schreiben als Denken. Überlegungen zur heuristischen Funktion des Schreibens. In: Der Deutschunterricht 40:4 1988, S. 69-81
1.3.3 Unterschiede zwischen mündlicher und schriftlicher Sprache
Das Zitat im vorherigen Unterpunkt verweist bereits auf einen wesentlichen Unterschied zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit: „Im Schreiben können komplexere Gedanken als im Sprechen entwickelt und dargestellt werden. Das liegt vor allem an der begrenzten Plan- und Memorierbarkeit während der mündlichen Textproduktion“ (REUEN 1997:23). Geschriebene Sprache unterscheidet sich von der inneren und der gesprochenen Sprache auch aus anderen Gründen: Ihre Syntax ist komplexer und mehr Wörter und Satzkonstruktionen sind nötig, um Inhalte in einer verständlichen Form zu transportieren (vgl. RAFFELSIEFER 2003:47ff.). Verbale und innere Sprache können ohne ausformulierte Sätze auskommen. Was während des Sprechens durch Intonation, Mimik und Gestik ausgedrückt wird, muss bei der schriftlichen Textproduktion ausformuliert werden. Nicht ohne Grund bezeichnet WYGOTSKI 1977 10 Schrift als „die wortreichste, exakteste und entwickeltste Form der Sprache“ (ebd., zitiert in RAFFELSIEFER 2003:49). Durch Schreiben ergibt sich eine Verlangsamung, die Wygotski als positiv auffasst, weil sie Schreibenden Zeit gibt, sich auf eine Sache zu konzentrieren und nach passenden Formulierungen zu suchen (vgl. ebd., zitiert in RAFFELSIEFER 2003:49). Die Diskrepanz zwischen Denken und Schreiben ist allerdings nicht nur von Vorteil: „Ideen und Gedanken kommen und verschwinden oftmals schneller, als man sie schriftlich zu fixieren vermag (REUEN 1997:24).
WERDER (1990) verweist auf Schwierigkeiten, die sich beim Übergang von der mündlichen zur schriftlichen Sprache ergeben. Mit Bezug auf WYGOTSKI (1971) 11 nennt er mehrere Gründe dafür. Einerseits setzt Sprache ein großes Maß an Abstraktionsvermögen voraus. Ferner fehlen bei schriftlicher Kommunikation Gesprächspartner, weshalb für Wygotski der schriftliche Ausdruck „Monologsprache auf weißem Papier“ (ebd., zitiert in WERDER 1990:23) ist. Zudem ist Schreiben mit einer kognitiven Anstrengung und Bewusstheit verbunden, da „Gedanken in Worte, Schriftzeichen und Sätze“ (ebd., zitiert in WERDER 1990:23) transformiert werden müssen. Um die vorgenannten Schwierigkeiten zu bewältigen, untersuchen kognitive Modelle des Schreibprozesses die kognitiven Schreibakte. Diese gehen zwar nicht explizit auf die unbewussten Aspekte des Schreibens wie Emotionslage und Motivation der Schreibenden ein, dennoch wird in dieser Arbeit das kognitive Modell von AEBLI (1983)
10 WYGOTSKI, LEW SEMJONOWITSCH: Denken und Sprechen. Frankfurt am Main 1977
11 WYGOTSKI, LEW SEMJONOWITSCH: Denken und Sprechen. Frankfurt am Main 1971
herangezogen, weil sich darin Schreiben als Prozess abzeichnet und die immense Bedeutung der Veröffentlichung 12 betont wird (vgl. ebd., zitiert in WERDER 1990:23f.). Aebli bezeichnet die Schreibidee als erste Phase des Schreibprozesses. Hierbei geht es um das Finden einer Schreibidee, das Klären des Schreibziels und der Textadressaten. Als nächste Phase schließt sich der Textplan an, der als wichtigstes Element bezeichnet wird: „Der Text muß systematisch geplant werden“ (AEBLI 1983, zitiert in WERDER 1990:23). Nach dieser Phase folgt das Niederschreiben. Interessanterweise empfiehlt Aebli hierbei, einen Text in einem Zuge durchzuschreiben, da dies seine innere Geschlossenheit fördere und es einfacher sei, einen Text anschließend zu korrigieren, als von Anbeginn einen perfekten Entwurf schreiben zu wollen. Zudem würde man sich bei einem solchen Verfahren nicht mit jeder Einzelheit aufhalten (vgl. ebd., zitiert in WER- DER 1990:24).Dem Niederschreiben lässt Aebli die Korrektur- und Überarbeitungsphase folgen, in welcher die äußere und die sprachliche Form sowie der Inhalt überprüft werden. Der Textüberarbeitung schließt sich die Schlussphase an, die für Aebli darin besteht, den Text einer Zuhörerschaft vorzulesen: „Der Verfasser muß erfahren, wie sein Text auf den Leser wirkt, und er muß Gelegenheit erhalten, sein Schreibverhalten an den Reaktionen der Leser und Hörer zu verbessern“ (ebd., zitiert in WERDER 1990:24). In diesem Zusammenhang verweist Aebli auch auf die Art und Weise einer geeigneten Rückmeldung. Sie müsse kontrolliert verlaufen, denn sie „berührt Probleme des Taktes und des zivilen Umgangs innerhalb der Gruppe“ (ebd., zitiert in WERDER 1990:24).
1.3.4 Bedeutung des Schreibens für die Entwicklung des Kindes
Für die Bewältigung der spezifischen kindlichen Lebenssituation habe der Schriftspracherwerb zunächst eine geringere Bedeutung als die mündliche Sprache. Schrift als Wahrnehmungsreiz in der Umwelt sei zwar für das Kind auch von Interesse, die Motivation zum Schriftspracherwerb bedürfe allerdings extrinsischer Faktoren (vgl. POMME- RIN 1996:30).Pommerin gibt zu bedenken, dass das Bedürfnis zum Schriftspracherwerb davon abhängt, „wieviele (lustvolle) Lese- und Schreibsituationen“ (ebd. 30) ein Kind im familiären und außerfamiliären Umfeld erfährt. Es kann an dieser Stelle hinzugefügt werden, dass SchulanfängerInnen unterschiedliche Erfahrungen mit Schrift sammeln konnten. Einige Kinder haben die Bedeutung von Schrift in einem positiven Sinne ent- 12 Veröffentlichenmeint in diesem Zusammenhang bereits das Vorlesen eines Textes.
decken können. Andere Kinder hingegen verbinden mit Schriftsprache weniger angenehme Erfahrungen. Sie haben etwa Reaktionen wie Wut, Ablehnung und Angst ihrer Eltern auf häufig eintreffende, unangenehme Behördenbriefe erlebt. Negative Erfahrungen mit Schrift zu Hause könnten dazu beitragen, dass manche Kinder dem Schriftspracherwerb weniger begeistert entgegensehen.
Für die Entwicklung des Kindes stellt das Erlernen der Schriftsprache einen überaus wichtigen Schritt dar. Die ersten Schreibversuche markieren einen Wendepunkt im Leben des Kindes, denn „es geht nicht nur um den Erwerb einer neuen Fertigkeit, sondern um die Teilhabe an der literalen Kultur überhaupt“ (BÖTTCHER/BECKER-MROTZEK 2003:40). Dieser Einschnitt habe Auswirkungen auf die Psyche, die Kognition und den sozialen Status des Kindes (vgl. ebd. 40). Der Schriftspracherwerb, mit welchem der Eintritt in die Erwachsenenwelt initiiert wird (vgl. ebd. 38), stellt einen neuen Lebensabschnitt dar, der das Kind befähigt, weitere Kommunikationsmöglichkeiten kennen zu lernen. Mit dem Erwerb der Schriftsprache kann sich das Kind Wissen selbstständig aneignen und wird somit zunehmend unabhängig von ausschließlich mündlichen Informationen.
Bezogen auf die Textproduktion des Kindes weist RÖHNER (1997) darauf hin, dass beim Schreiben „die Dynamik des kindlichen Ichs und seine Auseinandersetzung mit seiner Lebenswelt an die Oberfläche gelangen“ (ebd. 100) und dem Bewusstsein und der Reflexion zugänglich werden. Röhner konnte belegen, dass sich Kinder in den von ihr untersuchten freien Texten auffallend häufig mit ihrer inneren und äußeren Welt auseinandersetzten. Zentrale Themen waren hierbei die personale und soziale Entwicklung des Kindes. Sie folgert: „Die entwicklungstheoretische Bedeutung des Schreibens liegt [...] in ihrem Beitrag zur Entwicklung personaler und sozialer Identität, für die das Medium der Schrift besondere Möglichkeiten der Selbst- und Weltdeutung bereitstellt“ (ebd. 111). Über Schrift kann das Kind aber nicht nur sich selbst ausdrücken, sondern Einblicke in die Lebenswelt anderer erlangen.
Bezogen auf die Schullaufbahn des Kindes stellt die Vermittlung schriftsprachlicher Kenntnisse eine unabdingbare Voraussetzung für das Erschließen weiterer Lernbereiche dar, die Sprache zwar nicht explizit zum Gegenstand haben, sie aber als Medium für In-formationen und Kommunikation benötigen. Es wird ersichtlich, dass Schrift eine überaus wichtige Bedeutung zukommt. Negative Erfahrungen mit Schriftsprache dürften daher weit reichende Konsequenzen nach sich ziehen.
Auf Schreibblockaden und Schreibunlust gehen die nächsten Unterpunkte ein, um zu erklären, wie sie zustande kommen können und um Gegenmaßnahmen vorzuschlagen, die im Hauptteil dieser Arbeit explizit aufgegriffen werden sollen.
1.4 Schreibblockaden und Schreibunlust
WERDER (1990) nennt bezogen auf das (kreative) Schreiben kognitive, emotionelle, kulturelle Blockaden und solche, die durch wachsende Neurotisierung entstehen (vgl. ebd. 31-34). Im Folgenden wird auf einige Aspekte Bezug genommen, die er im Bereich emotioneller und kultureller Blockaden nennt. Darüber hinaus werden Ursachen von Schreibunlust im schulischen Kontext vorgestellt, wie sie SCHEIDT (1989) 13 formuliert.
1.4.1 Emotionelle und kulturelle Schreibblockaden
„Wer schreibt, der verliert zumindest für geraume Zeit den festen Boden unter den Füßen. Er bewegt sich in Bereichen und Dimensionen, deren Ablauf nicht vorhergesagt werden kann. Diese Situation kollidiert mit dem verständlichen Bedürfnis nach Sicherheit“ (SIKORA 1976 14 , zitiert in WERDER 1990:32).
Das Zitat oben deutet darauf hin, dass emotionelle Schreibblockaden aus einem Gefühl der extremen Unsicherheit hervorgerufen werden können. Die Fragen des Schreibenden, welche Wirkung sein Text auf eine potentielle Leser- oder Hörerschaft ausüben wird, mit welchen Reaktionen und Bewertungen diese reagieren, können sich in Angst manifestieren, die ebenfalls emotionelle Blockaden nach sich ziehen könnten (vgl. WERDER 1990:32). Sicherlich üben auch die Erwartungen des Schreibenden an sich und seine Schreibleistungen, die Schreibgruppe sowie die vorherrschende Schreibatmosphäre und Umgangsweise untereinander Auswirkungen auf den Grad emotioneller Schreibblockaden und deren Überwindung aus.
Im Bereich kultureller Blockaden bezieht sich Werder auf gesellschaftliche Barrieren. Hierbei führt er aus, dass Konformität mehr Bedeutung beigemessen werde als Abweichung. Hilflosigkeit entstehe insbesondere dann, wenn plötzlich ein Text geschrieben werden soll, der mit der Aufgabe verbunden ist, ihn gezielt von der Norm abzusetzen (vgl. ebd. 34).
13 SCHEIDT, J. V.: Kreatives Schreiben. Texte als Wege zu sich selbst und zu anderen. Frankfurt 1989
14 SIKORA, J.: Handbuch der Kreativmethoden. Heidelberg 1976
1.4.2 Schreibunlust: Einflussfaktoren der Schule
SCHEIDT (1989) untersuchte die Einflüsse des Deutschunterrichts auf die Schreibhaltung von SchülerInnen. Seine Folgerung kommt einer Negativbilanz für den Deutschunterricht gleich. Folgende Gründe führt er an:
1) Es herrscht ein Drill bezüglich der fehlerlosen Schreibung, was dazu führt, dass die Form mehr zählt als der Inhalt;
2) die Leistungsorientierung des Deutschunterrichts zerstört jede Art von Unbefangenheit im kreativen Umgang mit Sprache;
3) die Zielorientierung der Schule grenzt spielerische Fantasie aus; 4) alles geht vom Kopf aus, der Körper wird abgespalten, was dazu führt, dass der abstrakte Ausdruck bevorzugt wird; 5) der Unterricht ist auf Tempo ausgerichtet;
6) die Tatsache, dass mit der rechten Hand geschrieben wird, welche die rationalen Muster der linken Gehirnhälfte umsetzt, führt dazu, dass die rechte Gehirnhälfte nicht zum Zuge kommt;
7) jedes Schreiben geht von der Alltagssprache aus, in der Schule ist sie allerdings oft tabu;
8) der Unterricht ist ausgerichtet auf Vereinzelung und kreative Arbeit in der Gruppe findet kaum statt (vgl. ebd., zitiert in WERDER 1990:31f.). Inwieweit die genannten Vorwürfe in der heutigen Schulpraxis gerechtfertigt sind, kann in dieser Arbeit nicht geklärt werden. Sie dienen jedoch als Grundlage für den nächsten Unterpunkt.
1.5 Was sind motivierende Schreibanlässe?
Aus dem vorangestellten Unterpunkt ergibt sich die Frage, wie Schreibmotivation gefördert werden kann. Ein möglicher Ansatz, diese Frage zu beantworten, besteht in der Umkehrung der oben angeführten Behauptungen. Kommentiert werden die folgenden Vorschläge an dieser Stelle aber noch nicht, da sie in den weiteren Kapiteln aufgegriffen und mit konkreten Beispielen unterfüttert werden.
1) Der Fehler wird als wichtiger Schritt auf dem Weg der Entwicklung von Rechtschreibkompetenz betrachtet. Zunächst zählt der Inhalt. Die Form von Texten wird dann wichtig, wenn Kinder ihre Texte veröffentlichen wollen; 2) den Kindern wird ermöglicht, mit Sprache spielerisch und kreativ umzugehen;...
Schlagworte:
lit_2005-buch, e-book,
kein Summary verfügbar
Notiz:
Titel: Schreiblust und Schreibförderung in der Grundschule - mit und ohne Computereinsatz
Veranstaltung: Keine
Autor:Iris SteierJahr: 2005
Seiten: 90
Archivnummer: V64422
ISBN (eBook): 978-3-638-57245-3
ISBN (Buch): 978-3-656-09610-8
DOI: 10.3239/9783638572453
Dateigröße: 1122 KB
Sprache: Deutsch
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ID: 4359 | hinzugefügt von Jürgen an 02:27 - 8.8.2012 |
title: Die Druckerei in Aktion . 81 Texte von 17 Zweitklässlern in 29 Wochen. Statistik. ausgewählte Texte by Steiger, Peter |
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Titel: | Die Druckerei in Aktion . 81 Texte von 17 Zweitklässlern in 29 Wochen. Statistik. ausgewählte Texte |
Autor: | Steiger, Peter | Sprache: | deutsch |
Quelle: | in: Bindestrich-38, p. 13 -21 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | 06.6.2001 | | |
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Text:
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Schlagworte:
kein Summary verfügbar
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ID: 848 | hinzugefügt von Peter an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Die Druckerei in Aktion. Zum Text des Knaben Astrit (9) „Von Kosovo in die Schweiz“... by Steiger, Peter |
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Titel: | Die Druckerei in Aktion. Zum Text des Knaben Astrit (9) „Von Kosovo in die Schweiz“... |
Autor: | Steiger, Peter | Sprache: | deutsch |
Quelle: | in: Bindestrich-40, p. 10 -14 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | 12.12.2001 | | |
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kein Summary verfügbar
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ID: 874 | hinzugefügt von Peter an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Die Schuldruckerei im Anfangs-Unterricht by Straub, Irene |
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Titel: | Die Schuldruckerei im Anfangs-Unterricht |
Autor: | Straub, Irene | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Braunschweig , Westermann-Verlag; in: Grundschule 4 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | 2001 | | |
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Text:
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Schlagworte:
summary:
Von einfachen manuellen zu komplizierten maschinellen Verfahren
keine Notizen verfügbar
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ID: 2310 | hinzugefügt von Jürgen an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Célestin Freinet und die Schuldruckerei by Treitz, Peter |
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Titel: | Célestin Freinet und die Schuldruckerei |
Autor: | Treitz, Peter | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Schulpraxis, Heft 11, S, 27-29 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1981 | | |
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keine Notizen verfügbar
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title: Anfänge mit der Schuldruckerei / Commencer à imprimer by Vogt, Franziska - Magdenau |
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Titel: | Anfänge mit der Schuldruckerei / Commencer à imprimer |
Autor: | Vogt, Franziska - Magdenau | Sprache: | deutsch |
Quelle: | o.O., in: Bindestrich-09 p. 05 -07 | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | 8.8.1991 | | |
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Schlagworte:
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-
keine Notizen verfügbar
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ID: 313 | hinzugefügt von Peter an 12:12 - 28.10.2002 |
title: Die Reformpädagogische Bewegung; im Focus Maria Montessori by Voigt, Katy |
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Text:
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis IV
Abkürzungsverzeichnis IV
Anmerkung. V
Einleitung 1
1 Geschichte der Reformpädagogik und ausgewählte reformpädagogische
Konzepte 3
1.1 Der Begriff Reformpädagogik 3
1.2 Die pädagogische Bewegung von der Aufklärung bis zum Neuhumanismus 4
1.3 Die pädagogische Bewegung von der Jahrhundertwende bis zum Ende der
Weimarer Republik 7
1.4 Die staatliche Schulreform und Schulversuche der DDR 10
1.5 Ausgewählte reformpädagogische Konzepte 13
1.5.1 Peter Petersen - biografischer Abriss 13
1.5.1.1 Die pädagogische Konzeption Jenaplan. 15
1.5.1.2 Die pädagogische Konzeption Waldorfpädagogik. 19
1.5.2 Celestin Freinet - Biografischer Abriss. 21
1.5.2.1 Freinet Pädagogik. 23
1.6 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Pädagogischen Konzeptionen von
Petersen, Steiner und Freinet 25
2 Maria Montessori: Biografie und Erziehungskonzeption 27
2.1 Biografie. 27
2.2 Theoretische Grundlangen der Montessori- Pädagogik 33
2.2.1 Anthropologischer Ansatz. 33
2.2.2 Entwicklungspsychologische Konzeption 34
2.2.2.1 eistiger Embryo 34
2.2.2.2 Sensible Phasen. 36
2.2.3 Kosmische Theorie. 38
2.3 Eckpunkte der Kosmischen Erziehung 40
2.4 2“Hilf es mir, selbst zu tun“ Die Erziehungskonzeption von Maria Montessori. 41
2.4.1 Die Polarisation der Aufmerksamkeit 41
2.4.2 Freiheit und Disziplin. 42
2.4.3 Die vorbereitete Umgebung 43
2.4.4 Die Rolle des Pädagogen 44
2.5 Entwicklungsmaterial. 47
2.5.1 Prinzipien des Materials 47
2.5.2 Arbeit mit dem Material. 49
2.6 Übungen des täglichen Lebens. 50
2.7 Vermittlung der Kulturtechniken 51
2.8 Gruppenübungen 52
3 Montessori - Pädagogik heute, in Kindertagesstätten und Schulen und das
Bildungsprogramm “Bildung Elementar“ 54
3.1 Montessori - Pädagogik in der Kindertagesstätte. 54
3.2 Montessori - Pädagogik in der Schule 55
3.2.1 Schultheoretische, organisatorische und pädagogisch - didaktische Grundlegung
der Montessori Schule. 55
3.2.2 Montessori Grundschule 56
3.2.3 Die Montessori- Sekundarschule 59
3.3 Bildung Elementar 62
3.3.1 Aufbau des Programms 63
3.3.2 Voraussetzungen 63
3.3.2.1 Fachliche Grundorientierungen. 65
3.4 Bildungsbereiche. 67
3.5 Zusammenarbeit mit Grundschule und Eltern 72
4 Kritische Auseinandersetzung mit der Thematik 74
4.1 Aktualität der Reformpädagogik. 74
4.2 Krische Betrachtung zur Erziehungskonzeption von Steiner. 76
4.3 Kritische Betrachtung zur Montessori - Pädagogik. 78
5 Schlussbetrachtung. 82
6 Quellenverzeichnis 84
6.1 Literatur. 84
6.2 Internet 87
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Struktur Jenaplanschule 16 Abb. 2: Übersicht über die Sensiblen Phasen 37 Abb. 3: Eckpunkte der Kosmischen Erziehung 40 Abb. 4: Gegenüberstellung der alten und neuen Lehrerin 45 Abb. 5: Aufbau des Bildungsprogramms “Bildung elementar“ 63
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
A. d. V. Anmerkung des Verfasser der Diplomarbeit Aufl. Auflage bzw. beziehungsweise ca. circa ebd. ebenda, ebendort (an derselben Stelle) et al. et allii (und andere) ff. fortfolgende ggü. gegenüber Hrsg. Herausgeber Jh. Jahrhundert KiFöG Kinderförderungsgesetz des Landes Sachsen - Anhalt KJHG Kinder- und Jugendhilfegesetz o. a. oder andere/ auch o. g. oben genannt o. J. ohne Jahr o. O. ohne Ort o. S. ohne Seite s. siehe vgl. vergleiche z. B. zum Beispiel z. T. zum Teil
Anmerkung
Um einer besseren Lesbarkeit des Textes Rechnung zu tragen, verwende ich bei allen Personengruppen die maskuline Bezeichnung.
Der Verzicht auf die entsprechende feminine Form soll keine Diskriminierung darstellen.
Ich verwende im Kapitel 2 den Begriff der „kosmischen Theorie“, wohl wissend, dass in der aktuellen Literatur der Begriff der „kosmischen Erziehung“ bevorzugt benutzt wird. Der Leser wird in einigen Autorenzitaten kursiv gedruckte Wörter oder Sätze feststellen, welche Hervorhebungen durch die jeweiligen Autoren sind.
V
Einleitung
Der Bearbeitung der vorliegenden Diplomarbeit möchte ich ein Zitat voranstellen: „Maria Montessori ist viel komplizierter und interessanter als die Gipsheilige, zu der ihre ergebenen Anhänger sie gemacht haben. Unter all der fast mystischen Verehrung, der Heiligenlegende, die als Biografie ausgegeben wurde, steckt eine zähe, intelligente Frau, die zumindest in ihrer Jugend Dinge dachte und tat, die niemand vorher in den Sinn gekommen waren.“ (zit. n. Kramer aus Hedderich, 2001, o. S.) (Hervorhebung durch Verfasser Diplomarbeit)
Während meines Studiums der Heilpädagogik befasste ich mich in verschiedenen Seminaren mit Maria Montessori und ihrer Erziehungskonzeption. Montessori gab für mich als angehende Heilpädagogin sehr viele Denkanstöße. Meinen zukünftigen Wirkungskreis als Heilpädagogin sehe ich in der Förderung und Betreuung von behinderten Kinder z. B. ein einer integrativen Kindertagesstätte oder in der Frühförderung. Aus diesem Grund habe ich in meiner Diplomarbeit die Reformpädagogische Bewegung und Maria Montessori thematisiert. In der Praxis erlebte Eindrücke von Integration und Förderung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen haben mich zum Nachdenken angeregt. Die Erziehungskonzeption von Maria Montessori bietet für mich als angehende Heilpädagogin Anregungen und Möglichkeiten, diese weiter zu entwickeln und zur Förderung von Kindern mit Behinderung zu nutzen. Ich konnte in meinen praktischen Studiensemstern erleben, wie Grundgedanken von Montessori in die Praxis umgesetzt wurden. Mir wurde die Möglichkeit gegeben, im Sinne von Maria Montessori ein Kind mit Verhaltensauffälligkeiten zu fördern. Nach kurzer Zeit waren erste Entwicklungsfortschritte zu sehen. Ich möchte dazu Montessori zitieren: „Die Erzieherin hat zwei Aufgaben: die Kinder zur Konzentration zu führen und danach ihnen in der Entwicklung zu helfen. Die fundamentale Hilfe in der Entwicklung... ist das Nichteingreifen. Einmischung hemmt Aktivität und hemmt Konzentration.“ (zit. n. Montessori aus Buchka, Grimm Klein, 2002, o. S.)
Im Folgenden soll die Gliederung der Diplomarbeit erläutert werden. Die Diplomarbeit ist in mehre Kapitel und Unterkapitel gegliedert. Nachdem ich in der Einleitung meine Intension zur vorliegenden Arbeit geschildert habe, folgen im ersten Kapitel die Klärung der Definition von Reform und Reformpädagogik und die Geschichte der Reformpädagogik. Weiterhin habe ich mich mit einigen Reformpädagogen und deren Erziehungskonzeptionen befasst, die näher erläutert werden sollen. Zum Ende des ersten Kapitels gehe ich auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Konzeptionen ein. Im zweiten Kapitel meiner Arbeit steht Maria Montessori im Vordergrund. Es wird ausführlich auf ihre Biografie eingegangen. Danach befasse ich mich genauer mit den Grundlagen ihrer Erziehungskonzeption. Dazu gehören u.a. die Anthropologie, die Kosmische Theorie und die sensiblen Phasen.
Im dritten Kapitel wird Bezug auf die Montessori Pädagogik heute in Kindergarten und Schule genommen. Das Bildungsprogramm „Bildung elementar, Bildung von Anfang an“ wird näher erläutert, da sich dort einige Ansätze von Maria Montessori und anderen Reformpädagogen wieder finden und es bildet eine gute Brücke zur heutigen Pädagogik.
Im Anschluss an das dritte Kapitel erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit einigen Themen der Diplomarbeit. In der Schlussbetrachtung am Ende der Arbeit werden meine neuen Erkenntnisse die ich während des Schreibens gewonnen habe, näher erläutert. Eine Danksagung findet sich am Ende der Diplomarbeit wieder.
1 Geschichte der Reformpädagogik und ausgewählte
reformpädagogische Konzepte
1.1 Der Begriff Reformpädagogik
Der Begriff Reform ist vom lateinischen Wort “reformare“ abgeleitet und bedeutet: Umgestaltung, Neuordnung, Verbesserung des Bestehenden (vgl. Duden Fremdwörterbuch, 2001, 849). Ein “Reformator“ war jemand, der bestehende Verhältnisse so ändert, dass sich ein neuer Sinn ergibt (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 13). Im 16. Jh. prägten Luther und andere den Begriff “Reformation“. Ihr Anliegen der Reformation war eine Erneuerung des Glaubens und eine Rückbesinnung auf Grundlagen und Grundsätze. Heute findet man die Begriffe Reform und reformieren sehr häufig in der Politik wieder (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 14). Zwischen 1890 und 1933 entstand die Reformpädagogik. Sie umfasste die Reformation des gesamten Erziehungs- und Bildungswesens (vgl. Hedderich, 2001, 18). „Das Neue der Reformpädagogik wird in der pädagogischen Reflexion auf die historisch - gesellschaftliche Situation gesehen, aus der eine Vielfalt unterschiedlicher Ansätze zur Erneuerung von Schule und Erziehung hervorging. Insbesondere wurde der um 1900 abgeschlossene Aufbau eines bürokratischen und selektiven Schulsystems kritisiert.“ (Hedderich, 2001, 19) Mit der Industrialisierung kam es zu einem gesamtgesellschaftlichen Umbruch (vgl. Hedderich, 2001, 19). Damit standen auch pädagogische Systeme auf dem Prüfstand. Allen reformpädagogischen Konzeptionen war gemeinsam, das Kind mit seiner Individualität in den Mittelpunkt zu stellen. Die “Alte Schule“ wurde wegen der Fülle des Stoffes und der Lebensfremdheit kritisiert. Ziel der Reformpädagogen war es, die “Alte Schule“ zu reformieren und die Prügelstrafe abzuschaffen. Kinder sollten aktiv am Unterricht teilnehmen. Die Kindheit wurde als eine Entwicklungsform angesehen und die Kinder nicht länger als „kleine Erwachsene behandelt. Ausgangspunkt der Erziehung war das Kind selbst. Das Charakteristikum der Reformpädagogik ist die einzigartige Hinwendung zum Kind (vgl. Hedderich, 2001, 19 f.).
1.2 Die pädagogische Bewegung von der Aufklärung bis zum
Neuhumanismus
In der Geschichte der Reformpädagogik lassen sich drei Richtungen unterscheiden. Die erste Richtung „...macht sich die Perspektive zu eigen, aus der heraus die reformpädagogischen Initiatoren argumentierten und handeln.“ (Brenner, Kemper, 2003, 25). Dies findet man im ersten Drittel des 20 Jh. vor, in der Zeit der Pädagogischen Bewegung oder in den 60iger Jahren für die westdeutsche Bildungsreform. Allerdings kam diese Richtung mit „...den auf reformpädagogische Entwicklungen folgenden Normalisierungsphasen...“ nicht zurecht. (Brenner, Kemper, 2003, 25) Eine andere Richtung der Geschichtsschreibung hebt sich davon ab. Sie setzt die Normalisierungsphasen in ihr Recht. Das Thema der pädagogische Theorie und Praxisdiskussion ist die letzte Richtung der Geschichteschreibung (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 25 f.).. „Jede Reformpädagogik aber strebt danach, die Reformkonzepte, die sie vertritt, zu realisieren und zur Normalpädagogik werden zu lassen.“ (Brenner, Kemper, 2003, 27) Zu den zentralen Fragen und Problemstellungen der ersten pädagogischen Bewegung gehörte u.a. die Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Erzieher und Zögling. 1692 veröffentlichte John Locke eine pädagogische Abhandlung 1 , die sich an Angehörige des hohen Bürgertums und des Landadels richtete. Er empfiehlt diesen Eltern, ihre Kinder mit Hilfe eines Hofmeisters zu erziehen. Für Kinder aus niedrigen Ständen sah J. Locke eine Arbeiterschule vor, in der die Kinder darauf vorbereitet wurden, später selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 31). „Im Zentrum der Erziehungslehre Lockes stehen jedoch nicht Fragen unterrichtlicher Instruktionen und Unterweisungen, sondern solche moralischer Erziehung. Hinsichtlich der Möglichkeit, Menschen durch Erziehung tugendsam und moralisch zu machen, war Locke ein skepsisfreier Optimist.“ (Brenner, Kemper, 2003, 31 f.)
70 Jahre später nach Erscheinen von Lockes Abhandlung “Einige Gedanken zur Erziehung“ veröffentlicht J. J. Rousseau sein pädagogisches Hauptwerk “Emile 2 “. Rousseau wendet sich in seiner Schrift nicht wie Locke an einem bestimmten Stand der Gesellschaft. Er kritisiert Lockes Verständnis von Kindheit und Erwachsensein. In
1 Titel der Abhandlung:“ Einige Gedanken über die Erziehung“
2 Emile war ein “erdachter“ Zögling der ein naturbezogenes Leben auf dem Land führt (vgl. Hedderich,
2001, 18)
“Emile“ entwirft Rousseau „...eine Problemskizze für eine Erziehung, welche die Einzelnen unabhängig von ihrer künftigen Tätigkeit und Stellung in der Gesellschaft zu bilden sucht.“ (Brenner, Kemper, 2003, 32). Die Abhandlungen von Locke und Rousseau differenzieren sich zwar in den Erziehungsvorstellungen, nehmen aber den Strukturwandel der pädagogischen Praxis wahr (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 33). Rousseau und Locke haben sich nur am Rande mit der Industrialisierung der neuen Erziehung auseinandergesetzt (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 59). Beide sahen in der Institution Schule keine Einrichtung, die zur Überwindung der Standeserziehung dienen könnte. Schule ist für Locke eine Einrichtung, die es zu meiden gilt, und für Rousseau ist sie ungeeignet für die Erziehung des modernen Menschen (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 60). Die pädagogischen Aufklärer des 18 Jh. konnten für ihre Konzeptionen von Schulexperimenten nicht auf Überlegungen von Rousseau zurück greifen, da schultheoretische Reflexionen fehlten. So mussten solche Konzeptionen selbst entwickelt werden. Es gab jedoch die Möglichkeit, an beginnende schultheoretische Diskussionen anzuknüpfen. Folgende Fragestellungen waren Schwerpunkte: „...welche Funktion die moderne Schule angesichts des sich abzeichnenden Übergangs der traditionellen Geburtsständegesellschaft in eine neue Berufsständegesellschaft übernehmen und ausfüllen könne; ... welche Instanz die Veränderung des Schulwesens leiten und beaufsichtigen solle. ....wie... eine professionelle Ausbildung von Lehrern für die neue Schule zu organisieren und zu gewährleisten sei.“ (Brenner, Kemper, 2003, 61) Durch Veränderungen im Leben der Familien und durch Entwicklungen die sich im Bereich der Religionen und der Politik vollzogen, gewannen diese Fragen an Bedeutung (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 61). Die Reformation im Bereich der Religionen hatte zur Folge, dass sich ein absolutistischer Staat entwickeln konnte. Im 17. und 18. Jh. tritt zu den Aufgaben des Zentralstaates auch das öffentliche Schulwesen hinzu. Mit der Durchsetzung dieser Staatsform gehen die Geburtsstände in Berufsstände über. 1794 wird der Höhepunkt dieser Entwicklung im “Allgemeinen Preußischen Landrecht 3 “erreicht. Die absolutistische Staatsform kam im 18. Jh. an ihre Grenzen.
3 das Landrecht erreichte das erstmals alle Schulen und Universitäten zu “Veranstaltungen des Staates“
wurden und gleichzeitig alle Stände zu “staatlichen Berufsständen“ erklärt wurden (vgl. Brenner,
Kemper, 2003, 63)
1789 zeigte sich dies beispielsweise durch die Französischen Revolution. „Zu den Bereichen, die angemessen nur öffentlich, nicht aber als nachgeordnete Behörde des absolutistischen Staates zu organisieren sind, gehört nun auch das Erziehungs- und Bildungssystem“. (Brenner, Kemper, 2003, 63) Die Interessen des Zentralstaates fokussieren sich darauf, den Berufsständen die erforderlichen Qualifikationen in schulischen Bildungsgängen zu sichern. Der erste Gesamtplan der 1786/1787 von Friedrich II. erstellt wurde, sieht eine Gliederung des öffentlichen Schulwesens in drei Schultypen vor: Bauernschule; soll die Landbevölkerung für den Dienst bei der Gutsherrschaft und dem Militär disziplinieren; Bürgerschule; Vermittlung von Kenntnissen im Bereich der Realien 4 für das nieder und höhere Bürgertum: Gelehrtenschule; soll die notwendige Qualifikationen für leitende Tätigkeiten im Verwaltungsstaat sichern. Mit dieser Gliederung des Schulwesens sollte der Verelendung der bäuerlichen Unterschichten auf dem Land entgegengewirkt werden (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 64). In den Städten wurde qualifiziertes Fachpersonal benötigt. Der Gesamtplan sah eine strikte Trennung von Bürger- und Gelehrtenschulen in den Städten vor. In den Bürgerschulen sollte nur Unterrichtsstoff vermittelt werden, der für die praktische Ausübung der bürgerlichen Berufe von Nöten war. Der Besuch der Gelehrtenschule sollte gegenüber der Bürgerschule stark eingeschränkt werden. Diese Schulform sollte für den Arzt, Prediger oder Geschäftsmann, vorbehalten sein. Dieser Plan schien im Interesse aller Gruppen der Gesellschaft zu liegen (vgl. Brenner/Kemper, 2003, 66). „Die Einführung einer strikten Trennung von Bürger- und Gelehrtenschulen hätte die sich in den Städten abzeichnende horizontale Gliederung des Bildungssystems rückgängig machen und in eine vertikale, auf die Berufsstände im Staate zugeschnittene Gliederung überführen müssen.“ (Brenner, Kemper, 2003, 66) Es wurden Reformkonzepte entwickelt, welche die Gelehrtenschule näher an die Bürgerschule brachte. Als bürgerliche Alternative wurde das Realschulbildungskonzept vorgeschlagen. Hecker gründete 1747 die erste Realschule mit acht berufsorientierten Fachklassen (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 67). „Gegenstand der schultheoretischen Diskussion der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war nicht nur die Frage, ob das
4 sind Naturwissenschaften, Mathematik, Ökonomie und Technik (vgl. Duden, Fremdwörterbuch, 2001,
845 und Brenner, Kemper 2003, 64).
Bildungssystem vertikal nach staatlichen Berufsständen oder horizontal nach Bildungsstufen gegliedert, sondern auch, ob es als ein staatlich monopolisiertes oder öffentlich institutionalisiert werden solle.“ (Brenner, Kemper, 2003, 68) Die Herausbildung einer Konzeption der allgemeinbildenden Schulen, kann als das eigentliche Resultat der ersten pädagogischen Bewegung gesehen werden (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 16). „Ein voller Erfolg blieb den Reformern jedoch zunächst versagt, wie die Bildungsreform als letzte unter den Reformen konzipiert und dann nicht einmal wie geplant durchgeführt und das weitergehende Reformziel einer Transformation des Politiksystems aufgrund des Widerstands des Adels und der fehlenden Bereitschaft des Königs, auf einen Teil seiner Macht zu verzichten, nicht erreicht wurde.“ (Brenner, Kemper, 2005, 17) Aus den ungelösten Reformproblemen, der ersten pädagogischen Bewegung entwickelten sich Folgeprobleme, die in der zweiten und dritten Reformphase erneut bearbeitet wurden (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 17).
1.3 Die pädagogische Bewegung von der Jahrhundertwende bis zum Ende
der Weimarer Republik
Im 19. Jh. begann die pädagogische Bewegung durch die Kritik am staatlichen Schulwesen. Die Entwicklung des Bildungssystems folgte nicht den bildungs-, erziehungs- und institutionstheoretischen Einsichten, welche die erste pädagogische Bewegung hervorbrachte (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 21 f.). „Sie führte zu einer Differenzierung des Schulwesens in niedere und höhere Schulen, die von der Preußischen Schulreform angestrebte Institutionalisierung der allgemeinen Menschenbildung deutlich abwich.“(Brenner, Kemper, 2003, 22) An Stelle der horizontalen Differenzierung des Bildungssystems nach allgemeinbildenden Schulstufen trat eine vertikale Differenzierung der Schule ein. Erst in der dritten Phase der Entwicklung der Reformpädagogik wurde diese ansatzweise korrigiert. Die niederen Schulen vermittelten eine volkstümliche Bildung, die zur Wahl einfacher Berufe ausreichte. Lange Zeit konnten Schulen, die zu einer mittleren und höheren Bildung führten, nur von Schülern besucht werden, deren Eltern die finanziellen Möglichkeiten hatten. Diese Schüler konnten sich später für höhere berufliche Positionen qualifizieren und z. B. eine Stellung im Staatsdienst übernehmen. Hauptsächlich kamen die Schüler
aus der Schicht des höheren Bürgertums. Im Verlauf des 19. Jh. kam es zu einem Kampf der verschiedenen Schichten und Klassen der Bevölkerung (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 22). Dabei ging es um die Teilhabe an den höheren und hochwertigeren Formen der Allgemeinbildung, „...welche das einzige Privileg darstellte, das - ungeachtet der Einflüsse von Herkunft und Besitz - durch eigene Leistung erworben werden konnte.“(Brenner, Kemper, 2003, 22) Es entstand im 19. Jh. Zusammen mit der Abgrenzung niederer und höherer Schulen ein staatliches Berechtigungssystem. Das Berechtigungssystem trug dazu bei, dass der Aufstieg in höhere Berufe vom Bildungssystem abhängig wurde. Im niederen Bildungswesen wurde die Bildung deutlich begrenzt und durch religiöse Erziehung wurden die Schüler zu treuen Untertanen des Staates. Die Schüler wurden durch diese Bildungsbenachteiligung unterfordert. Dem gegenüber stand die Überforderung der Schüler an höheren Schulen. Auf diese Situation reagierte der Staat, indem er das Jahrgangsklassensystem einführte. Das System löste das Fachklassensystem von Humboldt ab. Das Jahrgangsklassensystem gab verbindlich vor, welche Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsfächern erbringen muss, um das Klassenziel und die Versetzung zu erreichen (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 23 f.). Dieses System führte zu einer Ausweitung der Überforderung der Schüler insbesondere auf Gymnasien, die der Stofffülle und dem Prüfungsdruck nicht mehr gewachsen waren. Das hatte zur Folge, dass viele Schüler das Gymnasium vor dem Abitur verlassen mussten. „In der Folgezeit verschärfte sich die schulische Leistungsauslese dadurch noch weiter, dass neben dem traditionelle Reifezeugnis, das die Zulassung zum Studium regelte, weitere Berechtigungen hinzutraten und auch die Abschlüsse der gymnasialen Klassenstufen Tertia und Sekunda eng mit Berechtigungen für den mittleren und gehobenen Staatsdienst verknüpft wurden.“ (Kemper, Brenner, 2003, 24) Die Diskussionen über den an Gymnasien vorherrschenden Leistungszwang verliefen sehr widersprüchlich. Die Gymnasien wurden auf der einen Seite wegen der Weltfremdheit und Lebensferne kritisiert und auf der andern Seite wurde eine stärkere Berücksichtigung der Naturwissenschaften und Fremdsprachen gefordert. Es wurde festgestellt, dass sehr viele Schüler überfordert waren und die schlechten Schulleistungen wurden beklagt. Zunächst blieb die beruflich- soziale Auslesefunktion für höhere Positionen im Staatsdienst am humanistischen Gymnasium unangefochten. Das humanistische Gymnasium (einzige Einrichtung das die Zulassung zum Studium ermöglichte) verlor seine Monopolstellung, durch die Entwicklung der Natur- und
Technikwissenschaften. Ab 1859 gab es ein altsprachliches Gymnasium und die “Realschule I. Ordnung“ und ab 1882 kam die Schulform der Oberrealschule dazu. An den neu geschaffenen Hochschulen und Akademien hatte man die Möglichkeit, mit Abgangszeugnissen der beiden neuen Schulform zu studieren (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 24) Das altsprachliche Gymnasium behielt seine Monopolstellung dadurch, dass man mit dem dort erworbene Abitur eine allgemeine Studienberechtigung hatte. Diese Sonderstellung des Gymnasiums sicherte dem Staat das Fortbestehen des alten Sozialsystems mit seinen unterschiedlichen Bildungsprivilegien. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. gab das Gymnasium seinen gesamtschulartigen Charakter auf und entwickelte sich zu einer Eliteschule für den akademischen Berufsnachwuchs. Die Frühabgänger wechselten auf Real- oder Bürgerschulen. Im weiteren Laufe des 19. Jh. führte die Ausdifferenzierung der Allgemeinbildung nach weiterführenden Schultypen dazu, dass die horizontale Stufung des öffentlichen Schulwesens (die von Humboldt eingeführt wurde), in eine vertikale Schulstruktur wechselte (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 25). „In den gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen der siebziger und achtziger Jahre wurde die sozialselektive Schulpolitik des Obrigkeitsstaates mit der von der Arbeiterbewegung erhobenen Forderung nach gleichen Bildungs-, Berufs- und Lebenschancen konfrontiert.“ (Brenner, Kemper, 2003, 25)
1878 scheiterten die Sozialgesetze, mit denen der Staat versuchte, die Ausbreitung der Sozialdemokratie zu verhindern. Das öffentliche Schulwesen wurde, wie schon zur Zeit der Preußischen Reformen, eingesetzt, um als ideologisches Instrument zur Sicherung der bestehenden Ordnung zu dienen. Im Sinne des Staates wurde mehr Deutsch und Geschichtsunterricht gelehrt, um die vaterländischen Vorstellungen zu verbreiten. Es gab die „... Forderung nach einer für alle Heranwachsenden verbindlichen Untertanenbildung im Dienste des wilhelmischen Obrigkeitsstaates.“ (Brenner/Kemper, 2003, 26) Die pädagogische Bewegung im 19. Jh. wandte sich gegen das entstandene Schulsystem und dessen Pädagogik des sogenannten Herbartianismus (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 28). 5 Die Reformpädagogen kritisierten, dass der Herbartianismus aus dem Unterricht eine Form der Belehrung gemacht, „....in der die Stufen des Unterrichts, statt Stufen der Lerntätigkeit von Schülern zu sein, zu Stufen der Tätigkeit von Lehren pervertierten.“ (Brenner, Kemper, 2003, 29). Den alten Schulen warfen die Pädagogen
5 Pädagogik ging auf Herbart zurück, er entwickelte eine Stufentheorie des Unterrichtes
es ist eine lehrerzentrierte Pädagogik
(vgl. Brenner, Kemper, 2003, 28 ff.)
vor, dass sie eine Erziehung propagiert haben, in der die Erwachsenen das Wollen, Denken und Fühlen der Schüler beeinflussten. 1900 veröffentlichte Ellen Key das Buch “Das Jahrhundert des Kindes“, damit ist der Anfang der Reformpädagogik zu sehen (vgl. Hedderich, 2001, 19). Ellen Key propagiert, dass das neue Jh. eine Pädagogik vom Kinde aus absichern könnte (vgl. Brenner, Kemper, 2003, 57). „Trotz der weitverbreiteten Ideologien einer Lebensgemeinschaftserziehung “vom Kinde aus“ lässt sich die zweite pädagogische Bewegung als ein Versuch würdigen, einen Teil der Experimentierfreiheit, welche die erste pädagogische Bewegung hervorgebracht hatte, für die Arbeit in privaten Schulen sowie im staatlichen Schulwesen wiederzugewinnen und fruchtbar zu machen.“ (Brenner, Kemper, 2005, 20) Die Probleme dieser zweiten pädagogischen Bewegung in Deutschland konnten auch nicht gelöst werden. In einigen Strömungen kündigte sich dies so an, dass Einrichtungen auf Grund geringer Schülerzahlen geschlossen wurden z. B. in den Hamburger Lebensgemeinschaftsschulen. Andere reformpädagogische Ideen wie z. B. die Jenaplan - Pädagogik fand Anschluss an die nationalsozialistische Bewegung und wieder andere wurden auf Grund ihrer Distanz zur nationalistischen Bewegung geschlossen (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 20 ff.).
1.4 Die staatliche Schulreform und Schulversuche der DDR
In der Zeit von 1933 -1945 gab es in Deutschland keine Demokratie, die den Bestand ihrer Verfassung sicherte, es herrschte eine Führer- und Parteidiktatur. Im Dritten Reich wurden die Schulen und der Unterricht unter eine nationalsozialistische Weltanschauung gestellt (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 35).
„Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur traten im Bereich der Reform des Erziehungs- und Bildungswesens Aufgaben und Probleme in den Vordergrund, die unter der Maxime einer Pädagogik “vom Kinde aus“ bzw. im geschlossenen Horizont einer Gemeinschaftserziehung nicht angemessen thematisiert werden konnten und daher nach anderen erziehungs-, bildungs-, und schultheoretischen Konzepten verlangten.“ (Brenner, Kemper, 2005, 21) Dazu kamen Reformaufgaben in Politik, Recht und Wirtschaft. Die nach 1945 einsetzende und noch anhaltende dritte Phase der reformpädagogischen Bewegung war von Anfang an mit Problemen aus der ersten und
zweiten Phase der reformpädagogischen Bewegung konfrontiert (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 19 ff.). Da nach Ende des zweiten Weltkrieges in Deutschland Besatzungszonen eingerichtet wurden, aus denen 1949 zwei deutsche Staaten hervorgingen, wurden auch die Aufgaben der Reformpädagogik und die der staatlichen Schulreform unterschiedlich interpretiert. Es finden sich aber auch übergreifende Problemstellungen, mit denen sich die dritte pädagogische Bewegung in ganz Deutschland auseinandersetzte. Diese sind Abstimmungsprobleme zwischen dem neuen Bildungs- und Politiksystems „... die Beziehungen der pädagogischen Praxis zu den anderen sich institutionell weiter ausdifferenzierten und voneinander abgrenzenden gesellschaftlichen Handlungsfelder und ... auf Veränderungen im Übergang von der Erziehung in der Familie zur schulischen Erziehung und Unterweisung, von allgemeinbildenden in berufliche Bildungsprozesse sowie auf den Eintritt der Heranwachsenden in die gesellschaftlichen Handlungsfelder.“ (Brenner, Kemper, 2005, 35)
Am 23.05.1949 wurde aus der westlichen Besatzungszone, durch Verkündung des Grundgesetzes die BRD gegründet und am 07.10.1949 wurde aus der sowjetischen Besatzungszone die DDR mit Verabschiedung der Verfassung gegründet. In der Verfassung der DDR sind Aussagen zum Erziehungssystem in den Artikeln 34 -40 zu finden (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 100). „Die bedeutendste Veränderung zwischen dem Schulgesetz von 1946 und der Verfassung von 1949 liegt in der Festschreibung einer Schulpflicht bis zum “vollendeten 18. Lebensjahr“. (Brenner, Kemper, 2005, 101
f.) 1950 trat eine “Verordnung über die Neuregelung der Unterrichtsstunde“ in Kraft, in der weiter Neukonzeptionierungen von Schule und Unterricht zu entnehmen sind. Als Normalform schulischer Lehr- und Lernprozesse führte diese Verordnung ein, dass die Unterrichtsstunde 45 Minuten dauert und eine regelmäßige Aufeinanderfolge von Phasen der Arbeit und der Erholung sein soll. Weiterhin verlangte der Erlass, dass der Lehrer auch außerhalb des Unterrichtes zeitweise zusätzlich Lernarbeit für die Schüler seiner Klasse anbietet.
Vom Lehrer wird in diesem Erlass verlangt, das er
„... ein politisch bewusste [r] wissenschaftlich gebildete [r] Lehrer ist;
über eine “gute Allgemeinbildung“ und “objektive Kenntnisse des
Marxismus- Leninismus“ verfügt.....;
die “Freundschaft der friedliebenden Völker“ pflegt und ein “wahrhafter
Freund der Sowjetunion“ ist.“
um nur einige Beispiele zu nennen. (Brenner, Kemper, 2005, 102 f.) Die Verordnung ist häufig als Verabschiedung von reformpädagogischen Methoden aus der Schulpraxis der DDR gesehen worden. „Die weiteren Schritte in der Reform des Bildungssystems der DDR waren durch Abstimmungsprobleme zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung sowie Experimente mit der polytechnischen Erziehung als einer sozialistischen Variante reformpädagogischer Arbeitserziehung und nicht zuletzt durch Versuche bestimmt, in den Unterricht im geschlossenen Klassenverband Formen der inneren Differenzierung einzuführen.“ (Brenner, Kemper, 2005, 104) Es wurde Ende 1959 versucht durch ein Gesetz 6 diese Vielfalt zu vereinheitlichen. Dieses Gesetz führte die “zehnklassige bzw. zwölfklassige allgemeinbildende Oberschule“ ein. Zu einer Kontroverse über Abstimmungsprobleme zwischen Einheitlichkeit und Differenzierung des Schulsystems kam es im ersten Jahrzehnt der DDR. Ausgelöst wurde dies durch einen Schulreformversuch von Hans Herbert Becker 7 , den er in der Zeitschrift für Pädagogik publizierte (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 106). Aus den Schulversuchen der SBZ gingen diese Entwicklungsprobleme der Einheitsschule im ersten Jahrzehnt der DDR hervor. In der Literatur ist häufig die These zu finden, dass das erste Jahrzehnt der DDR das Ende der Reformpädagogik war. Das stimmt so nicht. Es gab 1959 eine Vielfalt von Reformpädagogischen Konzepten, die sich auch später in der DDR durchsetzten (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 118 ff.). Von 1960-1970 fand eine weitere Phase von Entwicklung von Schulreformen und Reformpädagogik in der DDR statt. In dieser Phase entfaltete das Bildungssystem der DDR seine größte Effektivität, die in bestimmten Bereichen auch später erhalten blieb (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 155). „Die Lösung der für die SBZ und das erste Jahrzehnt der DDR aufgezeigten Entwicklungsprobleme in der Schule wurde nicht durch das Bildungsgesetz von 1965 und auch nicht durch die neue Verfassung von 1968 eingeleitet, sondern vollzog sich im
6 Gesetz über die sozialistische Entwicklung im Schulwesen
7 vgl. Brenner, Kemper, 205, 116/117
Schatten des Baues der zwischen den beiden deutschen Staaten 1961 errichteten “Mauer“,... .“ (Brenner, Kemper, 2005, 172) Der Mauerbau führte im Bildungs-, Wissenschafts-, und Beschäftigungssystem dazu, dass die in der DDR ausgebildeten Menschen dem Staat erhalten blieben (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 172). Von 1960 - 1970 hatte das Bildungssystem der DDR seine Systemgestalt in der horizontal gegliederten Einheitsschule gefunden. Diese Struktur wurde in den 70er und 80er Jahren beibehalten. Es gab nur Veränderungen auf der unterrichtsdidaktischen Ebene. Ende der 80er Jahre stand das Erziehungssystem in der DDR an einem Scheideweg. Zu einer Verabschiedung der kommunistischen Erziehung führten Entwicklungen in der Wissenschaft und im Erziehungssystem (vgl. Brenner/Kemper, 2005, 196 ff.). „Das in Wissenschaft, Politik und pädagogischer Praxis vertretene Monopol sozialistischer Erziehung wurden schließlich sogar offiziell verabschiedet.“ (Brenner, Kemper, 2005, 244) Der deutsche Einigungsprozess der durch den Beitritt der DDR zur BRD vollzogen wurde, führte zu einer Anpassung der Bildungssysteme der neuen Bundesländer an die alten (vgl. Brenner, Kemper, 2005, 244).
1.5 Ausgewählte reformpädagogische Konzepte
1.5.1 Peter Petersen - biografischer Abriss
Peter Petersen wurde am 26. Juni 1884 in Großenwiehe bei Flensburg als erster Sohn eines Kleinbauern geboren. Sein Lebensweg schien vorbestimmt zu sein: „…Erbe des Hofes zu werden und eine seit 1666 bestehende bäuerliche Familientradition fortzuführen.“ (zit. n. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 16). Ab 1890 besuchte er sechs Jahre lang die einklassige Landschule und im Anschluss daran das Gymnasium in Flensburg. „In dieser Zeit bildeten sich bei Petersen erste Sensibilitäten für soziale Ungerechtigkeiten aus, und über die Folgen von Unterdrückung ... .“ (zit. n. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 23) Während seiner Schulzeit auf dem Gymnasium entwickelte Peter Petersen den Berufswunsch, Gymnasiallehrer zu werden. Rückblickend waren Petersen durch die Erfahrung, die er insbesondere auf dem Land sammelte, z. B. angewiesen sein auf die Gemeinschaft, Verantwortung tragen und eigenständig Aufgaben übernehmen, geprägt. Sie sind Grundpfeiler seines späteren reformpädagogischen Konzeptes, dem Jenaplan
(vgl. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 17 ff.). Petersen entschied sich bewusst für ein Studium in Leipzig, da Leipzig bis vor dem ersten Weltkrieg die Hochburg für Gegenwartsfragen war. Damit waren die Weichen für den späteren Reformpädagogen Petersen gestellt. Nach Abschluss seines Studiums promovierte er bei Rudolf Eucken 8 in Jena. Die Jahre 1909 bis 1923 waren für Petersen sehr wichtig. Er ging nach Hamburg und war dort anfangs Lehrer und später Oberlehrer am Johanneum. Pädagogische und bildungspolitische Reformversuche gab es in Hamburg schon, diese Versuche gingen von Volksschullehrern aus. Gegen solche Bemühungen gab es harte Widerstände am Johanneum und auf anderen höheren Schulen. Die Front aufzubrechen, dafür schien Petersen geeignet (vgl. Kluge in Schaberg, Schonig, 2002, 28 ff.). Unterbrochen wurden die ersten Reformversuche durch den 1. Weltkrieg. 1920 wurde Petersen in die Schulleitung der neugegründeten Lichtwarkschule berufen. Sie war eine sogenannte Versuchsschule des höheren Schulwesens. Ganzheitliches Lernen, Lernen in Zusammenhängen, Gemeinschaftspflege, bewusste Schaffung vielfältiger Unterrichtsformen waren nur einige Punkte im Programm der Lichtwarkschule. Zusätzlich unterstütze er die Forderung nach einem Aufbau einer Universität, an der Gymnasial- und Volksschullehrer ausgebildet werden sollten und an einem eigens geschaffenen Lehrstuhl für Erziehungswissenschaften. Zu der damaligen Zeit war das Vorhaben revolutionär. 1920 habilitierte Petersen in Hamburg, arbeitete als Privatdozent und entwarf seine eigene Wissenschaft von der Erziehung. 1923 wurde dann an der Universität ein eigener Lehrstuhl für Pädagogik eingerichtet. Petersens Kandidatur für diesen Lehrstuhl wurde abgelehnt, obwohl er alle Anforderungen erfüllte. Nach dieser Niederlage erhielt Petersen, eine Berufung von Greil 9 an die Universität Jena. Greil wollte in ganz Thüringen eine grundlegende, radikale Bildungsreform umsetzen, angefangen von der Kindertagesstätte bis hin zur Universität. Diese Reform sollte nach Möglichkeit gesamtgesellschaftlich wirken. Aus diesem Grund betraute Greil Petersen (vgl. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 34 ff.) „...mit zwei Aufgaben: der Etablierung der Volksschullehrerausbildung an der Universität und des Einheitsschulgedanken in Schulpraxis und öffentlicher Akzeptanz.“ (zit. n. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 36)
Die Anfangszeit in Jena war für Petersen nicht leicht, zum einen trat er die Nachfolge vom renommierten Professor Wilhelm Reins an und zum anderen gab es in Jena starke
8 Doktorvater von Petersen
9 Volksbildungsminister (vgl. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 35)
Widerstände an der Universität durch den sog. “Jenaer Hochschulkonflikt“. Bis Petersen 1923 seine Stelle in Jena antreten konnte, änderte sich sehr vieles auf politischer Ebene in Thüringen. Dadurch ging die finanzielle Unterstützung vom Ministerium für die bildungs- und schulreformerischen Pläne von Petersen verloren. Petersen ließ sich davon nicht entmutigen und baute mit viel Ehrgeiz eine neue „Erziehungswissenschaftliche Anstalt“ (Universität) auf, an die eine Versuchsschule angeschlossen war (vgl. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 37). Petersen war Leiter dieser Versuchsschule und konnte seine reformpädagogischen Ideen in die Praxis umsetzen. Bis zu seinem Tode 1952 stand Petersen im Kreuzfeuer unterschiedlicher Anfeindungen von Anhängern der Tradition von Reins.
1.5.1.1 Die pädagogische Konzeption Jenaplan
Der Name für Petersens pädagogische Konzeption wurde 1927 auf einem Kongress des „Weltverbandes für Erziehung“ geprägt. (vgl. Kluge in Schaberg, Schonig 2002 ,46). Petersen war gegen die „Alte Schule“, er verstand seine Schule als Lebens- und Arbeitsgemeinschaftsschule. Es gibt in seiner Schule keine Jahrgangsklassen, sondern sogenannte Stammgruppen. Die Stammgruppe ist jahrgangsübergreifend - 3 Jahrgänge werden zusammen unterrichtet. Somit gibt es für das Kind kein „sitzenbleiben“, und das Kind hat die Möglichkeit, sich individuell zu entwickeln. Im Vordergrund steht das Zusammenleben und das gegenseitige Helfen der Schüler. Alle 3 Jahre wechselt das Kind dann in die nächste Jahrgangsstufe. Ist das Kind noch nicht in der Lage, in die nächsthöhere Gruppe zu wechseln, kann es noch weiter in der Stammgruppe bleiben (vgl. Kluge in Schaberg, Schonig 2002, 40).
Die folgende Tabelle ist ein Beispiel für die Einteilung der Stammgruppen in einer Jenaplanschule.
Abb. 1 Struktur Jenaplanschule
(http://www.jenaplanschule.jena.de/idex.php?option=com_conten&task=view&id=12& Itemid=32 20.4.07)
In der Jenaplanschule wird nach dem Wochenarbeitsplan gelernt. Das heißt, es gibt keinen Stundenplan, somit werden die Unterrichtsfächer nicht isoliert. Jeder Schüler arbeitet nach einem rhythmisierten Wochenarbeitsplan, in dem die folgenden Bildungsgrundformen, die Petersen bestimmt hat, nicht zu kurz kommen dürfen: Gespräch: das kann ein Kreisgespräch, Berichtskreis, Vortrag, Aussprache usw. sein; Spiel:das kann ein freies Spiel, Lernspiel, Turnspiel, Schauspiel usw. sein; Arbeit: das können Gruppenarbeiten, Kurse, Einschulungskurse usw. sein; Feier: das kann eine Morgenfeier, Wochenschlussfeier, Geburtstagsfeier usw. sein (vgl. Kluge in Schaberg/Schonig 2002, 42). Neben dem Gruppenunterricht in den Stammgruppen gibt es an Jenaplanschulen den Kernunterricht und den Kursunterricht. Der Kernunterricht bestimmt die Schulwoche, in diesem Unterricht wird an Projekten gearbeitet, die fächerübergreifend sind. Die Schüler bringen für diese Projekte in der Regel die Themen mit und arbeiten an diesen Themen über einen längeren Zeitraum mit Hilfe des Lehrers
Die Stammgruppe ist im Kursunterricht aufgelöst, hier arbeiten Kinder zusammen, die das gleiche Leistungsniveau haben. In diesen Unterrichtseinheiten werden Arbeitstechniken und Basiswissen wie Schreiben und Rechnen vermittelt(vgl.
http://www.br-online.de/wissen-bildung/thema/reformpaedagogik/idee-jenaplan.xml 31.01.2007). In den Jenaplanschulen gibt es keine Zeugnisse. Es werden neue Formen der Leistungsbeurteilungen angewendet z..B. Entwicklungs- oder Lernbeurteilungen. Das Kind steht im Mittelpunkt der Pädagogik von Petersen. Es hat verschiedene Grundkräfte, die berücksichtigt werden sollen. Diese Grundkräfte sind: Bewegungsdrang Tätigkeitsdrang Gesellschaftstrieb Lerntrieb Es steht die Förderung und Forderung der Interessen und Begabungen des Kindes im Vordergrund, somit kann man Kindern mit Behinderungen und Kindern mit einer besonders hohen Begabung gerecht werden.
Der Lehrer steht den Kindern helfend zur Seite und ist als Partner des Kindes zu verstehen. Die Kinder sollen sich in der Schule wohlfühlen, der Gruppenraum dient als Schulwohnstube. In allen Angelegenheiten der Schule wird den Eltern eine zentrale Rolle eingeräumt. Beispielsweise haben die Eltern jederzeit die Möglichkeit, unangemeldet im Unterricht zu hospitieren (vgl. http://www.br-online.de/wissenbildung/thema/reformpaedagogik/gruppe.xml 31.01.2007). 1.5.2 Rudolf Steiner - Biografischer Abriss Im Jahre 1861 wird Rudolf Steiner in Kraljevec geboren und wuchs in verschiedenen Dörfern Niederösterreichs auf. Die Familie Steiner musste sehr häufig umziehen, da der Vater, ein Bahntelegrafist, mehrfach versetzt wurde (vgl. Lippert, 2001, 11). Nach seiner Schulzeit und bestandener Reifeprüfung studierte Rudolf Steiner ab 1879 Naturwissenschaftliche Fächer und Mathematik an der Technischen Hochschule in Wien (vgl. Wehr 2005, 13). „Ergänzend beschäftigte er sich mit Literaturwissenschaften, vornehmlich mit Goethe und Schiller.“(Wehr, 2005, 13) Diese Fächerkombination erwies sich bald als erfolgreich, denn Steiner wurde bei der Herausgabe und Kommentierung der naturwissenschaftlichen Schriften von Goethe um Hilfe gebeten. Als Steiner sein Studium 1883 abschloss, lag bereits der erste Band vor, welcher von Steiner kommentiert wurde (vgl. Wehr, 2005, 13). „Damit ist ein wichtiges Stadium seiner Entwicklung erreicht.“ (Wehr, 2005, ebd.) Die Geburtsstunde der
Waldorfpädagogik kann man ab dem Zeitpunkt nennen, als Steiner Hauslehrer bei der jüdischen Familie Specht in Wien war. Steiner lebte ab seinem 23. Lebensjahr sechs Jahre lang als Familienmitglied in dieser Familie (vgl. Hardorf in Schaberg, Schonig 2002, 30). „Er unterrichtete insbesondere den Jüngsten, Otto, der mit seinem Wasserkopf ein schwerer heilpädagogischer Fall war. Dank Steiners Einsatz konnte die Missbildung fast vollständig überwunden werden. Das als bildungsunfähig eingeschätzte Kind holte seine Entwicklung auf und wurde später Arzt.“ (zit. n. Hardorf in Schaberg, Schonig, 2002, 30) Steiner lebte in dieser Familie nicht als distanzierter Angestellter, sondern als vollwertiges Familienmitglied. „Die Familie Specht schenkte ihm ein Lebensklima, in dem er neben angespannten medizinisch - pädagogischen Studien auch völlig loslassen konnte... .“ (zit. n. Hardorf in Schaberg, Schonig, 2002, 32) Steiner fand in Pauline Specht eine wichtige Gesprächspartnerin, da sie seinen wissenschaftlichen Arbeiten größte Aufmerksamkeit entgegen brachte (vgl. Hardorf in Schaberg, Schonig, 2002, 33). „Im Wechselspiel von inniger Mutterliebe bzw. spielendem Einssein mit den Kindern und andererseits medizinisch - diagnostischer Analyse bildete sich hier Steiners Pädagogik.“ (zit. n. Hardorf in Schaberg, Schonig 2002, 33) Ab 1899 unterrichtete Steiner im Rahmen der Erwachsenenbildung in Berlin an der Arbeitsbildungsschule die von Wilhelm Liebknecht und Rosa Luxemburg gegründet wurde (vgl. Hardorf in Schaberg, Schonig, 2002, 38). Wichtig für Steiner war die Begegnung mit Marie von Sivers, einer jungen Schauspielerin. Sie wurde Steiners zweite Frau und führte ihn in die Theosophische Gesellschaft ein. Er gründete 1902 die “Deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft“ und ernannte sich selbst zum Generalsekretär (vgl. Lippert, 2001, 23). 1913 kam es zu einer Krise innerhalb dieser Gesellschaft und zum Ausschluss der “Deutschen Sektion“. Die schon formlos gegründete “Anthroposophische Gesellschaft“ konstituierte sich 1913 in einer Generalversammlung in Berlin offiziell (vgl. Lippert 2001, 26). „Steiners Bestrebungen gingen von Anfang an dahin, Anthroposophie nicht als bloße Lehre zu verstehen oder sie gar zu einer weltanschaulichen Sekte verkommen zu lassen.“ (Wehr, 2005, 34) Von Steiner gingen sehr viele Impulse kultureller Art aus, insbesondere auf den künstlerischen Bereich. Dazu gehören die von Steiner geschaffenen Mysteriendramen und die Bewegungskunst der Eurythmie als Beispiele dazu (vgl. Wehr, 2005, 35).
Für all diese Dinge wurde eine Bühne benötigt und 1913 wurde in der Schweiz oberhalb von Dronach das “Goetheneum“ gebaut (vgl. Wehr, 2005, 37).
„Wir schreiben das Jahr 1919. In Deutschland herrscht Revolution. Das Kaiserreich mit seinen autoritären Strukturen ist zusammen gebrochen:.. .“ (Hellmich, 1995, 50) Die aus dem ersten Weltkrieg zurückgekommen Soldaten waren meist arbeitslos, es herrschte soziale Not und große Unzufriedenheit in der Bevölkerung. „Die alte Ständeschule, in der für Gott, Kaisertreue und Vaterland die Jungen und Mädchen getrennt und für die jeweils spezifischen „Tugenden“ gedrillt und gezüchtigt wurden, hat „ausgedient.“ (Hellmich, 1995, ebd.) Die gesellschaftlichen Zeichen stehen auf Sturm. In der Reichsschulkonferenz von 1920 wird sich mit neuen Strukturen und Inhalten für die Schulen beschäftigt und ganz besonders mit der Frage nach einer Einheitsschule. Die Einheitsschule scheitert, da sich verschiedene Parteien und Gesellschaften nicht einigen können (vgl. Hellmich, 1995, 50). „Der Gründung der ersten Waldorfschule im Jahre 1919 gingen wieder Vorträge vor Arbeitern voraus.“ (zit. n. Hardorf in Schaberg, Schonig, 2002 ,40) Steiner hielt Vorträge im Rahmen der “Dreigliederungsbewegung“ vor Belegschaften von verschiedenen Württemberger Werken u.a. in Ludwigsburg, Feuerbach und in Stuttgart (vgl. Hardorf in Schaberg, Schonig 2002, 40). Die Arbeiter in der Firma Waldorf-Astoria Zigaretten fühlten sich von Steiners Ideen sehr angesprochen, so dass beschlossen wurde, die Pädagogik von Steiner umzusetzen. 1919 wurde mit der Hilfe von Firmenchef Erich Molt in Stuttgart die erste Waldorfschule gegründet. Am 30.03.1925 verstarb Steiner in der Schweiz. Nach dem Tod geht die Waldorfbewegung weiter und Caroline von Heydebrandt konzipiert die ersten Waldorfkindergärten (vgl. http://www.br-online.de/wissen-bildung/thema/reformpaedagogik/bio-steiner.xml 07.02.07).
1.5.1.2 Die pädagogische Konzeption Waldorfpädagogik
Die Anthroposophie bildet die Grundlage der Waldorfpädagogik. „Unter Anthroposophie versteht Rudolf Steiner eine Erkenntnismethode zur wissenschaftlichen Erforschung der real- geistigen Welt und zur Entwicklung der dazu notwendigen Erkenntnisfähigkeiten.“ (Schneider, 1987, 18) Es gibt sehr viele verschiedene Definitionen, was unter Anthroposophie zu verstehen ist (vgl. Lippert, 2001, 40). „Einig
sind sich alle anthroposophischen Autoren darin, das sie einen Erkenntnisweg darstellt und nicht - nur - eine geschlossene Weltanschauung beinhaltet... .“ (Lippert, 2001, ebd.) Mit der Gründung der ersten Waldorfschule 1919 in Stuttgart, wurde zum ersten Mal das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit 10 verwirklicht. In der Regel sind Waldorfschulen Gesamtschulen, damit wird das Prinzip der Auslese durch ein Prinzip der Förderung ersetzt. In den Waldorfschulen wird in reinen Jahrgangsklassen unterrichtet, ein Sitzenbleiben gibt es auch hier nicht. In den Zeugnissen der Schüler sind keine Zensuren zu finden, sondern Beurteilungen die den Leistungsfortschritt, die Begabung und das Bemühen der Schüler in den einzelnen Fächern beschreibt. Waldorfschüler habe die Möglichkeit, die Schule mit folgenden Abschlüssen zu beenden: Mittlere Reife, Abitur oder Fachhochschulreife
(vgl. http://www.waldorfschule.info/index.5.0.1.html 07.02.2007). In den Waldorfschulen wird nicht nach dem offiziellen Lehrplan des jeweiligen Bundeslandes gearbeitet, sondern nach einem die Vorstellungen von Steiner aus den Jahren 1919 bis 1925 wiedergebenden Curriculum. Steiner arbeitete keinen eigenen Lehrplan aus, er hielt Vorträge, aus denen zu entnehmen war, wie er die Unterrichtsinhalte verteilt und ausgestaltet haben wollte (vgl. Lippert, 2001, 168). Steiner setzte sich sehr kritisch mit den Stundenplänen an staatlichen Schulen auseinander und er fand es als sehr nachteilig, dass „...Schüler Stunde für Stunde und Tag für Tag einer Fülle verschiedener Themen und Fächer ausgesetzt sind. Kaum entwickelt sich wirkliches Interesse am Lerninhalt, ist die Zeit auch schon verstrichen.“ (Lippert, 2001, 187) Der ständige Wechsel von Themen im Verlauf einer Schulewoche verhindert die Konzentration und das effektive Arbeiten (vgl. Lippert, 2001, ebd.). „Für Steiner konnte sich so kein gesunder Rhythmus im Kind einstellen.“ (Lippert, 2001, ebd.) Daher wird in den Waldorfschulen ein Großteil der Unterrichtsfächer als “Epochenunterricht“ erteilt. Das heißt, Unterrichtseinheiten zu einem bestimmten Stoffgebiet werden in einem Block zusammengefasst. In der Regel dauert die Epoche 3- 4 Wochen oder auch länger und umfasst die ersten beiden Unterrichtsstunden am Tag (vgl. Lippert, 2001, 188). Viele Pädagogen sind sich einig, dass es in den staatlichen Schulen zu wenig Freiräume für künstlerisches Tun und Kreativität gibt. Die Waldorfpädagogik stellt ein Unterrichtskonzept zur Verfügung, welches ein hohes Maß an künstlerischen und praktisch - handwerklichen Tätigkeiten ermöglicht. Es wird den
10 jedes Kind egal welcher Herkunft und welche Begabung es hat, hat die Möglichkeit für eine
gemeinsam Bildung
Kindern bewusst sehr viel Platz für diese Dinge gelassen, da die Schüler lernen sollen, ihr eigenes Tun zu kontrollieren. Die Eurythmie spielt in Steiners Waldorfpädagogik ebenfalls eine große Rolle und ist das Herzstück der Pädagogik (vgl. Lippert, 2001, 192 ff.) „Sie fehlt in keinem Kindergarten und ist Pflichtfach in allen Waldorfschulen... .“ (Lippert, 2001, 198) In dieser Ausdruckform wird die Seele der Kinder angesprochen und die Bewegungen sollen ausgleichend und harmonisierend wirken. Durch die Bewegungsform der Eurythmie haben die Kinder die Möglichkeit, ihren Gefühlen und Empfindungen auf der künstlerischen Ebene Ausdruck zu verleihen. Die künstlerische Ausdrucksform zieht sich durch den ganzen Unterricht. Es soll nach Steiner mit den ganzen Sinnen gelernt werden. Als Beispiel ist zu nennen, dass Zahlenreihen rhythmisch nachgesprochen und dazu geklatscht wird. Lehrbücher wird man vergeblich in einer Waldorfschule suchen, da für Steiner der ganze Kosmos und der Mensch Lernstoff ist. Es werden keine Schwerpunkte für den Erwerb von fachspezifischen Kenntnissen gelegt. Wichtig ist für Steiner, dass die Schüler ein ganzheitliches und in die Tiefe gehendes Welt- und Menschverständnis entwickeln. Der Lehrer in der Waldorfschule soll dem Kind als Helfer für seine geistige Entwicklung zur Seite stehen. In der Regel begleitet der Lehrer die Schüler acht Jahre lang, danach wechseln die Schüler in die Oberstufe und werden von Fachlehrern betreut (vgl. http://www.bronline.de/wissen-bildung/thema/reformpaedagogik/
idee=waldorf.xml 07.02.2007). In den Waldorfschulen gibt es keine Zensuren (nur zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen) und sitzenbleiben gibt es nicht, da das Prinzip der Koedukation 11 gilt. Statt Zeugnisse erhalten Schüler, die in eine Waldorfschule gehen, einmal im Jahr eine verbale Beurteilung (vgl. Lippert, 2001, 214).
1.5.2 Celestin Freinet - Biografischer Abriss
Freinet wird am 15.10.1896 als Kind einer Bauernfamilie in der Provence in Frankreich geboren. „Das öffentliche französische Volksschulwesen ist in den 20er Jahren besonders auf dem Lande in einem sehr desolaten Zustand (mit 40 Schülern überfüllte Klassen, schlechter baulicher Zustand usw.).“ (zit. n. Schlemminger in Schaberg, Schonig, 2002, 13) 1900 wurde Freinet in die einklassige Dorfschule eingeschult (vgl.
11 Koedukation bedeutet alle gleichaltrigen Schüler werden trotz verschiedenem Leistungsniveau
gemeinsam unterrichtet
Schlemminger, in Schaberg/Schonig, 2002, 35). 1908 macht Freinet den Volksschulabschluss und tritt in eine weiterführende Schule in Grasse ein. Drei Jahre zunächst im “Collège Carnot“ und dann ein Jahr auf dem “Lycèe Amiral de Grasse“, was auf die Aufnahmeprüfung zum Lehrerseminar vorbereitet. Freinet macht 1912 seinen Sekundarschulabschluss und wird am Lehrerseminar aufgenommen. 1914 macht Freinet seine Schulabschlussprüfung und beginnt mit dem schulpraktischen Jahr Celestin Freinet wird 1915 zum Kriegsdienst eingezogen (vgl. Schlemminger in Schaberg, Schonig, 2002, 35 f.). 1916 erlitt er einen Lungensteckschuss und brachte 4 Jahre in Lazaretten und Sanatorien zu (vgl. Teigeler 1995, 46). „Aus den Bedingungen dieser Schwäche hat Freinet seine Pädagogik entwickelt.“ (Teigeler, 1995, ebd.) Einige Autoren, die über Freinet schreiben, sind der Ansicht, dass er seine Pädagogik so entwickelt hat, um einen langen Schultag durchstehen zu können (vgl. Dietrich, 1995, 14). 1920 wird Freinet stellvertretender Volksschullehrer an einer Jungenschule in Frankreich und im selben Jahr holt er die Prüfung zur Lehrerbefähigung nach. (vgl. Schlemminger in Schaberg, Schonig 2002, 36). 1922 wird er pädagogischer Sekretär der Gewerkschaftssektion Alpes Maritimes, trifft mit Peter Petersen in Deutschland zusammen und besucht dort die Schulversuche in Hamburg. Anschließend schreibt Celestin Freinet in seiner Zeitung Clartè über die Schulversuche in Deutschland. 1924 führt er die Druckpresse in den Unterricht ein und lässt seine Schüler freie Texte schreiben und drucken. Daraus entstanden dann langsam Klassenzeitungen. Durch diese wurden Schulbücher ersetzt. Erste Korrespondenzen zwischen verschiedenen Schulklassen begannen. Die freie Druckerei ist das Kennzeichen der Freinet - Pädagogik (vgl. Schlemminger in Schaberg, Schonig, 2002, 37). Im selben Jahr gründet er eine “Kooperative“ mit gleichgesinnten Kollegen, welche die pädagogische Zusammenarbeit organisiert und Arbeitsmaterialien herausgibt. Aus dieser “Kooperative“ geht die französische Lehrerbewegung “Ecole Moderne 12 “ hervor. Ziel dieser Lehrerbewegung ist es, die „Alte Schule“ von innen heraus umzugestalten (vgl. http://www.freinte-kooperative.de/start/index.php?idcat=295&idside=284&lang=2 10.02.2007).
1926 heiratet er Elise und tritt der kommunistischen Partei Frankreichs bei. Auf dem Lehrergewerkschaftskongress 1927 werden die “Bewegung der Schuldrucker“ und von der Gewerkschaft heraus die “Kino Kooperative“ gegründet. Ein Jahr später schließen
12 Ecole Moderne heißt Moderne Schule
sich diese beiden Bewegungen zusammen zur Lehrer -Kooperative “Cooperative de I` Enseignement Lai`(CEL)“. 1935 eröffnen Celestin und seine Ehefrau Elise Freinet ihre erste Internatsschule. Ein Jahr später werden die ersten Arbeiterkinder aus Pariser Vororten eingeschult (vgl. Schlemminger in Schaberg, Schonig, 2002, 40). „Im Zentrum der Schule steht die praktische, sinnvolle, schöpferische und das Kind entfaltende Arbeit. Mit dem Sieg der französischen Volksfront erfährt die Freinet-Bewegung einen weiteren Aufschwung, bevor ihr durch die faschistischen Regierungen und den 2. Weltkrieg ein Ende gesetzt wird.“ (Hecker, http://www.freinetkooperative.de/start/index.php?idcat=295&idside=284&lang=2 10.02.2007) Freinet wird 1940 wegen kommunistischer Propaganda festgenommen und in ein Internierungslager gebracht. Die Internatsschule wird auf Anordnung des Präfekten geschlossen. Von 1942 -1944 verfasst Freinet seine Hauptschriften, die nach dem Krieg veröffentlicht werden 1946 wird die Internatsschule wiedereröffnet. Freinet unterrichtete nicht selbst, sondern widmete sich dem Aufbau seiner Kooperative (vgl. Schlemminger in Schaberg, Schonig, 2002, 41). „1961 wird die "Féderation Internationale des Mouvements de l'Ecole Moderne" (FIMEM) ins Leben gerufen, die zur Koordinierung der Freinet-Bewegungen in verschiedenen Länden dienen soll: Aus der Kooperation weniger französischer Volksschullehrer ist eine internationale pädagogische Reformbewegung geworden.“ (Hecker, http://www.freinetkooperative.de/start/index.php?idcat=295&idside=284&lang=2 10.02.2007) Am 08. Oktober 1966 stirbt Freinet (vgl. Schlemminger in Schaberg, Schonig, 2002, 42).
1.5.2.1 Freinet Pädagogik
Die Freinet Pädagogik wehrt sich gegen die Regelschulen, da die Bedürfnisse, Gefühle und die persönliche Identität der Kinder zu wenig berücksichtigt werden. Eines der wichtigsten Grundprinzipien der Freinet- Pädagogik ist es, die Verschiedenheit der Kinder zu akzeptieren. Die Schule soll den Kindern die Möglichkeit geben, sich entfalten und ausdrücken zu können (vgl. Baillet, 1995, 16). „Wie alle Reformpädagogen will auch Freinet durch eine zum Lernen anregende Gestaltung des Lernfeldes seine Schüler motivieren... .“(zit. n. Jörg in Hellmich, Teigeler, 1995, 101) Freinet richtet in den Klassenräumen sogenannte Arbeitsecken (Ateliers) ein, die unterschiedlich gruppiert und zweckorientiert ausgestattet sind. „Er selbst schlägt
folgende Aufteilung vor, die in der Praxis jedoch nach den jeweiligen Bedürfnissen abgeändert oder ergänzt werden kann: 1. eine Arbeitsecke für die Arbeitsplanung und den Wissenserwerb mit Quellen-und Dokumentensammlung, 2. eine Arbeitsecke für naturwissenschaftliche Experimente, 3. eine Arbeitsecke für graphisches Gestalten, schriftlichen Ausdruck und Schülerkorrespondenz, 4. eine Arbeitsecke für technische Medien im Unterricht, 5. eine Arbeitsecke für Versuche und Beobachtung von Pflanzen und Tieren, 6. eine Arbeitsecke für das künstlerische und musische Schaffen, für Holz, Metall-und Keramikarbeiten, 7. eine Arbeitsecke für hauswirtschaftliches Tun, 8. eine Arbeitsecke für Konstruktion, Mechanik, Handel, mit Geräten zum Wiegen und Messen sowie für räumliches Gestalten.“ (zit. n. Jörg in Hellmich, Teigeler 1995, 102) Die Schuldruckerei ist die Arbeitstechnik, die Freinet neu in die Schule eingeführt hat und durch die er bekannt wurde. Freinet erlitt im ersten Weltkrieg eine Lungenverletzung. Daher fiel im langes Sprechen im Unterricht sehr schwer, er suchte nach einer Möglichkeit, mit dem er die Schüler sinnvoll in Spracharbeit beschäftigen konnte. Er fand ein Druckpresse und ließ seine Schüler frei geschriebene Texte setzten und drucken (vgl. Jörg in Hellmich, Teigeler, 1995, 105). „Das Drucken in der Schule und der Austausch des Gedruckten wird schnell zur wichtigsten Arbeitstechnik der Freinet Bewegung.“ (zit. n. Jörg in Hellmich. Teigeler 1995, ebd.) Die Arbeit mit der Druckerei ist für die Schüler sehr wertvoll, da sie schneller die Orthografie lernen und Interesse entwickeln für das kritische Lesen von Werken aus der Literatur oder von Texten, die andere Schüler geschrieben haben (vgl. Jörg in Hellmich, Teigeler, 1995, 105). Die Klassenkorrespondenz ist ein weiteres Merkmal der Freinet Pädagogik. Die Schüler tauschen sich über geschriebene Texte innerhalb der Klasse oder mit der sogenannten Korrespondenzklasse, die auch in einer anderen Stadt sein kann, aus. Der Schülerkorrespondenzaustausch findet nicht selten auch über die Grenzen des eigenen Landes hinaus statt. Es ist ein gutes Mittel, die Schüler mit andern Ländern, Menschen und Sitten vertraut zu machen und der Lerneffekt hat einen sehr hohen erzieherischen Wert (vgl. Jörg in Hellmich, Teigeler, 1995, 106).
Dem Spiel wird in der Freinet Pädagogik große Bedeutung geschenkt, es werden deshalb dem Kind vielfältige Möglichkeiten und Materialien geboten, die zu Aktivitäten anregen. Zum Beispiel gibt es die Arbeitskartei, sie enthält Anregungen für das gemeinsame Spielen oder den Bau von z. B. Puppenbühnen und Marionetten für das szenische Gestalten. Besondere Bedeutung haben alle Formen des freien Sichausdrücken- Könnens und der musikalischen Erziehung (vgl. Jörg in Hellmich, Teigeler, 1995, 107). In den Schulen, die nach der Freinet Pädagogik arbeiten, gibt es keinen Stundenplan im herkömmlichen Sinn. Die Schüler gestalten ihren Wochenarbeitsplan ausgehend vom offiziellen Lehr- und Stundenplan selbst (vgl. Jörg in Hellmich Teigeler, 1995, 103). „Mit dem Wochenarbeitsplan ist in der Freinet Schule eine individuelle Leistungskurve verbunden, in die im Laufe der Woche alle erzielten Beurteilungen eingetragen werden.“ (zit. n. Jörg in Hellmich, Teigeler, 1995, 104) Die Schüler wirken bei den meisten Leistungsbeurteilungen mit und bekommen so ein schnelles und untrügliches Urteil ihrer Leistungen. Dies geschieht z. B. beim Vorlesen der freien Texte und bei der Entscheidung, welche Texte, Briefe o. ä. an die Korrespondenzklasse geschickt werden.
1.6 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Pädagogischen Konzeptionen
von Petersen, Steiner und Freinet
Das Kind steht im Mittelpunkt der Pädagogik, dies ist die wichtigste Gemeinsamkeit der Reformpädagogischen Konzeption von Petersen, Steiner und Freinet. Unterschiede gibt es in folgenden Punkten: dem Bild vom Kind, der Gruppenform, der Gestaltung des Klassenraumes, des Lehrplans, und der Lehrerrolle, um nur einige zu nennen. Petersen hat ein humanistisches Bild vom einzelnen Kind in der Gesellschaft, Gemeinschaft, Erziehung und Bildung. Bei ihm ist die Selbstverantwortung und die Teamfähigkeit wichtig. Hingegen hat Steiner eine anthroposophische Weltanschauung und dem entsprechend auch ein anders Bild vom Kind. Er sieht das Kind als ein sich entwickelndes Geisteswesen. Die Verschiedenheit der Kinder in ihrer Persönlichkeit und Identität zu verstehen und zu akzeptieren ist für Freinet wichtig. Bei der Gruppenform gibt es Gemeinsamkeiten bei den pädagogischen Konzeptionen von
Freinet und Steiner. Die Schüler werden in Jahrgangsklassen unterrichtet. In der Jenaplan - Pädagogik findet das sogenannte Stammgruppenmodell Anwendung (vgl. 2.5.1.1). Unterschiedlich ist die Ausgestaltung der Klassenräume, bei Steiner ist der Raum sehr karg, dies ist anthroposophisch begründet. Petersens Klassenraum soll eine “Schulwohnstube“ sein. Diese Schulwohnstube soll den Kindern als Arbeits-, und Lebensraum dienen. In Klassenräumen von Freinet Schulen befinden sich Arbeitsecken, die sogenannten Ateliers. Ausgehend vom offiziellen Lehrplan gestalten Schüler, die in eine Freinet Schule gehen, ihren Wochenarbeitsplan selbst. In der Waldorfpädagogik ist das ähnlich, dort wird sich auch am offiziellen Lehrplan orientiert. Der Großteil des Unterrichts findet in Epochen statt. Bei Petersen sind die Inhalte des Lehrplans sehr flexibel, es gibt einen groben Lehr- und Arbeitsplan. Die Rolle des Lehrers ist bei Petersen und Freinet gleich. Der Lehrer soll dem Kind helfend zur Seite stehen. In der Waldorfpädagogik ist der Lehrer eine Autorität, er ist acht Jahre lang der Klassenlehrer der Schüler. Allen drei Konzeptionen ist gemeinsam, das es ein “traditionelles“ Zeugnis mit Zensuren nicht gibt. Man findet in den Zeugnissen der Kinder auf diesen reformpädagogischen Schulen Beurteilungen vor. Dies begründet sich dadurch, dass Kinder nicht sitzen bleiben können. (vgl. 1.5.1.1 , 1.5.2.1 , 1.5.3.1 )
2 Maria Montessori: Biografie und Erziehungskonzeption
2.1 Biografie
Maria Montessori wird am 31.08. 1870 in Chiaravall (Italien) geboren (vgl. Bergeest in Buchka, Grimm, Klein, 2002, 240). Im selben Jahr wird Italien von der Fremdherrschaft befreit und wieder ein einheitlicher Staat. In wirtschaftlicher Hinsicht sind die Hoffnungen groß, Anschluss an andere europäische Staaten zu finden (vgl. Hebenstreit, 1999, 16). „Doch gleichzeitig verläuft dieser Einigungsprozeß in politisch überholten, monarchistischen, antidemokratischen Strukturen. Die sozialen Probleme bis hin zu massiver Kinderarbeit sind gewaltig.“(Hebenstreit, 1999, 16) Hebenstreit erläutert, dass die Pädagogik häufig in solchen geschichtlichen Momenten eine wichtige Rolle spielten. Das Schulwesen ist zu dieser Zeit rückständig (vgl. Hebenstreit, 1999, 16). „Es ist diese Phase der Polarisierung von politischer, sozialer und ökonomischer Reformhoffnung einerseits und stark restaurativen Beharrungstendenzen andererseits, in der Maria Montessori ihre Kindheit verbringt.“ (Hebenstreit, 1999, 16) Im Elternhaus von Montessori findet sich diese Spannung wieder. Ihr Vater ist eher konservativ eingestellt und ihre Mutter mehr fortschrittlich. Für Montessori ergeben sich daraus wichtige Lehren. Sie wird sich für soziale Reformen einsetzen und sie lernt, dass es auf Selbstbestimmung des Einzelnen ankommt, sich gegen bestehende Verhältnisse zu wehren. In diese Verhältnisbemühungen ist ihre Pädagogik eingebettet. Als Maria Montessori fünf Jahre alt war, zog die Familie durch die berufliche Situation des Vaters nach Rom um. Davor hatte Montessori schon zwei Umzüge hinter sich. Hebenstreit schreibt dazu, dass dies typisch sei für die kommende Heimatlosigkeit von Maria Montessori (vgl. Hebenstreit, 1999, 16). Alessandro Montessori (Vater von Maria Montessori) versuchte die traditionelle Rollenaufteilung in der Familie aufrecht zu erhalten. Seine einzige Tochter Maria sollte Bildung erhalten und auf eine “normale“
Schlagworte:
lit_2007-buch, e-book,
kein Summary verfügbar
Notiz:
Uni Magdeburg
Titel: Die Reformpädagogische Bewegung; im Focus Maria Montessori
Veranstaltung: Keine
Autor:Katy VoigtJahr: 2007
Seiten: 93
Archivnummer: V110979
ISBN (eBook): 978-3-640-09093-8
ISBN (Buch): 978-3-640-11459-7
DOI: 10.3239/9783640090938
Dateigröße: 632 KB
Sprache: Deutsch
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ID: 4358 | hinzugefügt von Jürgen an 02:23 - 8.8.2012 |
title: Sprache zum Anfassen by Vöge, P.(Hrsg.) |
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Titel: | Sprache zum Anfassen |
Autor: | Vöge, P.(Hrsg.) | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Oldenburg | Quellentyp: | Sammelband |
veröffentlicht am: | DD.MM.1987 | | |
url: | |
Text:
-
Schlagworte:
Schuldruckerei
summary:
Ein Handbuch zum Drucken in Schule und Jugendarbeit unter besonderer Berücksichtigung der Freinet-Pädagogik
keine Notizen verfügbar
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ID: 2343 | hinzugefügt von Jürgen an 07:32 - 8.9.2005 |
title: Freier Text - Baustein 2 der freinetpädagogische Entwicklungsreihe by Watzke, Michaela |
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Titel: | Freier Text - Baustein 2 der freinetpädagogische Entwicklungsreihe |
Autor: | Watzke, Michaela | Sprache: | deutsch |
Quelle: | Klagenfurt | Quellentyp: | Artikel aus Zeitschrift |
veröffentlicht am: | DD.MM.1999 | | |
url: | |
Text:
Freier Text (17. Juni 1999 – 19. Juni 1999)
Am Donnerstag, den 17.6.1999 trafen sich wieder über 30 Lehrerinnen und Lehrer aus verschiedenen Schultypen, wie auch aus dem Kindergartenbereich, um am 2. Baustein der freinetpädagogischen Entwicklungsreihe teilzunehmen. Die zweieinhalb Tage standen unter dem Schwerpunktthema "Der freie Text". Als Referenten konnten die erfahrenen Freinetpädagogen Uschi Resch und Walter Hövel aus Deutschland gewonnen werden.
Schon in der Vorstellungsrunde, wo jeder sein Verständnis von freiem Text mitteilte, wurde uns klar, dass eine einheitliche Betrachtungsweise dieser Thematik kaum gefunden werden kann. Dies lag auch nie in der Absicht Celestin Freinets, der immer für die Vielfalt in seiner Pädagogik eintrat. Der Freiheitsbegriff zu Zeiten Freinets bezog sich auf eine "Befreiung von verschultem Lernen". Für ihn stand das Zulassen der Organisation des eigenen Lernprozesses im Vordergrund. Der Lehrer und die Lehrerin helfen bei dieser Organisation des eigenen Lernprozesses, indem sie Anregungen und Impulse geben und über ein Repertoire an Techniken verfügen, die es Kindern ermöglicht eigene Texte zu erstellen und darin Sinn zu erkennen. Texte werden für Kinder sinnvoll, wenn sie dazu dienen eigene Erfahrungen anderen mitzuteilen. Dies geschieht durch regelmäßigen Briefkontakt innerhalb der Klasse, mit Partnerklassen in anderen Ländern, durch Beiträge in eigenen Zeitschriften, durch Theateraufführungen, über das Internet usw..
So waren wir schon gespannt auf neue Techniken, die wir an uns selbst erfahren sollten. In vielen von uns keimten Ängste auf, ob uns das freie Schreiben gelingen würde. Erinnerungen an die eigenen Schulzeit stiegen auf, wo Aufsätze oft "konstruiert" und unpassende Umschreibungen gewählt wurden, um nur ja nicht zu viele Rechtschreibfehler zu machen. Andere waren wieder voll Schreiblust und freuten sich sehr auf das konkrete Handeln. Hier sollen nun einige der Techniken vorgestellt werden.
Alle Möglichkeiten (ABC, AB, AC, BC)
Jeder schrieb 3 Begriffe auf, die einem wichtig sind. Sie sollten in all ihren Kombinationen aufgeschrieben werden und zuletzt sollte ein eigener Schluss dazu gefunden werden.
Natur – Zufriedenheit – Lachen Leben – lieben - lachen
Natur und Zufriedenheit, Leben und lieben
Zufriedenheit und Lachen, Leben und lachen
Lachen und Natur, lieben und lachen
.......... was will ich mehr?
Die Texte wurden vorgelesen und siehe da, lauter kleine Kunstwerke waren entstanden und kein Text glich dem anderen.
Diese Texte könnten nun mit Bildern kombiniert werden, ja kleine Bücher könnten daraus entstehen. Die Darstellung der Begriffe in Pantomime ergab ein lustiges Rollenspiel. Und das alles mit nur 3 Begriffen! Wir staunten und waren überhaupt nicht sprachlos.
Lichterklangtext
Der Raum wurde verdunkelt, kleine Teelichter wurden angezündet und jeder betrachtete den Kerzenschein, während mit verschiedensten Materialien Klänge erzeugt wurden. Zu Licht und Klang sollte der Gedanke dazu aufgeschrieben werden. Anschließend erfolgte die Dichterlesung.
Wolkenscheinwörter
Wir setzten aus zwei Substantiven Wörter mit neuem Sinn zusammen.
Z.B.: Steinschauer, Wasserblitz, Augensturz, Zauberzapfen,.....
Aus dieser Wörtersammlung können einige Wörter ausgesucht und Geschichten damit geschrieben werden. Es entstanden Texte, Gedichte, Wetterberichte, Liebesbriefe.
Ich-Texte
Ich bin wie eine Lampe, nur nicht so hell.
Ich bin wie eine Nadel, nur nicht so spitz.
Ich bin wie mein Vater, nur nicht ......
Variationen:
Solche Ideen können im Sitzkreis gemeinsam entwickelt werden.
z.B. 2 Adjektive, dazu ein Bild, eine Tätigkeit, ein Aber-Satz.
Ich bin rund und groß,
ich bin ein Ball.
Ich kann ......,
aber ....... .
Der nächste Tag begann für alle von uns mit einer faszinierenden Farberfahrung. Wir hatten uns je nach Vorliebe für die Farbe Rot oder Blau in zwei Gruppen aufgeteilt und verschiedenste Gegenstände in diesen Farben mitgebracht. Der Morgen begann mit dem Tischdecken, wobei in getrennten Räumen auf rotem bzw. blauem Seidenpapier die Dinge nach Farbe getrennt aufgestellt wurden. Jede Gruppe setzte sich nun um ihren Tisch und jeder konnte seine Eindrücke, Gefühle und Wünsche mitteilen. Der gedeckte Tisch war Sprachanlass und auch Schreibanlass genug! Trotzdem einige Impulse:
Wir wirkt die Farbe auf jeden?
Welche Gefühle werden mit der Farbe verbunden?
Dialog der Dinge: Die blaue Vase unterhält sich mit dem blauen Handtuch
Blau unterhält sich mit Rot
Gespräch mit der anderen Gruppe
Freier Text
Es war uns ein Bedürfnis die zweite Farbe auch auf uns wirken zu lassen und jeder hatte so starke Eindrücke und Empfindungen, dass noch lange darüber gesprochen und geschrieben wurde. Solche Eigenerfahrungen sind in der Freinetpädagogik sehr wichtig. Über unsere eigenen Eindrücke und Erfahrungen können wir auch die Reaktionen anderer, besonders unserer Schüler besser verstehen und akzeptieren.
Uschi Resch stellte uns ein Walprojekt vor, das sie mit ihrer Klasse durchgeführt hatte. Ein Schüler schrieb eine Walgeschichte, die solchen Anklang bei seinen Mitschülern fand, dass sie beschlossen daraus ein Theaterstück entstehen zu lassen. Eltern fertigten die Kostüme an und nach einigen Proben wurde die Walgeschichte den Eltern vorgeführt. Wir konnten die Geschichte durch ein Video miterleben und anschließend entspann sich eine rege Diskussion über besondere Begabungen der Kinder und über die Korrektur von freien Texten.
Danach bestand die Möglichkeit in angebotenen Ateliers eigene Texte zu verfassen oder die Druckerei zu benützen. Ebenso standen einige Computer zur Verfügung, um auch auf diesem Weg Texte zu schreiben und zu gestalten. Die Pausen dienten nicht nur der Erfrischung, viele Erfahrungen wurden ausgetauscht und so manche fühlten sich in der Art und Weise ihres Unterrichts bestärkt.
Am Nachmittag lernten wir die Rasterlyrik kennen. Dabei sollte ein Text zu drei recht anspruchsvollen Begriffen (Freiheit, Ich, Sprache) geschrieben werden. Wir konnten einen beliebigen Platz wählen, die Atmosphäre sollte stimmig sein. Wieder zusammengekommen, setzten wir uns in kleinen Gruppen zusammen und lasen still die anderen vier Texte. Dabei suchten wir aus jedem Text eine Stelle, die uns besonders ansprach heraus und schrieben sie auf ein kleines Blatt. In der Zwischenzeit entstand an einer Wandtafel ein Rasterfeld wo Spalten und Zeilen mit unseren Namen versehen waren. Das jeweilige Zitat wurde nun in das richtige Feld geklebt. Bald war unser Raster voll. Nun schrieb jeder Teilnehmer der Gruppe einen neuen Text, wobei nur diese Zitate verwendet werden sollten. In der anschließenden Dichterlesung waren wir stolz auf unsere lyrischen Werke.
das ich war auf der suche nach der freiheit doch es lief gegen mauern
das ich war auf der suche nach seiner sprache doch es blieb stumm
das ich war auf der suche nach dir doch es fand dich nicht
die sprache war auf der suche der freiheit doch sie ging fehl
die sprache war auf der suche nach dem ich doch sie verirrte sich
die sprache war auf der suche nach dir doch du warst weg
die freiheit war auf der suche nach der sprache doch sie war unauffindbar
die freiheit war auf der suche nach dem ich doch es war verschollen
die freiheit war auf der suche nach dir und endlich warst du da
Da wir an diesem Tag sehr stark gefordert wurden, gingen viele von uns recht müde aber voll mit neuen Eindrücken und Erfahrungen nach Hause. Am letzten Seminartag lernten wir weitere Techniken des freien Textes kennen. Besonders ansprechend waren die Kettengeschichte, der Schementext und das Papierschnipselbild. Alle drei Techniken verbinden künstlerisch-kreative Elemente mit dem freien Text.
Der Schementext
Auf ein Blatt Papier soll nach Anleitung mit schräg gehaltenem Bleistift nur schemenhaft gezeichnet werden. Zuerst sucht man in Gedanken einen Ort in der Natur, an dem man sich sehr wohl gefühlt hat. Nun beginnt man schemenhaft zu zeichnen:
zuerst die Bodenlinie in die Mitte des Blattes
die Horizontlinie
den Himmel (mit Wolken,.....)
alles was sich unter der Erde befindet
alles was sich auf der Bodenlinie befindet
den Hintergrund
alles was tief unter der Erde sein könnte
sich selbst oder eine Kleinigkeit oder etwas Unsinniges, was nicht hineinpasst
Nachdem nun ein Bild entstanden ist, beginnt man in der gleichen Reihenfolge seine Gedanken dazu zu schreiben.
auf die Bodenlinie
auf die Horizontlinie
in den Himmel
......
In der Dichterlesung trägt jeder seine Gedanken in der Reihenfolge vom oberen bis zum unteren Rand des Bildes vor. Bild und Text sind zu einer Einheit geworden. Zu dieser Art von Text gibt es viele Variationsmöglichkeiten. Z.B. In der Großstadt, Phantasiewelt, eine Märchenszene, in Afrika...
Am letzten Nachmittag wurden wir in die Geheimnisse der Buchbinderei eingeweiht und stellten eigenhändig wunderschöne Mappen und Bücher her.
Wir alle waren beeindruckt, wie frei wir unsere Gedanken durch diese phantasievollen Techniken zu Papier bringen konnten. Uschi und Walter hatten uns auf einen neuen Weg geführt und uns Impulse und Anleitungen zum eigenen Beschreiten gegeben. Wir waren nicht nur gekommen um Techniken abzuholen, wir hatten sie durchlebt, erlebt und ihre Ergebnisse in unseren Händen und Köpfen. Kein Papier ist nötig um etwas nachzulesen, wir haben sie verinnerlicht. Das ist Lernen im Sinne von Celestin Freinet!
Vielen Dank an unsere Referenten Uschi Resch und Walter Hövel!
Michaela Watzke
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ID: 3102 | hinzugefügt von Jürgen an 20:45 - 22.11.2007 |
title: Der Einsatz des Druckens in der Schule bei Freinet by Wiegand, Stephanie |
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Text:
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung... 1
2 Freinet und die Technik des freien Ausdrucks... 1
2.1 Die Biographie von Celestin Freinet... 1
2.2 Freinets Prinzipien... 4
2.2.1 Lernen vom Leben für das Leben, Lernen durch Handeln und Ganzheitlichkeit... 4
2.2.2 Lernen durch tastende Versuche und Umgang mit Fehlern... 5
2.2.3 Lernen durch Kommunikation und Austausch... 5
2.2.4 Selbstbestimmtes und Selbstorganisiertes Lernen... 6
2.2.5 Lernen durch Nutzung von Heterogenität und Verhinderung von Selektion... 6
2.3 Freinet als „Vater“ der Schuldruckerei... 7
3 Der Einsatz des Druckens in der Schule... 8
3.1 Die pädagogischen Vorteile der Schuldruckerei... 8
3.2 Einsatzmöglichkeiten... 9
3.2.1 Das Lesen- und Schreibenlernen... 9
3.2.2 Rechtschreib- und Aufsatzschulung... 11
3.2.3 Drucken im Kunstunterricht... 14
3.3 Die Arbeitsmaterialien und Arbeitsschritte... 14
3.3.1 Das Setzen der Lettern... 14
3.3.2 Das Einfärben des Druckstocks... 16
3.3.3 Das Drucken... 17
3.3.4 Die Korrektur... 17
3.3.5 Das Reinigen und Ablegen der Lettern... 17
4 Reflexion... 18
5 Verknüpfung mit den anderen Lehrveranstaltungen... 19
5.1 Einführung in die Montessori Pädagogik (Fr. Segmehl, WS 2005/06)... 19
5.2 Familie und Schule (Fr. Schlemmer, SS 2006)... 20
6 Literaturverzeichnis... 22
6.1 Literaturquellen... 22
6.2 Internetquellen... 22
6.3 Abbildungsverzeichnis... 22
1 Einleitung
Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich zunächst auf die Biographie Celestin Freinets eingehen, da seine Erlebnisse und Erfahrungen auch ausschlaggebend und prägend für seine pädagogischen Ansichten waren. Anschließend werde ich einige Unterrichtsprinzipien Freinets erläutern und wo es möglich ist auch schon Bezüge zu Techniken und Methoden der praktischen Umsetzung schaffen. In der Überleitung soll die Entwicklung der Schuldruckerei durch Freinet aufgezeigt werden, um dann zu dem eigentlichen Thema des Schuldruckens im Unterricht zu kommen.
Als erstes werde ich pädagogische Vorteile ansprechen, bevor ich die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des Druckens aufzeigen werde. Hierbei werde ich auf das Drucken im Erstlese- und Schreibunterricht und im Aufsatzunterricht eingehen. In dieses Kapitel werden jeweils Theorien von Freinet und der aktuellen Deutschdidaktik einfließen. Auch die Nutung der Druckerei im Kunstunterricht soll in dieser Arbeit nicht vernachlässigt werden. Abschließend werden die benötigten Arbeitsmaterialien und Arbeitsschritte erklärt. In der nachfolgenden Reflexion werde ich auf die Kapitel zuvor eingehen und zusammenfassen wie die Deutschdidaktik und die Theorien Freinets über den Anfangsunterricht und die Aufsatzschulung zusammenpassen und wie sich die Freinettechniken in den Deutschunterricht integrieren lässt. Anschließend werde ich Anknüpfungspunkte zu den beiden besuchten Vorlesungen suchen. Die Theorie von Maria Montessori wird in ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu der von Freinet dargestellt. Abschließend werde ich überlegen, wie man mit der Arbeit nach Freinet auf die aktuellen Probleme der Individualisierung von Kindern und deren Auswirkungen auf Schule eingehen kann.
2 Freinet und die Technik des freien Ausdrucks
2.1 Die Biographie von Celestin Freinet
Freinet wird 1896 in einer ländlichen Umgebung der Provence geboren. Seine Eltern waren nicht sehr wohlhabende Bauern und hatten neben ihm noch sieben weitere Kinder zu versorgen. Wie damals üblich half auch Freinet bei der Arbeit auf dem Feld mit. Die Vermutung liegt nahe, dass diese prägenden Erfahrungen grundlegend für seine spätere Verbundenheit mit der Natur und seine pädagogischen Ansichten sind. Zu dieser Zeit konnten Kinder aus ärmeren Elternhäusern, zu denen gerade die Bauern gehörten, nicht studieren. Freinet aber wurde, ich nehme an wegen sehr guter Schulleistungen, besonderer Eignung oder Engagement, von seinem Lehrer für ein Studium vorgeschlagen. Mit 16 Jahren begann Freinet ein Jahr vor Beginn des Ersten Weltkrieges sein Lehramtsstudium. Nach zwei Jahren Ausbildung wurde Freinet zum Kriegsdienst verpflichtet. Wie viele Soldaten wird Freinet im Krieg verwundet. Er erleidete 1916 einen Lungenschuss. Die nächsten Jahre verbrachte er in Lazaretten und Sanatorien. Durch Naturheilmethoden gelang es ihm nach vier Jahren, sich soweit zu regenerieren, dass er 1920 eine erste Anstellung als Lehrer in dem Dorf Bar-sur-Loup erhielt. In manchen Biographien steht geschrieben, dass Freinet wegen seiner Lungenverletzung nicht viel sprechen konnte und deshalb nach anderen Unterrichtsmöglichkeiten suchte. Andere wiederum schreiben, dass er diese neuen Wege aus reiner Überzeugung beschritten hätte.1 Ich denke, dass auch eine Mischung aus beidem möglich ist. Dass vielleicht die Verletzung den Anstoß gegeben hat, er aber trotzdem unter anderem wegen seiner eigenen Erlebnisse überzeugt war von seinem Handeln.
Während dieser Zeit bildete er sich weiter und las die Werke von Rosseau, Pestalozzi, Montaigne, Decroly, Marx und Lenin.2 Freinet war Kommunist und erhoffte sich durch das Leben nach den Lehren von Marx, Engels und Lenin eine gerechtere Welt. Er gründete eine eigene pädagogische Gewerkschaft und wurde Mitglied in der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF), aus der er aber 1948 wieder austrat.3 Hans Jörg schreibt über Freinet: Obwohl Freinet “in seiner Weltanschauung und in seinen pädagogischen Grundanschauungen stark mit marxistischen und sogar kommunistischen Grundmaximen sympathisiere, so unterscheidet er sich doch in seiner pädagogische Konzeption wesentlich von der kommunistischer Pädagogen und Ideologen.“4 Für die Kommunisten war die Gemeinschaft wichtiger als das Individuum. Für Freinet spielten jedoch Selbsttätigkeit, Freiheit und Verantwortung eine große Rolle, die eher vom Individuum ausgehen.
„Freinet hat ein sehr starkes Individualitätsverständnis, gleichzeitig betont er aber auch die Kooperation, die gegenseitige Verantwortlichkeit und die Diskussions- und Kritikfähigkeit der Personen mit- und untereinander und legt damit auch auf die sozialen und kollektiven Fähigkeiten des Individuums Wert.“5
Dieses Verhalten hatte Freinet selbst durch Engagement in der Gewerkschaft, Gründung von Kooperativen und Vereinigungen und Austausch mit anderen Lehrern verinnerlicht. Solche Fähigkeiten möchte Freinet auch bei seinen Schülern durch Erziehung zur Demokratie, beispielsweise durch den Klassenrat, fördern. Freinet lebte in einer Zeit des pädagogischen Umschwungs, denn die erste Phase der reformpädagogischen Bewegung setzte um die Jahrhundertwende mit einer Kritik am Bildungswesen und an der aktuellen Schulpraxis ein.1 Ab 1924 begann man die Reformversuche im eigenen Land mit denen anderer Länder zu vergleichen.
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Schlagworte:
Seminararbeit, lit-2006_buch
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Notiz:
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PH Weingarten
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ID: 3110 | hinzugefügt von Jürgen an 04:39 - 1.4.2008 |
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